Hessisches LAG, Beschluss vom 01.09.2011 - 9 TaBV 16/11
Fundstelle
openJur 2012, 35063
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 01. November 2010 - 4 BV880/09 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Frage, inwieweit verschiedeneUnternehmenseinheiten betriebsratsfähige Organisationseinheiten imSinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) betreibt alseigenständiger Verein u.a. mehrere stationäre Alten- undPflegeheime und ist darüber hinaus ambulant im Bereich der Alten-und Behindertenpflege tätig. Nach § 2 Abs. 3 der Satzung vom 19.Juni 1996, beschlossen am 10. Juli 1997, zu deren Inhalt auf Bl 296ff. d. A. Bezug genommen wird, werden die Angebote der OffenenSeniorendienste, der ambulanten hauswirtschaftlichen undpflegerischen Dienste sowie teilstationäre oder stationäreLeistungen in der Tages- und Kurzzeitpflege und Altenpflegeheimenstadtbereichsbezogen als integrierte Seniorendienste angeboten.Nach § 5 der Geschäftsanweisung für den Geschäftsführer (Bl. 303ff. d. A.) ist dieser zuständig für die Einstellung und Entlassungvon Mitarbeitern, für Qualitäts- und Finanzmanagement u.a.m. Nach §6 hat er den Haushaltsplan aufzustellen. Auf die Ausschreibung für25 Pflegefachkräfte wird verwiesen (Bl. 311 ff. d. A.).

Der Beteiligte zu 2) ist der am 11./12. Mai 2010 für dasUnternehmen gewählte Betriebsrat, dessen Wahl in den Verfahren 4 BV329/10 - 9 TaBV 8/11 - und 4 BV 338/10 - 9 TaBV 9/11 - erfolgreichangefochten worden ist. Die Beschlüsse sind noch nichtrechtskräftig.

Das A beschäftigt 99 Arbeitnehmer, davon 97 im Pflegeheim in Bund zwei in der Tagespflege in der C-Straße in D. Im Pflegeheim„E“ in F sind 79 Mitarbeiter beschäftigt. Im Pflegeheim„G“ in D arbeiten 66 Mitarbeiter, im „PflegeheimH“ in D 82 Mitarbeiter, im „Pflegeheim I“ in D 73Mitarbeiter, im „Sozial- und Rehazentrum West“ in D 99Mitarbeiter, in der Pflegeeinrichtung „J“ 77Mitarbeiter, im Fachbereich „Wohnanlagenbetreuung“, der50 Wohnanlagen mit ca. 3.000 Altenwohnungen betreut, 22Mitarbeiter, im Bereich „Offene Seniorendienste“, deran ca. 60 Standorten Altenclubs und Begegnungsstätten betreibt, ca.59 Mitarbeiter, im „Ambulanten Pflegedienst“ ca. 19Mitarbeiter, im „Zentrum für körperlichSchwerbehinderte“ in D 55 Mitarbeiter, im Fachbereich„Interne Dienste“ 29 Mitarbeiter, im Bereich„Hausnotruf“ in F 11 Mitarbeiter und im„Therapiezentrum“ in D 13 Mitarbeiter.

Der Beteiligte zu 1) hat behauptet, der Leiter des A Herr Knehme sämtliche wesentlichen Funktionen in sozialen und personellenAngelegenheiten wahr. Er sei allen Mitarbeitern gegenüberweisungsbefugt, stelle selbständig Mitarbeiter ein und entlassediese, spreche Abmahnungen aus, unterschreibe Arbeitsverträge undKündigungen, stelle in den Angelegenheiten nach §§ 87 ff., 99 ff.BetrVG Anträge beim Betriebsrat, sei verantwortlich fürmitarbeiterbezogene Regelungen, erstelle die Personalplanung,stelle eine Organisationsstruktur, ein Informations- undBesprechungssystem sicher und führe Zielvereinbarungsgespräche. Aufdie Stellenbeschreibung wird Bezug genommen (Bl. 10 ff. d. A.). Dastreffe auch auf die Leiterin des „E“ Frau L(Stellenbeschreibung Bl. 71 ff. d. A.), den Leiter des„G“ Herrn M, die Leiterin des „PflegeheimsH“ Frau N, den Leiter des „Pflegeheims I“ HerrnO, den Leiter des „Sozial- und Rehazentrums West“ HerrnP, die Leiterin des „J“ Frau Q, den Leiter der„Wohnanlagenbetreuung“ Herrn R, den Leiter der„Offenen Seniorendienste“ Herrn S, die Leiterin des„Ambulanten Pflegedienstes“ Frau T, die Leiterin des„Zentrums für körperlich Schwerbehinderte“ Frau U, dieLeiterin des Fachbereichs „Interne Dienste“ Frau V, dieLeiterin des Bereichs „Hausnotruf“ Frau W und denLeiter des „Therapiezentrums“ Herrn X zu. Auf dieeingereichten Personalunterlagen wird Bezug genommen (Bl. 77 ff.,183 ff d. A.). Es sei unzutreffend, dass die Geschäftsführung alleHäuser leite. Es werde zwar ein gemeinsames Corporate Identitybenutzt. Die einzelnen Einrichtungen verfügten jedoch überindividuelles Werbematerial. Es gebe auch keinen zentralen Einkauf.Der Einkauf werde im Wesentlichen über die Einrichtungenabgewickelt. Dienstleistungsverträge würden ebenfalls von denEinrichtungen geschlossen. So habe die Leitung des A beschlossen,die Hausreinigung wieder auf eigene Kräfte zu übertragen und diebefristeten Arbeitsverträge der Empfangsmitarbeiter nicht zuverlängern. Die Speisepläne würden von den Küchenleitern in eigenerRegie erarbeitet. Die Vergabe von Fahrten an den Fahrdienst werdevon den Leitungen der Tagespflegeeinrichtungen eigenständiggeplant. Sämtliche Entscheidungen bezüglich des Einsatzes vonLeiharbeitnehmern und / oder Arbeitnehmern der Y GmbH würdenausschließlich von den Haus- oder Fachbereichsleitungen getroffen.Stellenausschreibungen müssten nicht von der Geschäftsleitunggenehmigt werden. Eine einheitliche, von der Geschäftsleitungvorgegebene Verfahrensweise bei disziplinarischen Maßnahmen gebe esnicht. Die Personal- bzw. Personaleinsatzplanung sei Aufgabe derFachbereichs- bzw. Hausleitungen. Diese reiche auch die Dienstplänebeim Betriebsrat zur Genehmigung ein. Ein einheitlichesDienstzeiterfassungssystem werde nicht verwendet. Die Urlaubewürden von den jeweils zuständigen Vorgesetzten der Fachbereichs-bzw. Einrichtungsleitungen genehmigt. Die Fachbereiche„Offene Seniorendienste“ und„Wohnanlagenbetreuung“ würden zusammengelegt.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

1. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„E“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

2. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„G“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

3. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Pflegeheim H“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

4. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Pflegeheim I“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

5. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Sozial- und Rehazentrum West“ um eine eigenständigebetriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

6. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„J“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

7. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Fachbereich Wohnanlagenbetreuung“ um eineeigenständige betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

8. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Fachbereich Offene Seniorendienste“ um eineeigenständige betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

9. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Ambulante Dienste“ um eine eigenständigebetriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

10. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Zentrum für körperlich Schwerbehinderte“ um eineeigenständige betriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

11. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Interne Dienste“ um eine eigenständigebetriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

12. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Hausnotruf“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

13. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Therapiezentrum“ um eine eigenständigebetriebsratsfähige Organisationseinheit im Sinne desBetriebsverfassungsgesetzes handelt;

14. festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„A“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt;

hilfsweise zu den Anträgen zu 7) und 8),

festzustellen, dass es sich bei dem Unternehmensteil„Fachbereich Wohnanlagenbetreuung und OffeneSeniorendienste“ um eine eigenständige betriebsratsfähigeOrganisationseinheit im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzeshandelt.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) trägt vor, erstmals im Sommer 2009 habe derBeteiligte zu 1) gegenüber dem Betriebsrat behauptet, derFachbereich ambulante Dienste würde nicht mehr in die Zuständigkeitdes Betriebsrats fallen. Über angebliche Struktur- oderOrganisationsänderungen sei der Betriebsrat nicht informiertworden. Es sei vielmehr so, dass die einzelnen Einrichtungen undGeschäftsbereiche direkt der Geschäftsführung unterstünden. DieHäuser und Geschäftsbereiche würden von der Geschäftsführungeinheitlich geführt. Die Pflegeheime und Fachbereiche seien keineBetriebe, weil sie hierfür nicht selbständig genug seien. DieEinrichtungen und Fachbereiche unterlägen einer einheitlichenAußendarstellung. Es gebe einen zentralen Einkauf. Die einzelnenHäuser könnten nicht frei über erforderlicheDienstleistungsverträge, die Betreuung der Haustechnik und dieFahrten der Bewohner und in der Tagespflege entscheiden. Siemüssten sich des zentralen Fahrdienstes bedienen. Sogar dieSpeisepläne würden den Häusern zentral vorgegeben. Auch diePersonalverwaltung werde zentralisiert. Ferner würden Arbeitszeit,Urlaubsplanung, freiwillige Leistungen, Auswahlrichtlinien und diederzeit laufende Ausbildungsoffensive einheitlich geregelt. Es gebeeine Vorgabe der Geschäftsführung, neues Personal nur noch über dieunternehmenseigene Leiharbeitsfirma Z einzustellen. Dienstpläne undStellenausschreibungen müssten vom Geschäftsführer genehmigtwerden. Es gebe ein einheitliches und verbindliches Verfahren zurkontrollierten Personalplanung. Die Arbeitszeit werde im gesamtenUnternehmen durch eine Betriebsvereinbarung geregelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichenVorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestelltenSachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf dieGründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Anträgen desBeteiligten zu 1) durch Beschluss vom 1. Nov. 2010 – 4 BV880/09 – nach Vernehmung der Leiter/innen der Einrichtungenund des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden des „A“ mitAusnahme der Anträge zu 8) und 9), insoweit jedoch dem Hilfsantragstattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es handele sich beiden in den Anträgen aufgeführten Unternehmensteilen umeigenständige betriebsratsfähige Organisationseinheiten. NachDurchführung der Beweisaufnahme stünde fest, dass die Leiter derFachbereiche und Häuser im Bereich der sozialen und personellenAngelegenheiten eigenständige Entscheidungskompetenzen hätten. Dieshätten sie als Zeugen vernommen eindeutig bestätigt. Keiner derZeugen/innen habe sich bezüglich der sozialen und personellenAngelegenheiten als weisungsabhängig von der Geschäftsleitunggezeigt. Die Zeugen/innen seien glaubwürdig gewesen. Wegen derweiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe desangefochtenen Beschlusses verwiesen.

Der Beteiligte zu 2) hat gegen den ihm am 20. Jan. 2011zugestellten Beschluss am 26. Jan. 2011 Beschwerde eingelegt unddiese innerhalb der gleichzeitig beantragten Verlängerung derBeschwerdebegründungsfrist bis zum 21. April 2011 am 4. April 2011begründet.

Der Beteiligte zu 2) meint, entgegen der Auffassung desArbeitsgerichts habe die Geschäftsführung die Organisation undLeitung des gesamten Unternehmens inne und mache den Hausleitungenbzw. Fachbereichsleitungen konkrete Vorgaben zur Führung derjeweiligen Einheiten. Darauf ließen schon die Satzung desBeteiligten zu 1) und die Organisation des BereichsArbeitssicherheit schließen. Hinsichtlich der Personalplanungerhielten die Häuser Vorgaben der Geschäftsleitung. Im Jahre 2009habe der Geschäftsführer etwa 50 Beschäftigten im E mitgeteilt,fortan werde beim Beteiligten zu 1) nur noch über Z eingestellt. Erhabe deutlich gemacht, dass die Entscheidungen zum Personaleinsatzvom Geschäftsführer getroffen werden. Die Organisation desBewohneralltags und damit des Unternehmenszwecks erfolgeunternehmenseinheitlich, z. B. bezüglich des TagessatzesEssensverpflegung (Preisliste Bl. 314 ff. d. A.) und derSpeisepläne (Bl. 322 ff. d. A.). Serviceverträge würden von derGeschäftsleitung und nicht von den jeweiligen Häusern gekündigt.Ferner könnten die Häuser keine eigenständigen Entscheidungenbezüglich der Fahrdienste treffen. Sie hätten den verbandseigenenFahrdienst zu nutzen.

Das Arbeitsgericht habe zudem eine fehlerhafte Beweiswürdigungvorgenommen. Es habe die Aussagen für glaubhaft gehalten, ohne aufdie auffällige Deckungsgleichheit der Aussagen und derenWidersprüche einzugehen. Alle Zeugen hätten ihre Aussage mit derPersonalführungskompetenz begonnen und dann eine identischeAufzählungsreihenfolge gewählt. Das sei bei allen Zeugen nur soherausgesprudelt. Alle Zeugen hätten bei der Beantwortung derFragen immer den Geschäftsführer angeschaut.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 1. Nov.2010 – 4 BV 880/09 – abzuändern und die Anträgezurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1) verteidigt den angefochtenen Beschluss undträgt vor, entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 2) fänden sichin der Satzung keine Aussagen oder Regelungen darüber, wer konkretmitbestimmungspflichtige Entscheidungen zu treffen habe. Auch dieGeschäftsanweisung für den Geschäftsführer schließe es nicht aus,dass dieser mitbestimmungspflichtige Entscheidungen delegiert. Ineinem Unternehmen mit einer Bilanzsumme von rund 900 Mio. Euro undrund 800 Beschäftigten sei dies auch zwingend erforderlich. Alleinfür die Erstellung des Haushaltsplanes seien jährlich rund 1.700Arbeitsstunden anzusetzen. Es sei durchaus nachvollziehbar, dassbereits im Vorfeld konkreten Personalbedarfs Personal von derPersonalgestellungsgesellschaft akquiriert werde. Sofern in deneinzelnen Betrieben auf der Grundlage eigenverantwortlicherEntscheidungen der jeweiligen Haus- und Fachbereichsleitungenkonkrete, freie Stellen besetzt werden sollen, würden dieStellenausschreibungen von den einzelnen Haus- undFachbereichsleitungen vorgenommen (Ausschreibung Nr. 01/2011,08/2011, 15/2011, Bl. 366 ff. d. A.). Der Betrieb J habe im März2011 eigenverantwortlich Personal von der Fa. AA GmbH eingesetzt(Rechnung vom 31. März 2011, Bl 369 d. A.). Der Betrieb PflegeheimI habe im März 2011 eigenverantwortlich Kräfte der Fa. BBeingesetzt (Rechnung vom 13. April 2011, Bl. 370 d. A.). DerBetrieb E habe sich im März 2011 eigenverantwortlich Mitarbeiterder Fa. CC bedient (Rechnung vom 8. April 2011, Bl. 371 d. A.). DieASA-Sitzungen fänden seit zwei Jahren in den einzelnen Betriebenstatt. Die Zeugenaussagen seien glaubwürdig und glaubhaft gewesen.Das Arbeitsgericht habe ca. 15 Stunden lang Zeugen vernommen, umsich von der Eigenständigkeit der einzelnen Betriebe zu überzeugen.Die inhaltliche Reihenfolge der Aussagen hätte sich an demBeweisbeschluss orientiert. Selbst der vom Betriebsrat benannteZeuge DD habe unmissverständlich bestätigt, dassmitbestimmungspflichtige Angelegenheiten ausschließlich mit demHausleiter des A K und nicht mit dem Geschäftsführer besprochenwürden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wirdauf den vorgetragenen Inhalt der Beschwerdeschriftsätze und denInhalt des Sitzungsprotokolls vom 1. Sept. 2011 verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist statthaft, § 87 Abs. 1ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt undbegründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89Abs. 1 und 2 ArbGG, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Anträge des Beteiligten zu 1) sind zulässig. DieVoraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Auch besitzt derArbeitgeber die erforderliche Antragsbefugnis. Nach § 18 Abs. 2BetrVG kann bei Zweifeln darüber, ob eine betriebsratsfähigeOrganisationseinheit vorliegt, der Arbeitgeber eine Entscheidungdes Arbeitsgerichts beantragen. Mit diesem Verfahren eröffnet dasGesetz die Möglichkeit, die Betriebsratsfähigkeit einerOrganisationseinheit unabhängig von einer konkretenBetriebsratswahl gerichtlich mit Bindungswirkung klären zu lassen(BAG in st. Rspr., etwa Beschluss vom 9. Dez. 2009 - 7 ABR 38/08 -EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 8). Durch die ausdrückliche gesetzlicheRegelung ist klargestellt, dass die Betriebsratsfähigkeit einerOrganisationseinheit als Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1ZPO zu erachten ist, dessen Vorliegen gerichtlich gesondertfestgestellt werden kann. Mit der entsprechenden Feststellungkönnen insbesondere Unsicherheiten über die Zuständigkeit einesgewählten oder noch zu wählenden Betriebsrats oder über den Umfangvon Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten, die teilweise von derAnzahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abhängen,ausgeräumt werden (BAG a.a.O.). Außerdem dient das Verfahren dazu,die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße künftigeBetriebsratswahl zu schaffen. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVGklärt daher eine für zahlreiche betriebsverfassungsrechtlicheFragestellungen bedeutsame Vorfrage, indem verbindlich festgelegtwird, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, indem ein Betriebsrat zu wählen ist und in dem er seineBeteiligungsrechte wahrnehmen kann (BAG a.a.O.).

Die Anträge des Beteiligten zu 1) sind auch begründet. Dieeinzelnen Häuser bzw. Fachbereiche stellen selbständige Betriebe imSinne des § 1 Abs. 1 BetrVG dar. Nach ständiger Rechtsprechung desBundesarbeitsgerichts (BAG Beschluss vom 9. Dez. 2009 - 7 ABR 38/08- EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 8; BAG Beschluss vom 7. Mai 2008 –7 ABR 15/07NZA 2009, 328; BAG Beschluss vom 17. Januar2007 - 7 ABR 63/05 – EzA § 4 BetrVG 2001 Nr. 2), von derabzuweichen der Streitfall keine Veranlassung gibt, ist ein Betriebim Sinne des BetrVG eine organisatorische Einheit, innerhalb dererder Arbeitgeber zusammen mit den vom ihm beschäftigtenArbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetztverfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenenmateriellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst,geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraftvon einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden.

Es handelt sich um Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrVG undnicht um Betriebsteile. Von einem Betriebsteil unterscheidet sichder Betrieb dadurch, dass dieser auf den Zweck des Hauptbetriebsausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert ist. Er istallerdings gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch abgrenzbarund relativ verselbständigt. Für die Abgrenzung von Betrieb undBetriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, derim Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich diein der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf allewesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen undsozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigenBetrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrVG. Für das Vorliegen einesBetriebsteils genügt ein Mindestmaß an organisatorischerSelbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus,dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatzder Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, dieWeisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (BAG Beschluss vom 9. Dez.2009 - 7 ABR 38/08 - EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 8; BAG Beschluss vom7. Mai 2008 – 7 ABR 15/07NZA 2009, 328; BAGBeschluss vom 17. Januar 2007 - 7 ABR 63/05 – EzA § 4 BetrVG2001 Nr. 2). Es genügt eine relative Eigenständigkeit. Die in demBetriebsteil vorhandenen Vertreter des Arbeitgebers müssen in derLage sein, die Arbeitgeberfunktion in den wesentlichen Bereichender betrieblichen Mitbestimmung wahrzunehmen (vgl. etwa BAGBeschluss vom 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - EzA § 4 BetrVG 2001 Nr.1). Es muss erkennbar die deutliche Mehrheit der Entscheidungen, andenen der Betriebsrat zu beteiligen ist, vor Ort getroffen werden(LAG Hamm Beschluss vom 28. Okt. 2005 - 13 TaBV 98/05 –Juris).

Das Arbeitsgericht hat nach einer den Aufklärungsauftrag des §83 Abs. 1 ArbGG sehr ernst nehmenden, umfassenden und gründlichenBeweisaufnahme zutreffend erkannt, dass die einzelnen Häuser undFachbereiche betriebsratsfähige Organisationseinheiten darstellen.Es handelt sich um Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrVG undnicht um Betriebsteile. Der Beteiligte zu 1) stützt seinen gesamtenerst- und zweitinstanzlichen Vortrag auf das Vorliegen vonBetrieben nach § 1 Abs. 1 BetrVG. Auf dieser Grundlage hat dasArbeitsgericht den Anträgen stattgegeben. Von Betriebsteilen war inbeiden Instanzen nicht die Rede. Aufgrund der Beweisaufnahme mussvon Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrVG ausgegangen werden,denn nach der einzig und allein zutreffenden Beweiswürdigung desArbeitsgerichts gibt es in den Leitungskompetenzen der Haus- undFachbereichsleiter in sozialen und personellen Angelegenheitenkeine Einschränkungen. Dass sie in den jeweiligen Einrichtungen undFachbereichen uneingeschränkte Weisungsrechte ausübten undpersonelle Leitungskompetenzen hätten, über Einstellungen, dieBeschäftigung von Leiharbeitnehmern und über die Dienst-, Personal-und Urlaubsplanung entschieden, haben die Zeugen und Zeuginnen T,P, K, L, M, N, O, X, W, EE, S, R, FF, Q und im Wesentlichen auchder Zeuge DD in ihren sehr ausführlichen insgesamt rund15-stündigen Vernehmungen bestätigt. Die Glaubwürdigkeit der Zeugenund Zeuginnen zweifelt auch der Betriebsrat nicht an, aber auchseine Kritik an der Glaubhaftigkeit der Aussagen kann dasBeweisergebnis nicht in Frage stellen. Dass die Aussagen sich aufgroße Strecken decken, liegt an den katalogartigen Fragestellungenim Beweisbeschluss (Bl. 211 R d. A.). Es ist nachvollziehbar, dasssich alle Zeugen bei der Vorbereitung auf ihre Vernehmung an diesemFragenkatalog orientierten. Nennenswerte Widersprüche bei denAussagen sind nicht zu erkennen. Die Zeugin T, die Leiterin derAmbulanten Dienste, hat ihre Leitungsfunktion detailliertgeschildert (Bl. 212 ff. d. A.) und ist auch auf zahlreicheNachfragen des Beteiligten zu 2) nicht davon abgerückt, dass siediese ohne Einschränkungen innehat. Das trifft ebenso für Herrn P(Bl. 213 ff. d. A.) für das Sozial- und Rehazentrum West zu, derdiese Funktion bis zum 31. März 2010 innehatte, und für Herrn K fürdas A (Bl. 214 d. A.). Unbeirrt hat hauch Frau L dies für das Ebestätigt (Bl. 215 d. A.) und Herr M für das G (Bl. 216 d. A.).Dass dieser meinte, er könne die Lohnbuchhaltung nicht fremdvergeben, kann keine erheblichen Zweifel an der Betriebseigenschaftder Einrichtungen erwecken, ebenso, dass Frau N für das PflegeheimH angab, den Haushaltsplan mit den anderen Fachbereichsleitungenabzusprechen. Darüber hinaus hat sie an ihrer Leitungsfunktionkeinen Zweifel gelassen (Bl. 231 ff. d. A.). GeringfügigeAbweichungen bei einzelnen Leitern können das Gesamtkonzept nichtin Frage stellen, das auch von dem Zeugen O für das Pflegeheim Iausführlichst bestätigt wurde (Bl. 232 d. A.), von dem Zeugen X fürdas Therapiezentrum (Bl. 233 R) und von der Zeugin W für denHausnotruf (Bl. 234 R). Dass diese meinte, der Hausnotruf zähle zuden wirtschaftenden Bereichen, es gebe im aktuellen HaushaltRückstellungen, kann das Gesamtbild nicht schmälern, das auch vonder Zeugin EE als Leiterin des Zentrums für Schwerbehinderte klarbestätigt worden ist (Bl. 235 d. A.) sowie von den Zeugen S und Rfür den Fachbereich Offene Seniorendienste, der mit dem FachbereichWohnanlagenbetreuung zusammengelegt worden ist (Bl. 235 R ff.).Dass der Zeuge R meinte, der Haushaltsplan werde vom Vorstandgenehmigt und er müsse nur bei außergewöhnlichenBudgetüberschreitungen Rücksprache halten, vermag ebenfalls keinehinreichenden Zweifel an ihrer Leitungsfunktion hervorrufen.Schließlich haben auch die Zeugin FF für den Bereich Innere Dienste(Bl. 247 d. A.), die Zeugin Q für das J (Bl. 248 ff. d. A.) dieEigenständigkeit ihrer Einrichtungen bestätigt. Letztschließlichhat auch der ehemalige Betriebsratsvorsitzende des A DD dieSelbständigkeit dieser Einrichtung eher bejaht als verneint.

Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nach §§ 92 Abs. 1 S. 2,72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG nicht gesetzlich veranlasst.