Hessisches LAG, Urteil vom 25.07.2011 - 17 Sa 1739/10
Fundstelle
openJur 2012, 34809
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des ArbeitsgerichtFrankfurt am Main vom 24. September 2010, 24 Ca 1967/10, wird aufihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eineraußerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung, umWeiterbeschäftigung und um einen erstmals im Berufungsrechtszuggestellten Auflösungsantrag der Arbeitgeberin.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteienim ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf denTatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 126bis 131 d.A.).

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 24.September 2010 verkündetes Urteil, 24 Ca 1697/10, stattgegeben. ZurBegründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar liege einevertragliche Pflichtverletzung des Klägers vor, denn er habe vonApril 2008 bis Januar 2010 in erheblichem Umfang SMS und MMS ohnedienstliche Veranlassung über sein Diensthandy im Dienstmodusversandt, Auslandstelefonate geführt und im Internet gesurft.Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls sei jedoch eineAbmahnung erforderlich gewesen, da der Kläger nicht ohne Weitereshabe erkennen können, dass sein Verhalten den Bestand desArbeitsverhältnisses gefährden könne und auch kein derart schwererPflichtverstoß vorliege, der eine Abmahnung entbehrlich mache.Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe desangefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 131 bis 142 d.A.).

Gegen dieses ihr am 20. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat dieBeklagte am 17. November 2010 Berufung eingelegt und diese nachaufgrund Antrags vom 15. Dezember 2010 erfolgter Verlängerung derBerufungsbegründungsfrist bis 20. Januar 2011 am 19. Januar 2011begründet.

Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag und hält daran fest,ein Abmahnungserfordernis bestehe nicht. Angesichts des Umfangs undder Intensität der Privatnutzung des Diensthandys und der dadurchentstandenen Kosten sei es ausgeschlossen, dass der Kläger davonhabe ausgehen können, sie werde das Arbeitsverhältnis bei Kenntnisvon dem Pflichtenverstoß fortsetzen. Entgegen der von derangefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung habe sie aus denmonatlichen Telefonabrechnungen auch nicht einfach entnehmenkönnen, in welchem Ausmaß der Kläger SMS verschickt oder seinFirmenhandy anderweitig privat genutzt habe. Dass sie über 22Monate keine Überprüfung der Handyabrechnungen vorgenommen habe,führe ebenfalls nicht zum Abmahnungserfordernis, zumal keinenormierte Verpflichtung bestehe, die dienstlichen Telefonrechnungenihrer Arbeitnehmer zu überprüfen, es zu ihren personalpolitischenGrundsätzen gehöre, ihre Arbeitnehmer nicht ständig zukontrollieren, und es ihr von April 2008 bis Ende 2009 wegen Umzugsdes Betriebs A in einen Neubau und damit einhergehenderSchwierigkeiten, eines Streiks im August 2008, erheblicherFluktuation im Bereich der Führungskräfte und vorrangigerBehandlung von Maßnahmen der Krisenbewältigung nicht möglichgewesen sei, die Telefonrechnungen des Bereichs, in dem der Klägerbeschäftigt war, zu kontrollieren. Es sei auch nicht möglich, dasDiensthandy für den Versand von SMS und/oder die Internetfunktionzu sperren. Auch in anderen Betrieben der Beklagten seien dieseFunktionen nicht gesperrt. Der Kläger sei auch nicht erst mit demvon ihm im Oktober 2009 unterzeichneten Schreiben daraufhingewiesen worden, dass er das Mobilfunktelefon nur zudienstlichen Zwecken nutzen dürfe. Vielmehr habe der Kläger wiealle anderen Arbeitnehmer auch bei jeder Übergabe eines neuenHandys ein Ausgabeprotokoll mit dem Hinweis erhalten, dassPrivatnutzung nur über die Twin-Bill-Funktion zulässig sei. Hierbeisei für den Kläger aus der mit dem Schreiben vom 20. September 2006übersandten Tarifübersicht (Bl. 103 d.A.) auch erkennbar gewesen,dass es gerade keine Flatrate für SMS gebe. Abmahnungserfordernisund/oder Unwirksamkeit der Kündigung könne auch nicht ausunterschiedlicher Behandlung der verschiedenen im Rahmen derÜberprüfung auffällig gewordenen Arbeitnehmer gefolgert werden. DieFrage des Abmahnungserfordernisses sei nach objektiven Maßstäben zubeantworten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz finde imKündigungsrecht keine, jedenfalls keine unmittelbare Anwendung. Siesei bei der Behandlung der im Frühjahr 2010 wegen des Verdachts derPrivatnutzung von Firmenhandys auffällig gewordenen Arbeitnehmerauch nicht nach einer selbst gesetzten Regel vorgegangen, sondernhabe in jedem Einzelfall eine umfassende Interessenabwägungdurchgeführt und die Besonderheiten des Einzelfalls entsprechendgewürdigt, hierbei neben anderen Kriterien auch jeweils dieSchadenshöhe. Bei den einzelnen Arbeitnehmern liege auch bereitskein sachlich und zeitlich gleichgelagerter Sachverhalt vor, sodass auch keine mittelbare Anwendung desGleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Interessenabwägung oderunter dem Aspekt der Selbstbindung und auch keine Anwendung derGrundsätze der sog. herausgreifenden Kündigung in Betracht komme.Selbst wenn aber die mittelbare Anwendung desGleichbehandlungsgrundsatzes zu bejahen sei, habe sie jedenfallsnicht sachwidrig differenziert. Wegen der Einzelheiten ihresVortrags hierzu wird auf Seiten 34 bis 57 des Schriftsatzes vom 26.Mai 2011 (Bl. 323 f d.A.) verwiesen.

Zur Begründung ihres Auflösungsantrags bezieht sich die Beklagteauf schriftsätzliches Vorbringen des Klägers im vorliegendenRechtsstreit, behauptet, der Kläger trage bewusst falsch vor, undmeint, eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeitzwischen den Parteien sei deshalb nicht mehr möglich. Wegen derEinzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seiten 70 bis 74 desSchriftsatzes vom 26. Mai 2011 (Bl. 354 f d.A.) verwiesen.

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24.September 2010, 24 Ca 1697/10, abzuändern und die Klageabzuweisen;hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung,die zwölf Bruttomonatsgehälter nicht übersteigen sollte, zum 30.September 2010 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung und den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholungund Vertiefung seines Vortrags. Er räumt ein, über den Dienstmodusdes Handys SMS versandt zu haben, bestreitet aber den von derBeklagten behaupteten Umfang. Er räumt ein, hierbei auch privateSMS versandt zu haben, führt aber auch aus, ebenfalls dienstlicheveranlasster SMS versandt zu haben, so beispielsweise im Rahmen vonAnfragen von Kollegen zu Schichttausch und dergleichen. Soweit aufden Telefonrechnungen SMS-Versand in das D-1-Netz ausgewiesen sei,sei somit dienstliche Veranlassung nicht auszuschließen, jedenfallsnicht, solange die Beklagte keine Einzelverbindungsnachweisevorlege, was auch bezüglich SMS möglich sei. Der Vortrag derBeklagten zur fehlenden Erforderlichkeit von SMS sei unrichtig, dieVersendung von SMS im täglichen Dienstbetrieb sei normal. DerKläger verweist auf den unstreitigen Umstand, dass jedenfalls keinVerbot existiert, SMS zu dienstlichen Zwecken zu versenden.

Die Beklagte habe vergleichbares Verhalten in den vergangenenJahren unbeanstandet gelassen. Die Beklagte habe auch vergleichbareVerstöße nicht als derart schwere Vertragspflichtverletzungenangesehen und Arbeitnehmern, die dem gleichen Verdacht wie erausgesetzt seien, zum Teil Abmahnungen ausgesprochen. In diesemZusammenhang habe die Beklagte keine geeignetenAbgrenzungskriterien genannt, warum sie im Einzelfall abgemahntoder gekündigt habe, wobei sie die vorgetragenenAbgrenzungskriterien ohnehin erst im Verlauf der verschiedenenRechtsstreite nach und nach entwickelt und nur nachträglichzusammengetragen habe. Die Höhe der verursachten Kosten könneallenfalls von zweitrangiger Bedeutung sein. Da die Beklagte nichtnachvollziehbar dargestellt habe, aus welchen Gründen unabhängigvon der Höhe der verursachten Kosten bei den abgemahntenMitarbeitern noch Restvertrauen bestehe, bei ihm aber nicht mehrbestehen soll, handele es sich um eine unzulässige herausgreifendeKündigung. Er vertritt die Auffassung, ein Auflösungsgrund bestehenicht.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischenden Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagenverwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des ArbeitsgerichtsFrankfurt am Main vom 24. September 2010, 24 Ca 1697/10, ist gemäߧ§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft und auch im Übrigenzulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt undbegründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1und 3 ZPO.

Sie ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zuRecht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist wederdurch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 04. März2010 noch durch die Kündigung vom 09. März 2010 beendet worden.Auch der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet. Dem Klägersteht auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu.

Die Kammer teilt die Beurteilung der angefochtenen Entscheidung,dass vorliegend vor Ausspruch der Kündigungen eine Abmahnung hätteerfolgen müssen. Sie teilt in diesem Zusammenhang die Auffassungder Beklagten, dass bei Beurteilung dieser Frage auf die Umständedes Einzelfalls abzustellen sei. Bei der Würdigung der Umstände desEinzelfalls kommt es aber auch darauf an, in welcher Weise derbetroffene Arbeitnehmer sich vertragswidrig verhalten hat und inwelcher Form er das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandyvertragswidrig zu privaten Zwecken nutzte. UnterschiedlicheNutzungsformen begründen nicht zwangsläufig identischeVertragsverstöße, identische Schwere des Vertragstoßes, identischesUnrechtsbewusstsein oder identischen Vertrauensverlust und führennicht zwangsläufig zu identischer Zukunftsprognose. Private Nutzungdes Diensthandys zum Versand von SMS stellt nach Auffassung derKammer vorliegend einen nicht gleich schweren Pflichtverstoß darwie der in Parallelverfahren von der Beklagten gegen die dortigenKläger erhobene Vorwurf der privaten Nutzung für Auslandstelefonateoder zum exzessiven Surfen im Internet.

Als Grundsatz gilt:

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip.Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangeneVertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikosweiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangenePflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastendauswirken. Eine negative Prognose liegt dann vor, wenn aus derkonkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierendenVertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werdezukünftig den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohungerneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Aus diesem Grundsetzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzungregelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung dient in diesemZusammenhang der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eineordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneutseine vertraglichen Pflichten, kann in der Regel davon ausgegangenwerden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsverstößen kommen.Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei derAnwendung des Prognoseprinzips (BAG 12. Januar 2006 – 2AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte KündigungNr. 54; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06 – AP KSchG 1969§ 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 57). Sie ist zugleichauch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigungist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittelgibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Soweit einsteuerbares Verhalten betroffen ist, muss der Kündigunggrundsätzlich eine erfolglose Abmahnung vorausgehen, es sei denn,sie ist nicht erfolgversprechend oder es handelt sich um eineschwere Pflichtverletzung, bei der dem Arbeitnehmer dieRechtswidrigkeit seines Handelns ohne Weiteres ebenso erkennbar istwie der Umstand, dass eine Hinnahme seines Verhaltens durch denArbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 17. Juni2003 – 2 AZR 62/02 – EzA KSchG § 1 VerhaltensbedingteKündigung Nr. 59; BAG 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 –aaO; BAG 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174Nr. 20; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/07 – aaO; BAG 10.Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32[„B“]). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen imBereich der auf verhaltensbedingte Gründe gestütztenaußerordentlichen Kündigung (BAG 19. April 2007 – 2 AZR180/06 – aaO; BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07 –AP BGB § 626 Nr. 213).

Die Berechtigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist nichtdaran zu messen, ob diese vergleichbar einer staatlichen Maßnahmeals Sanktion für den vergangenen Vertragsverstoß angemessen ist.Statt des Sanktionsprinzips gilt das Prognoseprinzip. Eineverhaltensbedingte Kündigung ist hiernach dann gerechtfertigt, wenneine störungsfreie Vertragserfüllung auch in Zukunft nicht mehr zuerwarten ist, künftigen Pflichtverstößen daher nur durch Beendigungdes Vertragsverhältnisses begegnet werden kann. Beruht dieVertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten desArbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass seinkünftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für denBestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann.Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt erdennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kannregelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zuweiteren Vertragsstörungen kommen. Eine entsprechende negativePrognose für die Zukunft kann auch ohne Abmahnung bestehen, wenneine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung ohnehinnicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwerePflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme offensichtlichausgeschlossen ist (BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09– aaO).

Diese Grundsätze gelten auch bei Straftaten oder vorsätzlichenVertragspflichtverletzungen, die sich gegen Eigentum oder Vermögendes Arbeitgebers richten, so dass auch hier die Prüfung nichtentbehrlich ist, ob nicht die Prognose gerechtfertigt ist, derArbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung künftigwieder vertragstreu verhalten, wobei diese Frage von einemobjektiven Standpunkt aus zu beantworten ist, dementsprechend einobjektiver Maßstab entscheidend ist und es nicht auf die subjektiveEinschätzung des Arbeitgebers oder bestimmter für ihn handelnderPersonen ankommt (BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09– aaO).

Wenn auch vorsätzliche Vertragsverstöße, die zum eigenen Vorteilbegangen werden und zu Vermögensschäden von wie im vorliegendenSachverhalt vierstelligen Eurobeträgen führen sehr häufig undüberwiegend unter dem Aspekt des besonders schwerenPflichtverstoßes oder des offensichtlichen Ausschlusses derTolerierung durch den Arbeitgeber per se eine negative Prognoserechtfertigen und eine Abmahnung als entbehrlich erscheinen lassen,so kann es doch auch bei Störungen des Vertrauensbereichs durchEigentums- oder Vermögensdelikte Fälle geben, in denen eineAbmahnung nicht ohne Weiteres entbehrlich ist, insbesondere dann,wenn dem Arbeitnehmer zwar die Verbotswidrigkeit seines Verhaltenshinreichend klar ist, er aber Grund zur Annahme haben durfte, derArbeitgeber würde dieses noch nicht als ein so erheblichesFehlverhalten werten, dass dadurch der Bestand desArbeitsverhältnisses auf dem Spiel stünde (BAG 23. Juni 2009– 2 AZR 103/08 – AP KSchG 1969 § 1 VerhaltensbedingteKündigung Nr. 59).

Eine solche Situation liegt vor, wobei für die Kammer folgendeÜberlegungen ausschlaggebend sind:

- Anders als im Fall privater Telefonate aus dem Ausland bzw.des Surfens im Internet ist die Versendung von SMS jedenfalls nichtvon vornherein mit dienstlichen Zwecken unvereinbar. Anders als imFall privater Telefonate aus dem Ausland bzw. des Surfens imInternet bestehen auch Anhaltspunkte, aufgrund derer der Kläger vonKostenneutralität ausgehen konnte.

- Denn die Versendung von SMS kann anders als Telefonate aus demAusland – jedenfalls solange diese nicht in den internenNummernblock der Beklagten erfolgen – oder das Surfen imInternet der innerbetrieblichen Kommunikation dienen.

- Hierbei kommt es weniger darauf an, mit welcher Häufigkeitinnerbetriebliche Kommunikation über SMS erfolgt und ob maninsoweit von Üblichkeit sprechen kann. Entscheidend ist, dass derVersand von SMS objektiv nicht ungeeignet ist, der Kommunikation zubetrieblichen Zwecken zu dienen.

- Der Versand von SMS ist ferner nicht ungeeignet, derKommunikation zwischen Arbeitnehmern zu dienen, die zwar strenggenommen privaten Charakter aufweist, aber einen dienstlichen Bezughat, beispielsweise Anfragen untereinander zum Schichttausch.

- Obwohl die Beklagte den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerndie private Nutzung des Handys nur über die Twin-Bill-Funktiongestattet, ist die Möglichkeit des Telefonierens im Dienstmodus aufden internen Nummernblock beschränkt, die Versendung von SMSdagegen nicht. Auf welchen Gründen dies beruht und ob eine Sperrungder SMS-Funktion im Dienstmodus überhaupt technisch möglich ist,ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Entscheidend istvielmehr, dass dies objektiv der Fall ist und von den Arbeitnehmernso wahrgenommen wird.

- Objektiv wahrgenommen wird damit, dass ein Missbrauch desDienstmodus zum Zweck des Telefonierens – von dem Führen derAuslandstelefonate abgesehen – durch die Arbeitgeberin oderden Provider daher ausgeschlossen wird, zum Zweck des Versands vonSMS dagegen nicht.

- Objektiv wahrgenommen wird ferner der Umstand, dass dieBeklagte es ihren Arbeitnehmern ermöglicht, das Diensthandyaußerhalb der Dienstzeit mit nach Hause zu nehmen. Richtig ist,dass dieser Umstand insoweit überhaupt keine Aussagekraft hat,sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die sich für dieTwin-Bill-Funktion entschieden haben. Denn dann ist esselbstverständlich, dass diese das Handy zur gestattetenPrivatnutzung mit nach Hause nehmen können. Die Gestattung betrifftjedoch auch die Arbeitnehmer, die sich gegen die Twin-Bill-Funktionentschieden haben, denen damit eigentlich jedwede Privatnutzunguntersagt ist. Dennoch wird diesen Arbeitnehmern die Mitnahme desHandys nach Hause gestattet, wobei offen bleiben kann, ob siehierzu auch noch ausdrücklich aufgefordert werden und/oder ob diesvon ihnen im Hinblick auf das Aufladen des Handys und/oder diejederzeitige Erreichbarkeit jedenfalls erwartet wird.

- Mit dieser objektiven Wahrnehmung kann die Annahme verbundensein, die Versendung von SMS als im Dienstmodus ermöglichteVerwendungsform sei ebenso wie das Telefonieren in den internenNummernblock kostenneutral, maW. durch eine Flatrate abgedeckt.

- Von daher kann die Einlassung, von einer Flatrate bzw.Kostenneutralität des Versands von SMS ausgegangen zu sein, nichtvon vornherein als bloße Schutzbehauptung angesehen werden.

- Dies gilt auch unter Berücksichtigung der mit Schreiben vom20. September 2006 übersandten Preisliste. Unabhängig von dem imSchreiben vom 20. September 2006 aufgeführten nochmaligen Hinweisauf die mangels Twin-Bill-Funktion rein dienstliche Nutzung undunabhängig von der Frage des Zugangs dieses Schreibens ist dieübersandte Preisliste für die Erwartungshaltung des Klägers und deranderen Arbeitnehmer ohne Aussagekraft. Denn die Preisliste beziehtsich auf die Konditionen der privaten Seite derTwin-Bill-Funktionen. Sie bezieht sich nicht auf die Konditionender dienstlichen Seite der Twin-Bill-Funktion. Dementsprechend kanndurchaus die Erwartung bestanden haben, dass bei dienstlicherNutzung bzw. Nutzung im Dienstmodus SMS-Versand kostenneutral unddurch Flatrate abgedeckt ist, beispielsweise aufgrund der Beklagtengewährter oder vereinbarter Unternehmenstarife. Dass dem nicht sowar, konnten die Arbeitnehmer und damit auch der Kläger jedenfallsnicht daran erkennen, dass bei Nutzung des Privatmodus SMS-VersandKosten auslöst.

- Daher spricht es auch nicht gegen eine entsprechende Annahme,wenn Arbeitnehmer anhand der ihnen übersandten Telefonrechnungenerkennen konnten, dass bei ihrem Tarif bei Verwendung desPrivatmodus Kosten abgerechnet werden.

- Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die objektivvorliegende und dem Kläger auch erkennbare Pflichtwidrigkeit ohneSchädigungsabsicht erfolgte. Die entsprechende Einlassung desKlägers ist nicht widerlegt. Es spricht auch keine überwiegendeWahrscheinlichkeit gegen diese Einlassung.

- Denn in dieser Erwartungshaltung konnte der Kläger sich durchdas objektiv vorliegende Verhalten der Beklagten bestätigt fühlen.Denn die Beklagte hat objektiv die Verwendung des Dienstmodus zumVersand von SMS über einen längeren Zeitraum nicht beanstandet. Auswelchen Gründen dies erfolgte, ist in diesem Zusammenhang nichtentscheidend.

- Aus der Untätigkeit der Beklagten musste der Kläger vorliegendnicht schließen, sie habe die monatlichen Telefonkosten nichtkontrolliert und deshalb von dem Pflichtverstoß keine Kenntnis. ImHinblick auf den Versand von SMS konnte der Kläger vielmehr auchden Schluss ziehen, die vertragswidrige Verwendung des Diensthandyshabe für die Beklagte trotz unterstellter Kontrolle keine besondereBedeutung, insbesondere nicht in vermögensrechtlicher Hinsicht,führe zu keiner konkreten Vermögensschädigung und werde von derBeklagten toleriert, zumindest nicht als derart erheblichesFehlverhalten angesehen, dass dadurch der Bestand desArbeitsverhältnis gefährdet würde.

- Von daher kann dann aber auch nicht auf die Intensität derNutzung abgestellt werden. Wenn der Kläger nicht widerlegt vonKostenneutralität gehen konnte und davon, dass sein Fehlverhaltennoch nicht bestandsgefährdend sei, kann es auf die Anzahl derversandten SMS allein nicht ankommen, auch wenn wie die Beklagtemeint beim Kläger besonders exzessives Nutzungsverhalten vorliegensollte. Dies gilt umso mehr, als die bloße Anzahl der privaten SMSnoch keine Aussage über den Grad der Pflichtwidrigkeit gestattet,sondern auch auf das individuelle Kommunikationsverhaltenzurückzuführen ist.

- Es verbleibt dann vielmehr dabei, dass bei bestehender Praxis,Privatnutzung in gewissem Umfang zu „dulden“, eineabmahnungsfreie Kündigung nicht allein mit der Intensität undAnzahl der Privatnutzung begründet werden kann, vielmehr entwedereine klare Grenze aufzuzeigen oder durch Abmahnung auf dasgenerelle Verbot der Privatnutzung auch zum Versand privater SMShinzuweisen ist (vgl. BAG 27. November 2003 – 2 AZR692/02 – AP ZPO § 319 Nr. 27). Der Begriff des„Duldens“ ist hierbei nicht am objektiven Kenntnisstandder Beklagten zu messen, sondern an der Erwartungshaltung und demVerständnis des Arbeitnehmers, wie er das Verhalten der Beklagtenverstehen konnte und verstanden hat. Denn dies und nicht allein derKenntnisstand der Beklagten gibt Aufschluss darüber, ob trotz deserheblichen Pflichtverstoßes eine positive Prognose für die Zukunftgestellt werden kann und die Annahme gerechtfertigt ist, der Klägerwerde sich nach Ausspruch einer Abmahnung vertragstreu verhalten.Auch gehört zu dem objektiven Maßstab, anhand dessen zu beurteilenist, ob enttäuschtes Vertrauen unwiederbringlich zerstört oder nochin hinreichendem Ausmaß vorhanden ist, nicht nur der objektivePflichtverstoß, sondern der Grad des Verschuldens. Dieses istgeringer, wenn der Arbeitnehmer mit noch vertretbaren Gründenangenommen hat, sein Verhalten werde toleriert oder zumindest nochnicht als erhebliches und zur Beendigung des Arbeitsverhältnissesführen Fehlverhalten angesehen.

- In diesem Zusammenhang schließlich ist von Bedeutung, dass essich bei dem Kläger um keinen isolierten Fall des Missbrauchs deszur Verfügung gestellten Diensthandys handelt, sondern um einenTeil eines „Massenphänomens“, an dem in demkontrollierten Zeitraum jedenfalls und mindestens ca. 60Arbeitnehmer des betreffenden Bereichs in unterschiedlicher Form,unterschiedlicher Intensität, unterschiedlichem Umfang, mitunterschiedlicher Schadensverursachung und unterschiedlichem Graddes Verschuldens beteiligt waren. Auch dieser Umstand kann dazubeigetragen haben, dass für den Kläger aufgrund eingerissenerUnsitte die Hemmschwelle herabgesetzt war.

Die Entgegennahme von zwei Telefonaten im Ausland rechtfertigtgleichfalls nicht ohne Abmahnung den Ausspruch einer Kündigung.Aktives Telefonverhalten des Klägers liegt nicht vor. Der Umstand,dass durch die eingehenden Anrufe Roaming-Gebühren entstanden, kannohne weiteres auch darauf zurückzuführen sein, dass sich der Klägerversehentlich im Dienstmodus des Handys befand. Es liegt auch einisolierter Vorgang vor, der keine Rückschlüsse auf methodisches undgeplantes Vorgehen des Klägers zulässt. Dasselbe gilt hinsichtlichdes Vorwurfs des Surfens im Internet.

Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist das Arbeitsverhältnis aufAntrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer angemessenen Abfindungaufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszweckendienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer undArbeitgeber nicht erwarten lassen.

Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt dieSozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zumFortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetzist vorrangig Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. DieserGrundsatz wird durch § 9 KSchG unter der Voraussetzungdurchbrochen, dass – bezogen auf den Auflösungsantrag desArbeitgebers – eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolleFortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Kommthiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweisein Betracht, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zustellen. Da der Auflösungsantrag trotz seiner nach § 9 Abs. 2 KSchGgesetzlich angeordneten Rückwirkung auf den Kündigungszeitpunkt indie Zukunft gerichtet ist, ist maßgeblicher Zeitpunkt für dieBeurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienlicheweitere Zusammenarbeit zu erwarten ist, der Zeitpunkt der letztenmündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. AlsAuflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchGkommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältniszum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seinerLeistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben undsein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (BAG 02.Juni 2005 – 2 AZR 234/04AP KSchG 1969 § 9 Nr.51). Liegt ein Grund vor, der an sich zur Auflösung desArbeitsverhältnisses geeignet erscheint, so muss in einem zweitenSchritt geprüft werden, ob in Anbetracht der konkretenbetrieblichen Umstände noch eine den Betriebszwecken dienlicheZusammenarbeit möglich ist (BAG 23. Juni 2005 – 2 AZR256/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 52; BAG 10. Juli 2008 –2 AZR 1111/06 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte KündigungNr. 181).

Im Fall bewusst wahrheitswidrigen Vortrags des Arbeitnehmers imRechtsstreit kann ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers in Betrachtkommen. Allerdings kann nicht jeder unzutreffende Parteivortrag als„Lüge“ bezeichnet werden. Die Wahrnehmung einesGeschehens ist generell nicht unbeeinflusst vom äußeren und innerenStandpunkt des Wahrnehmenden. Gleiches gilt für Erinnerung undWiedergabe, zumal in einem von starker Polarität geprägtenVerhältnis, wie es zwischen Prozessparteien häufig besteht. Esbedarf besonderer Anhaltspunkte, um unzutreffenden Vortrag alsgezielte Irreführung des Gerichts oder der Gegenpartei auszuweisen(BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – aaO).

Soweit der Kläger im Rechtsstreit vorbringt, SMS und MMS seienauch in der dienstlichen Kommunikation sinnvoll, seien gelebteRealität und die Versendung von SMS sei im täglichen Dienstbetriebabsolut normal, liegt in diesem Vortrag kein Auflösungsgrund. DieAusführungen stellen erkennbar eine Wertung dar, die im Übrigen derDarstellung des Betriebsrats in seinen Stellungnahmen zuKündigungen anderer Arbeitnehmer entspricht (zB. Bl. 114 in demVerfahren 17 Sa 1818/10). Von daher ist kein Auflösungsgrundersichtlich, wenn sich der Kläger diese Einschätzung zu eigenmacht, gleichgültig, ob diese hinreichend substantiiert dargelegtist und/oder den tatsächlichen Umständen entspricht. Ob dieMitarbeiter C und D die von Kläger im Rechtsstreit behauptetenErklärungen abgegeben haben, kann dahinstehen. Eine Beweisaufnahmehierüber hat nicht stattzufinden. Selbst wenn die Erklärungen nichtabgegeben worden sein sollten, ist damit noch nicht erkennbar, dassder Kläger in diesem Zusammenhang bewusst unwahre Behauptungenaufgestellt haben sollte und sich nicht etwa auf ihm erteilteInformationen verlassen hat. Dasselbe gilt für die Behauptung, dieArbeitnehmer E und F hätten sämtliche eingehenden Telefonrechnungenüberprüft. Der Vortrag erfolgt erkennbar auch im Zusammenhang mitdem Vorgang um den Arbeitnehmer G, dem mit Schreiben vom 14. Juli2006 nach Kontrolle durch den Arbeitnehmer E aufgegeben wurde, dieKosten für das Herunterladen von Klingeltönen auf das Handy zuersetzen. Wenn der Kläger hieraus den Schluss derRechnungskontrolle zieht und dies im Rechtsstreit vorbringt, kannhierin noch kein Auflösungsgrund gesehen werden. Ein solcher kannauch nicht ernsthaft im Hinblick auf den streitigen Vortrag, ob Enoch Mitarbeiter der Beklagten ist oder nicht, in Erwägung gezogenwerden. Der Vortrag des Klägers, wonach die überwiegende Mehrzahlder Arbeitnehmer nicht abgemahnt wurde, ist aus dem Zusammenhanggerissen, betrifft die Auseinandersetzung der Parteien im Hinblickauf den Gleichbehandlungsgrundsatz und ist im Übrigen nicht unwahr.Ob und was der Kläger damit zu suggerieren versucht haben sollte,ist unerheblich, da der Rechtsstreit anhand Tatsachenvortrags zuentscheiden ist. Die Frage, wann und wie oft der Kläger über dieordnungsgemäße Verwendung des Diensthandys belehrt wurde, istzwischen den Parteien streitig. Streitiger Parteivortrag alleinrechtfertigt noch keinen Auflösungsantrag, zumal auch die Beklagtenicht konkret vorbringt, wann im Einzelnen der Kläger konkretwelche Belehrung erhalten haben soll. Die vom Kläger wie im Übrigenauch von Klägern anderer Rechtsstreite vorgebrachte Argumentationzur Zeugniserteilung – im Übrigen durch die neuePersonalleiterin und nicht durch die bisherige Personalleiterin– vom 04. Februar 2010 erfolgt erkennbar argumentativ imZusammenhang mit der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2BGB. Die Argumentation mag als nicht plausibel erscheinen. Einentsprechendes Zeugnis mit dem angegebenen Datum existiertjedenfalls. Wenn der Kläger meint, hiermit argumentieren zu können,liegt kein einen Auflösungsantrag rechtfertigender bewusstwahrheitswidriger Sachvortrag vor, sondern der Versuch, aus einemmöglicherweise rückdatierten und dann mit fehlerhaftem Datumerstellten Zeugnis im Hinblick auf den Zeitpunkt derKenntniserlangung zu schließen.

Ist das Arbeitsverhältnis der Parteien damit weder durch dieKündigung vom 04. März 2010 und 09. März 2010 beendet noch aufgrundAuflösungsantrags der Beklagten aufzulösen, steht dem Kläger auchder allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigenAbschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits zu (BAG 27. Februar1985 – GS 1/74 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr.14). Überwiegende Arbeitgeberinteressen an einerNichtbeschäftigung sind nicht dargelegt. Sie ergeben sichinsbesondere nicht aus dem von der Beklagten gestelltenAuflösungsantrag. Zutreffend ist, dass die aus einemAuflösungsantrag folgende Ungewissheit über den Fortbestand desArbeitsverhältnisses derjenigen entsprechen kann, die vor derVerkündung eines erstinstanzlichen Urteil in einemKündigungsschutzrechtsstreit besteht und deswegen das schutzwürdigeInteresse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung begründenkann (BAG 16. November 1995 – 8 AZR 864/93 – APEinigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Nr. 54). Mit der vorliegendenEntscheidung wird aber gerade auch festgestellt, dass derAuflösungsantrag der Beklagten unbegründet ist. Es kann damit offenbleiben, ob der Auffassung zu folgen ist, wonach derWeiterbeschäftigungsanspruch bereits durch Stellung einesAuflösungsantrags entfällt (vgl. hierzu LAG Hessen 16. März2010– 4 Sa 1616/09AuR 2011, 128, Volltext juris).Aufgrund der Zurückweisung des Auflösungsantrags besteht jedenfallswieder ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers an derBeschäftigung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund iSd. § 72 Abs.2 ArbGG.

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