OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 06.05.2011 - 19 U 293/10
Fundstelle
openJur 2012, 34616
  • Rkr:

Eine Bank genügt ihrer Aufklärungspflicht durch Übergabe des Verkaufsprospekts einer Geldanlage, wenn diese die erforderlichen Angaben enthält und der Anlageinteressent hinreichend Zeit zur Lektüre des Prospekts hat, er den Zeitpunkt der Zeichnung jedoch ohne zwingenden Grund selbst kurzfristig bestimmt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.11.2010 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Bank1 Schadensersatz wegen fehlerhafter (telefonischer) Anlageberatung durch eine Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin Ende Januar 2000 in deren Folge der Kläger am 4.2.2000 eine Beteiligung an dem Medienfonds X GmbH & Co. …- KG zeichnete.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen. Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Das Landgericht hat mit seinem am 19.11.2010 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger bereits das Vorliegen eines Beratungsvertrages nicht hinreichend dargelegt habe. Unter Zugrundelegung seines Vortrages über die telefonisch erteilte Anlageempfehlung sei bestenfalls von einer Produktanpreisung auszugehen. Auch sei der Kläger hinsichtlich der behaupteten Beratungsfehler beweisfällig geblieben, da er allein seine Vernehmung als Partei als Beweismittel angeboten habe, die Voraussetzungen einer Parteivernehmung aber nicht vorlägen und sich auch nicht aus dem Grundsatz der Waffengleichheit und des Fairnessgebotes ergäben. Schließlich seien etwaige Ansprüche des Klägers auch verjährt. Der Kläger habe auf Grund der erhaltenen Mitteilungen und des Ausbleibens der prospektierten Ausschüttungen hinreichend Anlass gehabt, sich mit dem ihm übergebenen Prospekt auseinanderzusetzen, der entsprechende Risikohinweise enthält und aus dem sich auch die an die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie an deren Tochtergesellschaft A Ltd. gezahlten Vergütungen ergäben. Die nicht vorgenommene Lektüre des Prospekts sei jedenfalls grob fahrlässig. Der Kläger könne sich auch nicht auf die fehlende Rechtzeitigkeit der Übergabe des Prospekts berufen, da er lediglich vorgetragen habe, den Prospekt „kurze Zeit vor der Zeichnung“ erhalten zu haben.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt.

Seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Übergabe des Fondsprospekts konkretisierend trägt der Kläger zunächst vor, er habe den Prospekt erst am Tag der Zeichnung erhalten. Bei dem telefonischen Beratungsgespräch habe ihm die Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor allem die konzeptionellen Garantien und Sicherheiten des Medienfonds erläutert, insbesondere, dass eine Absicherung der Kapitaleinlage bis zu 86,8 % bestehe. Eine hinreichende Darstellung der Anlagerisiken, insbesondere des Bestehens eines Totalausfallrisikos sei nicht erfolgt. Auch sei er nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Falle einer Vermittlung der Beteiligung an dem Medienfonds eine Eigenkapitalvermittlungsprovision von 9 % sowie zusätzlich eine Platzierungsprovision von 1 % erhalte. Desweiteren sei er auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Mitinitiatorin des Fonds und Prospektverantwortliche, die A Ltd., eine damalige Tochtergesellschaft der Bank1, für laufende Beratungen eine Gebühr von 5,17 % des Gesamteinlagengesamtkapitals erhalten sollte.

Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, bei der telefonischen Anlageempfehlung sei stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen, den die Beklagte durch die fehlerhafte Risikodarstellung und die fehlende Aufklärung über die von der Beklagten und der A Ltd. zugesagten Vergütungen, bei denen es sich um verdeckte Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung des BGH handele, schuldhaft verletzt habe. Auf den im Übrigen für die erforderliche Aufklärung unzureichenden Inhalt des Prospekts könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da ihm der Prospekt nicht rechtzeitig vor der Zeichnung der Beteiligung vorgelegt worden sei. Fehlerhaft sei die Annahme des Landgerichts, der Kläger sei hinsichtlich der Behauptung einer fehlerhaften Beratung beweisfällig geblieben. Auch lägen die Verjährungsvoraussetzungen nicht vor, weil zum einen keine Verpflichtung des Klägers zur nachträglichen Lektüre des Fondsprospekts bestanden habe und er zudem von den gezahlten Vergütungen erst in unverjährter Zeit Kenntnis erhalten habe. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass bei mehreren in Zusammenhang stehenden Verletzungshandlungen jede Handlung, die eine eigene Schadensfolge zeitige und dadurch zum Gesamtschaden beitrage, verjährungsrechtlich selbständig zu beurteilen sei. mithin auch die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr.2 BGB für jede einzelne Verletzungshandlung zu prüfen sei.

Unter Widerholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Übrigen beantragt der Kläger,

unter Abänderung des am 19.11.2010 verkündeten Urteils der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung eines Kommanditanteils an der X GmbH & Co. … KG in einer Beteiligungshöhe von nominal 200.000,00 DM einen Betrag von 107.234,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Vorbringen in der Berufungsbegründung zeigt weder einen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts auf, noch sind Anhaltspunkte für eine fehler- oder lückenhafte Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erkennbar (§ 529 ZPO).

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen fehlerhafter Anlageberatung verneint.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist zwischen ihr und dem Kläger allerdings stillschweigend ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (BGH BKR 2008, 199 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Kläger hat in der Klageschrift zum Inhalt des Beratungsgespräches vorgetragen. In der Klageerwiderung und in ihren weiteren Schriftsätzen hat die Beklagte ihrerseits ausführlich dargelegt, welche Zusicherungen sie während des Gespräches nicht gegeben habe und unter anderem bestritten, dass der Kläger nicht auf ein Totalverlustrisiko oder die Vergütungen für ihre Rechtsvorgängerin hingewiesen worden sei, also mithin eine Beratung eingeräumt.

Aufgrund des Beratungsvertrages war die Beklagte verpflichtet, den Kläger über die für die Anlageentscheidung bedeutsamen oder möglicherweise bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären (BGH, a.a.O., m.w.N.).

Zu Recht konnte es das Landgericht dahinstehen lassen, ob Beratungsfehler in Bezug auf die Risiken der Kapitalanlage bei dem damaligen Beratungsgespräch erfolgten, da etwaige Ansprüche hieraus jedenfalls nach § 195, 199 Abs. 1 Ziffer 2 BGB verjährt sind.

Allerdings fehlt es vorliegend bereits an einer Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten. Dass die unternehmerische Beteiligung des Klägers an dem Medienfonds eine anlegergerechte Anlage war, wird auch vom Kläger, der selbst Unternehmer ist und über umfangreiche Anlageerfahrungen verfügt, nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Die Anlageberatung war auch objektgerecht. Zunächst ist bereits darauf abzustellen, dass bei einem telefonischen Beratungsgespräch eine umfängliche Aufklärung über eine in ihrer Struktur komplexe Kommanditbeteiligung an einem Medienfonds nicht möglich ist, ein Umstand, der auch dem Kläger bewusst sein musste. Deshalb erhielt der Kläger von der Beklagten auch vor der Zeichnung der Beteiligung den Fondsprospekt. Dieser Fondsprospekt enthält die für eine objektgerechte Beratung und Risikoaufklärung nötigen Informationen. Bereits auf Seite 8 des Prospekts wird auf das unternehmerische Risiko der Beteiligung und deren Risiken hingewiesen, desweiteren in dem Abschnitt „Risiken der Beteiligung“ auf den Seiten 66 ff.. Auf der Seite 66 wird unter der Überschrift „Stoffrechteerwerbsrisiko“ ausdrücklich erwähnt, dass sich für den Anleger Verluste ergeben können, die bis zu einem Verlust der Einlage führen können.

Der Kläger hat den Fondsprospekt auch rechtzeitig vor der von ihm getroffenen Anlageentscheidung erhalten. Der Vortrag des Klägers zum Zeitpunkt des Erhalts des Prospekts ist bereits zu unbestimmt, um beachtlich zu sein. Erstinstanzlich hat der Kläger vorgetragen, er habe den Prospekt kurz vor der Zeichnung zur Verfügung gestellt bekommen. In welchen zeitlichen Abstand und auf welche Weise dies erfolgte, hat er hingegen nicht mitgeteilt. In der Berufungsinstanz trägt der Kläger nunmehr vor, er habe den Prospekt erst am Tag der Zeichnung erhalten. Der Kläger hat es nicht vermocht, die bestehenden Zweifel an diesem unbestimmten und zudem unterschiedlichen Vortrag auszuräumen. Unstreitig jedoch befand sich der Kläger im Besitz des Prospekts bevor er den Zeichnungsschein unterzeichnete. Unstreitig blieb auch, dass er den Zeichnungsschein zusammen mit dem Prospekt erhielt. Damit hatte der Kläger die Gelegenheit, sich ausführlich und eingehend anhand des ihm nicht zuletzt wegen der bei einer telefonischen Beratungssituation nur eingeschränkt möglichen Aufklärung überlassenen Prospekts über Chancen und Risiken der von ihm sodann gezeichneten Anlage zu informieren, bevor er den Zeichnungsschein unterzeichnete und der Beklagten zukommen ließ. Eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts vor der Zeichnungserklärung kann bei einem Anleger auch grundsätzlich vorausgesetzt werden (vgl. hierzu auch BGH III ZR 125/06). Eine Eilbedürftigkeit der Zeichnung der Anlage bestand bei noch bis zum 15.12.2000 laufender Zeichnungsfrist nicht. Den Zeichnungszeitpunkt hat der Zedent selbst kurzfristig bestimmt, obgleich er die Möglichkeit zur eingehenden Lektüre der Produktinformationen hatte. Es lag mithin keine Situation vor, bei der durch die Beratungssituation selbst oder durch eine unausgesprochen im Raum stehende Erwartung, sich schnell entscheiden zu sollen oder zu müssen, für den Kläger Anlass bestanden hätte, von der Möglichkeit der umfassenden Information anhand des Fondsprospekts abzusehen (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.1.2011 – Az.: 17 U 162/10 – Anlage BB2). Deshalb ist davon auszugehen, dass ihm der Fondsprospekt „rechtzeitig“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH vorlag und er sich den aufklärenden Inhalt dieser Informationen als Beratung der Beklagten entgegenhalten lassen muss. Eine hinreichende Aufklärung erfolgte durch den Fondsprospekt auch hinsichtlich der im Falle der Vermittlung an die Beklagte gezahlten Provisionen.

Bei diesen Provisionen handelt es sich zwar um aufklärungspflichtige Rückvergütungen und nicht nur um sog. Innenprovisionen, weil jedenfalls das offen ausgewiesene Agio verdeckt an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückgeflossen ist (vgl. zur Unterscheidung nunmehr klarstellend BGH, Beschluss vom 9.3.2011 – Az.: XI ZR 191/10 – bisher unveröffentlicht). Jedoch enthält der rechtzeitig dem Kläger übergebene Fondsprospekt die erforderliche Aufklärung. Auf Seite 44 des Prospekts wird diese Provision für die Eigenkapitalvermittlung und für die Einzahlungs- und Platzierungsgarantie unter Benennung der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Provisionsempfängerin und der zutreffenden Provisionshöhe ausdrücklich benannt.

Auch über die von der Fondsgesellschaft auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages an die Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin, die A Ltd., gezahlte Vergütung klärt der Fondsprospekt auf Seite 64 auf. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Vergütung nicht um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung, sondern lediglich um eine auf Grund einer Leistungsbeziehung zu zahlende Vergütung und um Konzeptionskosten. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine Verflechtung der Beklagten mit der Fondsinitiatoren und Prospektverantwortlichen A Ltd. berufen, da diese im Prospekt ausdrücklich als ein Unternehmen der Bank1 – Gruppe benannt ist.

Ein Schadensersatzanspruch bestünde im Übrigen selbst dann nicht, wenn man eine Aufklärungspflichtverletzung annehmen würde, da etwaige Ansprüche des Klägers jedenfalls verjährt wären.

Vorliegend kommt für die Ansprüche des Klägers wegen fehlerhafter Anlageberatung gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 3 BGB die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB zur Anwendung und beträgt 3 Jahre. Da bei Vertragsschluss im Jahr 2000 für Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss eine Verjährungsfrist von 30 Jahren galt, für derartige Ansprüche aber vom 1.1.2002 an die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren gilt, sofern auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen, gilt nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB die kürzere Frist des neuen Verjährungsrechts. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Da die subjektiven Voraussetzungen des § 199 BGB vorliegend jedenfalls bereits vor dem 1.1.2007 vorlagen, lief die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche spätestens zum 31.12.2009 ab. Die Klageerhebung erfolgte indes erst 2010. Der Zedent hatte jedenfalls bereits vor dem 01.01.2007 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt oder sich dieser Kenntnis zumindest in grob fahrlässiger Weise verschlossen, weil, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, seine Unkenntnis auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Geschäfts- und Kapitalverkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn der Geschädigte, der sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte, die auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt (Palandt - Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 199 Rdnr.37 m.w.N.).

Die Kenntnis oder die Situation einer grob fahrlässigen Nichtkenntnis der den Schadensersatzanspruch des Zedenten begründenden Umstände bestand, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits im Jahre 2003. Nicht nur hat der Zedent in den Jahren 2002 und 2003 die prognostizierten Ausschüttungen nicht erhalten, sondern wurde bereits im Geschäftsbericht für 2002 auf die bestehenden Risiken der zukünftigen Entwicklung des Fonds und damit auch seiner Kapitalanlage hingewiesen. Der Geschäftsbericht enthält auch den Hinweis auf mögliche Probleme im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Erlösausfallversicherung, die erkennbar für die Sicherheit der Anlage von wesentlicher Bedeutung war. Diese Hinweise waren jedenfalls geeignet, dem Zedenten Kenntnis davon zu verschaffen, dass es sich bei der unternehmerischen Beteiligung an dem Medienfonds nicht um eine sichere und risikolose Anlageform handelte und er auch die Möglichkeit eines Totalverlustes seiner Einlage in Betracht ziehen musste. Sofern diese Informationen in Widerspruch zu den Angaben der Berater der Beklagten anlässlich des Beratungsgesprächs im Januar 2000 standen, hätte sich dem Zedenten der Schluss auf ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten aufdrängen müssen. Auf Grund dieser Informationen wäre der Zedent zudem gehalten gewesen, auch den Anlageprospekt einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen, in dem nach Auffassung des Senats hinreichend deutlich auf die Risiken der unternehmerischen Beteiligung und insbesondere auch auf die Möglichkeit eines Totalverlustrisikos hingewiesen wird.

Dass der Kläger dies ersichtlich auch getan hat, wird dadurch deutlich, dass er sich bereits seit 2003 anwaltlich beraten ließ und jedenfalls Kenntnis von einer bereits 2003 angestrebten Sammelklage durch eine Anlegerschutzgemeinschaft Kenntnis hatte. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob dem Zedenten der Prospekt rechtzeitig vor der Zeichnung ausgehändigt wurde, da jedenfalls die mit dem Geschäftsbericht für 2002 vermittelten Erkenntnisse eine Überprüfung der Angaben der Berater der Beklagten anhand des ihm übergebenen Prospekts nahelegten. Soweit der Zedent diese weitere Erkenntnismöglichkeit nicht genutzt hat, ist ihm jedenfalls grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Ziffer 2 BGB vorzuwerfen. Auch aus den Jahresabschlussberichten für die Geschäftsjahre 2004 und 2005 ergaben sich hinreichende Hinweise für den Zedenten dafür, dass der behauptete Inhalt des Beratungsgesprächs nicht den tatsächlichen Risiken der Anlage entsprach.

Der Kläger kann sich auch – unabhängig von der Frage der rechtzeitigen Übergabe des Prospekts - nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn in dem telefonischen Beratungsgespräch nicht auf die Höhe der von der Beklagten und der A Ltd. vereinnahmten Vergütungen hingewiesen hat. Dies folgt bereits aus dem eigenen Vortrag des Klägers, wonach die Gesamtvergütung die 15 % - Schwelle überschritten habe und mithin diese Vergütungen auch Einfluss auf die Frage der Rentabilität der Beteiligung an dem Medienfonds gehabt hätten. In dieser Situation und im Hinblick auf die negative Entwicklung des Fonds bereits in den ersten Jahren nach der Emission hätte sich dem Kläger die Frage aufdrängen müssen, dass auch die Höhe der Vergütungen an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die mit ihr verflochtenen Unternehmen für die unzulängliche Kapitalausstattung der Fondsgesellschaft und mithin für die Entwicklung des Fonds von entscheidender Bedeutung sein könnten. Deshalb und nicht allein wegen des vermeintlichen Interessenkonflikts der Beklagten wäre der Kläger gehalten gewesen, den Prospekt auch im Hinblick darauf zu überprüfen, welche sog. weichen Kosten, die nicht in die Produktion fließen, die Entwicklung des Fonds und damit auch die Rentabilität seiner Beteiligung beeinflussen können (in diesem Sinne zutreffend auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.11.2011 – Az.: 17 U 162/10 – Anlage BB2). Dann aber wäre ihm bekannt geworden, dass 10 % (einschließlich des 5%igen Agio) an die Beklagte und weitere 5,17 % an die A Ltd. als Vergütungen fließen.

Indem er dies nicht getan haben will, erfüllt sein Verhalten die Voraussetzungen, die eine Annahme grob fahrlässiger Nichtkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Satz 2 BGB rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.