FG Kassel, Beschluss vom 18.01.2011 - 6 V 2444/10
Fundstelle
openJur 2012, 34116
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zutragen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen einer Privatklinik. Die Antragstellerin (im Folgenden: ‚AStin’) betreibt die in A gelegene Einrichtung „Klinik und Hotel B. Gesellschafter der AStin waren im Streitjahr die C und die D. Die Klinik, in der schwerpunktmäßig ambulante und stationäre orthopädische und sportmedizinische Behandlungen durchgeführt werden, verfügt über 178 Zimmer mit 278 Betten, von denen 100 Betten für den stationären Betrieb zugelassen sind. In der ambulanten Physiotherapie wurden im Streitjahr insgesamt 620 gesetzlich krankenversicherte Patienten (Zählweise nach Anzahl der Rezepte), 117 Patienten über Berufsgenossenschaften und 702 privat krankenversicherte Patienten (Zählweise nach Anzahl der Ausgangsrechnungen) behandelt. Stationär wurden insgesamt 1.785 Patienten aufgenommen. Hierbei handelte es sich in 1.288 Fällen um privat krankenversicherte Personen, die in der Klink von freiberuflich tätigen Belegärzten der Gemeinschaftspraxis E operiert und (fach-) ärztlich betreut wurden. Gleiches gilt für weitere 139 der 1.785 Fälle, die als privat krankenversicherte Patienten von sonstigen Belegärzten behandelt wurden. In weiteren 121 der 1.785 Fälle erbrachte die AStin Sanatoriumsleistungen, denen weder eine medizinische Indikation noch eine ärztliche Verordnung zu Grunde lag.

Neben der Klink unterhält die AStin auf der Liegenschaft ein Hotel. Die Hotelgäste sind im Wesentlichen Personen, die den Aufenthalt im Hotel mit Anwendungen zur (medizinischen) Vorsorge verbinden. In der im Internet abrufbaren sog. Hausbroschüre, auf die Bezug genommen wird (Bl. 111 bis 134 der Antragsakten), wird zum Konzept der Einrichtung Folgendes ausgeführt: „Ganz nach dem Asklepios-Motto ‚Mensch – Medizin – Mitverantwortung’ werden die Patienten der Sportklinik, die ins Hotel integriert ist, zuvorkommend und individuell betreut. Hier können Sie Schritt für Schritt gesund werden. Unsere Ärzte sowie unsere Fitness- und Wellnessangebote helfen Ihnen dabei. Und wenn Sie möchten, kann eine Begleitperson Sie in der entspannten Umgebung unseres Hotels dabei optimal unterstützen“. Laut der ebenfalls im Internet abrufbaren zweiseitigen Broschüre zum zentralen Patientenmanagement (Bl. 135 bis 136 der Antragsakten) richtet sich das medizinische Angebot an Patienten der Kategorien „Private Krankenversicherung / Privatversicherte; Beihilfeberechtigte mit Zusatz Privat; Berufsgenossenschaft (BG); Selbstzahler“.

In ihrer am 01.11.2008 für das Streitjahr beim Antragsgegner (dem Finanzamt, im Folgenden: ‚FA’) abgegebenen Umsatzsteuerklärung gab die AStin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von …,- Euro, Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von …,- Euro, Umsätze zu anderen Steuersätzen von …,- Euro und Vorsteuerbeträge aus Rechnungen i.H.v. … Euro an, woraus sie eine Umsatzsteuer von … Euro errechnete und anmeldete. Ferner erklärte sie in der Anlage UR zur Umsatzsteuererklärung, dass im Besteuerungszeitraum 2007 nach § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbefreite Umsätze i.H.v. …,- Euro („Bemessungsgrundlage ohne Umsatzsteuer“) erbracht worden seien.

Vom 13.08.2008 bis zum 08.04.2010 führte das FA bei der AStin für 2007 eine Umsatzsteuersonderprüfung durch, die es mit Prüfungsbericht vom 16.04.2010 abschloss. Darin kam die Betriebsprüfung unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der von der AStin in der Anlage UR angeführten Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) nicht vorlagen und die in der Steuererklärung zum allgemeinen Steuersatz als steuerpflichtig erklärten Umsätze i.H.v. …,- Euro um …,- Euro auf nunmehr …,- Euro zu erhöhen seien (bei gleichzeitiger Erhöhung der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf einen Betrag von nunmehr … Euro). Die 40%-Grenze des § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) werde von der AStin nicht erreicht, da in der Klink – unter Einbeziehung der in ärztlicher Hinsicht von den Belegärzten betreuten Patienten – weit überwiegend Privatpatienten behandelt worden seien. Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erhöhte das FA die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 01.06.2010 auf … Euro. Hiergegen legte die AStin am 15.06.2010 Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2010 als unbegründet zurückwies. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen (Bl. 23 ff. des Sonderbandes Rechtsbehelfe). Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage der AStin ist unter dem Aktenzeichen 6 K 2445/10 anhängig.

Mit ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides i.H.v. … Euro und des Zinsbescheides i.H.v. … Euro macht die AStin geltend, die Regelungen des § 4 Nr. 16 UStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung verstießen gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht. Sie trägt vor, dass es sich bei den von der Betriebsprüfung umqualifizierten und infolgedessen vom FA im Bescheid vom 01.06.2010 zusätzlich angesetzten Umsätzen um medizinisch indizierte Heilbehandlungsleistungen nebst verbundener Pflegeleistungen handele. Die anteiligen Erlöse aus der Unterbringung und Verpflegung der Patienten habe die AStin bereits im Rahmen der Steuererklärung der Umsatzbesteuerung unterworfen. Sie seien in dem fraglichen Betrag nicht enthalten. Soweit die Vergütung der AStin in einer Fallpauschale bestanden habe, seien die entsprechenden Erlöse bei der Erstellung der Steuererklärung in steuerpflichtige (Unterbringungs- und Verpflegungs-) und steuerbefreite (ärztliche und arztähnliche) Leistungen aufgeteilt worden. Zu Unrecht behandle nunmehr das FA die Umsätze aus den medizinisch notwendigen Heilbehandlungsleistungen als steuerpflichtig.

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b und Buchstabe c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), auf deren unmittelbare Anwendbarkeit sich die AStin im Streitfall berufen könne, ergebe sich, dass die vom FA im Bescheid vom 01.06.2010 zusätzlich der Besteuerung unterworfenen Leistungen steuerfrei zu stellen seien. Die in § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) gegenüber § 4 Nr. 14 UStG (in der Fassung des Streitjahres) enthaltenen Einschränkungen einschließlich der gesetzlichen 40%-Grenze seien mit dem Zweck des Art. 132 der MwStSystRL unvereinbar. Die Steuerbefreiung von Heilbehandlungsleistungen könne nicht davon abhängig gemacht werden, in welche Einrichtung sich der Patient zum Zwecke der Behandlung begebe. Das sei jedenfalls aus dem gemeinschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abzuleiten. Die deutschen Regelungen verstießen gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität und bewirkten zudem eine nach Art. 133 Abs. 1 Buchstabe d der MwStSystRL unzulässige Wettbewerbsverzerrung. Durch die Vorbehalte des § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) werde das Ziel verfehlt, die Kosten der Heilbehandlung zu Gunsten der Endverbraucher zu senken. Der vom deutschen Gesetzgeber für die Gesetzesfassung bis zum 31.12.2008 angeführte Zweck, die Sozialversicherungsträger zu entlasten, sei gemeinschaftsrechtlich nicht haltbar. Der Anwendungsbereich der Buchstaben b und c des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL unterscheide sich lediglich anhand des Ortes, an dem die Heilbehandlungsleistungen erbracht würden. Im Übrigen bestünden hinsichtlich der 40%-Grenze des § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) auch verfassungsrechtliche Bedenken. Diese hätten den Gesetzgeber letztlich dazu bewegt, die 40%-Grenze in der zum 01.01.2009 getroffenen Neuregelung als Differenzierungskriterium aufzugeben.

Darüber hinaus könne sich die AStin auch auf die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG (in der Fassung des Streitjahres) berufen. Nach dem Grundsatz der Rechtsformneutralität könne es keinen Unterschied machen, ob eine ärztliche Leistung von einem Arzt oder einer in der Rechtsform einer Kapital- oder Personengesellschaft betriebenen Einrichtung erbracht werde. Hierauf habe auch der Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung zu laborärztlichen Leistungen vom 15.03.2007 abgestellt (V R 55/03, BStBl. II 2008, 31). Auch die AStin übe eine ärztliche oder ähnliche heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) aus. Für die in der Klinik der AStin erbrachten Leistungen der freiberuflich tätigen Belegärzte (so die AStin auf Seite 5 ihres Einspruchsschreibens vom 10.08.2010, Bl. 21 des Sonderbandes Rechtsbehelfe) verfahre man so, dass die Belegärzte ihre Leistungen der AStin in Rechnung stellten, die diese sodann an die Patienten weiterfakturiere. Würden die Belegärzte gegenüber den Patienten selbst abrechnen, so wären die entsprechend abgerechneten Leistungen ohne weiteres nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Durch die Veränderung der Abrechnungsmodalitäten ändere sich an dem für § 4 Nr. 14 UStG von der Rechtsprechung für prägend erachteten besonderen Vertrauensverhältnis zwischen (Individual-) Arzt und Patient nichts. Auch hieran zeige sich die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung des FA. Unabhängig von den dargestellten europarechtlichen Erwägungen seien die Leistungen der AStin jedenfalls i.H.v. … Euro nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG (in der Fassung des Streitjahres) von der Umsatzsteuer zu befreien, da es sich insoweit um Umsätze aus ambulanter physiotherapeutischer Behandlung und aus wahlärztlichen Leistungen der bei der AStin angestellten Ärzte handele.

Das FA tritt dem Standpunkt der AStin entgegen. Im Streitfall seien weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG noch die des § 4 Nr. 14 UStG (jeweils in der Fassung der Streitjahre) erfüllt. Das ergebe sich hinsichtlich des § 4 Nr. 16 UStG aus den Feststellungen der Betriebsprüfung, wonach im maßgeblichen Zeitraum die jeweils vorgegebene 40%-Grenze in allen dort geregelten Tatbestandsvarianten nicht erreicht werde. Die AStin habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung auch vor dem Hintergrund der Berechnungen der Betriebsprüfung erfüllt seien. Auf § 4 Nr. 14 UStG könne sich die AStin nicht berufen. Für sie sei nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH allein die Vorschrift des § 4 Nr. 16 UStG einschlägig. Europarechtliche Bedenken bestünden gegen diese Auslegung sowie gegen die gesetzlichen Ausschlusskriterien des § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) nicht.

Auf die dem Gericht vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuerakten 2007, 1 Sonderband Betriebsprüfungsberichte, 1 Sonderband Rechtsbehelfe) wird ergänzend Bezug genommen. Sie waren Gegenstand des Verfahrens. Das Gericht hat ferner die Akten des Verfahrens 6 K 2445/10 beigezogen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung auch ohne Sicherheitsleistung ganz oder teilweise aussetzen, wenn und soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen dann, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Aspekte zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit bei der Beurteilung von Tatfragen zur Folge haben (BFH vom 10.02.1967 – III B 9/66, BStBl. III 1967, 182; BFH vom 17.05.1978 – I R 50/77, BStBl. II 1978, 579; BFH vom 28.05.1986 – I B 22/86, BStBl. II 1986, 656). Bei der hierbei notwendigen Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Nicht erforderlich ist dabei, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechenden Gründe überwiegen (BFH vom 23.08.2004 – IV S 7/04, BFH/NV 2005, 9). Es genügt vielmehr die nicht fernliegende und ernsthafte Möglichkeit, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren obsiegt (BFH vom 26.06.2003 – X S 4/03, BFH/NV 2003, 1217). Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt allerdings nicht (BFH vom 11.06.1968 – VI B 94/67, BStBl. II 1968, 657). Im Aussetzungsverfahren beschränken sich die Ermittlungen des Gerichts auf die Auswertung der präsenten Beweismittel (BFH vom 04.05.1977 – I R 162-163/76, BStBl. II 1977, 765). Weitere gerichtliche Sachverhaltsermittlungen sind nicht erforderlich (BFH vom 14.02.1989 – IV B 33/88, BStBl. II 1989, 516; Hessisches Finanzgericht vom 09.03.2004 – 6 V 4121/03, EFG 2004, 1001). Soweit die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen reicht, hat er mithin den für ihn günstigen tatsächlichen Geschehensablauf durch präsente Beweismittel glaubhaft zu machen (BFH vom 04.06.1996 – VIII B 64/95, BFH/NV 1996, 895). Die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung hängen dabei von der jeweils zur Anwendung kommenden objektiven Feststellungslast ab ( Seer in Tipke / Kruse, Kommentar zur AO und FGO, Loseblatt Stand 4/2006, § 69 FGO Rn. 94). In Bezug auf Tatsachen und Beweismittel, die die Anwendbarkeit eines steuerbegünstigenden Tatbestandes belegen, trifft diese den Steuerpflichtigen.

2. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen an der Rechtmäßigkeit des klagebefangenen Umsatzsteuerbescheides vom 01.06.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.08.2010 mit Rücksicht auf die von der AStin geltend gemachten Einwendungen keine ernsthaften Zweifel. Nach der vom Gericht im Aussetzungsverfahren anzustellenden summarischen Prüfung hat das FA zu Recht die Anwendung der Steuerbefreiungen sowohl nach § 4 Nr. 16 UStG als auch nach § 4 Nr. 14 UStG (jeweils in der Fassung des Streitjahres) verneint. Ein entsprechender Anspruch der AStin auf Steuerfreistellung ergibt sich auch nicht aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts oder aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen.

a) Das FA hat im Streitfall die Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 UStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung zu Recht abgelehnt. Nach den von der AStin mit ihrem Aussetzungsantrag in tatsächlicher Hinsicht nicht angefochtenen Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung des FA standen den insgesamt 2.249 Privatpatienten und Selbstzahlern im fraglichen Zeitraum lediglich 620 gesetzlich versicherte Patienten und 117 Mitglieder von Berufsgenossenschaften (zusammen 737 Patienten) gegenüber. Hieraus ergibt sich ein Anteil der gesetzlich- und berufsgenossenschaftlich versicherten Patienten von lediglich 24,68%. Unter Berücksichtigung dieser Berechnung sowie der aus den dargestellten Internetquellen ersichtlichen Angaben zum Adressatenkreis der von der AStin angebotenen Klinikleistungen ist im Streitfall bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die AStin für das Streitjahr wegen des Unterschreitens der jeweils geltenden gesetzlichen 40%-Schwelle weder die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG i.V.m. § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) noch des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG i.V.m. § 4 Nr. 15 Buchstabe b UStG (jeweils in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) erfüllt. Gegenteilige Tatsachen und Beweismittel, nach denen die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) zweifelfrei belegt werden könnte, hat sie im Aussetzungsverfahren nicht beigebracht. Unsicherheiten in tatsächlicher Hinsicht gehen insoweit zu ihren Lasten.

b) Die in § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) niedergelegten gesetzlichen Anforderungen an die Steuerbefreiung verstoßen bei summarischer Prüfung nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Soweit die AStin geltend macht, die in § 4 Nr. 16 Buchtstabe b UStG i.V.m. § 67 Abs. 1 und Abs. 2 AO und in § 4 Nr. 16 Buchstabe c i.V.m. § 4 Nr. 15 Buchstabe b UStG (alte Fassung) geregelte 40%-Grenze begründe gegenüber den Fällen des § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) eine nicht zu rechtfertigende gemeinschaftsrechtswidrige Ungleichbehandlung und überschreite die dem nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung des Art. 132 Abs. 1 i.V.m. Art. 133 der MwStSystRL zustehenden Ermessensgrenzen, vermag der Senat diesem Einwand nicht zu folgen.

aa) Dem Grunde nach beruht der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 16 UStG auf Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b i.V.m. Art. 133 der MwStSystRL, während die Vorschrift des § 4 Nr. 14 UStG auf Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL beruht. Soweit die AStin rügt, die in § 4 Nr. 16 UStG in seiner bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung enthaltenen Einschränkungen stellten gegenüber dem in § 4 Nr. 14 UStG umschriebenen Tatbestand eine unzulässige Differenzierung nach der Rechtsform des Erbringers ärztlicher bzw. arztähnlicher Leistungen dar, greift dieser Einwand nicht durch. Die AStin verkennt, dass der Gesetzgeber die durch die unterschiedlichen Befreiungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG und des § 4 Nr. 14 UStG hervorgerufene Ungleichbehandlung nicht auf die unterschiedliche Rechtsform des jeweiligen Leistungserbringers, sondern – soweit die von der AStin geltend gemachten Heilbehandlungsleistungen betroffen sind – auf andere, gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstandende Kriterien gestützt hat.

Die Anwendungsbereiche der beiden Befreiungsvorschriften des § 4 Nr. 16 UStG und des § 4 Nr. 14 UStG schließen sich gegenseitig aus, d.h. Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie eine ärztliche Heilbehandlung nach dem Verständnis des § 4 Nr. 14 UStG einschließen, grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn sie die (zusätzlichen) Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG erfüllen (vgl. auch § 4 Nr. 14 Satz 3 UStG alte Fassung). Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG findet auf sie grundsätzlich keine Anwendung (BFH vom 18.03.2004 – V R 53/00, BStBl. II 2004, 677). Diese Unterscheidung steht im Einklang mit dem Verständnis des EuGH, wonach auch die (den § 4 Nr. 16 und Nr. 14 UStG zu Grunde liegenden) Gewährleistungen der Buchstaben b und c des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL jeweils unterschiedliche Sachverhaltskonstellationen betreffen. Nach der Rechtsprechung des EuGH unterscheiden sich die Regelungen der Buchstaben b und c des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL nach dem Ort, an dem die fraglichen Heilbehandlungsleistungen erbracht werden. Laut Buchstabe b sind diejenigen Leistungen von der Steuer freizustellen, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen bestehen, die üblicherweise ohne Gewinnerzielungsabsicht in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung (wie z.B. derjenigen des Schutzes der menschlichen Gesundheit) erbracht werden, wogegen Buchstabe c Leistungen erfasst, die außerhalb von Krankenanstalten im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelndem erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt (vgl. grundlegend EuGH vom 23.02.1988 – C-353/85, Slg. 1988, 817, Rn. 32 und 33). An diesem unterschiedlichen Anwendungsbereich der Buchstaben b und c hat der EuGH auch in jüngeren Entscheidungen festgehalten (EuGH vom 10.09.2002 – C-141/00 „Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH“, Slg. 2002, I-6833, Rn. 35 und 36; EuGH vom 06.11.2003 – C-45/01 „Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie“, Slg. 2003, I-12911, Rn. 47 – vgl. hierzu auch die entsprechenden Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 10.12.2002, Slg. 2003, I-12911, dort Rn. 44 bis 46; EuGH vom 08.06.2006 – C-106/05 „L. u. P. GmbH“, Slg. 2006, I-5123, Rn. 22; zuletzt EuGH vom 10.06.2010 – C-86/09 „Future Health Technologies“, Slg. 2010, N. N., HFR 2010, 890, Rn. 36). Die Vorgaben des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL betreffen gerade nicht nur die von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen erbrachten nichtärztlichen (sonstigen) Leistungen (z.B. allgemeine Pflege- und Unterbringungsleistungen) (so aber wohl Schmidbauer / Wittstock UR 2005, 297 [300]), sondern auch die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung anfallenden ärztlichen bzw. arztähnlichen (z.B. physiotherapeutischen) Leistungen.

Die Ungleichbehandlung, die sich aus dem unterschiedlichen Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 UStG (soweit dieser auf Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL beruht) gegenüber dem des § 4 Nr. 14 UStG (soweit dieser auf Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL beruht) ergibt, ist durch die Regelungen des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL vorgeprägt und wird mithin vom Richtliniengeber als solche hingenommen, da bereits nach dem Wortlaut der Buchstaben b und c jeweils unterschiedliche Anforderungen an die Gewährleistung der Steuerbefreiung aufgestellt werden. Hiergegen kann die AStin nicht mit Erfolg einwenden, die Differenzierung verstoße gegen den gemeinschaftsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz. Denn dieser kann nur zum Tragen kommen, wenn das Gemeinschaftsrecht einen entsprechenden Rechtsanwendungsspielraum belässt. In den Fällen der Buchstaben b und c des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL ergibt sich die als nachteilig empfundene Differenzierung jedoch unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht, wodurch die Berufung auf einen gemeinschaftsrechtlichen (und ebenfalls aus der MwStSystRL abgeleiteten) umsatzsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz ausscheidet (a. A. offenbar Tehler UVR 2005, 289 [292]).

bb) Auch soweit der EuGH in einzelnen Entscheidungen zu Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL auf den gemeinschaftsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz und das Verbot der alleinigen Differenzierung nach der Rechtsform abgestellt hat, kann hieraus nicht gefolgert werden, dass – wie die AStin sinngemäß anführt – Krankenhäuser und entsprechende Einrichtungen hinsichtlich ihrer ärztlichen und arztähnlichen (z.B. hier: physiotherapeutischen) Leistungen grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen von der Umsatzsteuer freigestellt werden müssten, die in den Fällen des § 4 Nr. 14 UStG und des Art 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL zum Tragen kommen.

In seiner Entscheidung zur Rechtssache „Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie“ hat der EuGH den gemeinschaftsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz ausschließlich im Rahmen der Prüfung der Gewährleistungen des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL bemüht. Er kam insoweit zu dem Ergebnis, dass für den unter diesen Buchstaben fallenden Adressatenkreis eine Differenzierung nach der Rechtsform unzulässig sei (EuGH vom 06.11.2003 – C-45/01, Slg. 2003, I-12911, Rn. 21). Die Erwägungen zur Auslegung des Art. 132 Abs. 2 Buchstabe b der MwStSystRL wurden nur hilfsweise angestellt (vgl. Rn. 24 a.a.O.) und befassen sich ausschließlich mit dem Neben- oder Hauptleistungscharakter der im Umfeld des Buchstaben b erbrachten arztähnlichen Leistungen (vgl. Rn. 51 a.a.O.). Aussagen, aus denen sich eine Aufgabe der für zulässig erachteten und vom Richtliniengeber vorgegebenen Differenzierung nach dem Ort der Leistungserbringung ergäbe, sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „L. u. P. GmbH“ (EuGH vom 08.06.2006 – C-106/05, Slg. 2006, I-5123).

cc) Entgegen der Auffassung der AStin lässt sich auch den Ausführungen des dem EuGH-Urteil in der Rechtssache „L. u. P. GmbH“ nachfolgenden Urteils des 5. Senats des Bundesfinanzhofs zur Steuerfreiheit labormedizinischen Leistungen (BFH vom 15.03.2007 – V R 55/03, BStBl. II 2008, 31) nicht entnehmen, dass die Vorschriften des § 4 Nr. 16 UStG (in der Fassung des Streitjahres) gegen die Vorgaben des Art. 132 der MwStSystRL oder gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Neutralität verstoßen könnten, soweit die von der AStin im Streitfall fokussierten Heilbehandlungsleistungen betroffen sind.

In dem am 15.03.2007 entschiedenen Fall kam der BFH für die Erbringung laborärztlicher Leistungen durch eine von einem Arzt beherrschte GmbH zu dem Ergebnis, dass dem Grunde nach sowohl die Voraussetzungen des (wegen des Grundsatzes der Rechtsformneutralität heranzuziehenden) § 4 Nr. 14 UStG als auch die des § 4 Nr. 16 UStG erfüllt seien. Damit musste der BFH erkennen, dass – mit Blick auf die Leistungen eines Laborarztes – unter § 4 Nr. 14 UStG auch Leistungen fallen können, die (entgegen der hergebrachten Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL durch den EuGH) typischerweise nicht aufgrund eines individuellen „Vertrauensverhältnisses“ zum Patienten und typischerweise auch nicht in den Praxisräumen des Individualarztes erbracht werden. Insoweit zog der BFH auch einen Vergleich mit den in § 4 Nr. 14 UStG nachträglich unter den Gesetzestatbestand gefassten Leistungen eines „klinischen Chemikers“. Hierauf Bezug nehmend konstatierte der BFH eine Ungleichbehandlung dahingehend, dass diejenigen Laborärzte und klinische Chemiker, deren Leistungen dem Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL unterfallen, nach § 4 Nr. 14 UStG ohne weiteres von der Umsatzsteuer befreit seien, während die Laborleistungen der Krankenhäuser nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei gestellt werden könnten. Daraus ergebe sich – so der BFH – innerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL eine Differenzierung, die gegen den gemeinschaftsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz verstoße, weil sie gerade nicht mit den Besonderheiten des jeweiligen „Ortes“ der Leistungserbringung (Krankenhaus oder individualärztliche Praxis) gerechtfertigt werden könne.

Auf die vom BFH im Urteil vom 15.03.2007 angestellten Erwägungen kann sich die AStin nicht berufen, da ihre Leistungen nicht – wie im Fall des BFH – sowohl unter § 4 Nr. 16 UStG als auch unter § 4 Nr. 14 UStG fallen und hinsichtlich der von der AStin geltend gemachten Heilbehandlungsleistungen eine entsprechende, sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht vorliegt. Anders als bei der (Revisions-) Klägerin des Verfahrens V R 55/03 vermag der Senat nicht zu erkennen, dass hinsichtlich der Leistungen der AStin „Umsätze eines Arztes“ (bzw. Physiotherapeuten) vorliegen, die dieser „in der Rechtsform“ einer Personengesellschaft erbringt, wobei „er“ alleiniger Gesellschafter dieser Personengesellschaft ist (vgl. Leitsatz Nr. 2 des BFH-Urteils vom 15.03.2007 – V R 55/03, BStBl. II 2008, 31 sowie die Entscheidungsgründe unter II. 1.). Bei den Gesellschaftern der AStin handelt es sich um Kapitalgesellschaften, die keinen Beruf i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) ausüben. Anders als im Fall des BFH, bei der die Leistungserbringerin vollends von einem Arzt beherrscht wurde, führt eine wirtschaftliche Betrachtung der Umstände des Streitfalls gerade nicht dazu, dass die Leistungen der AStin als im Rechtskleid einer Personenhandelsgesellschaft erbrachte Umsätze eines Arztes, Physiotherapeuten oder eines anderen Berufsträgers i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG (in der Fassung bis 31.12.2008) angesehen werden müssten. Die AStin erbringt gegenüber ihren Patienten vielmehr ein Bündel von Leistungen, die in ihrer Gesamtheit über die in § 4 Nr. 14 UStG umschriebenen Tätigkeitsmerkmale hinausgehen. Sie unterliegt mit ihren Leistungen somit allein dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 UStG. Entgegen einer in der Literatur favorisierten Deutung des Urteils vom 15.03.2007 (vgl. Schmidbauer / Wittstock UR 2007, 845 [846] unter III., 3. Absatz) hat der 5. Senat des BFH gerade nicht die Auffassung vertreten, dass sich die Tatbestände des § 4 Nr. 14 UStG und des § 4 Nr. 16 UStG (nunmehr) generell nicht (mehr) gegenseitig ausschließen. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs beider Tatbestände hat der BFH nur für die im Rechtskleid einer GmbH erbrachten Leistungen eines Laborarztes oder klinischen Chemikers bejaht, wobei dies mit der besonderen Begründung geschah, dass sich der Steuerpflichtige aus Anlass der festgestellten (einzelfallbezogenen) Gemeinschaftsrechtswidrigkeit sowohl auf § 4 Nr. 14 UStG als auch auf die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL berufen könne. An der grundsätzlich unterschiedlichen Regelungsmaterie des § 4 Nr. 14 UStG und des § 4 Nr. 16 UStG wie auch des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b und Buchstabe c der MwStSystRL hat sich dagegen nichts geändert (vgl. Nieskens EU-UStB 2006, 43 [45]).

Die vom BFH für den Fall labormedizinischer Leistungen gerügte Ungleichbehandlung kommt für die AStin nicht zum Tragen. Sofern die von der AStin als steuerfrei beanspruchten Heilbehandlungsleistungen im Vergleichsfall von einem niedergelassenen Arzt oder Physiotherapeuten erbracht werden, findet die Behandlung typischerweise im Rahmen eines individuellen Vertrauensverhältnisses und regelmäßig auch in den Praxisräumen des behandelnden Berufsträger statt. Es würde sich gerade nicht um Leistungen handeln, die – wie die vom BFH gewürdigten Leistungen eines Laborarztes oder eines klinischen Chemikers – typischerweise außerhalb eines individuellen Vertrauensverhältnisses und auch außerhalb der Praxisräume des Berufsträgers erbracht werden, aber gleichwohl (d.h. entgegen dem Verständnis des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL) unter den Tatbestand des § 4 Nr. 14 UStG fallen. Im Streitfall kommt damit als Rechtfertigungsgrund für die von der AStin gerügte Differenzierung weiterhin der vom EuGH in den Vordergrund gestellte Aspekt des unterschiedlichen Ortes der Leistungserbringung zur Anwendung.

dd) Der Senat teilt darüber hinaus auch nicht die Auffassung der AStin, nach der der deutsche Gesetzgeber durch die Ausgestaltung des § 4 Nr. 16 UStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung seine ihm durch Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 133 der MwStSystRL vom Richtliniengeber gesetzten Ermessensgrenzen überschritten hat. Die vom deutschen Gesetzgeber in den verschiedenen Tatbestandsvarianten des § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) gewählten 40%-Schwellen sind mit dem Zweck vereinbar, nur in sozialer Hinsicht mit öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern vergleichbare „Einrichtungen gleicher Art“ von der Umsatzsteuer zu befreien. Die dadurch entstehende Schlechterstellung bestimmter Privatkliniken führt zwar zu einem Wettbewerbsnachteil, nicht jedoch zu einer Verzerrung des Wettbewerbs i.S.d. Art. 133 Buchstabe d der MwStSystRL. Dementsprechend hat auch der EuGH in der Entscheidung „L. u. P. GmbH“ die Auffassung vertreten, dass die nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz bis 31.12.2008 geltende 40%-Schwelle mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei (EuGH vom 08.06.2006 – C-106/05 „L. u. P. GmbH“, Slg. 2006, I-5123 unter Rn. 54).

c) Da mithin Zweifel an der Gemeinschaftsrechtskonformität des § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) bei summarischer Prüfung nicht bestehen, kann sich die AStin nicht auf die unmittelbare Anwendung der Gewährleistungen des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL berufen. Dessen ungeachtet könnte sich die AStin unter Berücksichtigung der bisher im Besteuerungsverfahren und finanzgerichtlichen Verfahren eingebrachten Tatsachen und Beweismittel selbst dann nicht auf die unmittelbare Anwendung der Richtlinienvorschrift berufen, wenn die Regelungen des § 4 Nr. 16 UStG eine gemeinschaftsrechtkonforme Umsetzung der Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b i.V.m. Art. 133 der MwStSystRL nicht darstellten und daher insoweit gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich der Steuerpflichtige zwar dem Grunde nach auf eine unmittelbare Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL berufen, da der Richtliniengeber die dortigen Gewährleistungen – trotz des in Art. 133 der MwStSystRL enthaltenen Ausgestaltungsvorbehaltes des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers – hinreichend konkret formuliert hat (EuGH vom 06.11.2003 – C-45/01 „Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie“, Slg. 2003, I-12911, Rn. 81). Eine Berufung auf die Anwendbarkeit der Richtlinienvorschrift setzt jedoch voraus, dass es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine „andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung gleicher Art“ handelt. Fehlt es nach dem Recht des Mitgliedstaates an einem Anerkennungsverfahren oder verstößt das gültige Anerkennungsverfahren (wegen einer Überschreitung des dem nationalen Gesetzgeber zustehenden Ermessens) gegen das Gemeinschaftsrecht, so ist es Sache des nationalen Gerichts, anhand aller relevanter Gesichtspunkte zu ermitteln, ob der Steuerpflichtige als „andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung gleicher Art“ i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL anzusehen ist (EuGH vom 06.11.2003 – C-45/01 „Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie“, Slg. 2003, I-12911, Rn. 76). Dabei ist unter anderem das mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse sowie der Umstand der Kostenübernahme durch die Einrichtungen der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen (EuGH vom 06.11.2003 – C-45/01 „Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie“, Slg. 2003, I-12911, Rn. 72 i.V.m. Rn. 73).

Im Streitfall vermag der Senat keine abschließende Prüfung vorzunehmen, inwieweit die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL auch ungeachtet der Vorgaben des § 4 Nr. 16 UStG für die AStin im Streitjahr erfüllt wären. Aufgrund des vom FA in der Einspruchsentscheidung angesprochenen sonstigen Leistungsspektrums der AStin bezüglich der „Wellness- und Wohlfühlleistungen“, der Abrechnung auch medizinisch nicht indizierter Sanatoriumsleistungen sowie der nach außen erkennbaren Verknüpfung des Leistungsangebotes der Klinik mit dem des Hotelbetriebs drängen sich zumindest Zweifel auf, ob die AStin die Vorgaben der Richtlinienvorschrift ohne weiteres erfüllen würde. Ausreichend aussagekräftige Tatsachen, anhand derer der Senat eine eigenständige und abschließende Prüfung der Merkmale des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b der MwStSystRL vornehmen könnte, hat die AStin nicht glaubhaft gemacht. Dabei ist zu bemerken, dass das Zustandekommen des in der Anlage UR angegebenen Betrages der nach Auffassung der AStin steuerbefreiten Umsätze aus den Verwaltungsakten und dem Sachvortrag der AStin nicht nachvollziehbar und nicht belegt ist. Die vom FA durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung bezog sich – soweit ersichtlich – lediglich auf die Einhaltung der 40%-Grenzen des § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung).

d) Die von der AStin geltend gemachte Steuerfreiheit der in der Anlage UR zur Umsatzsteuererklärung angegebenen Umsätze „nach § 4 Nr. 16 UStG“ kann – hinsichtlich der ärztlichen und arztähnlichen Leistungen – auch nicht hilfsweise auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) gestützt werden. Wie weiter oben dargestellt kann sich die AStin nicht auf die Erwägungen des BFH in seinem Urteil vom 15.03.2007 (V R 55/03, BStBl. II 2008, 31 unter II. 1.) berufen, da ihre Gesellschafter keine Berufsträger i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) sind und sie Leistungen erbringt, die über die in dieser Vorschrift umschriebenen typischen Verrichtungen der einzelnen Berufsträger hinausgehen. Dass sie gegebenenfalls die Steuerfreiheit von labormedizinischen Leistungen geltend macht, hat die AStin nicht dargelegt.

Dessen ungeachtet bestünden auch insoweit Zweifel an der grundsätzlichen Erbringung ärztlicher Leistungen durch die AStin, soweit die AStin ausführt, sie habe die von den sog. Belegärzten erbrachten und ihr in Rechnung gestellten Leistungen an die Patienten weiterfakturiert. Diesbezüglich ist unklar geblieben, ob dieser Abrechnungsweise auch ein tatsächlich zwischen der AStin und dem jeweiligen Patienten zu verortender umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu Grunde lag. Wer Beteiligter eines Leistungsaustauschs i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, richtet sich grundsätzlich nach den zwischen den Beteiligten bestehenden zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen (BFH vom 16.03.1995, V R 128/92, BStBl. II 1995, 651; BFH vom 09.03.1995, V R 102/89, BStBl. II 1995, 564; BFH vom 07.05.1987, V R 56/79, BStBl. II 1987, 582). Bei der Behandlung von in einer Klinik stationär aufgenommenen Patienten durch einen sog. Belegarzt liegt eine Vertragsbeziehung über die Erbringung (beleg-) ärztlicher Leistungen regelmäßig nur zwischen dem Belegarzt und dem jeweiligen Patienten vor (vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, Stichwort „Belegarzt“). Daher würde sich im Streitfall selbst im Falle der (vom Senat hier verneinten) Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) zusätzlich die Frage stellen, ob sich die Leistungserbringung der AStin bei belegärztlich behandelten Patienten auf die sonstigen kliniktypischen Leistungskomponenten beschränkt oder ob die Belegärzte z.B. als Erfüllungsgehilfen der AStin tätig werden.

Hinsichtlich der von der AStin angeführten Umsätze aus ambulanter physiotherapeutischer Behandlung und aus wahlärztlichen Leistungen der bei der AStin angestellten Ärzte i.H.v. … Euro ist aus den vorgelegten Steuerakten und dem Vortrag der AStin nicht nachvollziehbar und nicht belegt, wie dieser Betrag berechnet wurde. Hierauf kommt es wegen der Nichtanwendbarkeit des § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) jedoch nicht an.

e) Der angefochtene Verwaltungsakt hält bei summarischer Prüfung auch einer verfassungsrechtlichen Kontrolle stand. Hinsichtlich der gesetzgeberischen Ausgestaltung der in § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) enthaltenen Kriterien für die Steuerfreistellung bestimmter Heilbehandlungsleistungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Ungleichbehandlung der Erbringung von ärztlichen bzw. arztähnlichen (physiotherapeutischen) Leistungen durch eine – wie im Falle der der AStin – nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG erfüllende Privatklinik mit den ärztlichen bzw. arztähnlichen (physiotherapeutischen) Leistungen einer Person, Personenmehrheit oder Körperschaft, die für sich die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG (alte Fassung) in Anspruch nehmen kann, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 des Grundgesetztes (GG).

Anders als der EuGH hält das BVerfG es für vertretbar, den Zweck der Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen nicht (nur) in der Reduzierung der Behandlungskosten zu Gunsten der (gesamten) Endverbraucher, sondern (auch) in der Entlastung der Sozialversicherungsträger zu sehen (BVerfG vom 29.10.1999 – 2 BvR 1264/90, BStBl. II 2000, 155). Angesichts dieses Gesetzeszwecks hat der Senat bei summarischer Prüfung keine Bedenken, die vom Gesetzgeber in § 4 Nr. 16 UStG (alte Fassung) bei den einzelnen Tatbestandsvarianten zu Grunde gelegte 40%-Schwelle als für Zwecke des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichendes und angemessenes Differenzierungskriterium zu verstehen, das bewirkt, dass Einrichtungen, in der weit überwiegend nicht gesetzlich versicherte Patienten behandelt werden, grundsätzlich nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.