Hessisches LAG, Urteil vom 19.01.2011 - 6 Sa 1141/10
Fundstelle
openJur 2012, 34047
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 8. Juli 2010 - 1 Ca 166/10 - wird mit der Maßgabe kostenpflichtig zurückgewiesen, dass der Feststellungsantrag zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte, jedenfalls bis zum 6. September 2020, die Anpassung der Betriebsrente der klagenden Partei (sog. A-Zuschuss) unter Zugrundelegung der jeweiligen tarifvertraglichen Regelung (AVE-Vergütungstarifvertrag) vorzunehmen hat.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, auf welcher Grundlage dieLeistungen der betrieblichen Altersversorgung anzupassen sind.

Der Kläger hat Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgunggemäß der Betriebsvereinbarung Nr. 1 vom 18. Dezember 1959. Hierheißt es:

1.) Mit Zustimmung des engeren Verbandsausschusse wird mitWirkung vom 1. Oktober 1958 den Betriebsangehörigen, die 10 Jahreununterbrochen im Dienste des B (CCC) stehen und ihm ihre volleArbeitskraft ausschließlich zur Verfügung gestellt haben, einebeamtenmäßige Alters- und Hinterbliebenenversorgungzugesichert.

3.) Für die Berechnung der Hundertsätze der Versorgungs- undHinterbliebenenbezüge und die Feststellung der ruhegeldfähigenDienstzeit gelten die landesgesetzlichen Bestimmungen.

4.) Die Versorgung wird in der Weise gewährt, dass auf die Sätzeeiner beamtenmäßigen Alters- und Hinterbliebenenversorgung die demInhaber dieser Zusage aus der Sozialversicherung und derZusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände desLandes Hessen zustehende Renten voll angerechnet werden.Voraussetzung für eine betriebliche Altersversorgung ist also dieZugehörigkeit zu beiden Versicherungen, wobei dieArbeitgeberanteile in der gleichen Weise wie bisher vom Bübernommen werden.

Der Inhaber der Versorgungszusage hat dem B jederzeit dieVollständigkeit seiner Versicherungsunterlagen für die Zeit derBerufstätigkeit sowie für die Ersatz- und Ausfallzeitennachzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Betriebsvereinbarung wirdauf die zu den Akten gereichte Abschrift (Anlage B1 zum Schriftsatzder Beklagten vom 31. Mai 2010) verwiesen.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 1983 teilte die Beklagte denseinerzeitigen Beziehern einer Betriebsrente (des sog.A-Zuschusses) folgendes mit:

Unsere betriebliche Altersversorgung

seit Bestehen unserer betrieblichen Alters- undHinterbliebenenversorgung sind die Leistungen jeweils derEinkommensentwicklung im öffentlichen Dienst angepasst worden. Biszum Jahr 1981 waren die Erhöhungen sowohl nach dem Beamtenrecht,als auch nach dem Tarifrecht für Angestellte und Arbeiter desöffentlichen Dienstes immer einheitlich. Im Jahr 1982 waren dagegendie Anhebungen im Beamtenrecht und im Tarifrecht zeitlich, im Jahr1983 zeitlich und inhaltlich verschieden.

Aus einer Reihe von Gründen hatten wir uns im Jahr 1982 dazuentschieden, uns grundsätzlich an die Entwicklung desBeamtenversorgungsrechtes anzulehnen. Die Anpassungen der Jahre1982 und 1983 wurden auch dementsprechend vorgenommen.

Zu dieser Entscheidung gab es sehr unterschiedliche Meinungen.Dies hat seine Ursache darin, dass in unserer beamtenmäßigenAlters- und Hinterbliebenenversorgung wesentliche Elemente sowohlaus dem Beamtenrecht, als auch aus dem Tarifrecht enthaltensind.

Nach sehr eingehenden Überlegungen und Abwägung aller Argumentesind wir zum Ergebnis gekommen, dass die Anpassungen jetzt undkünftig nicht nach dem Beamtenrecht, sondern nach dem Tarifrechtvorgenommen werden. Die entsprechende Nachzahlung erhalten Sie mitder Zahlung für den Monat Dezember 1983.

In der Folge erhöhte die Beklagte die Leistungen derbetrieblichen Altersversorgung entsprechend denTariflohnerhöhungen, der für sie geltenden Tarifverträge. Ab dem 1.Januar 1995 waren dies die Tarifverträge der Arbeitgebervereinigungenergiewirtschaftlicher Unternehmen e.V. (AVE).

Mit Schreiben aus Januar 2008 teilte die Beklagte mit, dass derVorstand beschlossen habe, die Leistungen der betrieblichenAltersversorgung nicht mehr, wie bisher, entsprechend denAnpassungen des AVE-Vergütungstarifvertrages vorzunehmen, sonderndiese rückwirkend zum 1. Januar 2007 gemäß den Bestimmungen desLandesbeamtenrechtes anzupassen und auf die Tarifanpassungenentsprechend dem Landesbeamtenrecht die überobligatorischenErhöhungen aus den letzten drei Jahren vor dem jeweiligenAnpassungsstichtag aufgrund einer anzuwendenden Verjährungsfristanzurechnen, so dass zum 1. April 2008 keine Erhöhung der bishernach dem AVE-Tarifvertrag dynamisierten betrieblichenAltersversorgung erfolge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens aus Januar 2008wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift (Anlage B4 zumSchriftsatz der Beklagten vom 31. Mai 2010) verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage, mitder er beantragt hat,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dieErhöhungen des A-Zuschusses auch über den 1. Januar 2007 hinausentsprechend der jeweiligen Erhöhungen desAVE-Vergütungstarifvertrages vorzunehmen;

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 4.085,11 zuzüglichZinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 1. Januar 2010 zu zahlen.

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag und dem inrechnerischer Höhe (vgl. bezüglich der Berechnung derKlageforderung die Klageschrift in Verbindung mit dem Schriftsatzdes Klägers vom 24. Juni 2010) unstreitigen Zahlungsantragstattgegeben. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagtenvom 5. Oktober 1983 eine Gesamtzusage beinhaltet, die dem Klägereinen vertraglichen Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrenteentsprechend den Erhöhungen des AVE-Vergütungstarifvertragesgewähre. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichenVorbringens der Parteien, sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichteswird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zurSitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung vom 19. Januar 2011festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht nehme unzutreffend dasVorliegen einer Gesamtzusage an und verkenne überdies, dass einesolche Gesamtzusage an der nach §§ 16, 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVGdurchzuführenden Günstigkeitsprüfung hätte scheitern müssen. Fernerscheitere die Wirksamkeit der Gesamtzusage auch an der fehlendenZustimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Die Beklagte meint, eine Gesamtzusage liege deshalb nicht vor,weil das Schreiben vom 5. Oktober 1983 nur an die seinerzeitigenBezieher der Betriebsrente gerichtet gewesen sei. Es habe nur ca.110 Personen gegeben, die nach Anrechnung der gesetzlichen Renteund der ZVK-Rente einen Anspruch auf den A-Zuschuss hatten. DasSchreiben sei erkennbar nicht darauf gerichtet gewesen, die aktivenArbeitnehmer über eine Änderung hinsichtlich der Anpassung desA-Zuschusses zu unterrichten. Gegen die Annahme, dass die Beklagteeine konstitutive Erklärung abgeben wollte, spreche auch, dass derAufsichtsrat nicht beteiligt wurde, was aufgrund derwirtschaftlichen Bedeutung hätte geschehen müssen.

Die Beklagte meint weiter, die Gesamtzusage – so man einesolche annehme – scheitere auch an der fehlendenMitbestimmung des Betriebsrates. Eine von der Betriebsvereinbarungvom 18. Dezember 1959 abweichende Regelung sei nur zugunsten derArbeitnehmer möglich. Zwar seien die tariflichen Erhöhungen in derJahren nach 1983 tatsächlich regelmäßig höher ausgefallen, als dieAnpassungen nach dem Beamtenrecht. Dies sei jedoch – wasmaßgeblich sei – 1983 noch nicht absehbar gewesen. DieBeklagte meint auch, die Anpassung nach Tarifrecht sei eineRegelung mit der zu Ungunsten der Arbeitnehmer von § 16 BetrVGabgewichen werde. Es habe sich 1983 nicht beurteilen lassen, ob dieTarifparteien bereit und in der Lage sein würden, den Anstieg desVerbraucherpreisindex stets durch entsprechende Tariflohnerhöhungenauszugleichen. Aus diesem Grund sei die vermeintliche Gesamtzusageunwirksam.

Die Beklagte hat weiter gerügt, dass der Tenor desarbeitsgerichtlichen Urteiles auch schon deshalb unrichtig sei,weil keinesfalls ein Anspruch auf Dynamisierung des A-Zuschussesbestehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Gießen vom 8. Juli 2010 –1 Ca 166/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Der Klägerbegrenzte seinen Feststellungsantrag, nachdem die Beklagte mitSchriftsatz vom 17. Januar 2011 darauf hinwies, dass die Haftungder Beklagten gegenüber dem Kläger aus betrieblicherAltersversorgung aufgrund Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 27.August 2010 bezüglich der Betriebsteile Betriebsführung undDienstleistungen Stromnetz und Billing und Forderungsmanagement2020 ende.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens derParteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechseltenSchriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhaltverwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2b ArbGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,00 übersteigt. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und damit insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm § 520 ZPO).

In der Sache ist die Berufung jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Mit der Klage soll der Inhalt des Versorgungsverhältnisses und damit eines Rechtsverhältnisses iSv § 256 Abs. 1 ZPO geklärt werden. Feststellungsklagen müssen sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern können sich auch auf einzelne, daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzen (vgl. BAG Urteil vom 21. November 2006 – 3 AZR 309/05 – AP Nr. 7 zu § 1b BetrAVG und BAG Urteil vom 27. März 2007 – 3 AZR 299/06 – AP' Nr. 68 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen).

Ebenso besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Ein Klärungsbedürfnis ergibt sich aus den unterschiedlichen Auffassungen der Parteien über die Anpassung der Betriebsrente. Der Feststellungsantrag führt auch zu einer prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung des Rechtsstreites. Er ist geeignet, den einzigen Streitpunkt zwischen den Parteien abschließend zu klären.

Die Klage ist begründet.

Der Anspruch auf Anpassung des sog. A-Zuschusses unter Zugrundelegung der Tariflohnerhöhungen folgt aus dem Schreiben der Beklagten vom 5. Oktober 1983, welches als Gesamtzusage zu qualifizieren ist.

Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer besonderen Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebotes bedarf (vgl. BAG Urteil vom 04 Juni 2008 – 4 AZR 421/07 – AP Nr. 4 zu § 151 BGB). Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmer in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzen, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG Urteil vom 11. Dezember 2007 – 1 AZR 953/06 – AP Nr. 37 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung).

Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gemäß §§ 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln. Gesamtzusagen sind als "typisierte Willenserklärungen" nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen. Maßgeblich ist der Erklärungssinn aus der Sicht des Empfängers (vgl. BAG Urteil vom 16. Oktober 2007 – 9 AZR 170/07BAGE 124, 210). Die Auslegung der Gesamtzusage durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. BAG Urteil vom 28. Juli 2005 – 3 AZR 463/04 – AP Nr. 59 zu § 16 BetrAVG).

In Anwendung dieser Grundsätze ist das Schreiben vom 15. Oktober 1983 als Gesamtzusage zu qualifizieren, mit der allen nach der Betriebsvereinbarung von 1959 anspruchsberechtigten Arbeitnehmern einer beamtenmäßigen Alters- und Hinterbliebenenversorgung die Anpassung dieser Versorgung nach Tarifrecht zugesagt wurde. Dem steht nicht entgegen, dass das Schreiben nur an aktuell (Stand Oktober 1983) einen A-Zuschuss beziehende ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten versandt wurde. Dem Schreiben selbst lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass die Beklagte ihre Zusage auf Anpassung der Betriebsrente nach Tarifrecht auf diesen Personenkreis beschränken wollte. Irgendwelche sachlichen Gründe für eine derartige Differenzierung sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr heißt es im Schreiben, dass man nach sehr eingehenden Überlegungen und Abwägungen aller Argumente zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Anpassungen jetzt und künftig nicht nach dem Beamtenrecht, sondern nach Tarifrecht vorgenommen werden.

Die Verlautbarung war auch so, dass sie alle Arbeitnehmer der Beklagten mit einem Anspruch aus der Betriebsvereinbarung von 1959 auf eine beamtenmäßige Alters- und Hinterbliebenenversorgung in die Lage versetzte, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Die Beklagte hat einseitig bekannt gegeben, dass jetzt und künftig Arbeitnehmer mit einem beamtenmäßigen Anspruch auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung die Anpassung ihrer Betriebsrente nach Tarifrecht erhalten. Diese Zusage wird auch gegenüber den Arbeitnehmern wirksam, die das Schreiben vom 5. Oktober 1983 nicht erhalten haben. Darüber hinaus hat die Beklagte diese Zusage auch über 25 Jahre eingehalten, und zwar auch gegenüber Arbeitnehmern, an die sie das Schreiben vom 5. Oktober 1983 adressiert hatte. Weder aus dem Wortlaut des Schreibens vom 5. Oktober 1983, noch aus sonstigen Umständen lässt sich entnehmen, dass die Arbeitnehmer einen etwaigen fehlenden Rechtsbindungswillen der Beklagten hätten erkennen können.

Die Gesamtzusage ist auch nicht nach § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG unwirksam. Wohl besteht bei der Einführung und Ausgestaltung von betrieblicher Altersversorgung grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber soll sich nicht darauf berufen können, dass er mitbestimmungswidrig gehandelt hat (ständige Rechtsprechung seit BAG Urteil vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53,42; BAG Urteil vom 02. März 2004 - 1 AZR 271/03 – AP Nr. 31 zu § 3 TVG; BAG Urteil vom 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - AP Nr. 133 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung zu II. 3b). Es war schon 1983 absehbar, dass die Anpassungen der Besoldung der Beamten die Tariflohnerhöhungen im öffentlichen Dienst grundsätzlich nicht mehr übersteigen werden. Die Anpassung nach Tarifrecht, wie in der Gesamtzusage vorgesehen, ist für die Arbeitnehmer günstiger, als die Anpassung nach Beamtenbesoldung.

Die Gesamtzusage ist auch nicht nach § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG unwirksam. Die Anpassungsvereinbarung stellt vorliegend auch unter Zugrundelegung einer Anpassung nach Tarifrecht keine Abweichung von § 16 BetrAVG zu Ungunsten der Arbeitnehmer dar, da jede Tariflohnerhöhung an die Rentner weiterzugeben ist und damit eine Anpassung regelmäßig häufiger erfolgt, als nach dem in § 16 BetrAVG vorgesehenen 3-Jahres-Zeitraum. Die Anpassungsvereinbarung darf zwar im Einzelfall nicht dazu führen, dass zwingende Grundwertungen des Betriebsrentenrechts beeinträchtigt werden oder gegen zwingende Bestimmungen des Betriebsrentenrechts verstoßen wird. Hierzu gehört auch die Anpassungsprüfungs– und -entscheidungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 BetrAVG, die die Betriebsrentner vor einer Auszehrung ihrer Betriebsrente infolge Kaufkraftverlust schützen soll (vgl. BAG Urteil vom 26. Mai 2009 – 3 AZR 369/07AP Nr. 67 zu § 16 BetrAVG). Der Kläger bedarf des über § 16 BetrAVG vermittelten Schutzes aber nicht. Er wird durch die Anpassung nach Tarifrecht hinreichend vor einer Auszehrung seiner Betriebsrente geschützt. Die Anpassung der Betriebsrente nach Tarifrecht gewährleistet ebenso wie die Anpassung nach Beamtenrecht einen im Vergleich zu § 16 BetrAVG angemessenen Risiko-Chancenausgleich. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Versorgungsschuldner alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Zwar verlangen der Zweck der Versorgungsleistungen selbst und der Zweck des Betriebsrentengesetzes, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Anpassungen vorzunehmen sind, solange und soweit der Versorgungsschuldner leistungsfähig ist. Deshalb ist die Anpassung der Regelfall, die Nichtanpassung ist die Ausnahme (vgl. BAG Urteil vom 26. Mai 2009 – 3 AZR 369/07 – a.a.O.). Da der Arbeitgeber bei der Anpassungsprüfung und –entscheidung nach § 16 BetrAVG seine wirtschaftliche Lage berücksichtigen darf und eine Anpassung entsprechend dem seit dem individuellen Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust ganz oder teilweise ablehnen kann, wenn und soweit das Unternehmen dadurch übermäßig belastet würde (vgl. BAG Urteil vom 25. Juni 2002 – 3 AZR 226/01 – AP Nr. 51 zu § 16 BetrAVG), gibt § 16 BetrAVG dem Versorgungsgläubiger allerdings keine Anpassungsgarantie. Demgegenüber enthält die Gesamtzusage vom 5. Oktober 1983 eine von der wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners unabhängige Verpflichtung zur Anpassung. Der Versorgungsschuldner ist immer dann zur Anpassung verpflichtet, wenn die Tarifvertragsparteien die Vergütung erhöhen. Dies kann für den Versorgungsempfänger gegenüber einer Anpassung nach § 16 BetrAVG auch von Vorteil sein (vgl. BAG Urteil vom 30. November 2010 – 3 AZR 798/08DB 2011, 826-828 bezüglich einer Anpassungspflicht nach Beamtenrecht).

Darüber hinaus kommt nach Dafürhalten des Berufungsgerichtes auch ein Anspruch auf Anpassung nach Tarifrecht direkt aus der Betriebsvereinbarung von 1959 im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) in Betracht. Diese Betriebsvereinbarung enthält keine Regelung bezüglich der Anpassung. Fest steht nur, dass eine beamtenmäßige Alters- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde, das heißt, dass eine Anpassung zu erfolgen hat. Allein aus dem Begriff "beamtenmäßige Alters- und Hinterbliebenenversorgung" lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Anpassung gemäß der Erhöhung der Beamtenbesoldung zu erfolgen hat, da Berechnungsgrundlage des Gesamtversorgungsanspruchs des Klägers das Gehalt ist. Lediglich die Ermittlung der ruhegeldfähigen Dienstzeit und die Höhe des Gesamtversorgungsanspruchs erfolgt entsprechend dem Beamtenversorgungsgesetz. Stellt man zusätzlich auf die jahrelange Durchführung der Anpassung nach Tarifrecht – spätestens seit 1983 – ab, so kommt hierin zum Ausdruck, dass die Parteien die Alters- und Hinterbliebenenversorgung gemäß der Betriebsvereinbarung von 1959 dahingehend ausgelegt haben. Die praktische Durchführung einer Regelung kann aber grundsätzlich bei der Auslegung Berücksichtigung finden.

Zur Klarstellung wurde der Feststellungstenor abgeändert, da unstreitig keine Erhöhung des A-Zuschusses vereinbart ist.

Entsprechend vorstehender Ausführungen kann der Kläger auch Zahlung verlangen.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Zulassung der Revision erfolgte wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG).