SG Marburg, Urteil vom 06.10.2010 - S 12 KA 186/10
Fundstelle
openJur 2012, 33625
  • Rkr:

Eine belegärztliche Tätigkeit rechtfertigt grundsätzlich nicht die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zutragen. 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags auf Befreiung von der Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst insbesondere wegen der Tätigkeit als Belegarzt.

Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er übt seine Tätigkeit in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit drei weiteren Fachärzten für Chirurgie aus. Der Kläger und die übrigen drei Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (Herr D., Herr Dr. E. und Herr Dr. F.) haben eine Anerkennung als Belegarzt sowohl für die Kreisklinik G-Stadt als auch die Kreisklinik H-Stadt.

Der Vorstand der Beklagten beschloss am 07.04.2009 die Zusammenlegung der ärztlichen Bereitschaftsdienstbezirke A-Stadt/J-Stadt und G-Stadt/K-Stadt zum 01.10.2009 aufgrund der bestehenden Altersstruktur der dort niedergelassenen Ärzte.

Der Kläger beantragte am 23.04.2009 die Befreiung von der Teilnahme am allgemeinen Notdienst. Zur Begründung führte er aus, er müsse am Wochenende und an Feiertagen als Belegarzt Eilfälle versorgen, also stationären Notfalldienst verrichten. Die Praxis sei seinerzeit in der Kreisklinik in H-Stadt angesiedelt gewesen und habe am Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung teilgenommen, da er und Kollege Dr. L, der damalige Praxispartner, sich bei der belegärztlichen Versorgung hätten abwechseln können. Im August 2000 sei die chirurgische Gemeinschaftspraxis mit Hauptsitz in G-Stadt und Nebensitz in H-Stadt gegründet worden. Der allgemein- und unfallchirurgisch tätige Kollege Dr. L. sei seit Januar 2009 nicht mehr in der Praxis. Die Praxis sei an zwei Krankenhäusern belegärztlich tätig und müsse in jedem Krankenhaus rund um die Uhr die Versorgung gewährleisten. Aufgrund der Assistenzarztmangelsituation sei sie gezwungen, auch noch nicht zu besetzende Anwesenheitsdienste im Krankenhaus über 24 Stunden zu leisten. Zusätzlich habe die Belastung der chirurgischen Ambulanz in der Kreisklinik G-Stadt nach der Neuregelung der Bereitschaftsdienstsituation G-Stadt/M-Stadt/B-Stadt deutlich zugenommen. Insgesamt sei also die Arbeitsbelastung für die Chirurgen erheblich gestiegen.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.08.2009 ab, da der Kläger nicht alleine als Belegarzt tätig sei.

Hiergegen legte der Kläger am 22.09.2009 Widerspruch ein. Er trug vor, er sei seit Januar allein und ständig diensthabender Chirurg in der Kreisklinik H-Stadt in einer Abteilung ohne Hauptabteilung. Sein Praxiskollege Dr. N. sei seit Januar erkrankt. Sein bereits ausgeschriebener KV-Sitz sei nicht erneut besetzt worden. Der Obmann des Notdienstbezirks A-Stadt/J-Stadt habe in diesem Jahr deshalb darauf verzichtet, ihn zum KV-Notdienst einzuteilen. Er müsse bereits über 24 Stunden an sieben Wochentagen dienstbereit die Patienten versorgen, die u. a. vom KV-Notdienst in die chirurgische Ambulanz als Notfall überwiesen würden. Er halte damit einen ständigen fachgebundenen Notdienst vor. Seine Kollegen täten dies im Krankenhaus G-Stadt, so dass sie ihm nicht helfen könnten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein ausdrücklich in § 3 Abs. 2 a bis d der Notdienstordnung aufgeführter Befreiungsgrund liege nicht vor. Nach Buchstabe e könne ein Vertragsarzt befreit werden, wenn er im Einzelfall schwerwiegende Gründe darlege, aufgrund deren eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauerhaft nicht zugemutet werden könne. In der bis zum 30.09.2001 gültigen Ausführungsbestimmungen zum Notfalldienst im Sicherstellungsstatut sei in Teil 1 VII Abs. 1 c als Grund, der eine Freistellung vom Notfalldienst rechtfertigen könne, u. a. aufgeführt, wenn der Arzt wegen belegärztlicher Tätigkeit für sein Gebiet nur einmal vertreten sei und ein Assistent für eine Vertretung im Krankenhaus nicht zur Verfügung stehe. Dies sei zwar in der neuen Notdienstordnung als möglicher Befreiungsgrund nicht mehr ausdrücklich aufgeführt. In der Sache habe sich jedoch an der Beurteilung bezüglich der Tätigkeit der Belegärzte nichts geändert. Neben dem Kläger seien weitere Fachärzte für Chirurgie zur Tätigkeit der Kreisklinik H-Stadt bzw. G-Stadt berechtigt. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst sei auch dann rechtmäßig, wenn sie für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich brächte. Das Bundessozialgericht habe in einem Fall bezüglich eines allein niedergelassenen, ambulant operierenden Chirurgen entschieden, dass Gründe für eine Befreiung vom Notfalldienst nicht vorlägen (Az.: 6 R Ka 66/94). Außerdem müsse nach der Notdienstordnung zuvor geprüft werden, ob dem Vertragsarzt auferlegt werden könne, die Dienste auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem eigenen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Nach den Bereitschaftsdienstplänen sei keine übermäßige Inanspruchnahme erfolgt. Außerdem habe sich die Dienstbelastung aufgrund der Zusammenlegung der ärztlichen Bereitschaftsdienstbezirke verringert. Dem Kläger sei deshalb zumutbar, einen Vertreter auf eigene Kosten zu beauftragen, der die Dienste übernehme.

Hiergegen hat der Kläger am 15.02.2010 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, er müsse den belegärztlichen Bereitschaftsdienst in H-Stadt allein verrichten. Dies stelle eine Pflichtenkollision mit der grundsätzlichen Verpflichtung zur Beteiligung am allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst dar. Aufgrund der Vorgaben der Berufsgenossenschaft müsse er als Durchgangsarzt werktätig Sprechstunden von 8:00 bis 18:00 Uhr und samstags von 8:00 bis 12:00 Uhr vorhalten. Somit sei ein schwerwiegender Grund gegeben. Ihm könne nicht zugemutet werden, beide Bereitschaftsdienste durchzuführen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1972 – I C 30.69 -). Er könne nicht auf eine Kostentragung verwiesen werden, als seine zweifache Belastung die Belastung der sonstigen Vertragsärzte weit überwiege. Seine Verpflichtung gehe über diejenige der ambulant operierenden Fachärzte hinaus. Er sei der einzige belegärztlich tätige Vertragsarzt an dem Krankenhaus. Dies entspreche den Kriterien der Beklagten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 27.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn von der Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger sei als Facharzt für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er sei als Belegarzt in der Kreisklinik H-Stadt in A-Stadt und in der Kreisklinik G-Stadt in G-Stadt kooperativ mit seinen drei Gemeinschaftspraxis-Partnern tätig. Es treffe daher nicht zu, dass er an der Kreisklinik H-Stadt der einzige Belegarzt sei. Alle Gemeinschaftspraxis-Partner verfügten über die kooperative Belegarztanerkennung an beiden Krankenhäusern. Für den zum 01.04.2010 ausgeschiedenen Herr Dr. N. sei Herr Dr. F. als weiterer Facharzt für Chirurgie hinzugekommen. Er habe auch die belegärztliche Tätigkeit von Herrn Dr. N. übernommen. Ihre Satzungsbestimmungen zur Befreiung seien von der Rechtsprechung nicht beanstandet worden. Das Bundessozialgericht habe wiederholt betont, dass der Bereitschaftsdienst eine Angelegenheit aller Vertragsärzte sei. Auch eine belegärztliche Tätigkeit, soweit sie gegenüber der ambulanten Praxis von nebengeordneter Bedeutung sei, dürfte die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten nicht beeinträchtigen und begründe für sich keinen Befreiungstatbestand. Selbst wenn ein Befreiungstatbestand vorliegen würde, käme eine vollständige Befreiung nur in Betracht, wenn dem Kläger aufgrund geringer Einkünfte aus seiner ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden könnte, den Dienst auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem Eigenvertreter wahrnehmen zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.

Gründe

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 27.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2020 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Teilnahme am organisierten allgemeinen Notdienst.

Die Beklagte hat zu Recht eine Befreiung vom allgemeinen organisierten Notdienst abgelehnt.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit das Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Zur Erfüllung ihrer Pflichten hat die Beklagte die hier anzuwendende und ab 01.10.2002 gültige Notdienstordnung erlassen, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I), geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 24.11.2004, bekannt gegeben als Anlage 1 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 15.12.2004, und durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 13.12.2008, bekannt gegeben durch Rundschreiben vom 29.12.2008. Diese Notdienstordnung hat Satzungsqualität. Nach der Notdienstordnung nehmen am organisierten allgemeinen Notdienst grundsätzlich alle niedergelassenen Vertragsärzte an einer Notdienstgemeinschaft teil (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Notdienstordnung). Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst kann auf Antrag eines Vertragsarztes vom Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium u. a. ausgesprochen werden, wenn

a) ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;

b) bei einer Vertragsärztin eine Schwangerschaft besteht (bis zum 12. Monat nach der Entbindung);

c) ein Vertragsarzt das 65. Lebensjahr vollendet hat;

d) ein Vertragsarzt wegen besonders belastender familiärer Pflichten oder wegen politischer, berufspolitischer oder wissenschaftlicher Tätigkeit nicht nur vorübergehend an der Teilnahme am organisierten Notdienst gehindert ist;

e) sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen.

Ein Antrag auf Befreiung vom organisierten Notdienst gemäß Abs. 2 ist schriftlich mit entsprechender Begründung an die für die Notdienstgemeinschaft zuständige Bezirksstelle zu richten (§ 3 Abs. 3 Notdienstordnung). Der Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium hat auf Antrag eines Vertragsarztes über dessen Freistellung von der Teilnahmeverpflichtung am organisierten Notdienst zu entscheiden. Dabei sind die unter § 3 genannten Sachverhalte zu prüfen. Bevor eine Entscheidung über eine vollständige oder teilweise, ggf. auch zeitlich begrenzte Freistellung erfolgt, ist zu prüfen ob

a) dem betreffenden Vertragsarzt eine ärztliche Tätigkeit anderer Art im Rahmen der organisierten Dienste zugemutet werden kann. Als solche Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:

aa) Bereitschaft für Notdienstleistungen in den Räumen der eigenen Praxis oder in der Notdienstzentrale bzw. an einer dazu von der zuständigen Bezirksstelle vorgesehenen Stelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium

bb) telefonische ärztliche Beratung in einer Notdienstzentrale oder Notdienstleitstelle

cc) Dienst im Rahmen der Rufbereitschaft/Hintergrundbereitschaft

dd) Bereitschaftsdienst zur konsiliarischen Unterstützung des Notarztes;

b) im Falle der Freistellung aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Behinderung eine nachteilige Auswirkung der gesundheitlichen Verhältnisse auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Vertragsarztes festzustellen ist;

c) dem Vertragsarzt auferlegt werden kann, die Dienste auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem eigenen Vertreter wahrnehmen zu lassen; in diesem Fall hat die Bezirksstelle auch die Höhe des Kostenersatzes festzulegen (§ 6 Abs. 2 Notdienstordnung).

Grundsätzlich sind alle Vertragsärzte zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst geeignet. Der Anspruch eines Vertragsarztes beschränkt sich darauf, im Rahmen der Gleichbehandlung nicht öfters zum Notfalldienst herangezogen zu werden als die übrigen Ärzte.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt betont, dass es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Not- und Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte handelt, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124 = juris Rdnr. 15).

Der in der Notfalldienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit ist auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt. Erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124 = juris Rdnr. 15). Die Kassenärztliche Vereinigung muss auf Erfüllung der Verpflichtung nicht bestehen, wenn genügend Kassenärzte freiwillig teilnehmen, sie kann allerdings die nicht teilnehmenden Vertragsärzte zur Finanzierung heranziehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.09.1987 - 6 RKa 1/87 - SozR 2200 § 368m Nr. 4 = juris Rdnr. 17). Der Notdienst ist in gleicher Weise Bestandteil der hausärztlichen als auch der fachärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - Az: B 6 KA 43/05 R - juris Rdnr. 11). Auch Fachärzte sind grundsätzlich geeignet zur Teilnahme am Notfalldienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12). Beruft sich ein Facharzt auf einen Eignungsverlust, so trägt er hierfür die Feststellungslast (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 – L 10 KA 5/04 – www.sozialgerichtsbarkeit.de.). Es besteht auch eine Pflicht zur Fortbildung für eine Tätigkeit im Notdienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - Az: 6 RKa 8/78 - USK 8055 m.w.N. = juris Rdnr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 – L 10 KA 5/04 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 – L 5 KA 3081/02 – juris Rdnr. 22).

Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung können als Ermessensvorschrift ausgestaltet werden (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122 = juris Rdnr. 12). Das BSG hat eine Bestimmung, nach der bei der Entscheidung über eine völlige, teilweise und zeitweilige Freistellung vom Notfallvertretungsdienst u. a. stets zu prüfen ist, ob dem Arzt aufgegeben werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen, mit höherem Recht als vereinbar angesehen. Aus übergeordnetem Recht ergibt sich nicht, dass auf diese Prüfung zu verzichten ist, wenn der persönlichen Teilnahme am Notfallvertretungsdienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ist nicht auf gewisse Zeiträume (z. B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt, sondern muss auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein („rund um die Uhr“). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen Notfallvertretungsdienst zu organisieren. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den Notfallvertretungsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Notfallvertretungsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z .B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt oder dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122 = juris Rdnr. 13).

An dieser Rechtsprechung hat das BSG festgehalten. Es hat betont, die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs. 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z. B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die Kassenärztliche Vereinigung den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen (vgl. BSG v. 06.02.2008 - B 6 KA 13/06 R - juris Rn. - SozR 4-2500 § 75 Nr. 7 = ZMGR 2008, 213 = USK 2008-18 = Breith 2009, 111 = MedR 2009, 428, Rdnr. 14).

Ausgehend hiervon sind die genannten Satzungsbestimmungen der Beklagten, insbesondere § 3 Abs. 2 Buchst. e Notdienstordnung, der allein als Befreiungstatbestand in Betracht kommt, da andere Gründe nicht vorgetragen werden und auch nicht ersichtlich sind, nicht zu beanstanden. Insoweit steht es im Ermessen des Satzungsgebers, ob er eigene Befreiungstatbestände auch für Belegärzte einführt (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - Az: B 6 KA 43/05 R - juris Rdnr. 16 f.). Eine zwingende rechtliche Vorgabe hierfür ist nicht ersichtlich. Eine belegärztliche Tätigkeit neben einer Praxistätigkeit mit erheblichem Honorarumsatz rechtfertigt grundsätzlich nicht die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst (so LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.09.2009 – L 5 KA 20/08 – juris = www.sozialgerichtsbarkeit.de). Es ist die freie Entscheidung eines Arztes, ob er die Anerkennung als Belegarzt mit den damit einhergehenden Verpflichtungen zur Abdeckung der stationären Versorgung beantragt. Ein zwingender Anspruch auf Befreiung von der Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Notdienst erwächst hieraus nicht.

Die Beklagte hat aber auch ihr Satzungsrecht in nicht zu beanstandender Weise angewandt. Nach § 3 Abs. 2 Buchst. e Notdienstordnung kann eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst auf Antrag eines Vertragsarztes vom Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium u. a. ausgesprochen werden, wenn sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen.

Die Beklagte hat zutreffend diese Voraussetzungen verneint. Sie hat darauf hingewiesen, dass der Kläger auch in H-Stadt nicht allein belegärztlich tätig ist. Sowohl er selbst als auch die Praxiskollegen Herr D., Herr Dr. E. und Herr Dr. F. haben eine Anerkennung als Belegarzt sowohl für die Kreisklinik G-Stadt als auch die Kreisklinik H-Stadt. Bereits von daher bestehen auch Vertretungsmöglichkeiten für den stationären Bereich und ist es allein einer evtl. internen Entscheidung der Berufsausübungsgemeinschaft geschuldet, sollte der Kläger tatsächlich allein die Versorgung der Kreisklinik H-Stadt übernommen haben. Im Übrigen darf auch die belegärztliche Tätigkeit nicht die Tätigkeit in der ambulanten Versorgung überwiegen. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die erfolglosen Bemühungen des Klägers bzw. der hiermit beauftragten Mitarbeiterin zur Organisation einer Vertretung hingewiesen hat, hält die insoweit fachkundig mit einer Vertragsärztin und einem Vertragsarzt besetzte Kammer diese nicht für ausreichend. Hierfür kommt zum einen auch die gezielte kollegiale Anfrage des Klägers in Betracht, zum anderen ist auch die Beklagte bei der Suche behilflich.

Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.