OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.06.2010 - 6 UF 13/10
Fundstelle
openJur 2012, 33207
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, das derBeschluss des Amtsgerichts Familiengericht Fürth vom 04.03.2009– Az: 4 F 5/09 SO – aufgehoben wird.

Von der Erhebung von Gerichtsgebühren wird abgesehen.

Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 3.000,00 €.

Gründe

Das gemäß § 58 FamFG statthafte Rechtsmittel der Eltern hat in der Sache keinen Erfolg.

Die heute knapp vierjährigen Zwillinge X und Y befinden sich seit März 2008 bei den Beteiligten zu 3) und 4) in Vollzeitfamilienpflege, nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) wegen massiver Überforderung das Jugendamt um Hilfe gebeten und ihr Einverständnis mit der Unterbringung erklärt hatten. Nachdem die Eltern zunächst keinen Kontakt mit den Kindern aufgenommen hatten, verlangen sie seit Ende 2008 die sofortige Rückführung der Kinder in ihre Familie. Durch Beschluss vom 04.03.2009, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Fürth den Beteiligten zu 1) und 2) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder gemäß § 1666 BGB entzogen, weil sie durch ihr Beharren auf der sofortigen Rückführung der Kinder die mit einem übergangslosen Kontaktabbruch zu den Pflegeeltern verbundene Gefährdung der psychischen Entwicklung der Kinder in Kauf genommen haben. Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert.

Nachdem die Kinder im Alter von nicht einmal zwei Jahren auf Grund der damals gegebenen Umstände aus der Familie der Beteiligten zu 1) und 2) herausgenommen werden mussten, leben sie nunmehr seit über zwei Jahren in der Familie der Pflegeeltern und haben zu ihnen einen Bezug aufgebaut, dessen unvermittelter Abbruch nach allem, was man heute über Bindungen weiß, eine massive Gefährdung der psychischen und physischen Entwicklung der Kinder mit sich bringen würde. Die von den Beteiligten zu 1) und 2) verlangte Rückgabe der Kinder in den elterlichen Haushalt kann nur nach einer Übergangsphase in Betracht kommen, innerhalb der eine Bindung der Kinder zu den leiblichen Eltern langsam neu aufgebaut und ihre Ablösung von den Pflegeeltern behutsam gefördert werden muss. Der vom Amtsgericht Familiengericht Bensheim mit Beschluss vom 25.08.2009 angeordnete und diesem Zweck dienende betreute Umgang ist bis heute aus Gründen, die in der Sphäre der Eltern liegen, nicht zustande gekommen. Die Erklärungen, die die Beteiligten zu 1) und 2) zu den dafür maßgeblichen Gründen gegeben haben, überzeugen den Senat nicht. Vielmehr ergibt sich aus den schriftsätzlichen Ausführungen des Vaters und aus seinen mündlichen Darlegungen im Anhörungstermin, dass die Beteiligten zu 1) und 2) in der Vergangenheit die Angebote des Jugendamts entweder nicht angenommen oder das Scheitern von Umgangskontakten durch unangemessenes Verhalten gegenüber den Mitarbeitern des Jugendamts und den Pflegeeltern und ihre für den Senat schwer erträgliche Anspruchshaltung selbst verursacht haben. Da aber eine übergangslose Wegnahme der Kinder aus dem Haushalt der Pflegeeltern das Kindeswohl gefährden würde, hat das Amtsgericht den Herausgabeantrag der Beteiligten zu 1) und 2) zu Recht abgewiesen und gemäß § 1632 Abs.4 BGB das Verbleiben der Kinder in der Pflegefamilie angeordnet.

Im Übrigen liegen die vom Amtsgericht Fürth in seinem Beschluss vom 04.03.2009 bejahten Voraussetzungen für den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1666 Abs. 1 BGB auch heute vor, denn durch ihr übergangsloses Herausgabeverlangen gefährden sie das Wohl der Kinder nach wie vor. Da jedoch eine Verbleibensanordnung i.S.d. § 1632 Abs. 4 BGB als milderes Mittel zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung ausreicht (BVerfG FamRZ 1989, 145) und, wie sich aus dem Bericht des Jugendamts in Ort1 vom 15.10.2010 ergibt, die äußeren Verhältnisse der Beteiligten zu 1) und 2) gegenüber der Situation im Februar 2008 stabilisiert haben, bedarf es der dieses Entzuges und der Aufrechterhaltung des Beschlusses vom 04.03.2009 heute nicht mehr.

Eine Verbleibensanordnung ist ihrer Natur nach eine vorübergehende Maßnahme und daher in der Regel zu befristen. Der Senat hat hier davon abgesehen, weil auf Grund der Erklärungen des Beteiligten zu 1) im Anhörungstermin nicht abzuschätzen ist, ob, wann und wie der eine Rückgabe der Kinder vorbereitender Umgang zustande kommen und verlaufen wird. Der Senat kann den Beteiligten zu 1) und 2) nur raten, zukünftig mit dem Jugendamt zu kooperieren und ihre gegenüber den Pflegeeltern zu Tage getretene Feindseligkeit abzubauen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 81 Abs. 1 FamFG, 45 Abs. 1 FamGKG.