OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.08.2009 - 5 W 35/09
Fundstelle
openJur 2012, 32020
  • Rkr:
Tenor

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1) bis 3) sowie 4) und 5) gegen den Beschluss der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. April 2006 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu 1) zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) im Beschwerdeverfahren tragen die beschwerdeführenden Antragsteller je zu 1/5.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller waren sämtlich Minderheitsaktionäre der Antragsgegnerin zu 2), einer Versicherungsgesellschaft, deren Aktien nicht an der Börse gehandelt wurden und deren Hauptaktionärin mit einem Gesamtanteil von 99,6 % die Antragsgegnerin zu 1) war. Letztere beabsichtigte die Durchführung eines Squeeze-out-Verfahrens gemäß §§ 327a ff. AktG und beauftragte zu diesem Zweck die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B (im Folgenden B) mit der Ermittlung des Unternehmenswertes der Antragsgegnerin zu 2). Die B ermittelte einen Wert von 1.117.707.577 €, was bei der damaligen Stückzahl von 2.082.400 Aktien zu einem anteiligen Unternehmenswert von 536,74 € je Aktie führte. Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1) bestellte das Landgericht die A OHG zur sachverständigen Prüferin gemäß § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG, die in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die vorgesehene Abfindung in Höhe von 536,74 € für angemessen erachtete.

Infolgedessen beschloss am 12. Juni 2002 die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin zu 1) gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe des zuvor ermittelten anteiligen Unternehmenswertes von 536,74 €. Der Beschluss wurde am 2. Oktober 2002 im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 16. November 2002.

Mit jeweils vor dem 16. Dezember 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen haben die Antragsteller die Überprüfung der gewährten Abfindung auf ihre Angemessenheit im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach § 327f AktG a. F. beantragt. Das angerufene Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Fragen nach der Höhe des Kapitalisierungszinssatzes sowie zur Frage nach der Berücksichtigung der Beteiligung der Antragsgegnerin zu 2) an der C Versicherung AG. Auf die Ausführungen des Sachverständigen wird Bezug genommen. Sodann hat das Gericht auf der Grundlage des Beweisergebnisses die auf eine Erhöhung der Barabfindung gerichteten Anträge zurückgewiesen. Insoweit wird Bezug genommen auf Bl. 338 ff. d. A.

Gegen diese Entscheidung richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1) bis 5). Zur Begründung ihres Rechtsmittels, das die Beschwerdeführer von vorneherein auf die Entscheidung im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 1) beschränkt haben, tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der gerichtlich bestellte Sachverständige sei wegen seiner gesellschaftlichen Verbundenheit mit der gemäß § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG bestellten sachverständigen Prüferin befangen gewesen. Methodisch habe man den falschen Bewertungsstandard herangezogen. Desgleichen sei die der Bewertung zugrunde gelegte Annahme einer Vollausschüttung unzutreffend. Ferner sei der Kapitalisierungszinssatz zu hoch bemessen und zugleich inkonsistent ermittelt worden, weil die Gutachter hierbei dem Äquivalenzprinzip nicht Rechnung getragen hätten. Ebenfalls sei der Betafaktor aufgrund eines Rechenfehlers zu hoch bemessen worden, wobei überdies die für seine Ermittlung herangezogene D nicht aus mit der Antragsgegnerin zu 2) vergleichbaren Unternehmen zusammengestellt worden sei. Dabei wirke sich entgegen der Ansicht des Sachverständigen eine fehlerhafte Annahme des Kapitalisierungszinssatzes ebenso wie eine falsche Risikoprämie zu Lasten der Antragsteller aus. Überdies sei der Wachstumsabschlag zu niedrig veranschlagt worden. Dies resultiere nicht zuletzt daraus, dass man unzutreffend eine Politik der Vollausschüttung unterstellt habe. Des Weiteren habe man die Beteiligung der Antragsgegnerin zu 2) an der C Versicherung AG berücksichtigten müssen. Schließlich sei keine Bewertung der von der Antragsgegnerin zu 2) im Jahr 2001 erworbenen Kunstgegenstände vorgenommen worden.

II.

1. Die nach dem 1. September 2003 eingelegten sofortigen Beschwerden sind nach § 12 Abs. 1 SpruchG statthaft, wobei auf das Beschwerdeverfahren gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG das Spruchverfahrensgesetz Anwendung findet. Die Beschwerden sind zulässig; insbesondere sind sie innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 22 Abs. 1 FGG iVm § 17 Abs. 1 Satz 1 SpruchG eingelegt worden.

2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Die den ausgeschiedenen Aktionären zuerkannte Barabfindung in Höhe von 536,74 € je Aktie ist angemessen, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat.

a) Nach § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung in ihrer Hauptversammlung, hier dem 12. Juni 2002, berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG).

Als angemessen in dem vorgenannten Sinne ist eine Abfindung anzusehen, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BayObLG AG 1996, 127; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 327b Rn. 4). Zu ermitteln ist der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136, 140).

Die Angemessenheit der Barabfindung orientiert sich mangels hier vorliegender Börsenkurse ausschließlich anhand des Unternehmenswertes. Das hierzu von der Antragsgegnerin zu 1) eingeholte Bewertungsgutachten ermittelte – wie allgemein anerkannt (vgl. die Nachweise bei (OLG Stuttgart, NZG 2007, 302, 306) – den Unternehmenswert und damit zugleich den Wert der Beteiligung mittels der Ertragswertmethode. Hiernach werden die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den nach § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG maßgeblichen Stichtag mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert (OLG Stuttgart, NZG 2007, 302, 306). Für die Ermittlung der zukünftigen Erträge erstellte man in einer ersten Phase, nämlich den Jahren 2002 bis 2004 eine detaillierte Prognose. Hieran schloss sich eine zweite Phase an. Für diese nahm man an, dass die für das Jahr 2005 erwarteten Erträge als ewige Rente sich einstellen würden (vgl. S. 25 des Übertragungsberichts; so genanntes Zwei-Phasen-Modell). Den Kapitalisierungszinssatz bemaß man in der ersten Phase in einer Höhe von 8,5 % und zog hiervon in der zweiten Phase einen Wachstumsabschlag von 0,5 % ab. Dabei wurde der Kapitalisierungszinssatz aus der Summe eines Basiszinssatzes in Höhe von 6 % und eines Risikozuschlags in Höhe von 2,5 % gebildet, wobei der Risikozuschlag sich aus dem Produkt einer unterstellten Marktrisikoprämie von 5 % und eines das spezifische Unternehmensrisiko widerspiegelnden Betafaktors von 0,5 % ergab. Nicht betriebsnotwendiges Vermögen stellte man keines fest (Prüfbericht S. 10). Bei der Bewertung kamen die damals geltenden Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen IDW S1 2000 zur Anwendung (vgl. Gutachten S. 2 sowie Prüfungsbericht S. 10).

b) Bei der Überprüfung der gewährten Abfindung auf ihre Angemessenheit ist zu beachten, dass es im Spruchverfahren darum geht, den Verkehrswert des Unternehmens nach einer anerkannten betriebswirtschaftlichen Methode im Wege der Schätzung gem. § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln bzw. den der Abfindung zugrunde liegenden Wert entsprechend auf seine Angemessenheit hin im Wege der Schätzung zu überprüfen (BGH, DB 2001, 969, 971). Da es sich bei diesen betriebswirtschaftlichen Ansätzen jeweils um Verfahren handelt, die subjektive Einschätzungen und Prognosen zur Grundlage haben, sind selbst derartige Bewertungen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet und können nicht für sich in Anspruch nehmen, den "wahren" - ohnehin als solchen nicht existenten - Unternehmenswert mathematisch exakt zu bestimmen. Nachdem die Feststellung des Unternehmenswertes zu einem bestimmten Zeitpunkt damit auch durch fundamental analytische Methoden nicht punktgenau möglich ist, es vielmehr stets eine Spannbreite in Betracht kommender Werte gibt und es sich überdies um die Ermittlung eines fiktiven Wertes handelt, ist die richterliche Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO letztlich entscheidend für die Bestimmung der angemessenen Abfindung (vgl. OLGR München 2008, 446; BayObLG, NZG 2006, 156; OLG Stuttgart, ZIP 2004, 712).

c) Auf der Grundlage des sich hieraus ergebenden Überprüfungsmaßstabes ist der Senat davon überzeugt, dass der nach den damals allgemein anerkannten Grundsätzen ermittelte Unternehmenswert den Verkehrswert des Unternehmens zutreffend beschreibt und zu einer angemessenen Abfindung geführt hat. Dem stehen die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen nicht entgegen.

aa) Nicht zu überzeugen vermag der generelle Einwand der Beschwerdeführer, das Landgericht habe den vorstehenden Sachverhalt mit demjenigen des Parallelverfahrens, hier geführt unter dem Aktenzeichen 5 W 41/09, verwechselt. Die im angegriffenen Beschluss vorgenommene versehentliche Aufführung von Z1 im Rubrum als Antragsteller zu 1) statt dessen Ehefrau, Frau Z1, können ebenso wie die unzutreffende Angabe des maßgeblichen Wettbewerbsmarktes der Antragsgegnerin zu 2) den ansonsten durch nichts belegten Vorwurf einer Vermengung beider Sachverhalte nicht begründen. Es handelt sich erkennbar um punktuelle Versehen, die nicht in Zweifel zu ziehen vermögen, dass sich das Landgericht mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt angemessen auseinander gesetzt hat.

bb) Ferner ist entgegen der Ansicht der Antragsteller der Sachverständigenbeweis verfahrensfehlerfrei erhoben worden. Über § 17 Abs.1 Satz 1 SpruchG und § 15 Abs.1 FGG gilt insoweit das Verfahrensrecht der Zivilprozessordnung. Eine Befangenheitsablehnung des Sachverständigen nach § 406 Abs.1 Satz 1 ZPO wegen seiner beruflichen Nähe zur sachverständigen Prüferin ist nicht erfolgt und kann im Beschwerdeverfahren auch nicht mehr erklärt werden, da die Frist des § 406 Abs. 2 ZPO versäumt worden ist und diese Norm auch in einem FGG-Verfahren Anwendung findet (vgl. Keidel/Schmidt, FG, 15. Aufl. 2003, § 15 Rz.51; Simon/Winter, SpruchG, § 17 Rz.11; a.A. Büchel, NZG 2003, 793, 801).

Soweit die Antragsteller bereits vor seiner Bestellung Bedenken gegen die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen angemeldet hatten (Bl. 250 ff. d. A.), haben sie nach der Bestellung keine entsprechende, fristgerechte Konsequenz in Form eines Ablehnungsantrags gezogen. Dem Schweigen unmittelbar nach dem Bestellungsbeschluss kann aber ebenso wenig ein Ablehnungsgesuch entnommen werden, wie den geäußerten Bedenken vor der Bestellung.

Gleiches gilt für die später am Beweiswert des Gutachtens geäußerten Bedenken, die sich sodann vornehmlich auf eine Einschätzung des Sachverständigen zu der Anwendung des Standards IDW S1 2005 und zu der Behandlung der Kunstgegenstände stützten (Bl. 301 f. d. A.).

Von dem Umstand eines erforderlichen Ablehnungsantrags abgesehen ist darüber hinaus kein Grund für eine Befangenheit des Sachverständigen ersichtlich. Soweit es die von den Antragstellern kritisierte Einschätzung des Gutachters anbelangt, die Anwendung des Standards IDW S1 2005 führe gegenüber dem Standard IDW S1 2000 zu einem höheren Kapitalisierungszinssatz, was wiederum den Unternehmenswert negativ beeinflusse (vgl. Seite 2 des Gutachtens), ist festzuhalten, dass diese Beobachtung für den Regelfall zutreffend ist. Konkrete Aussagen zu den Auswirkungen des damals neuen Standards auf das Ergebnis insgesamt, also auch unter Berücksichtigung einer geänderten Ausschüttungspolitik hat der Sachverständige demgegenüber nicht getroffen, sondern ausdrücklich dargelegt, dass der Steuerabzug mangels entsprechenden Beweisbeschlusses nicht näher behandelt werden solle.

Mit Blick auf die unterbliebene Bewertung der Kunstgegenstände kann erst recht keine Befangenheit abgeleitet werden, weil den Objekten - wie noch näher darzulegen sein wird – keine Relevanz für die Bewertung des Unternehmens beizumessen war.

Schließlich ist auch nicht – wie die Antragsteller meinen und worauf sie in zweiter Instanz allein noch ihre Ansicht stützen – eine Befangenheit dem Umstand zu entnehmen, dass der Sachverständige sich in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit mit der nach § 327c Abs. 2 AktG bestellten sachverständigen Prüferin befand. Kann – wie sich bereits aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Spruchverfahrens-Neuordnungsgesetzes ergibt (BT-Drucks 15/371, S. 15) – grundsätzlich sogar der nach § 327c Abs. 2 AktG bestellte Prüfer erneut für das gerichtliche Verfahren herangezogen werden, gilt dies erst recht für eine mit diesem nur gesellschaftsrechtlich verbundene andere Person. Insoweit hat der Gesetzesgeber zum Ausdruck gebracht, dass er eine dem Fall des § 41 Nr. 6 ZPO vergleichbare Interessenkollision nicht für gegeben hielt. Eine davon zu unterscheidende, hier nicht näher zu erörternde Frage ist es, ob die Bestellung einer solchen Person zweckmäßig ist, sofern es – anders als vorliegend - nicht nur um die Beantwortung einzelner Fragen, sondern um eine umfassende Neubewertung geht. Vornehmlich hierzu melden die von der Antragstellerin genannten Autoren Bedenken an (vgl. so z.B. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 8 SpruchG Rdn. 3; Lutter/Bezzenberger, AG 2000, 433, 439 für die Rechtslage vor Einführung des Spruchverfahrensgesetzes, wohl weitergehend KK/Puszkajler § 8 Rdn. 20 ff.; a.A. die hM, vgl. etwa Simon/Winter, SpruchG, 5. Aufl., § 8 Rdn. 18 ff. m.w.Nachw.). Sie sind daher für die hier vorliegende Fragestellung ohnehin nur von begrenztem Aussagewert.

cc) Soweit die Antragsteller generell eine Neubewertung anhand der Bewertungsgrundsätze einfordern, wie sie im Bewertungsstandard IDW S1 2005 festgehalten sind, folgt der Senat diesem Ansinnen nicht. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihrer Ermittlung des Unternehmenswertes den damals gültigen Bewertungsstandard IDW S1 2000 zugrund gelegt. Dies war zum damaligen Zeitpunkt zutreffend und ist auch aus heutiger Sicht rechtlich nicht zu beanstanden.

Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart, wonach das Gericht in einem laufenden Spruchverfahren zwar nicht grundsätzlich gehindert ist, eine frühere Unternehmensbewertung im Licht neuerer Erkenntnisse zu überprüfen, es jedoch derartigen veränderten Auffassungen nicht folgen muss (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112, 116; generell gegen eine Anwendung neuer Standards im Rahmen laufender Spruchverfahren BayObLG, NZG 2006, 156, 157; ähnlich OLG München, Beschluss vom 30.11.2006 – 31 Wx 59/06 -, Juris Rdn. 23 ff.; aA im Wesentlichen OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2007 - 9 W 53/06 – Juris Rdn. 28; Dörschell/Franken, DB 2005, 2257; Wasmann/Gayk, BB 2005, 55; (unterschiedlich) differenzierend Bungert, WPg 2008, 811; Lenz, WPg 2006, 1160).

Hierbei ist zunächst zu konstatieren, dass der Senat rechtlich nicht gezwungen ist, den mittlerweile seinerseits überholten Standard IDW S1 2005 auf den zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden, auch wenn die Verlautbarung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. vom 18. Oktober 2005 davon ausgeht, dass der damals neue Standard auch auf Bewertungsstichtage vor seiner Verabschiedung anzuwenden sei (IDW S1 2005 Fn 1). Denn bei den Bewertungsstandards handelt es sich um keine Rechtsnormen, die die Gerichte binden könnten, sondern nur um Expertenauffassungen aus dem Kreis der Wirtschaftsprüfer (OLG Stuttgart, NZG 2007, 310, OLG München, Beschluss vom 30.11.2006 – 31 Wx 59/06 -, Juris Rdn. 23).

Ob bei der Beantwortung der Frage, welcher Standard heranzuziehen ist, dem Rechtsgedanken des Art. 170 EGBGB, wonach ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht untersteht, das zum Zeitpunkt seiner Entstehung gilt (vgl. dazu BayObLG, NZG 2006, 156, 157), eine wesentliche Rolle zukommt, mag bezweifelt werden, weil – wie bereits dargelegt – es sich bei den Bewertungsstandards um keine Rechtsnormen handelt. Maßgeblich ist vielmehr eine jeweils im Einzelfall vorzunehmende Abwägung zwischen einem etwaigen Erkenntnisgewinn durch die Heranziehung des jeweils aktuellen Standards und dem Aspekt der Beendigung eines Spruchverfahrens innerhalb einer angemessenen Frist. Insoweit sind die Gerichte schon aufgrund des Gebotes der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gehalten, ein Spruchverfahren handhabbar zu halten und es in einer für die Parteien vertretbaren Frist einer Entscheidung zuzuführen. Dieses Ziel wäre kaum zu erreichen, sofern es allein aufgrund eines geänderten IDW-Standards zu einer umfassenden Neubegutachtung kommen müsste (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112, 116; BayObLG, NZG 2006, 156, 157; einschränkend Bungert, WPg 2008, 811, 816). Die Bedeutsamkeit dieses Aspektes tritt im vorliegenden Verfahren besonders deutlich zutage, als es mittlerweile zu der Einführung eines weiteren Bewertungsstandards, nämlich des Standards IDW S1 2008 gekommen ist, dessen umfassende Berücksichtigung gegebenenfalls eine zusätzliche Neubewertung erforderlich gemacht und damit eine erneute Verzögerung nach sich gezogen hätte. Aufgrund der zu beobachtenden geringer werdenden zeitlichen Abfolge, mit der neue Bewertungsstandards herausgegeben werden, erscheint es in vielen Fällen ausgeschlossen, die jeweils neuesten Erkenntnisse in einem laufenden Spruchverfahren umzusetzen. Während die Gültigkeitsdauer des ersten Standards HFA 2/1983 noch 17 Jahre betrug, wurde der sodann eingeführte Standard IDW S1 2000 bereits nach 5 Jahren geändert. Die bislang letzte Neufassung erfolgte schon 3 Jahre später mit dem derzeit gültigen Standard IDW S1 2008 (vgl. Großfeld, Das Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., 141).

Die sich hieraus ergebende abnehmende „Halbwertzeit“ rückt verstärkt die Erkenntnis in den Vordergrund, dass es sich bei den Standards zwar um zum jeweiligen Zeitpunkt in den Fachkreisen weitgehend anerkannte Bewertungsgrundsätze handelt, diese aber keinesfalls Ausdruck abschließender, unumstößlicher Erkenntnisse sind. Zugleich gewinnt hierdurch das Erfordernis der Prozesswirtschaftlichkeit zunehmend an Bedeutung, weil etwaige Neubewertungen anhand eines geänderten Standards Gefahr laufen, erneut revidiert werden zu müssen, weil es im Laufe des Verfahrens nochmals zu einer Modifikation der Bewertungskonvention gekommen ist. So führt die erforderliche Abwägung zwischen dem Ziel einer jeweils an den neuesten Erkenntnissen ausgerichteten Schätzung des Unternehmenswertes und dem Gebot der Prozesswirtschaftlichkeit zunehmend zu einem Vorrang des zweit genannten Aspektes. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, weswegen es bei der Zugrundelegung der zum maßgeblichen Zeitpunkt der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme gültigen Bewertungskonvention, hier dem Standard S1 2000 verbleibt.

dd) Damit ist allerdings noch nicht entschieden, ob auch die im alten Standard grundsätzlich empfohlene (vgl. IDW S1 2000 Tz 44) und im Bewertungsgutachten unterstellte (vgl. Bewertungsgutachten S 20; Prüfgutachten S. 7 und die Ausführungen des Sachverständigen auf S. 2 des Gutachtens) Annahme der Vollausschüttung für eine Schätzung des Unternehmenswertes durch den Senat heranzuziehen ist. Insoweit wenden die Antragsteller ein, die Zugrundelegung dieser Annahme führe bereits zu einer unzutreffenden Anwendung des damals zur Zeit der Unternehmensmaßnahme bestehenden Standards. Diesem Einwand vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Zutreffend ist zwar, dass die Annahme der Vollausschüttung mit der Neueinführung des Standards IDW S1 2005 in Tz 45 aufgegeben wurde. Dies allein vermag jedoch keine Abkehr von der im Standard IDW S1 2000 begründeten Konvention zu rechtfertigen. Insoweit hat der Senat bereits ausgeführt, dass jedenfalls im vorliegenden Fall aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit an den zwar überkommenen, zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch uneingeschränkt gültigen Grundsätzen für die Bemessung der angemessenen Abfindung festzuhalten ist.

Allerdings ist darüber hinaus zu konstatieren, dass bereits im alten Standard IDW S1 2000 die Möglichkeit einer Abkehr von der Annahme der Vollausschüttung vorgesehen war. So heißt es dort unter Teilziffer 45, dass es im Einzelfall aus Sicht der Unternehmenseigner auch sachgerecht sein könne, weitere Überschüsse zu thesaurieren, weil sie z.B. allein bei Thesaurierung nicht zu versteuern seien, jedoch im Fall einer Ausschüttung einer Besteuerung unterlägen. Doch auch unter Berücksichtigung dieser Ausnahme vermag der Senat keine fehlerhafte Anwendung der maßgeblichen Bewertungsstandards zu erkennen.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Aufgabe der Annahme voll ausgeschütteter Gewinne im damals neuen Standard IDW S1 2005 nicht zuletzt durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens bei der Ertragssteuer auf Kapitalerträge motiviert war. Diese Änderung im Steuersystem war bereits zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Hauptversammlungsbeschlusses eingeführt. Ferner ist den Antragstellern vom Grundsatz her zuzustimmen, dass unter bestimmten, wenngleich restriktiven Voraussetzungen sich die wertsteigernde Wirkung der Abkehr von einer Politik der Vollausschüttung zeigen lässt. So dürfte unter dem Regime des Halbeinkünfteverfahrens im Gegensatz zu dem noch im Jahr 2000 gültigen Anrechnungsverfahren eine Politik der Vollausschüttung tendenziell zu geringeren Unternehmenswerten führen (vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2004, 889, 894). Insoweit entbehren – anders als die Antragsgegner meinen - die von den Antragstellern vorgelegten Berechnungen in diesem Punkt nicht jeder Plausibilität, auch wenn sie insofern an keiner Stelle die Frage der Vollausschüttung isoliert betrachten, sondern stets weitere, insoweit unzutreffende Aspekte mit in die Berechnung einfließen lassen.

Dennoch sieht sich der Senat nicht veranlasst, unter Abkehr der Annahme der Vollausschüttung eine erneute Unternehmensbewertung durchführen zu lassen. Insoweit verkennen die Antragsteller nämlich, dass es trotz der hiermit verbundenen Probleme durchaus der damals geltenden und bei der Bewertung zutreffend herangezogenen Konvention entsprach, die Annahme der Vollausschüttung zu treffen. Wie sich nämlich aus dem Zusammenspiel von Teilziffer 44 und 45 ergibt, wurde nach der damals gültigen Konvention die Abkehr von der Vollausschüttung als Ausnahme von der Regel angesehen. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis hatte ebenfalls vor dem Hintergrund des erst später eingeführten Halbeinkünfteverfahrens bestand. Denn insoweit ergibt sich aus anderen Stellen des Standards IDW S1 2000, dass dieser das erst später eingeführte Besteuerungssystem antizipiert und in seine Formulierung aufgenommen hatte (vgl. IDW S1 Tz 51, 99 und Anhang sowie OLG Stuttgart NZG 2007, 309 f.). Gleichwohl hielt man an der grundsätzlich unterstellten Hypothese der Vollausschüttung fest. Auch wenn dies später einer geänderten Sichtweise unterlag, war dennoch zum damaligen Zeitpunkt die Vollausschüttungsannahme der Regelfall. Demgemäß entsprach es den damals allgemein anerkannten Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, dieses Ausschüttungsverhalten auch bei der Bewertung der Antragsgegnerin zu 2) zu unterstellen. Denn Anhaltspunkte, dass gerade im Fall der Antragsgegnerin zu 2) eine Ausnahme von der Regel zu machen sei, haben die Antragssteller nicht angeführt und sind zudem nicht ersichtlich. Im Gegenteil geht die Argumentation der Antragsteller dahin, dass zur Ermittlung des angemessenen Unternehmenswertes generell eine Abkehr von der Vollausschüttungshypothese erforderlich sei.

Auch wenn sich für die Abkehr von der Annahme einer Vollausschüttung in dem damals geltenden und damit allein maßgeblichen Steuerregime des Halbeinkünfteverfahrens gute Gründe anführen lassen, so hat dies gleichwohl nicht die Unangemessenheit der gewährten Abfindung zur Folge. Insoweit gibt es nicht den allein gültigen Unternehmenswert. Vielmehr gibt es immer eine Bandbreite möglicher Werte, die jeweils auf verschiedenen Annahmen und Konventionen beruhen (vgl. BayObLG NZG 2006, 156). Innerhalb dieser Bandbreite vertretbarer Vorgehensweisen bewegt sich die zum damaligen Zeitpunkt als zutreffend angenommene und auch hier unterstellte Ausschüttungshypothese. Denn insoweit ist bereits zweifelhaft, ob nicht die gesonderte Abkehr von dieser Hypothese ihrerseits zu Inkonsistenzen geführt hätte (vgl. zum Problem der Modifikation einzelner Elemente eines Bewertungsstandards OLG Stuttgart, NZG 2007, 302, 310). Hinzu kommt, dass sich auch die von den Antragstellern unterstellte, allein an Vergangenheitswerten anderer Unternehmen orientierte Hypothese einer Thesaurierung von wenigstens 30 % der erwirtschafteten Erträge nicht zwingend begründen lässt. Dem entspricht es schließlich, dass es durchaus nicht unumstritten ist, ob die Erfassung des Halbeinkünfteverfahrens tatsächlich im Rahmen des Standards IDW S1 2005 besser gelungen ist als unter dem alten Regime (OLG München, BB 2007, 2395; Großfeld/Stöver/Tönnes, BB-Spezial 7/2005, 2, 10 ff; Hommel/Dehmel/Pauly BB-Spezial 7/2005, 13 ff.; Reuter, AG 2007, 1, 5).

Mangels anderweitiger zwingender Erkenntnisse legt der Senat daher in Einklang mit dem sachverständigen Prüfer und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie der damals gültigen Bewertungskonvention seiner Schätzung die Vollausschüttungshypothese zugrunde und sieht eine Abkehr hiervon für den vorliegenden Fall als nicht erforderlich an, um eine angemessene und damit den Anforderungen von Art. 14 Abs. 1 GG genügende Abfindung zu ermitteln. Dabei steht die Annahme der Vollausschüttung zum damals relevanten Zeitpunkt auch durchaus in Einklang mit anderer obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. etwa OLG München, Beschluss vom 2. April 2008 – 31 Wx 85/06 – Juris Rdn. 25; vgl. hierzu ebenfalls Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 501).

ee) Unzutreffend ist die Ansicht der Beschwerdeführer, das Äquivalenzprinzip sei nicht konsequent umgesetzt worden, woraus sich ein zu niedriger Kapitalisierungszins in der zweiten Phase ergeben habe. Richtig ist insoweit, dass eine Versicherungsgesellschaft wie die Antragsgegnerin zu 2) einen nicht unbeträchtlichen Anteil ihrer Erträge aus der Investition der erzielten Versicherungsprämien in Kapitalanlagen erzielt. Für die Höhe der daraus resultierenden Erträge ist ebenso wie für die Ermittlung des Abzinsungsfaktors von wesentlicher Bedeutung, welchen Wert man dem Basiszinssatz als Entgelt für eine risikolose Anlage zumisst und von welcher Höhe man bei der Marktrisikoprämie ausgeht. Dabei müssen – worauf die Beschwerdeführer zutreffend hinweisen und was auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird – die Höhe, die man dem Basiszinssatz und der Marktrisikoprämie zumisst, identisch sein bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes und bei der Bemessung der Kapitalanlagerendite. Dieses Erfordernis einer in sich konsistenten Bewertung erfüllt die der gewährten Abfindung zugrunde liegende Unternehmensbewertung. In beiden Fällen (Gutachten S. 5 f) wurde von einem Basiszinssatz in Höhe von 6 % (Gutachten S. 8) und einer Marktrisikoprämie von 5 % ausgegangen (Gutachten S. 15).

Die Beschwerdeführer unterliegen jedoch einem Irrtum, soweit sie hieraus ableiten wollen, die Kapitalanlagerendite müsse dem Kapitalisierungszinssatz entsprechen. Hierbei wird das unternehmensspezifische Risiko nicht hinreichend in Betracht gezogen, das wiederum seinen Ausdruck in dem jeweiligen Betafaktor findet. So berechnet sich etwa der Kapitalisierungszinssatz aus der Summe von Basiszinssatz und dem Produkt aus Marktrisiko und Betafaktor. Der entsprechende Betafaktor wird dabei bestimmt durch das unternehmensspezifische Risiko der Antragsgegnerin zu 2) und wurde mangels vorliegender Daten für das konkrete Unternehmen hier aus den Betafaktoren für die Unternehmen der herangezogenen D ermittelt. Die maßgeblichen Betafaktoren des Kapitalanlagezinses – sofern sie nicht wie hier der Einfachheit halber ohnehin gleich eins für Anlagen in das Aktienportfolio bzw. gleich null für die Anlage in festverzinsliche Wertpapiere gesetzt sind (vgl. S. 34 des Gutachtens) - werden demgegenüber davon bestimmt, in welche Anlagen und Unternehmen investiert wird. Diese Betafaktoren wären nur dann identisch mit demjenigen des Kapitalanlagezinssatzes und führten demgemäß – abgesehen von einer mathematischen Zufälligkeit – nur dann zu einer gleichen Höhe von Kapitalanlagerendite und Kapitalisierungszinssatz, wenn die Antragsgegnerin zu 2) ausschließlich in die Unternehmen der D investiert hätte. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall gewesen, weswegen aus dem Umstand einer unterschiedlichen Höhe des bei der Bewertung herangezogenen Kapitalanlagezinses und des Kapitalisierungszinssatzes auch kein Verstoß gegen das mit dem Äquivalenzprinzip zum Ausdruck kommende Gebot einer in sich konsistenten Unternehmensbewertung zu sehen ist.

ff) Durchgreifenden Bedenken unterliegt ebenfalls nicht das bei Diskontierung zur Abbildung des unternehmensspezifischen Risikos herangezogene Beta. Da die Aktien der Antragsgegnerin zu 2) nicht an der Börse gehandelt wurden, stand ein unternehmensspezifisches Beta nicht zur Verfügung. Vielmehr musste dies unter Zuhilfenahme der bekannten Betafaktoren vergleichbarer Unternehmen, der sogenannten D (vgl. Großmann, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn 746), ermittelt werden. Vorliegend wurden dabei die sechs auf Seite 16 des Gutachtens näher benannten Versicherungsgesellschaften herangezogen. Dieses Vorgehen entspricht einer von der Rechtsprechung anerkannten Praxis (vgl. OLG Düss NZG 2006, 287, 289 sowie IDW S1 2005 Tz 131).

Soweit die Antragsteller zu 1) bis 3) der getroffenen Auswahl entgegen halten, die Unternehmen seien nicht vergleichbar mit der Antragsgegnerin zu 2), weil sie zumindest einen wesentlichen Teil ihres Geschäfts im Bereich der Lebensversicherungen gemacht hätten, dies aber bei der Antragsgegnerin zu 2) nicht der Fall sei, kann dies letztlich dahingestellt bleiben. Denn die Antragsgegnerin zu 1) hat – von den Antragstellern unwidersprochen – vorgetragen, dass die Betas von Lebensversicherungen typsicher weise unter denjenigen von Sach- und Schadensversicherungen lägen, weswegen die Antragsteller durch die etwaig fehlerhafte Zusammenstellung der D besser, aber nicht schlechter gestellt worden seien. Diese Beobachtung ist offensichtlich insoweit zutreffend, als ein geringeres Beta ceteris paribus zu einem niedrigeren Kapitalisierungszinssatz und damit zu einem höheren (anteiligen) Unternehmenswert führt. Sie wird zudem bestätigt durch die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der ebenfalls darauf hingewiesen hat, dass Lebensversicherungen im Vergleich zu Sachversicherungen risikoärmer seien, wodurch aufgrund der gewählten D ein eher zu niedriges Beta geschätzt worden sei (vgl. Gutachten S. 17 f.).

Schließlich ist – selbst unabhängig von der Richtigkeit dieses Umstandes, an der der Senat keinen Anlass zu zweifeln hat - jedenfalls im vorliegenden Verfahren mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen. Denn auch im Bereich des Spruchverfahrens findet § 138 Abs. 3 ZPO über § 8 Abs. 3 SpruchG Anwendung (vgl. Simon/Winter, SpruchG, § 8 Rdn. 25). Mithin hätten die Antragsteller der vorgenannten Behauptung entgegen treten müssen, um eine weitere Aufklärung über die Geeignetheit der herangezogenen D von Amts wegen durch den Senat zu erreichen. Dies haben sie aber nicht getan.

Soweit die Antragsteller zu 4) und 5) in diesem Zusammenhang weiterhin einwenden, der Sachverständige habe ein falsches Beta zugrunde gelegt, weil er bei der Ermittlung des maßgeblichen Betafaktors aus den Faktoren der Vergleichsunternehmen einen unzutreffenden Durchschnitt gebildet habe, übersehen sie – worauf die Antragsgegnerin zu 1) zu Recht hingewiesen hat -, dass es sich bei den fraglichen Angaben zu den Betas der Unternehmen der D auf Seite 16 des Gutachtens bereits um mittels des jeweiligen Börsenwertes gewichtete Betas gehandelt hat. Der Durchschnittswert war daher ausschließlich aus der Addition der dergestalt gewichteten Betas zu ermitteln, ohne dass – wie die Antragsteller zu 4) und 5) meinen – noch anschließend eine Division durch die Gesamtzahl der Stichprobe veranlasst gewesen wäre.

gg) Nicht nachvollziehbar ist ferner der Einwand der Antragsteller zu 4) und 5), wonach eine Verzinsung der Rentenfonds in Höhe von 6 % sowie eine solche von Aktienanlagen in Höhe von insgesamt 11 % an keiner Stelle Grundlage des erstellten Gutachtens gewesen sei. Im Bewertungsgutachten ist ausdrücklich diese Annahme für die Verzinsung der vorhandenen Kapitalanlage getroffen (vgl. S. 34 des Übertragungsberichtes), sowie ferner erläutert worden, dass dies der Anwendung des Gedankens der Äquivalenz geschuldet sei. Daraus erhellt sich zugleich die vom gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten gemachte und zweitinstanzlich nicht weiter angegriffene Feststellung, dass eine erstinstanzlich von den Antragstellern noch geforderte Verringerung des zugrunde gelegten Basiszinssatzes und der Marktrisikoprämie sich zu deren Nachteil und nicht zu deren Vorteil auswirken würde, weil der aus Sicht der Antragsteller positive Effekt eines geringeren Kapitalisierungszinssatzes hierbei überkompensiert würde durch die aus ihrer Sicht nachteilige Konsequenz einer geringeren Verzinsung des Anlagevermögens.

hh) Des Weiteren führen die von den Antragstellern geäußerten Bedenken ebenfalls nicht dazu, dass der Senat eine von dem angenommenen Wert von 0,5 % abweichende Schätzung des Wachstumsabschlags für zutreffend hielte.

Der Wachstumsabschlag trägt im Rahmen der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes für die ewige Rente (zweite Phase) vornehmlich dem Umstand Rechnung, dass die Geldentwertung bei der Anlage in einem Unternehmen nicht in demselben Umfang eintritt wie bei der Kapitalanlage in festverzinsliche Wertpapiere, bei denen der Zins eine Geldentwertungsprämie enthält. Die Höhe des Abschlags hängt somit vornehmlich davon ab, in welchem Umfang erwartet werden kann, dass das Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die laufende Geldentwertung aufzufangen, so dass die Kapitalanlage insoweit der Geldentwertung entzogen ist (vgl. KK/Rieger Anh § 11 Rdn. 23).

Bei der Bewertung der Antragsgegnerin zu 2) wurde ein Wachstumsabschlag von 0,5 % veranschlagt. Hierzu hat der gerichtlich bestellte Sachverständige im Wesentlichen ausgeführt, für Industrieunternehmen habe der entsprechende Abschlag im Zeitraum von 1971 bis 1996 im Durchschnitt 1,4 % betragen, während die Inflationsrate bei 3,1 % gelegen habe. Hieraus folge zunächst, dass die Unternehmensgewinne nicht in der Höhe der Inflationsrate wachsen würden, sondern darunter lägen. Vorliegend sei insbesondere zusätzlich zu berücksichtigen, dass eine Vollausschüttung unterstellt worden sei. Ein Wachstum der Gewinne sei aber schon wegen der Solvabilitätserfordernisse nur möglich, wenn Eigenkapital thesauriert werde, was wiederum zu einer Kürzung der jährlichen Ausschüttungen führe. Da dies hier nicht berücksichtigt worden sei, müsse ein entsprechend niedrigerer Wachstumsabschlag angesetzt werden.

Dem halten die Antragsteller eine eigene Berechnung des Wachstumsabschlags entgegen, wonach – unter entsprechenden Annahmen – das Gewinnwachstum im Wesentlichen dem Prämienwachstum entspreche und dieses wiederum über der Inflationsrate liege, weil die Inflation auf die Versicherungsnehmer überwälzt werden könne. Insoweit habe der Gutachter nicht hinreichend berücksichtigt, dass es sich bei der Antragsgegnerin nicht um ein Industrieunternehmen, sondern im Wesentlichen um einen Schadensversicherer handele. Ferner bestehe keine Gefahr mit Blick auf das Solvabilitätserfordernis, weil in ausreichendem Maße überschüssiges, ausgewiesenes Eigenkapital sowie stille Reserven vorhanden seien. Schließlich sei die Berücksichtigung der Gewinnthesaurierung auch methodisch falsch. Zutreffend finde – gemäß IDW S1 2005 – eine Thesaurierung im Rahmen der ewigen Rente insoweit ihren Ausdruck, als die Ausschüttungen um die thesaurierten Gewinne gekürzt würden und zugleich allerdings ein thesaurierungsbedingter Wachstumsabschlag eingeführt werde.

Soweit es den letztgenannten, auf die Anwendung des Bewertungsstandards IDW S1 2005 gestützten Einwand anbelangt, kommt dieser bereits deshalb nicht zum Tragen, weil aus den ausgeführten Gründen sich die vorzunehmende Unternehmensbewertung nach dem zur Zeit des die Abfindungspflicht auslösenden Squeeze out gültigen Standards IDW S1 2000 zu richten hat. Hiernach waren eine thesaurierungsbedingte Kürzung der Ausschüttungen sowie die Einführung eines thesaurierungsbedingten Wachstumsabschlags bereits aufgrund der Annahme der Vollausschüttung methodisch nicht in Betracht zu ziehen.

Die von den Antragstellern vorgenommene eigene Berechnung des Wachstumsabschlags vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Sie beruht auf diversen Annahmen, die wenig plausibel sind. Insbesondere vermag das dort unterstellte Wachstum der Stromgröße „Prämieneinnahmen“ nicht ein Wachstum der Bestandsgröße „Kapitalanlagen“ und darauf aufbauend ein entsprechendes Wachstum der Erträge aus Anlagen zu erklären. Insoweit ist es aus Sicht des Senats bereits unrealistisch anzunehmen, die sonstigen Rückstellungen blieben wie das Eigenkapital konstant. Ein konstantes Eigenkapital bei ständig steigenden Gewinnen impliziert eine stetig wachsende Eigenkapitalrendite. Viel näherliegender ist es demgegenüber – wie der gerichtliche Sachverständige es getan hat – von einer im Zeitablauf konstanten Eigenkapitalrendite auszugehen. Hinzu kommt, dass die von den Antragstellern vorgelegte Berechnung ausgeklammert lässt, dass steigende Prämieneinnahmen vornehmlich auf höhere Ausgaben, nämlich höhere Schäden, zurückzuführen sind. Sie führen damit gerade nicht zu einem wachsenden Kapitalanlagebestand. Die dargestellten Defizite der vorgelegten Berechnung führen dazu, dass sie nicht zur Grundlage der vom Senat vorzunehmenden Schätzung genommen werden kann.

Zutreffend weisen die Antragsteller allerdings darauf hin, dass die für die Ermittlung des Wachstumsabschlags maßgeblichen Verhältnisse bei Versicherern sich regelmäßig von denjenigen bei Industrieunternehmen unterscheiden und daher die für Produktionsunternehmen ermittelten Wachstumsabschläge nicht unbesehen für die Antragsgegnerin zu 2) als Versicherungsunternehmen übernommen werden können. Diese Differenzierung führt aber entgegen der Ansicht der Antragsteller regelmäßig zu einem niedrigeren und nicht zu einem höheren Wachstumsabschlag.

So wurde etwa der Wachstumsabschlag bei der Verschmelzung der E AG verhältnismäßig gering mit 1 % veranschlagt. Der gleiche Wert wurde vom Oberlandesgericht München bei der Bewertung eines Rückversicherers angenommen (Beschluss vom 30.11.2006 -31 Wx 59/06 -, Juris Rdn. 35). Ansonsten wird der Abschlag zwischen 0,25 % und 3 % (so Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdz 931) bzw. zwischen 0 % und 3,25 % angesiedelt (so Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Aufl., S. 439). Dies korrespondiert mit der Auffassung in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur, wonach bei Versicherungen - wenn überhaupt - nur ein geringer Abschlag anzusetzen sei, was daraus resultiere, dass bei ihnen überwiegend nominelle Geldwerte vorliegen würden. Entsprechend seien in der Vergangenheit zu verschiedenen Bewertungsanlässen für Schaden- bzw. Unfallversicherungsunternehmen Bandbreiten für Wachstumsabschläge zwischen 0,5 % und 1 % angesetzt worden (Graßl/Beck, in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, S. 165, S. 180).

Diese Beobachtung hält der Senat für zutreffend. Maßgebliche Ergebnistreiber bei Versicherungsunternehmen wie der Antragsgegnerin zu 2) sind Prämienaufkommen, Erträge aus Kapitalanlagen, Schadenszahlungen und Kosten des Versicherungsbetriebes (vgl. Graßl/Beck, in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, S. 165, S. 180). Es erscheint einleuchtend, dass mit Blick auf die Position Schadenszahlungen inflationsbedingte Kostensteigerungen in vollem Umfang negativ zu Buche schlagen. Anders als ein Industrieunternehmen hat insoweit eine Versicherung keine Möglichkeit, inflationsbedingte Kostensteigerungen durch Verhandlungen abzufangen. Während Produktionsunternehmen mit ihren Zulieferbetrieben in Verhandlung über deren Preise und damit über die eigenen Kosten treten können, ist den Schadensversicherern dieser Weg mit Blick die zu ersetzenden Schäden als maßgeblicher Kostentreiber versperrt. Demgemäß sehen – wie die Antragsteller zu Recht anführen – Versicherungsverträge mit Blick auf die Prämien regelmäßig die Möglichkeit einer Erhöhung vor. Dies führt allerdings regelmäßig zumindest bei bestehenden Altverträge nicht zu einer prozentualen Überwälzung, sondern nur zu der zwingend erforderlichen Weitergabe absoluter Beträge. Dies wiederum bedingt einen weitgehend konstanten Differenzbetrag, der zur Ausschüttung zur Verfügung steht und nicht – wie die Antragsteller meinen – zu einem prozentualen Anstieg der Ausschüttungsbeträge. Da Versicherungen – anders als Industrieunternehmen – weitgehend das gleiche Produkt veräußern, ist eine um die reine Kostensteigerung hinausgehende Erhöhung der hierfür zu erzielenden Preise entsprechend unwahrscheinlich. Die insoweit mit Blick auf die Erträge aus Kapitalanlagen regelmäßig auftretenden inflationsbedingten Erhöhungen dürften demgegenüber nicht besonders ins Gewicht fallen.

Schließlich folgt das Gericht den Erwägungen des Sachverständigen, wonach ein stetiges Wachstum der Ausschüttungsbeträge nicht ohne eine entsprechende Verbreiterung der Eigenkapitalbasis möglich sein wird. Dies ist – worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen - bei der Antragsgegnerin zu 2) zwar mit Blick auf die ersten Jahre der zweiten Phase nicht aus Solvabilitätsgründen rechtlich zwingend notwendig. Jedoch erscheint es unabhängig davon aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus nachvollziehbar, dass es zur Finanzierung eines Wachstums in der ewigen Rente bei Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen der zusätzlichen Stärkung des Eigenkapitals bedarf (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 942).

Auf der Grundlage vorstehender Überlegungen erscheint dem Senat die bereits von dem sachverständigen Prüfer bestätigte und sodann nochmals vom gerichtlich bestellten Sachverständigen für richtig befundene Höhe des Wachstumsabschlags als hinreichend gesichert, um für die nach § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmende Schätzung des Unternehmenswertes herangezogen werden zu können. Sie bewegt sich zwar am unteren Rand der für Versicherungsunternehmen zu beobachtenden Bandbreite veranschlagter Wachstumsabschläge. Gleichwohl erscheint dem Senat unter Berücksichtigung des zusätzlich für die Generierung des veranschlagten Wachstums erforderlichen, ebenfalls über Gewinnsteigerungen zu finanzierenden Zuwachses an Eigenkapital die Heranziehung eines höheren Abschlags für die Antragsgegnerin zu 2) nicht überzeugend. Insoweit besteht – anders als dies die Antragsteller zu 4) und 5) meinen und zudem unzutreffend auf einen Wert zwischen 0,5 % und 2 % statt auf einen Wert zwischen 0,5 % und 1 % beziehen – keine Veranlassung, sich stets an einem wie auch immer berechneten Mittelwert zu orientieren.

ii) Unberechtigt sind ferner die Einwände der Antragsteller, soweit sie sich auf die angeblich fehlerhaft unterbliebene Erfassung einzelner Vermögenspositionen beziehen.

(1) Dies gilt zunächst für die vermeintlich unzutreffende Nichtberücksichtigung der Beteiligung an der C Versicherung AG. Diese Beteiligung war zum maßgeblichen Stichtag, nämlich der Beschlussfassung der Hauptversammlung zum Squeeze out noch nicht auf die Antragsgegnerin zu 2) übertragen, sondern wurde stattdessen von der Antragsgegnerin zu 1) gehalten. Dies verkennen auch die Antragsteller nicht und berufen sich insoweit auf die ihrer Auffassung nach einschlägige Wurzeltheorie.

Zutreffend ist insoweit, dass – abweichend vom Stichtagsprinzip – Faktoren bei der Unternehmensbewertung auch dann in Betracht zu ziehen sind, wenn sie am Stichtag „in der Wurzel“ angelegt sind (vgl. OLG Stuttgart, AG 2008, 510, 514; NZG 2007, 478, 479; Großmann, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl., Rdn. 244). Eine derartige Grundlage für die spätere Entwicklung sehen die Antragsteller darin, dass bereits zum Bewertungsstichtag die Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin zu 2) und der Antragsgegnerin zu 1) bestanden habe, wonach letztere ihre Beteiligung an der C Versicherung AG in die Kapitalrücklage der Antragsgegnerin zu 2) einbringen sollte.

Dies ist zwar grundsätzlich zutreffend. Hierbei findet allerdings der im Kern nicht bestrittene und vom gerichtlich bestellten Sachverständigen bestätigte (S. 4 des Gutachtens) Umstand keine ausreichende Berücksichtigung, dass diese Form der Einbringung der Anteile nur für den Fall eines vorherigen Squeeze out stattfinden sollte. Diese Bedingung für die Durchführung der Vereinbarung führte wiederum dazu, dass die spätere Entwicklung nicht bereits am Stichtag in der Wurzel angelegt war, um im Fall eines folgerichtigen Verlaufs zu der später realisierten, in ihrem Kern allerdings bereits vorbereiteten Werterhöhung zu führen. Vielmehr setzte die Werterhöhung den Ausschluss der Minderheitsaktionäre voraus und war somit gerade nicht als ein werterhöhender Faktor des Unternehmens zum Zeitpunkt unmittelbar vor der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme zu berücksichtigen. Daher ist der Einschätzung des Sachverständigen zu folgen, wonach die vorliegende Konstellation nicht vergleichbar sei mit dem häufig zur Anwendung der Wurzeltheorie führenden Fall eines zeitnah vor dem Stichtag erfolgenden Erwerbs einer Unternehmensbeteiligung, die dann nach dem Stichtag zu werterhöhenden Effekten führt (vgl. S. 4 des Gutachtens).

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sich die Antragsgegnerinnen aufgrund der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung, die Einbringung der Unternehmensteile von dem erfolgreichen Ausschluss der Minderheitsaktionäre abhängig zu machen, treuwidrig gegenüber den Minderheitsaktionären verhalten hätten mit der etwaigen Folge einer Unbeachtlichkeit der Abrede im Rahmen der Ermittlung des Unternehmenswertes. Denn die unentgeltliche Einbringung der im Eigentum der Antragsgegnerin zu 1) stehenden Anteile in die Kapitalrücklage der Antragsgegnerin zu 2) hätte zu einem Wertzuwachs aller Anteile und damit auch der Anteile der Minderheitsaktionäre geführt, auf die letztere keinen Rechtsanspruch gehabt hätten und der etwa bei einem alternativen Verkauf der Anteile zu deren Marktwert nicht erzielt worden wäre. Dass die Antragsgegnerin zu 1) insoweit nur willens war, die Anteile auf die Antragsgegnerin zu 2) unentgeltlich zu übertragen, sofern sie aufgrund einer sodann erlangten 100% Beteiligung den gesamten Wertzuwachs selbst realisieren konnte, ist nicht treuwidrig, sondern ein ebenso nachvollziehbares wie auf der gerechtfertigten Verfolgung eigener Interessen basierendes Kalkül.

(2) Ebenfalls ohne Erfolg wenden sich die Antragsteller zu 4) und 5) gegen die unterbliebene Bewertung der seitens der Antragsgegnerin zu 1) ein Jahr vor dem Squeeze out erworbenen Kunstgegenstände (vgl. Bl. 510 d. A.). In Rede stehen insoweit Objekte, deren Anschaffungskosten nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerinnen (vgl. Bl. 531 d. A.) nicht einmal ein Promille des Unternehmenswertes ausmachen und die bei der hier seitens des Senats nach § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmenden Schätzung aufgrund ihres geringen Wertes unberücksichtigt bleiben können.

jj) Schließlich bestehen auch im Übrigen über die geltend gemachten Einwände hinaus keine Bedenken des Senats gegen die Angemessenheit der festgesetzten Abfindung.

3. Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 15 SpruchG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 SpruchG sowie auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 SpruchG.

Die Gerichtskosten einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters sind von der Antragsgegnerin zu 1) zu tragen. Insoweit hat der Senat von § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG keinen Gebrauch gemacht, weil die Beschwerden der Antragsteller nicht offensichtlich erfolglos waren (vgl. Simon/Winter, SpruchG, 2007, § 15 Rz. 63 ff.).

Die beschwerdeführenden Antragsteller haben ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos war und dies unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs der Billigkeit entspricht (§ 15 Abs. 4 SpruchG).

Ferner haben die beschwerdeführenden Antragsteller zu gleichen Anteilen (§ 420 Abs. 1 BGB) die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) zu tragen. Dies ergibt sich aus § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. Dessen Voraussetzung eines erfolglosen Rechtsmittels liegt vor. Überdies findet die Vorschrift jedenfalls mit Blick auf die Kosten im Beschwerdeverfahren über § 17 Abs. 1 SpruchG Anwendung, soweit es nicht den gemeinsamen Vertreter als Führer einer etwaig erfolglosen Beschwerde betrifft. Richtiger Ansicht nach ist nämlich § 15 Abs. 4 SpruchG insoweit nicht abschließend zu verstehen, so dass die Vorschrift über die allgemeine Verweisungsnorm des § 17 Abs. 1 SpruchG zur Anwendung gelangt (vgl. OLGR Düsseldorf 2009, 438, 443; OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948, 951 sowie KK/Rosskopf § 15 Rdn. 53, Simon/Winter, SpruchG, § 15 Rdn. 103 jeweils mwNachw). Die teilweise hiergegen vorgebrachten Bedenken vermögen nicht zu überzeugen (vgl. dazu Meilicke/Heidel, DB 2003, 2267; Hüffer, AktG, § 15 SpruchG, Rdnr. 6; Vollrath in Widmann/Mayer, UmwG, § 15 SpruchG, Rdnr. 50; Drescher in Spindler/Stilz, AktG, § 15 SpruchG, Rdnr. 21). Der Wortlaut des § 15 Abs. 4 SpruchG steht der Anwendung nicht entgegen, weil sich ihm keine explizite Regelung für die hier in Frage stehenden Kosten der Antragsgegnerin zu 1) entnehmen lässt. Demgegenüber sieht der Wortlaut des § 17 Abs. 1 SpruchG eine Anwendung der Regeln des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit und damit auch von § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG vor. Zwar sprechen die detaillierten Regelungen der Kostentragungspflichten und damit die Systematik eher gegen ein Zurückgreifen auf die allgemeinen Grundsätze des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit. Demgegenüber ist jedoch zu beachten, dass es sich bei § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Gegners zu tragen hat, um einen allgemeinen Grundsatz handelt, der regelmäßig auch der Billigkeit entspricht. Dem steht eine besondere Schutzbedürftigkeit der Antragsteller nicht entgegen. Diese sind im Beschwerdeverfahren zwingend bei Einreichung der Beschwerdeschrift anwaltlich vertreten. Hinzu kommt, dass aufgrund der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels der Beschwerdewert regelmäßig auf 200.000 € beschränkt ist, so dass sich das Kostenrisiko in abschätzbaren Grenzen hält. Dies entspricht den Erwägungen des Gesetzgebers (vgl. BT Drucks 15/371 S. 28). Dabei ist dem Umstand eine entscheidende Rolle beizumessen, dass die Antragsteller aufgrund der bereits erstinstanzlich ergangenen Entscheidung jedenfalls eine geeignete Tatsachengrundlage haben, um das weitere Vorgehen abschätzen zu können. Dies dürfte auch der maßgebliche Grund dafür sein, die Kostentragungspflicht in erster und zweiter Instanz unterschiedlich auszugestalten. Schließlich kann der hier vertretenen Ansicht auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Kostentragungspflicht mit Blick auf die außergerichtlichen Kosten in einem Wertungswiderspruch zu dem Umstand stehe, dass die Antragsgegnerin unabhängig vom Ausgang des Rechtsmittelverfahrens regelmäßig gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Gerichtskosten zu tragen habe. Die Gerichtskosten sind nämlich – anders als die außergerichtlichen Kosten des Gegners – in ihrer Höhe vor Einlegung des Rechtsmittels schwer abschätzbar, was sich aus dem Zusammenspiel von Amtsermittlungsgrundsatz und teilweise sehr hohen Sachverständigenkosten ergibt. Mit Blick auf die Gerichtskosten ist daher von einem entsprechend größeren Schutzbedürfnis der Antragsteller auszugehen, als dies bei den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner der Fall ist.

Die Kosten des gemeinsamen Vertreters können derzeit nicht festgesetzt werden, weil sie noch nicht geltend gemacht worden sind. Nach § 6 Abs.2 SpruchG gehört dazu ein Verlangen des gemeinsamen Vertreters. Überdies ist die Höhe der Auslagen nicht bekannt.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.