OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.06.2009 - 7 U 95/07
Fundstelle
openJur 2012, 31760
  • Rkr:

(Keine weiteren Angaben)

Anmerkung: Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Aktenzeichen IX ZR 245/09 zurückgewiesen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. März 2007verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer desLandgerichts Wiesbaden (Az.: 9 O 284/06) unter Zurückweisung derdagegen eingelegten Berufung des Klägers abgeändert und die Klagein vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung imHöhe von 115% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betragesabwenden, sofern nicht die Beklagte vor der VollstreckungSicherheit in Höhe von 115% des zur Vollstreckung gelangendenBetrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger wurde in dem am 15.06.2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des am ….2004 verstorbenen Dr. E1 zum Insolvenzverwalter und nach dem Tod Dr. E1s zum Nachlassinsolvenzverwalter bestellt. Seit dem 01.10.1999 unterhielt Dr. E1 bei der Beklagten eine Risikolebensversicherung mit einer Laufzeit von 13 Jahren und mit einer Versicherungssumme von 500.000 DM (255.646,00 €). Wegen des Inhalts der Police wird auf Bl. 8 bis 12 d.A. Bezug genommen. In den Lebensversicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für die Risikolebensversicherung der Beklagten einbezogen. Deren §§ 13 und 15 lauten auszugsweise:

„§ 13 Welche Bedeutung hat der Versicherungsschein ?“

1. Den Inhaber des Versicherungsscheins können wir als berechtigt ansehen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen, insbesondere Leistungen in Empfang zu nehmen. Wir können aber verlangen, daß uns der Inhaber des Versicherungsscheins seine Berechtigung nachweist.

2. In den Fällen des § 15 Abs. 4 brauchen wir den Nachweis der Berechtigung nur dann anzuerkennen, wenn uns die schriftliche Anzeige des bisherigen Berechtigten vorliegt.“

„§ 15 Wer erhält die Versicherungsleistung ?“

1. Die Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbringen wie an Sie als unseren Versicherungsnehmer oder an Ihre Erben, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalls die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erwerben soll (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls können Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen.

(…)

4. Die Einräumung und der Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts (vgl. Absatz 1) sowie eine Abtretung oder Verpfändung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie uns vom bisherigen Berechtigten angezeigt worden sind. Der bisherige Berechtigte sind im Regelfall Sie; es können aber auch andere Personen sein, sofern Sie bereits vorher Verfügungen vorgenommen haben.“

Wegen des vollständigen Wortlauts der AVB wird auf Bl. 11 bis 14 der Beiakte 4 O 233/05 des Landgerichts Darmstadt verwiesen. Seiner Ehefrau E1 hatte Dr. E1 bei Vertragsschluss ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt. Erst durch ein an Dr. E1 gerichtetes Schreiben der Beklagten vom 12.10.2004, in welchem die Beklagte auf den gescheiterten Versuch des Einzugs der zum 01.10.2004 fälligen Jahresprämie im Lastschriftverfahren hinwies und das dem Kläger am 01.11.2004 zuging, erhielt der Kläger Kenntnis von dem Bestehen der Versicherung. Dr. E1 hatte nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch zu seinen Lebzeiten dem Kläger gegenüber die Versicherung verheimlicht. Der Kläger forderte bei der Beklagten die Vertragsunterlagen an. Mit Schreiben vom 16.11.2004 bat er um Mitteilung der Höhe der Prämien, erklärte, Vertragserfüllung zu wählen, und verlangte die Überweisung der Versicherungssumme auf das Insolvenzanderkonto. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass das Bezugsrecht der Witwe mit dem Tod des Versicherungsnehmers unwiderruflich geworden sei, und kündigte eine Auszahlung an Frau E1 an, sofern der Kläger nicht bis zum 17.12.2004 reagiere. Später verlängerte die Beklagte die Stellungnahmefrist bis zum 15.01.2005. Der Kläger machte geltend, dass eine Auszahlung an die Witwe anfechtbar wäre, und bat, bis zu einer Klärung dieser Frage von einer Auszahlung abzusehen. Hierauf vertrat die Beklagte die Auffassung, dass die vierjährige Anfechtungsfrist des § 134 InsO mit der Einräumung des Bezugsrechts in Lauf gekommen und daher verstrichen sei. Der Kläger hielt in einem Schreiben vom 21.01.2005 daran fest, dass auch die Nichtausübung des Rechts zum Widerruf der Bezugsberechtigung eine anfechtbare Rechtshandlung darstelle. Unter dem 29.03.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Versicherungssumme an Frau E1 ausbezahlt habe. Mit Schreiben vom 12.04.2005 (Bl. 25 f. d.A.) forderte der Kläger die Beklagte erneut zur Zahlung auf das Insolvenzanderkonto auf unter Erwähnung einer „erfolgten Anfechtung“ und unter Hinweis darauf, dass die Witwe sich weigere, den erhaltenen Betrag auszukehren.

Mit einer am 24.05.2005 beim Landgericht Darmstadt erhobenen Klage (Az.: 4 O 233/05) nahm der Kläger Frau E1 mit Erfolg auf Auszahlung der Versicherungssumme zur Insolvenzmasse in Anspruch. Das Landgericht Darmstadt sah eine anfechtbare Rechtshandlung in dem Unterlassen einer Unterrichtung des Klägers über das Bestehen des Versicherungsvertrags durch den Schuldner. Es nahm an, dass die Witwe als Empfängerin einer unentgeltlichen Leistung die richtige Anfechtungsgegnerin sei, gegenüber der der Kläger spätestens durch die Klageerhebung die Anfechtung erklärt habe. Hilfsweise stützte das Landgericht Darmstadt seine Entscheidung darauf, dass dem Kläger gegen Frau E1 ein Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 97 Abs. 1 InsO zustehe. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der damaligen Beklagten wies der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Der Kläger versuchte fruchtlos, gegen Frau E1 zu vollstrecken. Er nimmt nun die Beklagte auf Zahlung eines Betrags in Höhe der Versicherungssumme und auf Zahlung der im Verfahren vor dem Landgericht Darmstadt und vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. angefallenen Kosten, jeweils Zug um Zug gegen Abtretung der insoweit gegen Frau E1 titulierten Forderungen, in Anspruch.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie die Versicherungssumme trotz eines Hinweises auf eine Anfechtbarkeit an die Witwe ausgezahlt habe. Er hat geltend gemacht, dass eine Anfechtungserklärung nicht erforderlich gewesen sei, sondern vielmehr die Anfechtbarkeit des Unterlassens eines Widerrufs des Bezugsrechts durch den Versicherungsnehmer ausgereicht habe, um Ansprüche Frau E1s gegen die Beklagte zu beseitigen. Gleichwohl hätte er der Beklagten eine Anfechtungserklärung in Kopie zukommen lassen, sofern sie dies gewünscht hätte.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 255.646,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 24.05.2005 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen Frau E1, …straße …, O1 gemäß Urteil des Landgerichts Darmstadt, Az. 4 O 233/05 vom 13.07.2005 zu zahlen,2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.073,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.242,00 € seit 08.09.2005 und aus 3.831,71 € seit 05.05.2006 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Darmstadt, Az. 4 O 233/05 vom 02.11.2005 und vom 14.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie verpflichtet gewesen sei, die Versicherungssumme an Frau E1 auszuzahlen. Dass der Kläger vor dem Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungssumme gegenüber Frau E1 überhaupt die Anfechtung - welcher Rechtshandlung auch immer – erklärt habe, trage er nicht vor. Selbst eine Anfechtung vor diesem Zeitpunkt hätte nur dazu geführt, dass die Witwe schuldrechtlich verpflichtet gewesen wäre, das Bezugsrecht auf den Kläger zu übertragen. Bis zu einer Rückabtretung sei jedoch Frau E1 Bezugsberechtigte geblieben. Darüber hinaus habe die Beklagte schon deshalb an die Witwe leisten müssen, weil diese im Besitz des Versicherungsscheins gewesen sei.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einer Zahlung in Höhe der Versicherungssumme beantragt hatte, und hat sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung der Verurteilung der Beklagten hat das Landgericht ausgeführt, dass Frau E1 das Bezugsrecht nicht insolvenzfest erworben habe, weshalb mit der Zahlung der Beklagten an Frau E1 Erfüllung nicht eingetreten sei. Der Erwerb des Bezugsrechts sei nicht ausschließlich von dem Eintritt gemäß § 91 Abs. 1 InsO unbeachtlicher aufschiebender Bedingungen abhängig gewesen, sondern auch von Handlungen des Versicherungsnehmers und Schuldners, nämlich der weiteren Prämienzahlung. Die Teilabweisung hat das Landgericht damit begründet, dass der Anfall der Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht Darmstadt und vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. der Beklagten nicht zuzurechnen sei. Die Durchführung dieses Verfahrens sei nicht im Interesse der Masse erforderlich gewesen.

Gegen dieses dem Kläger am 18.04.2007 und der Beklagten am 04.04.2007 zugestellte Urteil wenden sich der Kläger mit seiner am 15.05.2007 eingelegten und am 23.05.2007 begründeten Berufung und die Beklagte mit ihrer am 04.05.2007 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 06.08.2007 am 06.08.2007 begründeten Berufung. Der Kläger verfolgt die Verurteilung der Beklagten auch in die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht Darmstadt und vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.; die Beklagte erstrebt die vollständige Abweisung der Klage.

Der Kläger hält daran fest, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Versicherungssumme an die Masse zu zahlen. Er macht zuletzt, wie schon im ersten Rechtszug, in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz geltend, dass die Beklagte zumindest die Versicherungssumme hätte hinterlegen müssen, nachdem diese sowohl von Frau E1 als auch vom Kläger beansprucht worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, über den bereits ausgeurteilten Betrag hinaus weitere EUR 15.073,71 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 11.242,00 seit 8. September 2005 und aus EUR 3.831,71 seit 5. Mai 2006 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Darmstadt, Az. 4 O 233/05, vom 02.11.2005 und vom 14.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

wie erkannt.

Sie macht geltend, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts die weitere Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr Einfluss auf den Bestand des Frau E1 eingeräumten Bezugsrechts gehabt habe, sondern nur noch auf die Höhe der Versicherungsleistung. Spätestens mit der Wahl der Vertragserfüllung durch den Kläger, nach dem Tod des Versicherungsnehmers, habe die Witwe das Bezugsrecht unwiderruflich erworben.

Der Kläger beantragt zur Berufung der Beklagten,

diese zurückzuweisen.

Im Übrigen verteidigen beide Parteien das angefochtene Urteil, soweit darin zu ihren Gunsten entschieden worden ist. Wegen des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze des Klägers vom 21.05.2007 (Bl. 137/138 d.A.), „21.05.2007“, bei Gericht eingegangen am 12.09.2007, (Bl. 174 – 176 d.A.), 16.01.2008 (Bl. 181 – 184 d.A.) und vom 03.06.2009 (Bl. 191 – 193 d.A.), auf den Schriftsatz der Beklagten vom 06.08.2007 (Bl. 157 – 162 d.A.) und auf die Sitzungsniederschrift vom 27.05.2009 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, weil unter Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung zum Nachteil der Beklagten beruht. Dem Kläger steht entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Erfüllungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 1 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F., 15 AVB nicht zu; ebenso wenig ein vom Landgericht folgerichtig nicht geprüfter Schadensersatzanspruch aus §§ 1 VVG a.F., 241 Abs. 2 BGB i.V. mit Art. 229 § 5 Satz 3 EGBGB. Hingegen hat die zulässige Berufung des Klägers keinen Erfolg, weil die Beklagte dem Kläger nicht nach den eben genannten Bestimmungen zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Das Landgericht hat seine Auffassung, dass das der Witwe eingeräumte Bezugsrecht mit dem nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Versicherungsfall nicht unwiderruflich geworden sei, damit begründet, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung Frau E1 zwar unter einer aufschiebenden Bedingung zugewendet worden sei, dass dessen Erwerb aber auch von der weiteren Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer abhängig gewesen sei. Dies ist in zweifacher Hinsicht unzutreffend.

Zwar ist in § 4 Abs. 2 der AVB bestimmt, dass der Versicherungsschutz erlischt, wenn eine angemahnte Folgeprämie nicht innerhalb der vom Versicherer gesetzten Nachfrist gezahlt wird. Doch kann sich die Beklagte nicht auf die genannte Klausel berufen, weil sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gemäß § 178 Abs. 2 VVG a.F. halbzwingenden Regelung in § 175 Abs. 1 VVG a.F. abweicht. Danach führt eine „Kündigung“ des Lebensversicherungsvertrags durch den Versicherer wegen der Nichtzahlung einer Folgeprämie abweichend von § 39 Abs. 3 VVG a.F. nicht zu einer Beendigung des Vertragsverhältnisses, sondern zu einer Umstellung auf eine beitragsfreie Versicherung mit geminderter Versicherungsleistung. Hiervon ausgenommen sind lediglich Risikolebensversicherungen ohne eine Begrenzung des Versicherungszeitraums, d.h. reine Sterbegeldversicherungen i.S. von § 189 Abs. 1 Nr. 2 VVG a.F., und andere Lebensversicherungen über geringe Beträge i.S. von § 189 Abs. 1 Nr. 2 VVG a.F., zu denen die verfahrensgegenständliche Versicherung nicht zählt. In der Police heißt es, dass eine beitragsfreie Versicherungssumme nicht gewährt werde. Auch hierauf kann sich die Beklagte nicht berufen. Eine Umstellung auf eine beitragsfreie Versicherung käme allerdings dann nicht in Betracht, wenn eine vereinbarte Mindestversicherungssumme noch nicht erreicht gewesen wäre (§ 174 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Indessen war eine Mindestversicherungssumme nicht vereinbart. In einem derartigen Fall kann eine Umstellung auf eine beitragsfreie Versicherung ohne Einschränkungen erfolgen (Prölss/Kollhosser, VVG, 27. Aufl., § 174 VVG Rn 3). Der Erwerb eines unwiderruflichen Bezugsrechts bei Eintritt des Versicherungsfalls hing mithin nicht davon ab, dass Dr. E1 die Prämien weiterhin zahlte.

Allerdings hatte Dr. E1 seiner Ehefrau mit der Erteilung einer widerruflichen Bezugsberechtigung noch keine gesicherte Rechtsposition, etwa einen aufschiebend bedingten Anspruch in Form eines Anwartschaftsrechts, zugewendet. Der widerruflich Bezugsberechtigte besitzt lediglich eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines künftigen Anspruchs (BGHZ 156, 350 ff. Rn 20 in juris m.weit.Nachw.). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag bleiben beim Versicherungsnehmer, so dass in der Insolvenz des Versicherungsnehmers der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht bis zum Eintritt des Versicherungsfalls widerrufen kann. Wird jedoch die widerrufliche Bezugsberechtigung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht widerrufen, so erwirbt der Bezugsberechtigte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 der AVB mit dem Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungsleistung.

Daran ändert die Anfechtbarkeit einer unentgeltlichen Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts nach § 134 Abs. 1 InsO zunächst nichts. Denn die Anfechtbarkeit alleine führt noch nicht unmittelbar zu einer dinglichen Rechtsänderung. Sie hat lediglich zur Folge, dass der Masse ein obligatorischer Rückverschaffungsanspruch nach § 140 Abs. 1 InsO zusteht, der gegenüber dem zur Rückgewähr Verpflichteten auch geltend gemacht und erforderlichenfalls durchgesetzt werden muss (BGH NZI 2007, 42 f. Rn 14 f. in juris und BGHZ 156, 350 ff. Rn 29 in juris). Hat der Begünstigte mit dem Eintritt des Versicherungsfalls einen unwiderruflichen Anspruch auf die Versicherungsleistung erhalten, den der Versicherer noch nicht erfüllt hat, so ist der Begünstigte verpflichtet, diesen Anspruch an den Insolvenzverwalter zu übertragen. Wurde die Versicherungsleistung bereits an den Begünstigen ausgezahlt, so muss er diese an die Masse auskehren (Henckel in: Jaeger, InsO, § 134 Rn 51). Die Beklagte hätte daher die Versicherungssumme nur dann nicht an Frau E1 auszahlen dürfen, wenn Frau E1 das Bezugsrecht an den Kläger rückabgetreten gehabt hätte. Allerdings hätte die Beklagte nach §§ 15 Abs. 2, 13 Abs. 4 der AVB eine Rückabtretung nur dann beachten müssen, wenn sie ihr durch Frau E1 schriftlich angezeigt worden wäre. Eine Rückabtretung ist indessen nicht dargetan; eine Anzeige einer Rückabtretung ist nicht ersichtlich. Mithin ist der Anspruch auf die Versicherungsleistung mit der Auszahlung an die Witwe erfüllt worden.

Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung vertraglicher Nebenpflichten steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Die Beklagte könnte eine ihr gegenüber dem Kläger obliegende Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag allenfalls dann verletzt haben, wenn sie gehalten gewesen wäre, anstelle einer Auszahlung an Frau E1 die Versicherungsleistung unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen. Zu einer solchen Hinterlegung war die Beklagte jedoch nicht verpflichtet, weil sie hierzu bereits nicht nach § 372 Satz 2 BGB berechtigt war. Nach dieser Bestimmung ist die Hinterlegung nur dann zulässig, wenn der Schuldner ohne Fahrlässigkeit über die Person des Gläubigers im Ungewissen ist. Alleine der Umstand, dass sich zwei Prätendenten der Forderung berühmen, reicht nicht aus (BGH WM 2004, 1976 ff. Rn 15 in juris; Senat VersR 2005, 1067 f. Rn 15 in juris m.weit.Nachw.). Daher ist dann, wenn ein Lebensversicherer durch eine Anwendung des von ihm gestellten Klauselwerks zweifelsfrei erkennen kann, wer Anspruch auf die Versicherungsleistung hat, eine Hinterlegung nicht zulässig (Senat, a.a.O. Rn 16). Solange der Beklagten eine Rückabtretung des Bezugsrechts an den Kläger nicht nach §§ 13 Abs. 2 und 15 Abs. 4 der AVB angezeigt worden war, konnten und durften bei der Beklagten Zweifel an der Bezugsberechtigung von Frau E1 nicht aufkommen. Sie war daher zu einer Hinterlegung nicht berechtigt.Da die Beklagte gegenüber dem Kläger vertragliche Pflichten nicht verletzt hat, steht dem Kläger ein Anspruch auf den Ersatz der in den Verfahren vor dem Landgericht Darmstadt und vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. entstandenen Kosten nicht zu.

Weil die Klage keinen Erfolg hat, hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.