Hessischer VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08
Fundstelle
openJur 2012, 31012
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA - geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bzw. bis zur erfolgten Durchführung des beantragten Bürgerentscheids gegen den diesbezüglichen Beschluss der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 jegliche Zahlung von 60 % der nachgewiesenen Kosten für den Neubau einer Sporthalle bis zu maximal 736.000,00 € an den SVG Nieder-Liebersbach e. V. zu unterlassen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat 1/3 und die Antragsgegnerin hat 2/3 der erst- und zweitinstanzlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 2.500,00 € festgesetzt.

I.

Gründe

Der Antragsteller ist Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens und begehrt vorliegend die vorläufige Unterlassung von Maßnahmen zum Vollzug der angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.

Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin fasste am 25. Juli 2007 zwei Beschlüsse, wonach zwei örtlichen Sportvereinen für bauliche Maßnahmen an ihren Anlagen aus gemeindlichen Anspardarlehen zum einen Zuschüsse von insgesamt 400.000,00 € für die Zufahrt und die Verlegung von Kunstrasen für den Sportplatz „B“ gewährt und zum anderen für den Neubau einer Sporthalle 60 % der nachgewiesenen Kosten bis zu maximal 736.000,00 € zur Verfügung gestellt werden sollen. Gegen diese Beschlüsse richtet sich das Bürgerbegehren u.a. mit der Begründung, dass die Anspardarlehen für die Errichtung einer zentralen Sport- und Freizeitanlage „Aue B“ für alle Bürger und Vereine bestimmt seien. Die Unterschriftenlisten enthielten Spalten für Name, Vorname, Straße, Ort (vorgegeben: A-Stadt) und die eigenhändige Unterschrift.

Das Bürgerbegehren wurde mit den ausgefüllten Unterschriftenlisten am 4. September 2007 beim Gemeindevorstand der Antragsgegnerin eingereicht, der nach Abschluss der Vorprüfung das Bürgerbegehren mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 für zulassungsfähig erklärte, einen Wahlleiter und als Wahltermin den 27. Januar 2008 bestimmte.

Weil sie die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bezweifelt, hatte die Gemeindevertretung schon vorher mit Beschlüssen vom 25. September 2007 u.a. die Bildung einer paritätischen Prüfungskommission und die Herausgabe der Original-Unterlagen an sich selbst beantragt. Nach Widerspruch der Bürgermeisterin verlangte die Gemeindevertretung mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 die Herausgabe an den paritätischen Prüfungsausschuss, der gleichzeitig Akteneinsichtsausschuss sei; den Beschluss beanstandete die Bürgermeisterin ebenfalls.

Obwohl das Bürgerbegehren auf der Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung vom 20. November 2007 stand, wurde über dessen Zulässigkeit nicht entschieden, sondern die „Vorprüfung des Gemeindevorstands“ an den Prüfungs- und Akteneinsichtsausschuss verwiesen, der „Widerspruch“ der Bürgermeisterin vom 29. Oktober 2007 zurückgewiesen und die Erhebung einer Organklage gegen sie beschlossen; über die am 30. November 2007 beim Verwaltungsgericht Darmstadt erhobene Klage - 3 E 1931/07 (1) - ist noch nicht entschieden.

Der Antragsteller erbat als Bevollmächtigter der Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens Ende März 2008 ein Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörde, das diese Mitte April 2008 ablehnte. Die Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens seien erwägenswert, die Baumaßnahme am „B. ..... “ im Gange und das Bürgerbegehren könne eine einstweilige Sicherung nach der VwGO beantragen. In ihrer Sitzung vom 6./8. Mai 2008 beauftragte die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Gemeindevorstand, beim Hessischen Ministerium der Finanzen die bereits unter dem 15. Oktober 2007 beantragte Änderung des Verwendungszwecks des mit Bescheid vom 21. Januar 2003 für den Bau der Sport- und Freizeitanlage „Auf der Aue B“ bestimmten Anspardarlehens in Höhe von 400.000,00 € für das Vorhaben „Sportplatz B. ..... “ (Kunstrasen und Zufahrt/Zuschüsse der Gemeinde) bis spätestens 10. Mai 2008 zu fordern. Der Baustand der Maßnahme mache eine Entscheidung bis spätestens 31. Mai 2008 unumgänglich. Nach Stellungnahme des ursprünglichen Umwidmungsantrags vom 15. Oktober 2007 habe die Bürgermeisterin am 30. Oktober 2007 auf einer Bürgerversammlung bekanntgegeben, dass der ursprüngliche Verwendungszweck kurz- und mittelfristig nicht realisierbar sei, weil die Gemeinde die benötigten Grundstücke nicht habe erwerben können. Nachdem das Ministerium diesen Umwidmungsantrag im März 2008 mit der Begründung abgelehnt habe, dass die Durchführung der Maßnahme „Sportplatz B. ..... “ wegen der offenen Entscheidung über das Bürgerbegehren nicht abschließend sicher gestellt sei, solle darauf hingewiesen werden, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung habe. Diese Sportmaßnahme solle durchgeführt werden; die Zufahrtstraße sei weitgehend fertig gestellt, mit dem Bau des Kunstrasenplatzes solle in der spielfreien Zeit Anfang Juni 2008 begonnen werden. Sollte das Ministerium die Umwidmung nicht termingemäß nach Wunsch der Gemeindevertretung entscheiden und bei seiner bisherigen Meinung bleiben, solle die Maßnahme durch eine haushaltsmäßige Mittelumschichtung ermöglicht werden.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2008 entsprach das Hessische Ministerium der Finanzen dem Umwidmungsantrag. Die bereits zum 1. Januar 2007 zugeteilten Mittel wurden mit Schreiben vom 4. Juli 2008 abgerufen und am 1. August 2008 an die Antragsgegnerin überwiesen.

Nachdem die Vertrauenspersonen durch einen anderen Verfahrensbevollmächtigten u.a. den Gemeindevorstand mit Telefax vom 28. Juli 2008 unter Fristsetzung auf den 8. August 2008 erfolglos aufgefordert hatten, ab sofort sämtliche Maßnahmen zum Vollzug der beiden angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung zu unterlassen, stellten zwei der Vertrauensleute durch ihren Bevollmächtigten am 13. bzw. 14. August 2008 beim Verwaltungsgericht Darmstadt zwei Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen, die auf eine alsbaldige Entscheidung der Gemeindevertretung bzw. auf die vorläufige Unterlassung der beschlossenen Zahlungen gerichtet waren.

Zur Begründung machten sie im Wesentlichen geltend, ihnen stehe aus § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 (gemeint: Satz 3) KWG ein Anspruch auf eine unverzügliche Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu, die schon mehr als 11 Monaten ausstehe. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, weil nach den besonderen Umständen des Falles zu befürchten sei, dass die Entscheidung so lange hinausgezögert werde, bis die angegriffenen Beschlüsse vom 25. Juli 2007 vollzogen seien und das Bürgerbegehren folgenlos bleibe. Sie könnten deshalb auch nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden.

Unter dem 19. August 2008 beantwortete der Gemeindevorstand eine gerichtliche Anfrage per Telefax dahin, dass die am 15. August 2008, einem Freitag, erbetene Zusage, bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, nicht erteilt werden könne, weil schon in den vergangenen Monaten mit den Baumaßnahmen begonnen worden sei und auch Mittel geflossen seien; es werde zugesagt, dass ab Eingang des Eilantrags bei der Antragsgegnerin bis auf weiteres keine Zahlungen geleistet würden.

Nach einer später zu diesen Parallelverfahren von der Antragsgegnerin eingereichten „Aufstellung der gezahlten Einzelpositionen Zuschuss an den VfL A-Stadt“ waren bis einschließlich 7. April 2008 Mittel in Höhe von ca. 420.500,00 € geflossen. Mit gerichtlicher Verfügung vom 20. August 2008 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass in den Unterschriftenlisten jeweils eine Spalte für das Datum der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens und für das Geburtsdatum der Unterzeichner fehle, was die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Folge habe. Mit Schriftsatz vom 22. August 2008 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in diesen Parallelverfahren die Umwidmung der Darlehensmittel von 400.000,00 € und weiter mit, dass eine solche auch für die 800.000,00 € für die Sporthalle in Nieder-Liebesbach beabsichtigt sei. Das Bürgerbegehren sei durch die Realisierung des ersten Teilprojekts unzulässig geworden. Die Gemeinde könne nicht gezwungen werden, einen kostenintensiven Bürgerentscheid durchzuführen, der insoweit keine Folgen mehr haben könnte. Auch hinsichtlich des weiteren Zuschusses in Höhe von 736.000,00 € bestehe kein Anordnungsanspruch mehr. Das Bürgerbegehren könne nicht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil aufgeteilt werden, da nach dem erkennbaren Willen der Unterzeichner eine einheitliche Betrachtungsweise geboten sei. Diese wollten erkennbar eine spezielle Form der Vereinsförderung verhindern und erreichen, dass eine zentrale Sport- und Freizeitanlage für alle Bürger und Vereine eingerichtet werde. Diese grundsätzliche Fragestellung sei bei einer Teilung des Bürgerbegehrens nicht mehr eindeutig mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten, weil ein Teilkomplex der Beschlussfassung der Gemeindevertretung bereits realisiert sei. So sei nicht auszuschließen, dass unter den jetzigen Gegebenheiten ein Teil der Unterzeichner/innen des Bürgerbegehrens die spezielle Vereinsförderung im Sinne der verbleibenden Fragestellung mittragen würde. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 5. Oktober 2007 schon festgestellt, dass eine teilweise Reduktion einer in der Fragestellung formulierten Zielsetzung eines Bürgerbegehrens eine unzulässige inhaltliche Änderung darstelle. Der Gemeinde könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass sie diese Veränderungen durch Vollziehung der Beschlüsse vom 25. Juli 2007 selbst herbeigeführt habe, denn das eingereichte Bürgerbegehren habe keine aufschiebende Wirkung. Der Gemeindevorstand sei gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 HGO sogar verpflichtet, Beschlüsse der Gemeindevertretung umzusetzen. Es habe vielmehr der Bürgerinitiative bzw. den Antragstellern oblegen, hier rechtzeitig durch Einlegung eines Eilantrages die Umsetzungsmaßnahmen zu einem früheren Zeitpunkt zu stoppen. Dies bedeute in letzter Konsequenz, dass das Zuwarten der Vertrauenspersonen bzw. der Antragsteller zur Vereitelung des Bürgerbegehrens geführt habe. Ein Anordnungsgrund im Sinne der Antragsschrift sei somit nicht gegeben.

Der Antragsteller hat als Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens am 22. August 2008 beim Verwaltungsgericht Darmstadt den Erlass einstweiliger Anordnungen entsprechend den Parallelverfahren der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens beantragt, und zwar im vorliegenden Verfahren gerichtet auf die vorläufige Untersagung der beschlossenen Zahlungen.

Zur Begründung hat er u.a. ergänzend geltend gemacht, Streitgegenstand sei ausschließlich der Anspruch der Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens aus § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO, wonach die Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden habe - nicht etwa das Verwaltungsgericht. Abgesehen davon seien die Angaben des Geburtsdatums und des Tages der Unterschriftsleistung nicht Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens, sondern lediglich Hilfsmittel zur Feststellung der materiellen Unterschriftsberechtigung. Die einstweilige Anordnung richte sich auch nicht gegen die Bauvorhaben der Vereine, sondern gegen die Auszahlung der gemeindlichen Mittel und auch erforderlich, um den Eintritt „irreversibler Verhältnisse“ zu verhindern.

Der Antragsteller hat vorliegend beantragt:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Beschlüsse der Gemeindevertretung A-Stadt vom 25.07.2007 jegliche Zahlung auf die beschlossenen verlorenen Zuschüsse von 100.000,00 € für den Ausbau der Zufahrt zum B. .....  und von 300.000,00 € für die Verlegung eines Kunstrasens an die VfL A-Stadt sowie von 60 % der nachgewiesenen Kosten bis maximal 730.000,00 € an die SVG Nieder-Liebersbach zu unterlassen,

hilfsweise,

der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Beschlüsse der Gemeindevertretung A-Stadt vom 25.07.2007 jede Maßnahme zum Vollzug dieser Beschlüsse zu unterlassen.

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegend mit Beschluss vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA - mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt:

Der Antragsteller habe bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei nicht ersichtlich, weshalb in der für den 26. August 2008 geplanten Sitzung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Vermeidung erheblicher Nachteile entschieden werden müsse, nachdem der Antrag auf Zulassung des Bürgerbehrens vor fast einem Jahr eingereicht worden sei. Es sei auch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil eine Sicherungsanordnung generell die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens voraussetze. Diese scheitere aber schon daran, dass sich auf den Unterschriftslisten kein Datum der Unterschriftsleistung befinde, so dass nicht nachgeprüft werden könne, ob die gesetzliche Voraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO eingehalten sei. Die Angabe des Datums der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens sei für dessen Zulässigkeit zwingend erforderlich, weil die Wahlberechtigung der das Bürgerbegehren unterzeichnenden Personen im Zeitpunkt der Unterzeichnung gemäß § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS 2 HGO gegeben sein müsse. Diese Voraussetzung müsse überprüfbar sein, was nur dann der Fall sei, wenn auf der Unterschriftenliste das Datum der Unterzeichnung angegeben sei. Das erleichtere nicht nur der Gemeinde die Überprüfung der Wahlberechtigung im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung, damit wolle der Gesetzgeber auch verhindern, dass bereits Unterstützungsunterschriften für das Bürgerbegehren „auf Vorrat“ gesammelt würden, bevor überhaupt die Gemeindevertretung den Beschluss gefasst habe, gegen den sich das Bürgerbegehren richte. Es liege allein im Risikobereich der Unterstützer eines Bürgerbegehrens, die Voraussetzungen für die formelle und materielle Zulässigkeit des Begehrens zu schaffen.

Gegen den ihm per Telefax am 26. August 2008 übermittelten Beschluss hat der Antragsteller am gleichen Tage Beschwerde eingelegt. Mit am 29. September 2008 per Telefax übermittelten Schriftsatz gleichen Datums hat der Antragsteller seinen Beschwerdeantrag wie folgt gefasst:

Der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des VG Darmstadt vom 28.08.2008 (Az.: 3 L 1230/08.DA) im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch Bürgerentscheid über das Bürgerbegehren gegen die beiden Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 jegliche Zahlungen auf die beschlossenen verlorenen Zuschüsse von 100.000,00 € für den Ausbau der Zufahrt zum B. .....  und von 300.000,00 € für die Verlegung des Kunstrasens an den VfL A-Stadt e.V. sowie von 60 % der nachgewiesenen Kosten bis zu maximal 730.000,00 € an den SVG Nieder-Liebersbach e.V. zu unterlassen,

hilfsweise:

Der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des VG Darmstadt vom 28.08.2008 (Az.: 3 L 1230/08.DA) im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch Bürgerentscheid über das Bürgerbegehren gegen die beiden Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 jegliche Maßnahmen zum Vollzug dieser Beschlüsse zu unterlassen.

Zur Begründung macht er über eine ausführliche Schilderung des Sachverhalts hinaus im Wesentlichen noch geltend, ein Anordnungsanspruch könne nicht mit der Begründung verneint werden, das Bürgerbegehren sei unzulässig, weil auf den Unterschriftslisten das Datum der Unterschriftsleistung fehle. Bei einem - wie hier - kassatorischen Bürgerbegehren eröffne sich zwischen der Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung und dem Ablauf von sechs Wochen nach der Bekanntgabe ein Zeitfenster für die Feststellung der Wahlberechtigung der Unterzeichner des Bürgerbegehrens und damit für das materielle Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 HGO. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass 1003 Einwohner das Bürgerbegehren innerhalb dieses Zeitfensters unterschrieben hätten und dass mindestens 959 von ihnen an jedem einzelnen Tag des Zeitfensters wahlberechtigt gewesen seien; das erforderliche Quorum habe aber lediglich 812 gültige Unterschriften betragen. Es habe auch niemand behauptet, dass Unterzeichner des Bürgerbegehrens vor Beginn dieses Zeitfensters oder nach Einreichung des Bürgerbegehrens beim Gemeindevorstand unterschrieben haben. Es komme nicht darauf an, an welchem Tag innerhalb des Zeitfensters die Unterzeichnung tatsächlich erfolgt sei, ob die Unterschriftenlisten die Spalten „Geburtsdatum“ und/oder „Tag der Unterzeichnung“ und/oder „Staatsangehörigkeit“ enthielten oder ob die Spalten richtig ausgefüllt seien. All diese Erfordernisse seien nach dem Gesetz keine Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein kassatorisches Bürgerbegehren. Entscheidend sei nur, dass materiell die Wahlberechtigung der Unterzeichner in diesem Zeitfenster vorgelegen habe. Wenn das Verwaltungsgericht demgegenüber die Auffassung vertrete, Zulässigkeitsvoraussetzung für das Bürgerbegehren sei, dass der Tag der Unterzeichnung angegeben werde, weil „nur“ dann überprüft werden könne, ob der jeweilige Unterzeichner bei Unterzeichnung wahlberechtigt gewesen sei, verwechsele es die Frage, welche Voraussetzungen nach materiellem Recht vorliegen müssen, damit eine Unterschrift gültig sei, mit der Frage, wie und auf welche Weise dies nachgeprüft werden könne (und müsse). Der Tag der Unterzeichnung auf der Unterschriftenliste stelle aber das einzige Kriterium dar, das tatsächlich nicht nachgeprüft werden könne.

Er habe auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil durch die Auszahlung der (kreditfinanzierten oder sonstigen) Steuergelder irreversible Verhältnisse geschaffen werden könnten, obwohl bereits ein Bürgerbegehren eingereicht worden sei, das alle Zulässigkeitsvoraussetzungen des Gesetzes erfülle.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und macht unter Bezug auf ihr Vorbringen in den Parallelverfahren u.a. geltend, im Rahmen der Frage eines Anordnungsgrundes könne der Antragsgegnerin eine bewusste Verzögerungstaktik nicht vorgeworfen werden. Der Antragsteller habe fast ein Jahr verstreichen lassen, ehe er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt habe, zumal ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung habe. Die Regelung des § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO sehe auch keine bestimmte Frist für die Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens vor. Die Bestimmungen der §§ 54, 55 KWG bezögen sich nur auf die „Durchführung eines Bürgerentscheides“, nicht aber auf die vorliegende Fallgestaltung. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege zudem darin, dass die zuständige Gemeindevertretung ihrerseits Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hege und deshalb einen Prüfungsausschuss bzw. einen Akteneinsichtsausschuss gebildet habe. Wegen der Beanstandung durch die Bürgermeisterin habe dies zu einer erneuten Beschlussfassung in der Sitzung am 20. November 2007 geführt, mit der die Einleitung einer Organklage beschlossen worden sei, die derzeit noch anhängig sei. Die Gemeindevertretung habe erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens, nämlich dahin, ob die erforderliche Anzahl an Unterschriften geleistet worden sei, ob die jeweiligen Unterschriftsleistungen in Kenntnis des gesamten Textes des Bürgerbegehrens erfolgt seien und ob der Zeitpunkt der Unterzeichnung bei den Unterstützungsunterschriften angegeben worden sei. Dies solle in dem Akteneinsichtsausschuss geklärt werden, dessen Einrichtung bis jetzt in Anbetracht der Beanstandung der Bürgermeisterin noch ausstehe. Eine Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und die Festsetzung eines Termins für einen Bürgerentscheid ohne eine entsprechende Vorprüfung durch diesen Ausschuss sei von der Gemeindevertretung nicht beabsichtigt. In Anbetracht ihrer Entscheidungskompetenz wolle sie zunächst die für sie unklaren Fragestellungen einer hinreichenden Klärung zuführen. Dies sei angesichts der erheblichen Wirkungen eines Bürgerentscheids gerechtfertigt, der die Wirkung einer endgültigen Beschlussfassung der Gemeindevertretung habe. Es müsse ihr möglich sein, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen, zumal der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts das Bürgerbegehren wegen der fehlenden Angabe des Unterschriftsdatums für unzulässig erklärt habe.

Ein Anordnungsanspruch scheitere daran, dass die Gemeinde zwischenzeitlich in Vollzug des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 die angeführten 400.000,00 € angewiesen habe, die zu einer Realisierung des Kunstrasenplatzes geführt hätten. Dadurch habe sich das Bürgerbegehren insoweit erledigt. Zur Begründung wiederholt sie insoweit ihr erstinstanzliches Vorbringen aus dem Parallelverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Streitakten im vorliegenden und in den Verfahren 8 B 1805/08, 8 B 1996/08 und 8 B 1997/08 und auf die Beiakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die gemäß § 147 VwGO form- und fristgerecht beim Beschwerdegericht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA - ist auch fristgerecht begründet worden. Der zunächst am 26. August 2008 „vorab per Telefax“ übermittelte Beschluss ist gemäß § 174 ZPO i.V.m. § 56 Abs. 2 VwGO ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Antragstellers am 1. September 2008 wirksam zugestellt worden. Die damit in Lauf gesetzte Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO war bei Eingang der per Telefax am gleichen Tage übermittelten Beschwerdebegründung vom 29. September 2008 noch nicht abgelaufen. Die Beschwerde hat aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

Das Bürgerbegehren und damit das im vorliegenden Beschwerdeverfahren verfolgte Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat sich durch die bis Anfang August 2008 tatsächlich erfolgten Zahlungen der im ersten der angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2007 vorgesehenen Zuschüsse in Höhe von insgesamt 400.000,00 € an den VfL A-Stadt e. V. erledigt, so dass es insoweit einer Sicherung der Durchführung des von den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens gem. § 8 b Abs. 1 HGO beantragten Bürgerentscheids nicht mehr bedarf.

Das nach der Fragestellung und der Begründung des Bürgerbegehrens unmittelbar angestrebte Ziel, durch Aufhebung dieser Beschlüsse der Gemeindevertretung die Zahlung verlorener Zuschüsse zu verhindern, damit diese gemeindlichen Mittel nicht für die Finanzierung von „Wunschmaßnahmen zweier Vereine“, sondern letztlich entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung der sog. „Anspardarlehen“ für die Errichtung einer zentralen gemeindlichen Sport- und Freizeitanlage für alle Bürger und Vereine im Gebiet „Aue B“ eingesetzt werden, kann für den bereits für den Ausbau der Zufahrt zum Sportplatz „B.“ und die Verlegung eines Kunstrasens ausgezahlten Zuschuss von insgesamt 400.000,00 € an den VfL A-Stadt e. V. durch einen Bürgerentscheid nicht mehr erreicht werden.

Ein erfolgreicher Bürgerentscheid könnte den der Zuschussgewährung zu Grunde liegenden Beschluss der Gemeindevertretung nicht mehr rückwirkend aufheben und dadurch eine Rückforderung im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechend §§ 812 ff. BGB ermöglichen, ganz abgesehen von den Fragen des Wegfalls der Bereicherung und einer evtl. Bösgläubigkeit der Empfänger und davon, dass die mit dem Bürgerbegehren zur Abstimmung gestellte Frage nicht auf eine Rückzahlung, sondern auf eine Nichtzahlung gerichtet ist. Die Ermächtigung der Gemeindevertretung in § 50 Abs. 1 HGO, über die Angelegenheiten der Gemeinde zu beschließen, beinhaltet die Befugnis für eine zukunftsbezogene Gestaltung der Gemeindeangelegenheiten, nicht aber dafür, in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen durch eine rückwirkende Aufhebung gleichsam ungeschehen zu machen, so als wenn der Beschluss nie gefasst worden wäre. Die Gemeindevertretung kann sich zwar erneut mit einer bereits entschiedenen Angelegenheit befassen, ihren früher gefassten Beschluss aber auf Grund anderer Umstände und/oder Wertungen nur für die Zukunft beseitigen. Da ein Bürgerentscheid gem. § 8 b Abs. 7 Satz 1 HGO die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung hat, kann er nicht weitergehen als ein solcher Beschluss, so dass er auch bei einem kassatorischen Bürgerbegehren allgemein keine rückwirkende Regelung treffen und den angegriffenen Beschluss der Gemeindevertretung nur für die Zukunft beseitigen kann. Anders als bei einer kommunalaufsichtlichen oder verwaltungsgerichtlichen Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung, die die Übereinstimmung des Verwaltungshandelns mit dem Gesetz erzwingen soll, zielt die Funktion eines kassatorischen Bürgerbegehrens dahin, eine getroffene Entscheidung der Gemeindevertretung auf Grund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt aber - wie auch bei einem veränderten politischen Willen der Gemeindevertretung selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 4. April 2006 - 15 A 5081/05 - NVwZ-RR 2007 S. 625 ff. = juris Rdnrn. 44 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 31. Januar 2007 - W 2 K 05.938 - juris Rdnrn. 34 ff.; im Ergebnis ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 8 TG 1562/07 - LKRZ 2008 S. 71 f. = juris Rdnr. 47).

Es kann bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin die dem beantragten Bürgerentscheid widersprechenden Zahlungen unter Inkaufnahme von Schadensersatzforderungen oder sonstigen Nachteilen für die Gemeinde rückgängig machen müsste, weil sie gezielt und missbräuchlich dem Bürgerbegehren die Grundlage entzogen hätte.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs darf eine Gemeinde zwar grundsätzlich nicht durch beschleunigte Durchsetzung ihrer Interessen und Verzögerung des Verfahrens des Bürgerbegehrens Fakten schaffen, die eine objektive Zwangslage zu ihren Gunsten herbeiführen oder dem Bürgerbegehren die Grundlage entziehen, sie muss danach vielmehr grundsätzlich das Recht ihrer Bürger auf Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beachten. Eine Gebietskörperschaft, die während des Rechtsstreits um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens dem Begehren widersprechende Entscheidungen treffe, handele grundsätzlich auf eigenes Risiko mit der Folge, dass widersprechende Entscheidungen bei einem Erfolg des Bürgerentscheids unter Inkaufnahme von Schadensersatzforderungen rückgängig zu machen seien und deshalb der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und der Durchführung des Bürgerentscheids nicht entgegen gehalten werden könnten (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 7. Oktober 1997 - 4 ZE 97.2965 - BayVBl. 1998 S. 85, Urteile vom 10. Dezember 1997 - 4 B 97.89 - 93 - BayVBl. 1998 S. 242 [244] und vom 31. März 1999 - 4 B 98.2502 - BayVBl. 1999 S. 729 ff. = juris Rdnr. 47; vgl. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juli 1996 - 1 M 43/96 - NVwZ 1997 S. 306 ff. = DVBl. 1997 S. 1282 ff. = juris Rdnr. 46 f.). Im Rahmen des Spannungsverhältnisses zwischen der hohen demokratischen Legitimation von Bürgerbegehren/Bürgerentscheid einerseits und der im Verantwortungsbereich der repräsentativ-demokratischen Gemeindeorgane liegenden Wahrung der Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns andererseits (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 8 TG 1067/04 - HSGZ 2004 S. 418 ff. = juris Rdnr. 46; vgl. auch OVG Sachs.-Anhalt, Urteil vom 19. Oktober 2000 - A 2 S 298/99 - juris Rdnr. 67; Bay. VGH, Beschluss vom 7. Oktober 1997 a.a.O.) ist jedoch zu berücksichtigen, dass der hessische Landesgesetzgeber nicht einmal einem für zulässig erklärten kassatorischen Bürgerbegehren eine Sperrwirkung gegen die Umsetzung des angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung zuerkennt und es deshalb grundsätzlich bei der Pflicht des Gemeindevorstands zu dessen Ausführung gem. § 66 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 2 HGO verbleibt und im Einzelfall im Rahmen der Abwägung auch sachliche Gründe für ein zügiges Vorgehen sprechen können (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 15. Juli 1999 - Vf. 103-VI-97- BayVBl. 1999 S. 624 ff. und Bay. VGH, Beschluss vom 7. Oktober 1997, a.a.O.), so dass es den Unterzeichnern und Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens obliegt, rechtzeitig gegen einen Vollzug im Wege einstweiligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes vorzugehen.

Danach sind für die Annahme eines missbräuchlichen, zur Rückabwicklung verpflichtenden Verhaltens der gemeindlichen Organe hohe Anforderungen zu stellen, die hier nicht erfüllt sind.

Das vorliegend fragliche, nach dem Bewilligungsbescheid des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 21. Januar 2003 für den Bau des Sport- und Freizeitzentrums „Auf der Aue“ vorgesehene Anspardarlehen von 400.000,00 € war bereits zum 1. Januar 2007 zugeteilt und zur Auszahlung fällig, als die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin am 25. Juli 2007 den hier angegriffenen Beschluss fasste, es für die Baumaßnahmen des VfL A-Stadt e. V. am Sportplatz B. zu verwenden. Das dagegen gerichtete, am 4. September 2007 beim Gemeindevorstand eingereichte Bürgerbegehren ist zwar nach dessen Vorprüfung mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 als zulässig bewertet worden. Es konnte aber zum damaligen Zeitpunkt trotzdem nicht als „ganz offenkundig zulässig“ angesehen werden, was nach einer Ansicht in der Rechtsprechung den Erlass einer auf Untersagung der Vollziehung des angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung gerichteten einstweiligen Anordnung gerechtfertigt hätte (vgl. OVG Sachs.-Anhalt, Urteil vom 19. Oktober 2000, a.a.O.). Die für die Zulässigkeitsentscheidung gem. § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO allein zuständige Gemeindevertretung hatte nämlich bereits im September 2007 einen Prüfungsausschuss eingesetzt und die Herausgabe der Original-Unterschriftenlisten verlangt, weil sie u.a. wegen der fehlenden Angaben über das Geburtsdatum der Unterzeichner und des Tages der Unterzeichnung Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hat, die nicht von der Hand zu weisen sind, wie der hier angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26. August 2004 und die dort zitierten Literaturstellen zeigen. Eine missbräuchliche Verzögerungstaktik kann auch nicht in dem Herausgabeverlangen der Gemeindevertretung gesehen werden, weil auch dies in der Literatur als berechtigt angesehen wird (vgl. Bennemann, in Kommunalverfassungsrecht Hessen, Stand: März 2008, Rdnr. 160 zu § 8 b HGO in Auseinandersetzung mit der Auffassung des hessischen Datenschutzbeauftragen). Zu diesem Zeitpunkt hätten die Vertrauensleute bzw. der Antragsteller als Unterzeichner des Bürgerbegehrens durch einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine zumindest summarische gerichtliche Klärung der Zulässigkeit ihres Bürgerbegehrens herbeiführen und damit versuchen können, die von ihnen befürchtete Vollziehung des angefochtenen Beschlusses der Gemeindevertretung zu verhindern. Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nämlich bereits wegen eines nur beabsichtigten Bürgerbegehrens gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung zur Sicherung des Initiativrechts eines Gemeindebürgers schon vor Ablauf der sechswöchigen Ausschlussfrist gem. § 8 b Abs. 3 Satz 1 HGO und erst recht nach Einreichung des Bürgerbegehrens zur Sicherung des beantragten Bürgerentscheids möglich, wenn das Bürgerbegehren nach summarischer Prüfung zulässig ist (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 1993 - 6 TG 2221/93 - ESVGH 44 S. 99 ff. = DÖV 1994 S. 270 f. = NVwZ 1994 S. 396 f. = juris Rdnr. 1 ff., vom 17. Mai 1995 - 6 TG 1554/95 - HSGZ 1996 S. 73 f. = NVwZ 1996 S. 721 f. = juris Rdnrn. 3 ff., vom 16. Juli 1996 - 6 TG 2264/96 - ESVGH 46 S. 296 ff. = DVBl. 1997 S. 1280 f. = NVwZ 1997 S. 310 f. = juris Rdnr. 4 ff. und vom 30. September 2003 - ESVGH 54 S. 85 ff. = HSGZ 2004 S. 31 ff. = NVwZ-RR 2004 S. 281 ff. = juris Rdnrn. 14 ff.). Hätte die Antragsgegnerin etwa ungeachtet eines solchen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juli 1996 a.a.O.) und möglicherweise sogar entgegen einer gerichtlichen Aufforderung, bis zu einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, den angegriffenen Beschluss der Gemeindevertretung umgesetzt, hätte darin ein missbräuchlich effektiven Rechtsschutz zuwiderlaufendes und zur Rückabwicklung verpflichtendes gemeindliches Verhalten gesehen werden können. Ein solcher einstweiliger Rechtsschutzantrag ist aber seinerzeit nicht gestellt worden, so dass der erstmals unter dem 15. Oktober 2007 an das Hessische Ministerium der Finanzen gestellte Antrag auf Veränderung des Verwendungszwecks des Anspardarlehens und die Anfang November 2007 erfolgte erste Zahlung zu Gunsten der Baumaßnahme des VfL A-Stadt e. V. nicht als missbräuchlich angesehen werden können, zumal die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin in einer Bürgerversammlung am 30. Oktober 2007 bekannt gegeben haben soll, dass das ursprünglich geplante Vorhaben einer zentralen Sportanlage im Gebiet „Aue B“ kurz- und mittelfristig nicht zu realisieren sei, weil die Gemeinde die benötigten Grundstücke nicht erwerben könne. Nachdem das Hessische Ministerium der Finanzen den gemeindlichen Umwidmungsantrag im März 2008 wegen des schwebenden Verfahrens über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens abgelehnt, aber weder dessen Vertrauensleute noch der Antragsteller als Unterzeichner einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht, sondern lediglich erfolglos ein kommunalaufsichtliches Einschreiten beantragt hatten, kann der Antragsgegnerin nicht entgegen gehalten werden, dass sie im Mai 2008 - nach im Parallelverfahren eingereichten Presseberichten wegen der Gefahr, dass die zinsgünstigen Anspardarlehen bei nicht rechtzeitigem Abruf verfallen könnten - beim Hessischen Ministerium der Finanzen unter Hinweis auf die fortgeschrittene Baumaßnahme des VfL A-Stadt e. V., auf die fehlende aufschiebende Wirkung des Bürgerbegehrens, auf die Zweifel an dessen Zulässigkeit und darauf, dass ein einstweiliger Rechtsschutzantrag nicht vorliege, ihren Umwidmungsantrag wiederholt und nach dessen Stattgabe mit Bescheid vom 30. Mai 2008 das Darlehen im Juli 2008 abgerufen und zur Finanzierung der nunmehr bewilligten Maßnahme verwandt hat. Noch bevor die Anträge der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht am 13./14. August 2008 gestellt worden sind, waren am 7. August 2008 die letzten gemeindlichen Mittel aus dem Anspardarlehen von 400.000,00 € für die Baumaßnahme des VfL A-Stadt e. V. geflossen.

Das ist angesichts der fehlenden gesetzlichen Sperrwirkung eines eingereichten Bürgerbegehrens und der Pflicht des Gemeindevorstands zur Vollziehung von Beschlüssen der Gemeindevertretung rechtlich nicht zu beanstanden und angesichts der noch nicht erfolgten Zulassung und der Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, angesichts des ministeriellen Umwidmungsbescheides und der dafür vorgebrachten sachlichen Gründe sowie auch deshalb nicht missbräuchlich, weil die Vertrauensleute und der Antragsteller als Unterzeichner des Bürgerbegehrens seit dessen Einreichung am 4. September 2007 bis zur endgültigen Auszahlung der streitigen Zuschüsse Anfang August 2008 fast ein Jahr lang von der ihnen gegebenen Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes keinen Gebrauch gemacht haben.

Das Bürgerbegehren und damit das vorliegende Beschwerdeverfahren sind demgegenüber nicht gegenstandslos geworden, soweit es sich gegen den Beschluss der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 richtet, nach dem für den Neubau einer Sporthalle dem SVG Nieder-Liebersbach e. V. 60 % der nachgewiesenen Kosten bis zu maximal 736.000,00 € aus dem vorhandenen Anspardarlehen zur Verfügung gestellt werden sollen.

Eine ministerielle Bewilligung der Änderung des ursprünglichen Verwendungszwecks dieses Anspardarlehens und/oder eine Auszahlung dieser Finanzierungsmittel für das Bauvorhaben der SVG Nieder-Liebersbach e. V. sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Durch die Zahlung der in dem anderen Beschluss der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 vorgesehenen Zuschüsse von 400.000,00 € für die Baumaßnahme des VfL A-Stadt e. V. hat sich das Bürgerbegehren auch nicht insgesamt, sondern nur teilweise in Bezug auf diesen ersten angegriffenen Beschluss erledigt. Die Streichung des darauf bezogenen Teils der zur Abstimmung des beantragten Bürgerentscheids gestellten Fragestellung ist zulässig, weil der verbleibende, auf die Gewährung des Zuschusses von 736.000,00 € an den SVG Nieder-Liebersbach e. V. für den Neubau der Sporthalle gerichtete Teil des Bürgerbegehrens auch ohne den gestrichenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt und dem mutmaßlichen Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens entspricht (vgl. Bay. VGH, Urteile vom 22. Juni 2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl. 2008 S. 241 ff. = juris Rdnrn. 41 ff. und vom 16. März 2001 - 4 B 99.318 - GewArch 2001 S. 390 ff. = BayVBl. 2001 S. 565 f. = juris Rdnrn. 29 f.). Anders als in dem vom Senat mit Beschluss vom 5. Oktober 2007 (a.a.O. juris Rdnrn. 49 ff.) entschiedenen Fall stellt die Streichung des gegenstandslos gewordenen Teils der Fragestellung des vorliegenden Bürgerbegehrens keine unzulässige inhaltliche Veränderung im Sinne einer relativierenden Abschwächung der zur Abstimmung gestellten Frage dar, denn das Gesamtgefüge des mit dem Bürgerbegehren verfolgten Ziels wird dadurch nicht quasi qualitativ verändert. Darin liegt vielmehr nur eine isolierte, quasi quantitative Reduzierung des Begehrens um eine selbständige Teilfrage, die das verfolgte Ziel des Begehrens inhaltlich unberührt lässt (vgl. etwa auch Bay. VGH, Urteil vom 22. Juni 2007 a.a.O. juris Rdnr. 45 f.).

Die Teilbarkeit der Fragestellung zeigt sich hier schon darin, dass sie sich gegen zwei eigenständige Beschlüsse der Gemeindevertretung vom 25. Mai 2007 richtet, die sich jeweils auf ein anderes Bauvorhaben eines anderen örtlichen Sportvereins und auf deren Finanzierung aus offensichtlich unterschiedlichen Anspardarlehen, die in der Fragestellung auch im Plural aufgeführt sind, bezieht, wie auch durch die mit Bescheid des Hessischen Ministerium der Finanzen vom 30. Mai 2008 erfolgte Umwidmung des Anspardarlehens mit der Vertragsnummer 7500019854 über 400.000,00 € und deren Verwendung allein für die Baumaßnahmen „B. ..... “ des VfL A-Stadt e. V. deutlich macht. Zwar zielt das Bürgerbegehren letztlich darauf, gemeindliche Mittel in Höhe von insgesamt 1.200.000,00 € nicht für die Finanzierung von „Wunschmaßnahmen zweier Vereine“, sondern nur für die Errichtung einer gemeindeeigenen zentralen Sport- und Kulturanlage im Gebiet „Aue B“ zu verwenden und diese dadurch zu ermöglichen. Anders als etwa bei der Zielsetzung eines Bürgerbegehrens, eine „gesamte“ genau beschriebene Fläche als Grünfläche zu erhalten, die durch den wirksamen Verkauf von drei Grundstücken aus dieser Fläche nicht mehr erreicht werden kann, weil die Relativierung der Fragestellung auf den Erhalt der „größtmöglichen“ Fläche eine unzulässige inhaltliche Veränderung wäre (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 a.a.O.), kann vorliegend das letztlich angestrebte Ziel der Verwendung gemeindlicher Mittel von 1.200.000,00 € für die Errichtung einer gemeindeeigenen zentralen Sport- und Kulturanlage trotz der bereits erfolgten Bezuschussung der Baumaßnahmen „B. ..... “ mit verlorenen Zuschüssen von 400.000,00 € durch Haushaltsumschichtungen nach wie vor noch erreicht werden, wie sie auch nach den im Parallelverfahren eingereichten Pressemeldungen Anfang Mai 2008 von der Gemeindevertretung erwogen und in deren Beschlussvorschlag B in der Sitzung vom 6./8. Mai 2008 vorgesehen waren.

Die Beschwerde hat auch in diesem Umfang in der Sache Erfolg.

Die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts beschränkt sich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die frist- und formgerecht dargelegten Gründe des Beschwerdeführers, so dass es im Beschwerdeverfahren einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis zu einer Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nur insoweit kommt, wie die den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Darlegung dazu Anlass gibt.

Die Beschwerdebegründung muss gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO neben einem bestimmten Antrag die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung so auseinandersetzen, dass tragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts in Anlehnung an die Darlegungsvoraussetzungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass die Richtigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses erfolgreich in Zweifel gezogen wird.

Das ist hier der Fall, denn der Einwand des Antragstellers, der Zulässigkeit des vorliegenden kassatorischen Bürgerbegehrens stehe das Fehlen des Datums der Unterschriftsleistungen auf den Unterschriftslisten nicht entgegen, weil die Einhaltung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO unabhängig von dieser Angabe feststehe, erscheint gerechtfertigt.

Die vom Verwaltungsgericht vertretene und in der Literatur geteilte Auffassung, die Angabe des Datums der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens auf den Unterschriftenlisten sei zwingend erforderlich und ihr Fehlen habe die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Folge (vgl. Bennemann a.a.O. Rdnr. 75 zu § 8 b HGO; Foerstemann, Die Gemeindeorgane in Hessen, 6. Aufl. 2002, Rdnr. 20 zu § 65), findet im Gesetz keine Stütze und läuft durch eine Überbewertung formeller Anforderungen dem gesetzgeberischen Anliegen zuwider, jedenfalls im kommunalen Bereich die unmittelbare Bürgerbeteiligung zu stärken.

Ein gesetzliches Erfordernis, dass in dem beim Gemeindevorstand einzureichenden Bürgerbegehren neben den in § 8 b Abs. 3 Satz 2 HGO aufgeführten Angaben zu Fragestellung, Begründung, Kostendeckungsvorschlag und Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens in den Unterschriftenlisten auch der Zeitpunkt der Unterzeichnung genannt werden müsste, findet sich in § 8 b HGO nicht. Der Gesetzgeber hat insbesondere entgegen einer Literaturmeinung (vgl. Bennemann a.a.O.) mit seiner Novelle vom 8. Juni 1998 (GVBl. I S. 214 ff.) in das Gesetz nicht das (formelle) Erfordernis der Angabe dieses Datums aufgenommen, sondern in § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS 2 HGO vielmehr materiell geregelt, dass die Wahlberechtigung der Unterzeichner „im Zeitpunkt der Unterzeichnung gegeben sein“ muss; nicht geregelt hat er allerdings, wie dies erkennbar gemacht und nachgeprüft werden soll. Entgegen einer anderen vom Verwaltungsgericht herangezogenen Literaturmeinung (vgl. Foerstemann a.a.O.) ergibt sich ein solches zwingendes Formerfordernis auch nicht über eine entsprechende Heranziehung der kommunalwahlrechtlichen Vorschriften, nach denen die wahlberechtigten Unterstützer eines Wahlvorschlage gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Kommunalwahlordnung (KWO) auf dem Formblatt u.a. den Tag der Unterzeichnung angeben müssen und sie andernfalls gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 des Hessischen Kommunalwahlgesetzes (KWG) als Unterstützer gestrichen werden. Die Verweisung in § 8 b Abs. 8 HGO auf das Hessische Kommunalwahlgesetz und die gemäß § 54 KWG entsprechende Anwendung der für die Wahl der Gemeindevertretung maßgeblichen Vorschriften dieses Gesetzes, zu denen die die Wahlvorbereitung regelnden § 23 KWO und § 15 KWG ohnehin nicht gehören, beziehen sich nur auf die Durchführung eines Bürgerentscheids, nicht aber auf dessen Beantragung im Wege eines Bürgerbegehrens, dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen in der Spezialvorschrift des § 8 b Abs. 1 bis 4 HGO abschließend geregelt sind. Hinzu kommt, dass § 23 Abs. 1 und 3 KWO die Verwendung amtlicher Formblätter nach einem Vordruckmuster voraussetzt, die für Bürgerbegehren nicht vorgeschrieben und nicht verfügbar sind.

Die danach in der Hessischen Gemeindeordnung nicht im Einzelnen vorgeschriebenen Angaben auf den Unterschriftenlisten (anders etwa in § 25 Abs. 4 Satz 2 GO NW) dienen dazu, dem Gemeindevorstand die ihm gemäß § 8 b Abs. 3 Satz 1 HGO obliegende Vorprüfung des Bürgerbegehrens insbesondere auch hinsichtlich der Voraussetzungen des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO, nämlich der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens durch die erforderliche Anzahl der im Zeitpunkt der Unterzeichnung wahlberechtigten Gemeindeeinwohner, zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, wobei deren Identität und Wahlberechtigung in der Regel dem Melderegister entnommen werden können. Wenn dies „ohne weitere Nachforschungen bei der Gemeinde“ (vgl. Bennemann a.a.O.) mit angemessenem Aufwand möglich ist, sind auch solche Unterschriften zu berücksichtigen, bei denen einzelne der erforderlichen Angaben fehlen (vgl. Hannappel/Meireis, Leitfaden Bürgerbegehren und Bürgerentscheid im Lande Hessen, Ausgabe 2004, Rdnrn. 51 f.). Ein bloßer Verstoß gegen Formvorschriften ist dann materiell unbeachtlich, weil andernfalls unter Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz allein aus Gründen einer verfahrensmäßigen Erleichterung der gemeindlichen Vorprüfung Anforderungen an die Unterschriftsleistung und die damit einhergehenden Angaben gestellt würden, die für die Erfüllung des vom Gesetz verfolgten Zwecks der Förderung unmittelbarer Bürgerbeteiligung nicht mehr gerechtfertigt wären; wegen unvollständiger Angaben verbleibende Zweifel müssen dabei aber zu Lasten der Unterzeichner bzw. der Initiatoren des Bürgerbegehrens gehen (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juli 1996 a.a.O. juris Rdnr. 43; VG Berlin, Urteil vom 26. April 2007 - 2 A 20.07 - juris Rdnrn. 22 f.; Hannappel/Meireis a.a.O.).

Diese Grundsätze sind auch auf fehlende Angaben des Zeitpunkts der Unterschriftsleistung anwendbar, wenn dieses Datum für das Vorliegen der Unterzeichnungsberechtigung ohne Bedeutung ist (vgl. Hannappel/Meireis a.a.O.). Die Annahme des hier angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses (vgl. auch Bennemann a.a.O.), die Wahlberechtigung zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung könne die Gemeinde nur prüfen, wenn dieser Zeitpunkt in den Unterschriftslisten auch angegeben werde, ist nicht zutreffend, wie der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung ausführlich und überzeugend an Hand des vorliegenden Falles dargestellt hat. Wenn der Gemeindevorstand - wie er hier unwidersprochen vortragen hat und wie es sich bei summarischer Prüfung aus der Beiakte zum Verfahren 8 B 1996/08 ergibt - an Hand seiner Meldeunterlagen festgestellt hat, dass das Bürgerbegehren von einer gemäß § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS 1 HGO ausreichenden Anzahl von Gemeindeeinwohner unterzeichnet worden ist, die alle an jedem einzelnen Tag des „Zeitfensters“ zwischen der mündlichen Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses in der Sitzung der Gemeindevertretung (vgl. Hannappel/Meireis a.a.O. Rdnr. 40) und der Einreichung des unterzeichneten Bürgerbegehrens innerhalb der sechswöchigen Ausschlussfrist des § 8 b Abs. 3 Satz 1 HS 2 HGO wahlberechtigt waren, kann das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO unabhängig davon zweifelsfrei angenommen werden, ob der jeweilige Tag der Unterzeichnung (richtig) angegeben oder feststellbar ist (ähnlich zu einer auf diesen Zeitraum bezogenen Prüfung der Wahlberechtigung: VG Hamburg, Urteil vom 18. April 2000  - 10 VG 283/2000 - juris Rdnr. 28).

Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. auch Bennemann a.a.O.) nicht etwa deshalb geboten, weil durch die Angabe des Datums der Unterschriftsleistung eine unzulässige Unterschriftensammlung „auf Vorrat“ gegen einen erst erwarteten Beschluss der Gemeindevertretung (vgl. Hannappel/Meireis a.a.O. Rdnr. 40) zumindest erheblich erschwert würde. Die angesichts der fehlenden Nachprüfbarkeit des angegebenen Unterschriftszeitpunkts geringe Eignung, einen solchen eher fernliegenden Versuch, die sechswöchige Ausschlussfrist zu unterlaufen, zu verhindern, rechtfertigt es nicht, von dieser gesetzlich nicht ausdrücklich geforderten formelle Angabe die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens abhängig zu machen. Zudem hat der Antragsteller vorliegend überzeugend dargelegt, dass - wie bei kassatorischen Bürgerbegehren wohl die Regel - die mit dem Sitzungsprotokoll (nahezu) wortgleiche Wiedergabe der angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung in dem hier den Unterschriftenlisten vorangestellten Text des Bürgerbegehrens eine Unterschriftsleistung „auf Vorrat“ vor Erlass des Beschlusses praktisch ausschließt.

Die obigen Ausführungen gelten ebenso für die von der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin aus der fehlenden Angabe der Geburtsdaten der Unterzeichner hergeleiteten Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens; konkrete Anhaltspunkte für den weiter angeführten Gesichtspunkt, dass die Unterschriften ohne Kenntnis des gesamten Textes des Bürgerbegehrens geleistet worden sein könnten, sind nicht vorgetragen und aus den vorgelegten Unterschriftenlisten nicht ersichtlich oder plausibel, denn diese Listen befinden sich allesamt auf der Rückseite eines Exemplars, das den vollständigen Text des Bürgerbegehrens und der Begründung enthält.

Nach alledem ist der Beschwerde des Antragstellers in dem aus dem Tenor ersichtlich Umfang mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die zugleich die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GKG abändernde Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt in Anlehnung an Nr. 22. 6 und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 7/2004 (NVwZ 2004 S. 1327 und 1330) die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens durch Halbierung des Auffangstreitwertes.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.