Hessisches LAG, Beschluss vom 17.07.2008 - 15 Ta 138/08
Fundstelle
openJur 2012, 30393
  • Rkr:

Bei einer einstweiligen Verfügung, die darauf gerichtet ist, dem Arbeitgeber bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, eine freie Stelle mit einem konkurrierenden Mitbewerber zu besetzen, ist der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte des Vierteljahresbezuges gem. § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG festzusetzen, sofern es sich um ein neues Arbeitsverhältnis handelt und nicht um eine Beförderung.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Beschluss desArbeitsgerichts Wiesbaden vom 11. Februar 2008 – 7 Ga 8/07– aufgehoben. Der Wert gem. § 33 RVG wird unter Zurückweisungder Beschwerde im Übrigen für das Verfahren und den Vergleich auf9.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger), der bis zum Jahresende 2007 auf der Basis eines befristeten Anstellungsvertrages bei dem verfügungsbeklagten Land (im Folgenden: der Beklagten) beschäftigt war, hatte sich um eine zum 01. Januar 2008 zu besetzende Stelle beworben, ihm war jedoch mitgeteilt worden, die Stelle werde durch eine Mitbewerberin/einen Mitbewerber besetzt. Der Kläger hat darauf im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, dass der Beklagten bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt wird, die fragliche Stelle mit einem anderen Bewerber zu besetzen. Der Kläger würde auf der fraglichen Stelle etwa 6.000,00 Euro brutto verdienen.

Am 09. Januar 2008 haben die Parteien einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen.

Auf Antrag der Klägervertreter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 11. Februar 2008 (Blatt 44 d.A.) den Wert für das Verfahren und den Vergleich auf den Regelstreitwert von 4.000,00 Euro festgesetzt, ohne Abzug wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung. Dieser Beschluss ist den Klägervertretern am 18. Februar 2008 zugestellt worden.

Die Klägervertreter haben dagegen mit Schriftsatz vom 03. März 2008 – Faxeingang am selben Tage beim Arbeitsgericht – im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Sie halten einen Wert in Höhe von 10.000,00 Euro für angemessen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde der Klägervertreter hat ganz überwiegend Erfolg.

Der Wert für das Verfahren und den Vergleich ist auf 9.000,00 Euro festzusetzen.

Maßgebend ist nicht § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Es handelt sich nicht um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, und es kann auch nicht die Rede davon sein, dass für eine Schätzung nicht genügende tatsächliche Anhaltspunkte vorhanden wären. Maßgebend für die Wertfestsetzung ist über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG vielmehr § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, der auf § 3 ZPO verweist. Danach ist auf das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei abzustellen, wobei aber die Bestimmung des § 52 Abs. 5 GKG – diese gilt nicht für das Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen - nicht zur Anwendung kommen kann (LAG Berlin, Beschluss vom 23. April 2002 – 17 Ta 6036/02 –, Arbeitsrechtliche Entscheidungen [AE] 2004, 90; GK-ArbGG/Wenzel § 12 Rz. 304).

Der Kläger strebte letztlich die Begründung eines Arbeitsverhältnisses bezüglich der Stelle an, um die er sich beworben hat. Insoweit wäre gem. § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ein Wert in Höhe eines Vierteljahresbezuges anzusetzen. Da es hier im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nicht um die Besetzung der Stelle ging, sondern um die Verhinderung einer anderweitigen Stellenbesetzung, erscheint es als angemessen, den Wert zu reduzieren (vgl. dazu auch Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Aufl., I Rz. 317), nämlich hierfür die Hälfte des sich aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ergebenen Wertes anzusetzen, also einen Betrag in Höhe von 9.000,00 Euro. Der Ansatz eines geringeren Bruchteiles würde der Bedeutung der einstweiligen Verfügung im Konkurrentenstreit nicht gerecht. In ähnlicher Weise knüpft das ArbG Siegen (im Urteil vom 25. Mai

2007 – 2 Ga 8/07 – juris, eine Printveröffentlichung ist nicht ersichtlich) bei der Konkurrentenverfügung betreffend eine höher dotierte Stelle an den Vierteljahresbezug an und zieht dabei eine Parallele zur Änderungskündigung, wenngleich es keinen Abschlag vornimmt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Da die Beschwerde weitestgehend Erfolg hat, wird eine Beschwerdegebühr nicht erhoben (Nr. 8614 des Kostenverzeichnisses zum GKG), und Auslagen werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht möglich.