AG Seligenstadt, Urteil vom 17.01.2008 - 32 F 695/05 - S, 32 F 695/05
Fundstelle
openJur 2012, 29494
  • Rkr:
Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Antragstellerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: Euro 16.250,–

Tatbestand

Die Antragstellerin hat die deutsche und die brasilianische, der Antragsgegner die italienische und die brasilianische Staatsangehörigkeit. Die Antragstellerin beantragt mit am 22.12.2005 eingegangenem und am 07.02.2006 zugestellten Antrag u. a. die Scheidung der Ehe.

Am 02.04.1988 heirateten sie in Kanada, wobei der Antragsgegner zu dieser Zeit noch verheiratet war.

Am 24.11.1997 schlossen sie vor dem 31. Urkundennotariat in Rio de Janeiro einen Ehevertrag. Am 25.11.1997 heirateten sie nochmals in Brasilien und lebten seither in verschiedenen Ländern, zuletzt in den Niederlanden, wo der Antragsgegner heute noch lebt und arbeitet.

Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor.

Im Februar 2004 verbrachten die Parteien einen gemeinsamen Skiurlaub. Am 03.03.2004 reiste die Antragstellerin nach Brasilien.

Im März 2005 reichte der Antragsgegner vor einem brasilianischen Gericht einen Antrag auf gerichtliche Trennung ein, im September 2006 erfolgte die Umwandlung in ein Scheidungsverfahren, wobei streitig ist, ob eine Zustellung erfolgte

Die Antragstellerin ist der Ansicht, das Amtsgericht Seligenstadt sei international und örtlich zuständig. Sie behauptet, seit 12.11.2004 in Seligenstadt aufenthältlich zu sein.

Sie behauptet, sie lebe von dem Antragsgegner spätestens seit Februar 2004 getrennt. Ab Ende 2003 hätten die Parteien nicht mehr miteinander geschlechtlich verkehrt. In diesem Jahr habe sie unter Depressionen und seelischen Erschöpfungszuständen gelitten, was letztlich auch erkläre, warum sie den Antragsgegner gegen ihren Willen in den Skiurlaub im Februar 2004 begleitet und davon abgesehen habe, das gemeinsame Schlafzimmer zu verlassen. Jedenfalls habe der Antragsgegner sie in der 2. Februarhälfte mit einem Messer bedroht. Sie habe daraufhin juristischen Rat eingeholt.

Sie meint, aufgrund ihrer Wohnsitznahme sei das Scheidungsbegehren nach deutschem, hilfsweise jedoch nach niederländischem Recht begründet.

Sie beantragt die Durchführung des Versorgungsausgleichsverfahrens, wobei die der Auffassung ist, für den Beginn der Ehezeit sei der 02.04.1988 maßgebend.

Die Antragstellerin beantragt,

I. Die am 25.11.1997 vor dem 5. Standesamtsbezirk des Zivilregisters für natürliche Personen/Rua Djalma Ulrich 154 - 2. - 5. und 7. Etage, Verwaltungsbezirk-Hauptstadt/Gemeinde von Lagoa und Gaweja, Brasilien, zum Aktenzeichen 343-B, Blatt 217 unter der Eheschließungsnummer 36569 des Personenstandsbuches in diesem Standesamtsarchiv geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

II. Hilfsweise zu I.

Die am 25.11.1997 vor dem 5. Standesamtsbezirk des Zivilregisters für natürliche Personen/Rua Djalma Ulrich 154 - 2. - 5. und 7. Etage, Verwaltungsbezirk-Hauptstadt/Gemeinde von Lagoa und Gaweja, Brasilien, zum Aktenzeichen 343-B, Blatt 219 unter der Eheschließungsnummer 36569 des Personenstandsbuchs in diesem Standesamtsarchiv geschlossene Ehe der Parteien wird getrennt.

III. Es wird festgestellt, dass die am 02.04.1988 vor dem Eheschließungsbeamten der Provinz von British Columbia zu Nr. 40 ... unleserlich ... 0116 geschlossene Ehe der Parteien nichtig ist.

IV. Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt.

Sie beantragt darüber hinaus in der Folgesache Unterhalt,

der Antragsgegner wird verurteilt,

I.

vollständig und schriftlich Auskunft zu erteilen,

a) über sein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit für den Zeitraum November 2003 bis Oktober 2004

aa) für den zu 1 a.) genannten Zeitraum für jeden Monat Einzelbelege vorzulegen, die im einzelnen die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Zusammensetzung erkennen lassen müssen; soweit ein Kodierungsschlüssel den Einzelbelegen zugrundeliegt ist dieser in gut lesbarer Form ebenfalls vorzulegen; soweit Sachleistungen bezogen wurden, sind diese vollständig zu bezeichnen und durch geeignete Unterlagen zu dokumentieren.

b. über sein Einkommen aus selbständiger Arbeit für den Zeitraum 2001, 2002 und 2003.

bb. für den zu 1 b.) genannten Zeitraum für jedes einzelne Jahr, soweit eine steuerliche Verpflichtung besteht, folgende Unterlagen im Original – hilfsweise: als anwaltlich beglaubigte Kopie – vorzulegen:

– Bilanzen des bzw. der Unternehmen an denen Beteiligungen bestehen;

– dazugehörige Kontenstellennachweise

– diesbezügliche Gewinn- und Verlustberechnungen

– dazugehörige Kontenstellennachweise

– diesbezügliche Lageberichte

– diesbezügliche rechtskräftige Gewinnfeststellungsbescheide

– Einnahmeüberschußberechnungen

– soweit Einzelveranlagung durch den Beklagten gewählt wurde oder wird, durch Vorlage der rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide.

c. über sein Einkommen aus Vermögen für den Zeitraum 2001, 2002 und 2003 durch Vorlage eines geordneten Vermögensverzeichnisses in dem die einzelnen Vermögenswerte ausführlich beschrieben angegeben werden.

cc. für den zu 1 c.) genannten Zeitraum für jedes einzelne Jahr geeignete Belege, die die Auskunft dokumentieren, vorzulegen. Insbesondere:

– Depotabrechnungen

– Dividendenbescheinigungen

– Sparzinsbestätigungen von Banken bzw. Sparkasseninstituten

– steuerberaterlich testierte, geordnete Zusammenstellungen über Einnahmen und Ausgaben aus Miete und/oder Verpachtungen

– Durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002, 2001 und 2000 ersatzweise 2001, 2000 und 1999.

– Abrechnungen über gekaufte + verkaufte Kunst- und sonstige Wertgegenstände.

2. Der Übergang zum Antrag

Der Beklagte wird verurteilt, an Eides Statt vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amtsgericht bzw. vor dem für ihn zuständigen Rechtspfleger zu versichern, daß die von ihm erteilten Auskünfte bzw. vorgelegten Unterlagen mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht bzw. vorgelegt wurden und dass die Auskünfte und vorgelegten Belege nach bestem Wissen so vollständig gemacht und vorgelegt wurden, als er dazu im Stande ist.

Die Antragstellerin beantragt im Übrigen,

im Falle der Abweisung des Scheidungsantrages ihr die Geltendmachung von Ehegattenunterhalt vorzubehalten.

Der Antragsgegner anerkennt den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der in British Columbia geschlossenen Ehe und beantragt im Übrigen,

Abweisung der Anträge.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, das Amtsgericht sei nicht zuständig. Die Voraussetzungen für die Ehescheidung unterlägen brasilianischem Recht. Daher sei der Scheidungsantrag bei Einreichung nicht möglich gewesen.

Er meint, der Antrag auf gerichtliche Trennung sei wegen des von ihm am 11.03.05 in Brasilien gestellten Antrages, der Scheidungsantrag wegen seines in Brasilien anhängigen Scheidungsantrages unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den zu Darlegungs- und Beweiszwecken beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 26.06.2006. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Max-Planck-Instituts vom 29.08.06 (Bl. 126 ff. d.A.) und 02.04.2007 (Bl. 188 ff. d.A.) Bezug genommen

Gründe

Der Antrag auf Scheidung der Ehe ist zulässig.

Zweifel an der Prozessfähigkeit der Antragstellerin hat das Gericht aufgrund des persönlichen Eindrucks, welchen es sich nicht nur in dem anhängigen Scheidungsverfahren verschaffen konnte, nicht.

Das Amtsgericht ist international zuständig. Die Antragstellerin hatte bei Antragstellung seit mindestens einem Jahr ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und der Antragsgegner lebt in den Niederlanden (Art. 6 a), Art. 3 I Sp. 5 der EG- VO Nr. 2201/2003).

Die Antragstellerin hat durch Vorlage ihres deutschen Personalausweises in der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2005 im Verfahren 2 F 450/05 EAUE u. EAPKV nachgewiesen, in Seligenstadt ihren inländischen Wohnsitz zu haben. Sie meldete sich spätestens am 15.11.2004 in Seligenstadt an, wie sich aus dem Ausstellungsdatum des Personalausweises ergibt. Auch der Umstand, dass sie sich bei einer Deutschen Versicherung krankenversichert hat, was sich aus der Vorlage der Allianz-Card im Termin vom 22.12.05 ergibt, spricht hierfür.

Das Amtsgericht Seligenstadt ist örtlich zuständig nach § 606 II 2 ZPO, da der Antragsgegner in Holland lebt und die Antragstellerin in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.

Der Zulässigkeit des Scheidungsantrages steht eine doppelte Rechtshängigkeit durch das vom Antragsgegner in Brasilien eingeleitete Trennungs- und Scheidungsverfahren nach § 261 III Nr. 1 ZPO nicht entgegen.

Hinsichtlich des ursprünglichen Antrages des Antragsgegners auf Trennung handelt es sich nicht um identische Streitgegenstände, so dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen brasilianischer und deutscher Gerichte nicht besteht.

Trennungs- und Scheidungsverfahren bilden unterschiedliche Streitgegenstände. Dies folgt nicht nur aus den unterschiedlichen Anträgen in solchen Verfahren. Auch die Folgen entsprechender Entscheidungen sind unterschiedlich. Insoweit kann auf das nachvollziehbare Gutachten des Max-Planck-Instituts vom 29.08.2006 verwiesen werden. Die unterschiedlichen Streitgegenstände werden durch die Möglichkeit der Umwandlung der Trennungs- in ein Scheidungsverfahren gemäß Art. 1580 des brasilianischen Zivilgesetzbuches (CC) deutlich. Wenn es sich hierbei nach brasilianischem Recht um identische Streitgegenstände handeln würde, wäre eine Umwandlung nicht erforderlich. Aber auch die Rechtsfolgen eines Trennungs- und eines Scheidungsurteils sind unterschiedlich. Nach Art. 1571 CC beendet die gerichtliche Trennung nur die eheliche Gemeinschaft, wohingegen die Scheidung eine gültige Ehe aufhebt.

Dem steht Art. 19 Abs. 2 der EG- VO Nr. 2201/2003 nicht entgegen. Zwar werden danach Trennungs- und Scheidungsverfahren gleich gestellt. Jedoch betrifft diese Vorschrift nur Verfahren in EU- Vertragsstaaten.

Art. 19 Abs. 2 der EG- VO Nr. 2201/2003 kann nicht zu einer Erweiterung des Streitgegenstandbegriffes führen. Der Streitgegenstand einer Ehesache ist gerichtet auf die Aufhebung der Ehe, ein Trennungsverfahren bereitet eine solche grundsätzlich nur vor.

Dem Scheidungsbegehren der Antragstellerin steht nicht die Umstellung des Trennungs- in einen Scheidungsantrag durch den Antragsgegner in Brasilien entgegen. Die Umwandlung des brasilianischen Verfahrens ist jedenfalls nach der Rechtshängigkeit des Antrages der Antragstellerin erfolgt. Erst im September 06 stellte der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag in Brasilien. Das vorliegende Verfahren ist jedoch schon mit der Zustellung des Scheidungsantrages am 07.02.2006 rechtshängig. Eine ex- tunc- Wirkung mit der Folge, dass es auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des brasilianischen Trennungsverfahrens ankommen würde, hat die Umwandlung nicht. Dies hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend unter Darlegung der Rechtslage und der Rechtsprechung in Brasilien herausgearbeitet.

Der Antrag auf Scheidung ist jedoch unbegründet.

Auf das Scheidungsbegehren ist nach Art. 17 I, 14 I Nr. 2 EGBGB zunächst niederländisches Recht anzuwenden, da die Parteien dort ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Dieses verweist jedoch vorliegend auf Brasilianisches Recht, so dass dieses maßgebend ist. Nach Art. 1 Abs. 1 a Wet conflictenreecht inzake ontbinding huwelijk en scheidung von tafel en bed (WCR) ist das gemeinschaftliche nationale Recht der Parteien maßgebend. Besitzen die Parteien mehrere Staatsangehörigkeiten, gilt das Recht des Staates, mit dem sie unter Berücksichtigung aller Umstände die engste Verbindung haben (Art. 1 Abs. 3 WCR).

Beide Parteien haben mit Brasilien die engste Verbindung. Diese Staatsangehörigkeit ist für beide Parteien die effektive.

Hinsichtlich beider ist dabei nicht nur zu berücksichtigen, dass sie in Brasilien geboren sind und dort geheiratet haben, wobei sie am 24.11.1997 einen Ehevertrag in Rio de Janeiro abgeschlossen hatten. Allein damit haben sie ihre besondere Verbundenheit mit Brasilien dokumentiert, indem sie sich dem Heiratsrecht dieses Staates unterstellten. Hinzu kommt, dass die Parteien ausweislich des Ehevertrages in Brasilien wohnhaft waren, nämlich in Rio de Janeiro, Rua Visconde de Pirajá, App. 503. Soweit die Antragstellerin dies bestreitet, hat sie nichts Gegenteiliges bewiesen. Unabhängig davon würde die Verbundenheit mit Brasilien umso deutlicher werden, wenn die Parteien zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht in Brasilien gewohnt hätten und nur zum Zwecke des Ehevertrages und der Eheschließung nach Brasilien zurückgekehrt wären. Klarer könnte die Absicht der Parteien, sich dem Brasilianischen Recht unterstellen zu wollen, nicht zum Ausdruck kommen.

Dem steht der mittlerweile über drei Jahre dauernde Aufenthalt der Antragstellerin in Deutschland nicht entgegen. Unstreitig verbrachte sie mehrere Jahre in unterschiedlichen Staaten (Kanada, Tschechien, Italien, Niederlande), ohne sich in diesen Ländern dauerhaft niederzulassen Immerhin lebte sie seit 2001 in den Niederlanden. Nach vier Jahren entschloss sie sich, nach Brasilien zu ziehen und dort ihre berufliche Laufbahn wieder aufzunehmen. In der mündlichen Verhandlung vom 02.10.07 schilderte sie, von März bis November 2004 in Brasilien gewesen zu sein sowie als Zahnärztin gearbeitet zu haben. Zwar hat sie hierfür nach ihren Angaben kein Geld erhalten. Sie räumte jedoch ein, sie habe ihre Chancen auf dem dortigen Arbeitsmarkt ausloten wollen. Dass sie mit Brasilien weiterhin eine enge Verbindung hat, zeigt sich nicht nur hierin. Sie ist nach ihren Angaben sogar noch bei der Zahnärztekammer in Brasilien gemeldet.

Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, sie sei aufgrund ihres mittlerweile dreijährigen Aufenthalts mit Deutschland enger verbunden als mit Brasilien.

Hinsichtlich des Antragsgegners sind neben Brasilien keine weiteren, engen Beziehungen zu einem anderen Land ersichtlich. Dass er mit einer neuen Partnerin und einem gemeinsamen Kind in den Niederlanden lebt, spricht nicht dagegen. Nach dem beruflichen Werdegang des Antragsgegners sind seine bisherigen Auslandsaufenthalte beruflich bedingt gewesen.

Eine Zurückverweisung durch brasilianisches Recht kommt nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht in Betracht. Danach kam es nur vereinzelt und nur unter besonderen Umständen durch niederländische Gerichte zur Anerkennung eines Renvoi. Auch die Entwürfe zur Kodifizierung des IPR in den Niederlanden sehen ein Renvoi nur ausnahmsweise vor.

Der Antrag auf Scheidung ist nach dem anzuwendenden brasilianischen Recht abzuweisen.

Zwar liegen die Voraussetzungen für eine direkte Scheidung nach § 1580 § 2 CC mittlerweile vor, weil die Parteien seit mehr als zwei Jahren faktisch getrennt leben.

Allerdings hat die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag verfrüht eingereicht. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit lebten die Parteien noch keine zwei Jahre getrennt.

Maßgebend für den Ablauf der Trennungszeit ist der Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage. Insoweit hat der Sachverständige die Rechtsprechung in Brasilien sowie deren Tendenzen dargestellt. Hier schließt sich das Gericht der Auffassung der überwiegenden Anzahl der Stimmen in der Literatur und des Oberen Bundesgerichts an. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Art. 1580 § 2 CC, wonach eine Scheidung erst beantragt werden kann, wenn die Ehegatten nachgewiesenermaßen mehr als zwei Jahren faktisch getrennt gelebt haben.

Das Gericht hat von einer faktischen Trennung erst ab 03.03.2004 auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt verließ die Antragstellerin unstreitig die gemeinsame Ehewohnung in den Niederlanden und flog nach Brasilien.

Einen früheren Trennungszeitpunkt hat die Antragstellerin nicht dargetan.

Zum einen kommt es nach brasilianischem Recht auf die faktische Trennung der Parteien an und nicht auf die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nach deutschem Recht (§ 1567 Abs. 1 BGB). Erst zum 03.03.04 verließ die Antragstellerin die Ehewohnung. Ob die Parteien zuvor innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt haben, also eine Trennung i.S.v. § 1567 BGB vorlag, spielt keine Rolle. Art. 1580 § 2 CC spricht ausdrücklich von einer faktischen Trennung. Dies kann nur die völlige Aufhebung des Zusammenlebens, also die räumliche Trennung der Parteien bedeuten. Dies folgt aus Art. 1566 CC, wonach zu den Pflichten der Ehegatten das Zusammenleben am ehelichen Wohnsitz zählt. Der Ansicht der Antragstellerin, welche das Tatbestandsmerkmal der "faktischen Trennung" unter Heranziehung und im Sinne der Vorschriften zur gerichtlichen Trennung auslegen will, kann das Gericht nicht folgen. Art. 1572 § 1 CC spricht nur von Trennung, wohingegen Art. 1580 § 2 CC ausdrücklich eine faktische Trennung verlangt.

Zum anderen ist ihr Vortrag unsubstanziiert. Sie teilt kein konkretes Datum mit, wann es zur Trennung gekommen sein soll. Dies ist insofern entscheidend, als die Zustellung ihres Scheidungsantrages am 07.02.2006 erfolgte.

Außerdem trägt sie nicht vor, wie sich das faktische Getrenntleben vor dem 07.02.04 konkret dargestellt hat. Ihre dahingehenden Behauptungen sind nicht ausreichend. Dass die Parteien seit Ende 2003 nicht mehr miteinander geschlechtlich verkehrten, der Antragsgegner sie ab Januar 2004 immer nur angeschrien sowie sie bedroht und beschimpft habe, mag der Zustand einer in Auflösung befindlichen Ehe, nicht jedoch deren Ende sein. Schließlich kann aus dem Umstand, dass die Antragstellerin im Januar 2004 aus Angst oder aufgrund ihrer psychischen Ausnahmesituation darauf verzichtet hat, ein eigenes Zimmer innerhalb des Hauses zu beziehen, nichts hergeleitet werden.

Im Übrigen schildert sie nur Vorgänge, die nach dem 07.02.04 gelegen haben müssen, so z.B. die Einholung juristischen Rats nach einer angeblichen Messerattacke durch den Antragsgegnerin der zweiten Februarhälfte.

Der Hilfsantrag auf Trennung der Parteien war als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin hat kein Rechtsschutzinteresse an einer gerichtlich bestätigten Trennung der Parteien. In Brasilien ist spätestens seit Zustellung der Umwandlung ein Scheidungsverfahren rechtshängig. Die Trennungsklage ist nur eine Vorstufe zur Scheidung (OLG Frankfurt FamRZ 1995, 375).

Das Gericht hat davon auszugehen, dass der Antragstellerin am 05.03.07 der "Umwandlungsschriftsatz" zugestellt wurde. Sie räumte in der mündlichen Verhandlung vom 02.10.07 ein, Schriftsätze in einem Scheidungs- oder im Unterhaltsverfahren erhalten zu haben. Auf dem vorgelegten Empfangsbekenntnis bestätigte die Antragstellerin, dass ihr am 05.03.07 eine Scheidungsklage persönlich übergeben wurde. Wenn die Antragstellerin in dieser Situation sich darauf beschränkt, die Zustellung gerade des Umwandlungsantrages zu bestreiten, ist dies nicht ausreichend. Sie hätte hier schon konkret vortragen müssen, was ihr am 05.03.07 zugestellt wurde.

Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit der in Kanada geschlossenen Ehe war als unzulässig zurückzuweisen.

Es fehlt an einem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Es bedarf keiner gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die von keiner Partei angegriffen werden, tritt die Nichtigkeit der Eheschließung nach dem maßgebenden Recht von British Columbia ex lege ein.

Sowohl der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs als auch der Antrag auf Ehegattenunterhalt sind mit der Zurückweisung des Scheidungsantrages als gegenstandslos zu betrachten (§ 629 III ZPO). Deren Fortsetzung konnte nicht vorbehalten werden. Das Gesetz sieht einen vorzeitigen Versorgungsausgleich ohne Ehesache nicht vor. Die Folgesache Ehegattenunterhalt könnte nur fortgesetzt werden, wenn der Anspruch auf die §§ 1360 ff. gestützt wird. Insoweit ist jedoch bereits ein Verfahren anhängig, welches derzeit nicht betrieben wird.

Die Antragstellerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

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