LG Wiesbaden, Urteil vom 02.02.2007 - 9 O 190/06
Fundstelle
openJur 2012, 28454
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen. Sein LKW (Sattelzug mit Auflieger) mit dem amtl. Kennzeichen ... war bei der Beklagten haftpflichtversichert.

Am 19.1.2006 transportierte der oben genannte Lastzug u.a. Chemikalien und Gefahrgut von H nach B. Auf der BAB 7 im Bezirk F trat gegen 2.30 Uhr ein Motorbrand auf, den der Fahrer mit den bordeigenen Feuerlöschern nicht mehr löschen konnte. Das Feuer griff auf die Ladung über, wodurch Gefahrgutbehälter beschädigt wurden und der Inhalt austrat. Außerdem wurde die Ladung durch austretendes Chlorgas kontaminiert. Auf Anordnung von Polizei und Feuerwehr wurde durch die ... im Rahmen der Bergungsarbeiten verunreinigtes Erdreich abtransportiert und entsorgt. Die beschädigte bzw. kontaminierte Ladung wurde auf eine Deponie gebracht und dort von der Firma ... sortiert und entsorgt. Sie stellte dem Kläger unter dem 13.2.2006 insgesamt 9.802,48 Euro in Rechnung. Die Beklagte regulierte die sonstigen Bergungskosten, lehnte die Übernahme dieser Kosten jedoch mit der Begründung ab, eine privatrechtliche Haftung des Klägers gegenüber dem Wareneigentümer sei ausgeschlossen, da ihn kein Verschulden treffe. Wegen rein öffentlich-rechtlicher Ansprüche besteht kein Deckungsschutz. In dem Schreiben der Beklagten vom 6.7.2006 heißt es weiter wie folgt:

"Im Rahmen der vertraglichen Deckungssumme werden wir folglich privatrechtliche Schadensersatzansprüche befriedigen, soweit sie nachgewiesen sind und unberechtigte Ansprüche abwehren."

Der Kläger begehrt die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm Versicherungsschutz im Rahmen des Versicherungsvertrages für den am 19.1.2006 eingetretenen Brandschaden zu gewähren. Er verlangt ferner Zahlung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Anwaltskosten an seine Prozessbevollmächtigten.

Er ist der Ansicht, zu den von der Beklagten im Rahmen der KFZ-Haftpflichtversicherung zu ersetzenden Schäden gehörten auch die Entsorgungskosten für die beschädigte Ladung. Nur der Schaden am Transportgut selbst falle unter den Haftungsausschluss nach § 11 Nr. 4 AKB. Auch wenn die Polizei hoheitlich zur Gefahrenabwehr tätig geworden sei, schließe dies nicht aus, dass sie zugleich privatrechtlich im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag für den verantwortlichen KFZ-Halter tätig geworden sei. Ob auch den Wareneigentümer eine Pflicht zur Entsorgung getroffen habe, sei unerheblich und begründe allenfalls Regressansprüche der Beklagten. Im Übrigen sei er dem Wareneigentümer gegenüber ersatzpflichtig, da er für Mängel des Fahrzeuges uneingeschränkt einstehen müsse.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... Versicherungsschutz nach Maßgabe und im Rahmen des Vertrages wegen der Forderung aus der Rechnung der Firma Behrens und Behrens vom 13.2.2006 in Höhe von 9.802,48 Euro zu gewähren, sowohl für den Fall der Geltendmachung der Forderung durch die Firma ... selbst als auch für den Fall der Geltendmachung durch den Landkreis Fallingbostel oder sonstige Ordnungsbehörden;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsanwälte ... (Konto bei der ...) Euro 389,65 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten oberhalb des jeweiligen Basiszinssatzes per anno gem. § 288 BGB seit dem 10.7.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, es fehle schon am Rechtsschutzinteresse, da sie in ihrem Schreiben vom 6.7.2006 bereits Deckungsschutz gewährt habe. Sofern der Kläger von der Firma ... verklagt werden sollte, werde sie im Rahmen ihrer Zusage für die Rechtsverteidigung des Klägers sorgen. In der Sache sei sie zur Übernahme dieser Kosten nicht verpflichtet. Für öffentlichrechtliche Erstattungsansprüche habe sie nach den Versicherungsbedingungen nicht einzustehen. Die privat-rechtliche Haftung des Klägers sei nach § 432 HGB ausgeschlossen, da Entsorgungskosten des beschädigten Transportgutes nicht erstattungsfähig seien. Dieser Haftungsausschluss gelte auch für konkurrierende Ansprüche. Güterfolgeschäden habe er nicht zu ersetzen. Nach der Entfernung der Ladung von der Fahrbahn habe auch keine unmittelbare Gefahr mehr bestanden. Die Entsorgung sei nunmehr Sache des Eigentümers der Ware gewesen.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist jedenfalls zur Zeit unbegründet.

Die Leistungspflicht der Beklagten erstreckt sich auf die Befriedigung berechtigter bzw. die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche. Es liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen, darüber zu entscheiden, ob die Ansprüche des Dritten als berechtigt anzuerkennen oder als unberechtigt abzuwehren sind. Sofern der Versicherer – wie hier die Beklagte – die Abwehr für unbegründet erachteter Schadensersatzansprüche anbietet, kommt eine Klage auf Befreiung von dieser Schuld erst in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist (§ 156 As. 2 VVG, vgl. OLG Karlsruhe, VersR 1993, 1390; OLG Frankfurt, VersR 2003, 588).

Da sich die Beklagte mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag nicht in Verzug befand, kommt auch ein Anspruch auf Erstattung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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