OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.07.2006 - 20 W 10/06
Fundstelle
openJur 2012, 27747
  • Rkr:

Die Teilung eines GmbH-Geschäftsanteiles in einer notariellen Urkunde unter gleichzeitiger Abtretung sämtlicher Teile dieses Geschäftsanteiles an denselben Erwerber mit Wirkung zum selben Zeitpunkt ist auch dann nach § 17 Abs. 5 GmbHG unwirksam, wenn einzelne Teile vom Erwerber als Treuhänder für einen Dritten gehalten werden sollen.

Tenor

[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.]

Gründe

I.

Mit notarieller Urkunde vom 27. Juni 2005 erklärte die alleinige Gesellschafterin Prof. Dr. A, ihren Geschäftsanteil von 25.000,-- EUR in zwei Geschäftsanteile von 15.000,-- und 10.000,-- EUR zu unterteilen und den neu gebildeten Geschäftsanteil von 10.000,-- EUR an Herrn B, den neu gebildeten Geschäftsanteil von 15.000,-- EUR an Prof. C zu übergeben. Des Weiteren trat sie mit sofortiger Wirkung beide Geschäftsanteile an Prof. C ab, der die Abtretung annahm und den einen Geschäftsanteil treuhänderisch für Herrn B halten soll. Anschließend hielten in der selben Urkunde Prof. C und Herr B eine Gesellschafterversammlung ab und beschlossen die Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin, die Bestellung des Herrn B zum neuen Geschäftsführer, die Erteilung von Einzelprokura an Prof. C sowie die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft nach ... und eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages.

Herr B meldete den Geschäftsführerwechsel, die Erteilung der Einzelprokura sowie die Sitzverlegung unter dem 27. Juni 2005 zur Eintragung in das Handelsregister an.

Der Registerrichter des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. Höhe wies den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 06. Juli 2005 zurück, da er die Übertragung der beiden Teile des Geschäftsanteiles wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 5 GmbHG als nichtig erachtete, weshalb auch die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse sämtlich unwirksam seien.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin wies das Landgericht nach Nichtabhilfe durch den Registerrichter mit Beschluss vom 30. November 2005 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Amtsgericht sei zutreffend von der Unwirksamkeit der Abtretung der Geschäftsanteile nach §§ 17 Abs. 5 GmbHG, 134 BGB ausgegangen. Anderes ergebe sich auch nicht aus der von der Anmelderin zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 11, 124), da dort der Abtretungserfolg auf verschiedene Zeitpunkte verlegt worden sei.

Mit der hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde vertritt die Anmelderin weiterhin die Auffassung, die vorliegend erfolgte Abtretung der Teile des Geschäftsanteiles sei zulässig, weil sie dem Zweck des § 17 Abs. 5 GmbH nicht zuwider laufe, sondern wirtschaftlich gerechtfertigt sei, um im Hinblick auf das Treuhandverhältnis eine unterschiedliche Ausübung der Stimmrechte zur Durchsetzung der Weisung des Treugebers zu ermöglichen.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Der Eintragungsantrag wurde nach §§ 13 h Abs. 3 HGB, 57a, 9c Abs. 1, 39 GmbHG zu Recht zurückgewiesen, weil die Teilung und Abtretung der Teile des ursprünglichen Geschäftsanteiles durch die Alleingesellschafterin nach § 17 Abs. 5 GmbHG unzulässig und damit unwirksam war, so dass der Abtretungsempfänger nicht Gesellschafter wurde und deshalb auch keine wirksamen Beschlüsse für die Gesellschaft fassen konnte.

Nach § 17 Abs. 5 GmbHG ist eine gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters an den selben Erwerber unzulässig. Der Vorschrift des § 17 GmbHG liegt der Grundsatz der Unteilbarkeit der Anteilsrechte zugrunde. Wegen der engeren persönlichen Bindung der Gesellschafter der GmbH soll im Unterschied zur Aktiengesellschaft der Mitgliederwechsel zur Wahrung der Überschaubarkeit der Mitgliederzahl und des Mitgliederbestandes erschwert werden. Des Weiteren soll der Geschäftsanteil, der die Mitgliedschaftsrechte verkörpert, grundsätzlich unteilbar sein und nur im Falle der Veräußerung und Vererbung mit Zustimmung geteilt werden können (vgl. Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 17 Rn. 1; Michalski/Ebbing, GmbHG, § 17 Rn. 1).

§ 17 Abs. 5 GmbHG verbietet mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit nur die gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile eines Geschäftsanteiles desselben Gesellschafters an denselben Erwerber. Demgegenüber ist die Übertragung mehrerer Anteile oder von Teilen verschiedener Anteile eines Veräußerers an einen Erwerber oder aber die Übertragung mehrerer Teile eines Anteiles an verschiedene Erwerber zulässig. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmales der Gleichzeitigkeit ist umstritten (vgl. zum Meinungsstand etwa Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 17 Rn. 36; Michalski/Ebbing, a.a.O., § 17 Rn. 38).

Für die Auslegung des § 17 Abs. 5 GmbHG ist auf den Sinn der Vorschrift abzustellen, der ausweislich der Amtlichen Begründung zum Entwurf des GmbHG (S. 65) darin liegt, die willkürliche Vervielfältigung von Geschäftsanteilen durch gleichzeitige Abtretung an denselben Erwerber zu verhindern. Hiernach kann es für die Auslegung des vom Gesetz verwandten Begriffes der Gleichzeitigkeit nicht allein maßgeblich sein, ob die Abtretung in einer einheitlichen Urkunde erfolgt (so KG OLGE 27, 371; Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 17 Rn. 8; Vogel, GmbHG 1956, § 17 Anm. 5), da dann eine Umgehung durch bloße getrennte Beurkundung möglich wäre. Auch das Kriterium, ob die Aufspaltung auf einem einheitlichen Willensentschluss beruht (so Brodmann, GmbHG, 1930, § 17 Anm. 5), erweist sich jedenfalls isoliert betrachtet nicht als geeignet. Zu weitgehend dürfte des weiteren sein, alle Teilveräußerungen zu erfassen, die in einem gewissen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (so wohl Scholz/Winter; GmbHG, 9. Aufl., § 17 Rn. 15).

Allerdings erscheint es sinnvoll bei der Auslegung den von den Beteiligten bei der Vornahme der Aufteilung und Übertragung verfolgten Zweck zu berücksichtigen. In diesem Sinne hat bereits der Bundesgerichtshof in der von der Anmelderin zitierten Entscheidung vom 28. November 1953 (BGHZ 11, 124) für die Auslegung des Begriffes der Gleichzeitigkeit darauf abgestellt, ob die Übertragung mehrerer Teile eines Geschäftsanteiles wirtschaftlich gerechtfertigt ist und die Aufspaltung sich deshalb nicht als Selbstzweck darstellt. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Jasper, Münch Handbuch des GesR, Band III: GmbH, § 24 Rn. 13; Ulmer/Habersack/Winter, Großkomm. GmbHG § 17 Rn. 9) kann dies jedoch nicht dazu führen, allein auf die Frage einer wirtschaftlichen Rechtfertigung abzustellen und das vom Gesetz ausdrücklich gewählte Tatbestandsmerkmal der Gleichzeitigkeit hierdurch vollständig zu ersetzen. Denn durch eine derartige Interpretation, die dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift zuwider liefe, wären die Grenzen einer zulässigen Auslegung überschritten. Wie das Landgericht bereits zutreffend hervorgehoben hat, kann sich diese Literaturauffassung auch nicht auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28. November 1953 (a.a.O.) stützen, da im dortigen Fall das Angebot zur Abtretung mehrerer Teile eines Geschäftsanteiles zwar in einer notariellen Urkunde erklärt worden war, der Abtretungserfolg aber zu verschiedenen Zeitpunkten eintreten sollte. Gerade für diesen Fall der sukzessiven Übertragung mehrerer Teile eines Geschäftsanteiles hat der BGH die Verbotsnorm des § 17 Abs. 5 GmbHG unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift als nicht einschlägig erachtet, wenn die so vorgenommene und zeitlich gestreckte Aufspaltung des Geschäftsanteiles sich nicht als Selbstzweck darstellt, sondern auf einem wirtschaftlich vernünftigen Zweck beruht. Hiernach kann das Kriterium, ob die Aufteilung des Geschäftsanteiles im Sinne des Vorliegens eines wirtschaftlichen Grundes sachlich gerechtfertigt ist, zwar im Wege einer teleologischen Auslegung des vom Gesetz verwandten Begriffes der Gleichzeitigkeit herangezogen werden. Hierdurch wird zum einen verhindert, dass das gesetzliche Verbot auf alle Übertragungsakte ausgedehnt wird, die in einem gewissen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Des Weiteren lässt sich hierdurch vermeiden, dass ausschließlich auf den Zeitpunkt des jeweiligen Eintrittes des Abtretungserfolges abgestellt wird, so dass eine Umgehung allein durch die Vereinbarung eines zeitlich gestreckten Erwerbes der einzelnen Teile möglich wäre (so auch Rohwedder/Schmidt/Leithoff, a.a.O., § 17 Rn. 37).

Erfolgt jedoch die Teilung und Abtretung der Teile des Geschäftsanteiles sowohl in einer einheitlichen Urkunde und tritt auch die dingliche Rechtsänderung im Sinne des Abtretungserfolges vereinbarungsgemäß zum selben Zeitpunkt ein, so sind die Voraussetzungen der Verbotsnorm des § 17 Abs. 5 GmbHG eindeutig erfüllt und können auch im Wege einer einschränkenden Auslegung nicht beseitigt werden. Eine vollständige Ersetzung des vom Gesetzgeber ausdrücklich gewählten Kriteriums der Gleichzeitigkeit der Übertragung durch das hiervon inhaltlich zu unterscheidende Merkmal der sachlichen oder wirtschaftlichen Rechtfertigung muss einer diesbezüglichen Änderung des Gesetzes durch den hierzu berufenen Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

Da somit die Teilung des Geschäftsanteiles und die Übertragung der Teile nicht wirksam geworden ist, hätten die zur Eintragung in das Handelsregister angemeldeten Veränderungen nur von der bisherigen und weiteren Alleingesellschafterin beschlossen werden können, so dass die Vorinstanzen den Eintragungsantrag zutreffend zurückgewiesen haben.