StGH des Landes Hessen, Beschluss vom 04.04.2006 - P.St. 2027
Fundstelle
openJur 2012, 27416
  • Rkr:

1. In einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle muss die Gültigkeit des Gesetzes oder der Rechtsverordnung muss den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gericht des Ausgangsverfahrens bei Gültigkeit der zum Gegenstand der Vorlage gemachten Normen anders entscheiden müsste als bei ihrer Ungültigkeit.

2. Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, diese Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage in seinem Vorlagebeschluss darzulegen, so dass er mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass und warum das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der beanstandeten Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit .

a) Die Begründung des Vorlagebeschlusses muss nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher Bestimmung der Verfassung sie im Widerspruch steht. Seiner Darlegungspflicht genügt das Gericht nur, wenn es die für seine Entscheidung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegt und sich dabei mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinandersetzt. Hierbei muss es auch die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung und Prüfung der für verfassungswidrig gehaltenen Norm von Bedeutung sind.

b) Der Vorlagebeschluss nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG muss aus sich heraus verständlich sein. In den Gründen müssen der Sachverhalt, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen in allen entscheidungsrelevanten Punkten ausreichend dargelegt sein.Eine bloße Bezugnahme auf den Inhalt von Akten des Ausgangsverfahrens oder gar anderer Verfahren kann die richterliche Aufarbeitung und Würdigung des Tatsachenstoffes jedoch nicht ersetzen. Ein Vorlagebeschluss muss den Sach- und Streitstand vielmehr in einer der verfassungsrechtlichen Problemstellung entsprechenden, aufbereiteten Form vermitteln.

c) Gesetzesänderungen, die sich auf die Zulässigkeit der Vorlage auswirken können, hat das vorlegende Gericht von Amts wegen zu beachten. Wesentlichen Änderungen der Verfahrenslage hat es durch eine entsprechende Ergänzung des Vorlagebeschlusses Rechnung zu tragen.

Tenor

Die Vorlage ist unzulässig.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Auslagen werden nichterstattet.

Gründe

A

I.

Gegenstand der Vorlage des Verwaltungsgerichts Wiesbaden - Fachkammer für Personalvertretungsrecht (Land) - ist die Frage, ob § 81 Abs. 5 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes (HPVG) in der Fassung vom 23. Dezember 2003 mit der Verfassung des Landes Hessen - kurz: Hessische Verfassung (HV) - vereinbar ist.

Der Vorlagebeschluss erging in einem personalvertretungsrechtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden. In diesem Verfahren macht der Personalrat bei … als Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nach § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG bei der Einführung von SAP R/3 HR geltend. Beteiligt ist der Präsident … als Dienststellenleiter.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden setzte mit Beschluss vom 23. Mai 2005 - 23 L 564/05 (V) - das Verfahren aus und legte es dem Staatsgerichtshof mit der Frage zur Entscheidung vor, ob § 81 Abs. 5 HPVG mit Art. 37 Abs. 1 und Abs. 2 HV vereinbar ist.

Zur Begründung führt das vorlegende Gericht aus, die erkennende Kammer halte § 81 Abs. 5 HPVG wegen Verstoßes gegen Art. 37 Abs. 1 und 2 HV für verfassungswidrig. Bei Art. 37 HV handele es sich um ein Grundrecht. Art. 37 Abs. 1 HV bestimme, dass Angestellte, Arbeiter und Beamte in allen Betrieben und Behörden unter Mitwirkung der Gewerkschaften gemeinsame Betriebsvertretungen erhielten, die in allgemeiner, gleicher, freier, geheimer und unmittelbarer Wahl von den Arbeitnehmern zu wählen seien. Art. 37 Abs. 2 HV bestimme darüber hinaus, dass die Betriebsvertretungen dazu berufen seien, im Benehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Unternehmern in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen des Betriebes mitzubestimmen.

Zwar habe der Staatsgerichtshof in seinem Urteil vom 30. April 1986 (P.St. 1023) ausgeführt, dass Art. 37 Abs. 2 HV weder auf Behörden noch auf Betriebe des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände oder sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar sei. Den hierzu angestellten Überlegungen des Staatsgerichtshofs in seiner damaligen Entscheidung sei indes nicht zu folgen, insbesondere nicht, soweit der Staatsgerichtshof unter Hinweis auf den in Art. 37 Abs. 2 HV enthaltenen Begriff „Unternehmer“ eine Abgrenzung zu der öffentlichen Verwaltung zu ziehen versucht habe. Selbst wenn das Verständnis des Unternehmerbegriffs zum damaligen Zeitpunkt richtig gewesen wäre, bedürfe es heute einer neuen Auslegung dieses Begriffs. Gerade das vorliegende Verfahren zeige, dass sich das Land Hessen auch verwaltungstechnisch wie ein Unternehmer verhalten und durch die Einführung von SAP R/3 HR sein gesamtes Handeln dem eines Unternehmers gleichstellen wolle. Entscheidend für die Auslegung des Begriffs „Unternehmer“ in Art. 37 Abs. 2 HV sei der in diesem Absatz ebenfalls verwendete Begriff des Betriebes. Unter Betrieb verstehe der Verfassungsgeber eine organisatorische Zusammenfassung von personellen, sachlichen und immateriellen Mitteln zur Erreichung eines technischen Zwecks. Das Merkmal des „technischen Zwecks“ grenze den Betrieb vom Unternehmen ab, welches eine Einheit bilde und vom Streben nach Gewinnerzielung bestimmt werde. Auch Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen dienten einem technischen Zweck ohne Gewinnerzielungsabsicht. Insoweit sei kein Unterschied zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des Art. 37 HV zu erkennen. Beide Absätze sprächen von „Betriebsvertretungen“, ohne zwischen solchen der Privatwirtschaft und solchen der öffentlichen Hand zu unterscheiden. Aus dem Normzusammenhang ergebe sich damit, dass der Verfassungsgeber Behörden ebenfalls als Betriebe betrachte.

Nichts anderes ergebe sich aus den Verfassungsmaterialien. Wenn Gegenstand von Absatz 2 nur Betriebsvertretungen in Privatbetrieben hätte sein sollen, hätte der Verfassungsgeber an anderer Stelle des Art. 37 HV eine Bestimmung darüber aufgenommen, wozu Betriebsvertretungen bei Behörden berufen sein sollten. Andernfalls unterstellte man dem Verfassungsgeber die Absicht, den Betriebsvertretungen bei Behörden nicht einmal einen Mindestbestand von Beteiligungsrechten verfassungsrechtlich zu garantieren. Dies könne angesichts der dezidiert sozialstaatlichen Ausrichtung der Hessischen Verfassung nicht angenommen werden.

Art. 37 HV diene der Gewährung einer effektiven Personalvertretung. Nach Art. 37 Abs. 2 HV unterlägen soziale, personelle und wirtschaftliche Fragen dem Recht der Mitbestimmung. Dies bedeute, dass der Gesetzgeber das Mitbestimmungsverfahren so auszugestalten habe, dass die Interessen der Beschäftigten, um deren Vertretung willen die Personalvertretungen bestünden, wirksam zur Geltung kämen. Insoweit handele es sich bei § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG um eine Konkretisierung des Verfassungsrechts. Das danach gewährte Mitbestimmungsrecht werde durch den in § 81 Abs. 5 HPVG aufgenommenen Vorrang der Mitwirkungstatbestände des § 81 Abs. 1 HPVG ausgeschlossen. Konsequenz dieser Regelung sei, dass das bisher bestehende Mitbestimmungsrecht gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG immer dann leer laufe, wenn durch § 81 Abs. 1 HPVG die Beteiligungsebene der Mitwirkung gegeben sei.

Die Herabstufung auf ein Beteiligungsrecht sei nicht durch zwingende Gründe eines öffentlichen Interesses gerechtfertigt und deshalb wegen Verstoßes gegen Art. 37 HV verfassungswidrig und nichtig. An die Einführung und Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen seien von Verfassungs wegen hohe Anforderungen zu stellen. Diese ermöglichten es dem Dienstherrn, sich ein umfassendes Bild nicht nur von den konkreten Arbeitsabläufen, sondern auch den persönlichen Gewohnheiten, Eigenarten, Umgangsformen und Charaktermerkmalen der Beschäftigten zu verschaffen und auf dieser Informationsbasis so genannte Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Überwachungseinrichtungen im Sinne von § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG beträfen damit nicht nur die Interessen der Beschäftigten, sondern hätten unmittelbaren Bezug zur Menschenwürde nach Art. 3 HV und damit zu dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Von der Einführung und Anwendung des Systems SAP R/3 HR seien wegen der Möglichkeit der technischen Überwachung sämtliche Bedienstete der Dienststelle des Antragstellers betroffen. Insoweit habe die damit verbundene Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre sich nicht nur an den allgemeinen gesetzlichen Regelungen wie dem Hessischen Datenschutzgesetz zu orientieren. Vielmehr sei bezogen auf die einzelnen Auswertungsmöglichkeiten eine Güter- und Interessenabwägung durchzuführen. Nur durch die unmittelbare Teilhabe der Personalvertretung an der Entscheidung über die Einführung und Anwendung von technischen Überwachungseinrichtungen werde das Vertretungsorgan der Beschäftigten in einen Abwägungsvorgang mit einbezogen, der sicherstellen solle, dass die Rechte und Interessen der Beschäftigten besser zur Geltung gebracht würden. Gerade deswegen sei § 74 HPVG im dritten Teil unter der Überschrift „Beteiligung in sozialen Angelegenheiten“ aufgenommen worden mit der Folge, dass das dort gewährte Mitbestimmungsrecht nicht beeinträchtigt bzw. beschränkt werde.

Eine hinreichende Rechtfertigung für die ausnahmslose Einschränkung des Mitbestimmungsrechts bei der Einführung technischer Verfahren im Zusammenhang mit der Neuen Verwaltungssteuerung sei nicht zu erkennen. Die Gesetzesmaterialien zur Einführung des § 81 Abs. 5 HPVG böten hierzu keinen Ansatz. § 81 Abs. 5 HPVG i.V.m. § 81 Satz 1 HPVG sei daher insoweit verfassungswidrig, als er bei der Einführung technischer Verfahren, die im Zusammenhang mit der Einführung der Neuen Verwaltungssteuerung und entsprechender Steuerungsverfahren und der Einführung, Anwendung, Änderung oder Erweiterung automatisierter personenbezogener Daten der Beschäftigten stünden, ausschließlich und ausnahmslos die Beteiligungsform der Mitwirkung vorsehe, ohne dass zwingende Gründe des öffentlichen Interesses einen Ausschluss der Mitbestimmung rechtfertigten.

Wenn § 81 Abs. 5 HPVG verfassungswidrig sei, stünde dem Antragsteller nicht nur ein Mitwirkungsrecht gemäß § 81 HPVG, sondern auch ein Mitbestimmungsrecht nach § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG zu. Zur Frage des Konkurrenzverhältnisses unterschiedlicher Beteiligungsformen sei bei Verfassungswidrigkeit von § 81 Abs. 5 HPVG die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgebend. Danach stünden die Beteiligungsrechte grundsätzlich nebeneinander, so dass beim Zusammentreffen verschiedener Beteiligungstatbestände der Personalrat regelmäßig in allen in Betracht kommenden Formen zu beteiligen sei. Etwas anderes gelte nur, wenn sich aus Wortlaut, systematischem Zusammenhang oder Entstehungsgeschichte ergebe, dass der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen wegen der in der Vorschrift des § 104 Satz 3 Bundespersonalvertretungsgesetz zum Ausdruck kommenden Grundsätze zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung das stärkere Beteiligungsrecht nicht habe gewähren wollen. Auf ein Mitbestimmungsrecht könne sich ein Personalrat nur dann nicht berufen, wenn die beabsichtigte Maßnahme auf die nach außen zu erfüllende Aufgabe der Dienststelle in nicht nur unerheblicher Weise einwirke. Das sei aber ganz offensichtlich bei dem auf den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Beschäftigten bezogenen Beteiligungstatbestand des § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG nicht der Fall.

Der Anspruch wäre begründet, da der Antragsteller der zu beteiligende örtliche Personalrat sei. Das Gericht mache sich die Überlegungen des Verwaltungsgerichts Wiesbaden in dem Beschluss vom 4. Oktober 2004 - 23 L 2121/04 - zu eigen.

Gemäß § 83 Abs. 6 HPVG sei im Falle der Einführung, Anwendung, Änderung oder Erweiterung von technischen Einrichtungen, die dazu geeignet seien, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen (§ 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG), sowie der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten der Beschäftigten (§ 81 Abs. 1 Satz 1 HPVG) der Personalrat derjenigen Dienststelle zu beteiligen, der die betroffenen Beschäftigten angehörten. Dies sei der Antragsteller.

Aufgrund einer in dem Verfahren 23 L 2121/04 bereits früher durchgeführten Beweisaufnahme, welche sich auf das Musterverfahrensverzeichnis 8/2002 bezogen habe, stehe fest, dass das Verfahren in der Verantwortung des Dienststellenleiters der Dienststelle des Antragstellers liege. Dies gelte auch für das nunmehr vorgelegte Musterverfahrensverzeichnis 12/2004 und nach der dazu durchgeführten Beweisaufnahme. Die Dienststelle des Antragstellers sei eine eigenständige datenverarbeitende Stelle und führe das Verfahrensverzeichnis. Es komme auch nicht eine Zuständigkeit des Hauptpersonalrats bzw. einer Stufenvertretung nach § 83 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HPVG in Betracht. § 83 Abs. 3 HPVG sei allein schon deshalb nicht einschlägig, da § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG auf ihn nicht verweise. Da von der Möglichkeit der Beteiligung der Stufenvertretung nach § 83 Abs. 2 HPVG seitens des Landes kein Gebrauch gemacht worden sei, bleibe es bei der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats.

Wäre die Regelung des § 81 Abs. 5 HPVG mit der Hessischen Verfassung vereinbar, stünde dem Antragsteller nur ein Beteiligungsrecht nach § 81 HPVG zu, so dass die Vorlagefrage entscheidungserheblich sei.

II.

Die Landesregierung hält die Vorlage für unzulässig.

Die Vorlagefrage sei nicht entscheidungserheblich. Eine verfassungsgerichtliche Klärung der Vorlagefrage sei entbehrlich, weil das Verwaltungsgericht jedenfalls gegenwärtig das Begehren des Antragstellers ohnehin zurückweisen müsste, ohne dass es auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 81 Abs. 5 HPVG ankäme.

Der Antragsteller sei als örtlicher Personalrat nicht aktivlegitimiert. Zuständige Personalvertretung sei der bei der für die Einführung von SAP R/3 HR zuständigen obersten Landesbehörde gebildete Hauptpersonalrat. Die bislang streitige Frage, ob in Fällen der vorliegenden Art der örtliche Personalrat nach § 83 Abs. 6 Satz 1 HPVG oder der Hauptpersonalrat nach § 83 Abs. 3 HPVG zuständig sei, habe der Landesgesetzgeber durch Änderung des § 83 Abs. 6 HPVG nunmehr geklärt. Durch Art. 7 des Dritten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 17. Oktober 2005 (GVBl. I S. 674) sei in § 83 Abs. 6 HPVG die bisherige Fassung von Satz 2 durch folgende Fassung ersetzt worden: „Abs. 2 und 3 bleiben unberührt“. Damit sei klargestellt, dass auch in den Fällen des § 74 Abs. 1 Nr. 17 und § 81 Abs. 1 Satz 1 HPVG bei Maßnahmen, die für die Beschäftigten mehrerer Geschäftsbereiche von allgemeiner Bedeutung seien oder über die die Landesregierung entscheide, der Hauptpersonalrat bei der obersten Landesbehörde die Aufgaben der Stufenvertretung wahrnehme. Der örtliche Personalrat habe insoweit kein eigenes Beteiligungsrecht.

Unabhängig davon hätte das vorlegende Gericht prüfen müssen, ob bereits vor dieser Neufassung des § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG aufgrund des Gesamtzusammenhangs des § 83 HPVG dessen Absatz 3 auch ohne Bezugnahme in Absatz 6 Satz 2 HPVG a.F. dann anwendbar sei, also der Hauptpersonalrat bei der zuständigen obersten Landesbehörde zuständig sei, wenn über Maßnahmen im Sinne von § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG oder von § 81 Abs. 1 Satz 1 HPVG zu entscheiden sei. Da das vorlegende Gericht diese nahe liegende Rechtsauffassung, die der Hessische Verwaltungsgerichtshof - allerdings erst in späteren Beschlüssen -vertreten habe (Beschluss vom 07.09.2005 - 22 TL 2624/04 -), und die hieraus folgende fehlende Aktivlegitimation des Antragstellers im Ausgangsverfahren nicht in Erwägung gezogen habe, genüge der Vorlagebeschluss auch insoweit nicht den Darlegungserfordernissen.

Der Vorlagebeschluss genüge darüber hinaus nicht den Formerfordernissen, die aus den Anforderungen des Art. 133 Abs. 1 Satz 1 HV i.V.m. § 41 Absatz 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - zu entwickeln seien. Dem Vorlagebeschluss fehle es bereits an der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Kenntnis der tatsächlichen Umstände werde vorausgesetzt. Ohne Angabe zum entscheidungserheblichen Sachverhalt könne die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage indessen nicht festgestellt werden.

Die Unzulässigkeit der Vorlage ergebe sich ferner daraus, dass es der vom Gericht vorgenommenen, von der Auslegung des Staatsgerichtshofs abweichenden Deutung des Art. 37 Abs. 2 HV an einer nachvollziehbaren Darlegung der verfassungsrechtlichen Grundlage fehle. Nach Sinn und Zweck des Vorlageverfahrens, das der Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift des einfachen Rechts diene, bedürfe es dann, wenn die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage allein davon abhänge, dass die Maßstabsnorm in einem von der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs abweichenden Sinne ausgelegt werde, einer sorgfältigen und nachvollziehbaren Darlegung der Auslegungsalternativen.

Selbst wenn man die staatlichen und kommunalen Behörden in den Betriebsbegriff des Art. 37 Abs. 2 HV einbezöge, fehle es an einer hinreichend ausführlichen, die verfassungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur auswertenden Begründung dafür, dass Art. 37 Abs. 2 HV den einfachen Gesetzgeber dahin festlege, die Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder Erweiterung von technischen Einrichtungen, die dazu geeignet seien, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, zwingend als Mitbestimmungstatbestand im personalvertretungsrechtlichen Sinne auszugestalten. Der Deduktion des vorlegenden Gerichts fehle nicht nur eine nähere verfassungsrechtliche Begründung des Kriteriums des öffentlichen Interesses, das den einfachen Gesetzgeber auf bestimmte Beteiligungsformen festlege. Es fehle auch jegliche Auseinandersetzung mit dem Begriff und der Reichweite des gesetzgeberischen Ermessens. Dieses folge aus Art. 37 Abs. 3 HV, der die Ausgestaltung der Mitbestimmung dem einfachen Gesetzgeber überantwortet habe. Der Vorlagebeschluss versäume, dies zu thematisieren und damit der von ihm aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragestellung eine schlüssige Problembeschreibung zu geben.

III.

Die Landesanwältin hält die Vorlage des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ebenfalls für unzulässig, da das vorlegende Gericht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht hinreichend dargetan habe. Die Entscheidungserheblichkeit sei mit der am 27. Oktober 2005 in Kraft getretenen Fassung des § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG zweifelhaft geworden. Hierzu hätte sich das vorlegende Gericht äußern müssen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden habe diese Gesetzesänderung nicht ausdrücklich zum Gegenstand der Vorlagefrage gemacht und die Zweifel an der Entscheidungserheblichkeit auch nicht beseitigt. Hierin sei ein Darlegungsmangel zu erblicken, der die Vorlage unzulässig werden lasse. Der Hinweis des vorlegenden Gerichts, nicht als Beteiligter im Sinne der §§ 39 Abs. 2, 3, 19 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 StGHG zu gelten, berühre die Darlegungspflicht des Vorlagegerichts nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG nicht.

Darüber hinaus genüge die gerichtliche Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts auch nicht den Formerfordernissen, die sich aus den Anforderungen des Art. 133 Abs. 1 Satz 1 HV in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG ergäben. Es fehle insbesondere eine exakte Beschreibung von SAP R/3 HR sowie des Ablaufs des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens.

IV.

Der Staatsgerichtshof hat dem vorlegenden Gericht die Stellungnahme der Hessischen Staatskanzlei vom 12. Dezember 2005 zur Kenntnisnahme übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das vorlegende Gericht hat von einer Stellungnahme abgesehen und darauf hingewiesen, dass es nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 1953 - 1 BvL 106/53 - (BVerfGE 3, 225 [228]) im Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht zulässig sei, das vorlegende Gericht als Beteiligten anzuhören oder einem seiner Mitglieder persönlich das Wort zu erteilen.

V.Die Akten des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden 23 L 564/05 (V) haben vorgelegen.

B

I.

Die Vorlage ist unzulässig.

Die Entscheidung des Staatsgerichtshofs darüber, ob ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung mit der Verfassung des Landes Hessen in Widerspruch steht, kann nach Art. 133 Abs. 1 HV nur herbeigeführt werden, wenn ein Gericht ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung, auf deren Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Die Gültigkeit des Gesetzes oder der Rechtsverordnung muss für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gericht des Ausgangsverfahrens bei Gültigkeit der zum Gegenstand der Vorlage gemachten Normen anders entscheiden müsste als bei ihrer Ungültigkeit.

Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, diese Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage in seinem Vorlagebeschluss darzulegen, so dass er mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass und warum das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der beanstandeten Regelung zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. StGH, Urteil vom 13.03.1996 - P.St. 1175 -, StAnz. 1996, S. 1438 [1440]).

Die Begründung des Vorlagebeschlusses muss nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher Bestimmung der Verfassung sie im Widerspruch steht. Seiner Darlegungspflicht genügt das Gericht nur, wenn es die für seine Entscheidung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegt und sich dabei mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinandersetzt. Hierbei muss es auch die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung und Prüfung der für verfassungswidrig gehaltenen Norm von Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.06.1994 - 1 BvL 12/94 -, NVwZ 1994, S. 894 ff., und vom 17.06.2002 - 1 BvL 9/01 -, NJW 2003, S. 279 f.; Günther, Verfassungsgerichtsbarkeit in Hessen, 2004, § 41 Rdnr. 12).

Der Vorlagebeschluss nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG muss aus sich heraus verständlich sein. In den Gründen müssen der Sachverhalt, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen in allen entscheidungsrelevanten Punkten ausreichend dargelegt sein (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.03.1984 - 1 BvL 23/83 -, BVerfGE 66, 265 [268], und vom 27.01.1988 - 1 BvL 2/86 -, BVerfGE 78, 1 [5]; Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 78). Diesen Darlegungsanforderungen genügt der Vorlagebeschluss nicht. Es fehlt bereits die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes.

Der Sachverhalt des Vorlagebeschlusses enthält insoweit lediglich die Angabe, der Antragsteller mache sein Mitbestimmungsrecht aus § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG bei der Einführung von SAP R/3 HR geltend. Eine Beschreibung der damit verbundenen Maßnahmen bzw. des damit verbundenen Verfahrens fehlt. Auf Seite 11 des Vorlagebeschlusses wird nur ausgeführt, bei der Dienststelle des Beteiligten solle das Personalinformationssystem SAP R/3 HR eingeführt werden, welches nicht nur der Verarbeitung personenbezogener Daten der Beschäftigten diene, sondern auch eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Beschäftigten ermögliche. In diesem Zusammenhang wird auf Musterverfahrensverzeichnisse sowie durchgeführte Beweisaufnahmen hingewiesen, ohne aber deren Inhalt bzw. Ergebnis anzugeben.

Eine bloße Bezugnahme auf den Inhalt von Akten des Ausgangsverfahrens oder gar anderer Verfahren kann die richterliche Aufarbeitung und Würdigung des Tatsachenstoffes jedoch nicht ersetzen. Ein Vorlagebeschluss muss den Sach- und Streitstand vielmehr in einer der verfassungsrechtlichen Problemstellung entsprechenden, aufbereiteten Form vermitteln (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 09.07.1969 - 2 BvL 20/65 -, BVerfGE 26, 302 [307], und vom 20.03.1984, a.a.O.; Günther, a.a.O., § 41 Rdnr. 23).

Der Vorlagebeschluss genügt auch deshalb nicht den Darlegungsanforderungen, weil er sich nicht zu der am 27. Oktober 2005 in Kraft getretenen Fassung des § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG äußert. Die Aktivlegitimation des Antragstellers im Ausgangsverfahren und damit die Entscheidungserheblichkeit von § 81 Abs. 5 HPVG sind durch diese Gesetzesänderung zumindest zweifelhaft geworden. Gesetzesänderungen, die sich auf die Zulässigkeit der Vorlage auswirken können, hat das vorlegende Gericht von Amts wegen zu beachten. Wesentlichen Änderungen der Verfahrenslage hat es durch eine entsprechende Ergänzung des Vorlagebeschlusses Rechnung zu tragen (Günther, a.a.O, § 41 Rdnr. 34; ebenso zur Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG BVerfG, Beschlüsse vom 25.04.1979 - 1 BvL 18/70 -, BVerfGE 51, 161 [164], und vom 30.05.1990 - 1 BvL 4/85 -, BVerfGE 82, 156 [158]; Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand: Januar 2005, § 80 Rdnr. 325). Dies hat das vorlegende Gericht versäumt.

Der Staatsgerichtshof hatte dem vorlegenden Gericht Gelegenheit gegeben, seinen Vorlagebeschluss insbesondere im Hinblick auf die nachfolgende Änderung von § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG zu ergänzen und die oben genannten Mängel zu beseitigen, indem er ihm die Stellungnahme der Hessischen Staatskanzlei, in der auf Bedenken an der Zulässigkeit der Vorlage hingewiesen worden ist, übersandt hat. Von dieser Möglichkeit hat das vorlegende Gericht nicht Gebrauch gemacht. Sein Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 18.12.1953 - 1 BvL 106/53 -, BVerfGE 3, 225 [228]) geht fehl. Zwar ist das vorlegende Gericht in der Tat nicht Beteiligter des Normenkontrollverfahrens vor dem Staatsgerichtshof. Der Staatsgerichtshof ist aber nicht gehindert, das Gericht auf Bedenken an der Zulässigkeit einer Vorlage hinzuweisen oder ihm die Stellungnahmen der Äußerungsberechtigten zu übermitteln und ihm dadurch die Möglichkeit zur Ergänzung oder Rücknahme des Vorlagebeschlusses zu geben. Dies entspricht auch der ständigen Übung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25.06.1974 - 1 BvL 13, 23, 25/69 -, BVerfGE 37, 328 [335], vom 26.10.1977 - 1 BvL 9/72 -, BVerfGE 46, 268 [277], vom 25.04.1979 - 1 BvL 18/70 -, BVerfGE 51, 161 [162], vom 04.11.1982 - 2 BvL 24/81 -, BVerfGE 62, 223 [227], vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 -, BVerfGE 65, 308 [315], vom 30.05.1990 - 1 BvL 4/85 -, BVerfGE 82, 156 [158], und vom 07.06.2000 - 2 BvL 1/97 -, BVerfGE 102, 147 [159 f.].; vgl. auch Günther, a.a.O., § 41 Rdnrn. 32, 34).

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob das vorlegende Gericht mit seinen Ausführungen zu Art. 37 HV und der Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 30. April 1986 - P.St. 1023 - seiner Darlegungspflicht ausreichend entsprochen hat.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 28 StGHG.