VG Gießen, Urteil vom 16.03.2006 - 3 E 5843/04
Fundstelle
openJur 2012, 27373
  • Rkr:

1. Die Erhebung von Langzeitstudiengebühren in Hessen auf der Grundlage von §§ 2, 3 u. 5 StuGuG, 3, 6 u. 11 HImmaVO ist mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere mit dem Grundgesetz und Art. 59 der Hessischen Verfassung.

2. Im Rahmen des Art. 59 HV kann der einzelne vom Staat vernünftigerweise als Studienförderung nur eine Unterrichtsgeldfreiheit für die Dauer eines Studiums erwarten und verlangen, das in einer dem Studienfach angemessenen Zeit abgewickelt wird.

3. Die einschlägigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts v. 19.3.2003 (2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1-34) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.7.2001 (6 C 8/00, BVerwGE 115, 32-50) sinduneingeschränkt auf die hessischen Vorschriften über Langzeitstudiengebühren anwendbar.

4. Macht ein Studierender die Tätigkeit in Gremien der Hochschulselbstverwaltung zu seinerHauptbeschäftigung, so besteht keine Veranlassung, ihm eine vollständige Kompensation für den dadurch erlittenen Zeitverlust zu gewähren. Er ist vielmehr gehalten, den Zeitverlust aus seiner Gremientätigkeit zu begrenzen und sein Studium zielstrebig voranzutreiben.

5. Bei Gesamtbetrachtung der Bonus-, Härtefall- und Übergangsregelungen sind Übergangsfristen gem. § 5 Abs. 1 StuGuG auch dann mit höherrangigem Recht vereinbar, wenn sie im Einzelfall weniger als 1 Semester betragen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten derBeklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf dieVollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nachMaßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht dieKostengläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselbenHöhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Langzeitstudiengebührenbescheides der Beklagten vom 22.4.2004.

Er studiert seit dem Sommersemester 1991 bei der Beklagten in den Studiengängen Politikwissenschaft (Abschluss Diplom), Rechtswissenschaft (Abschluss 1. Staatsexamen) und Medienwissenschaft (Abschluss Diplom).

Mit Bescheid vom 22.4.2004 (Bl. 42 d. Gerichtsakte) setzte die Beklagte unter Bezugnahme auf das Hessische Studienguthabengesetz – StuGuG - v. 18.12.2003 (GVBl. I S. 513, 516) und die Hessische Immatrikulationsverordnung – HimmaVO - v. 29.12.2003 (GVBl. 2004 I, S. 12) für das Sommersemester 2004 eine Studiengebühr in Höhe von 500.- € fest. Bei einem Studienguthaben von 13 Semestern habe der Kläger bisher 27 Semester verbraucht.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 23.5.2004 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides (Bl. 5 d. Gerichtsakte). Zugleich beantragte er die nachträgliche Umwandlung seines Studiums in ein Teilzeitstudium sowie die Anrechnung von Freisemestern für sein hochschulpolitisches Engagement. Er sei während der gesamten Studienzeit zur Finanzierung seines Studiums zwischen 15 und 20 Stunden wöchentlich nebenbei beschäftigt gewesen. Er sei hochschulpolitisch aktiv gewesen im Konvent, im Senat, im Fachbereichs- und Fachschaftsrat 03, im Allgemeinen Studierendenausschuss, im Studierendenparlament, im zentralen und studentischen Wahlvorstand sowie in diversen Kommissionen der Beklagten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 1.11.2004 zurück (Bl. 6-7. d. Gerichtsakte). Durch Mitarbeit in den Organen der Hochschule dürfe das Studium auf nicht mehr als das doppelte der Regelstudienzeit gestreckt werden, also auf höchstens 18 Semester.

Der Kläger hat am 3.12.2004 Klage erhoben und am 12.4.2005 (3 G 914/05) vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

Ab dem Jahr 1995 sei er gezwungen gewesen, sein Studium durch Erwerbsarbeit zu finanzieren. Hierzu legt er eine Bescheinigung der Fa. W. vom 2.8.2004 vor (Bl. 43 d. Gerichtsakte), wonach er dort seit 1.1.1995 für 20 Stunden während des Semesters beschäftigt ist. Vom Sommersemester 1994 bis Wintersemester 1997/98 sei er Studentisches Mitglied im Studierendenparlament der Studierendenschaft der Philipps-Universität M. gewesen, vom 3.11.1999 bis zum 16.1.2003 habe er als studentischer Vertreter dem Vorstand des Studentenwerks A-Stadt angehört. Dazu legt der Kläger entsprechende Bescheinigungen vor (Bl. 44-45 d. Gerichtsakte). Hierfür veranschlage er jeweils einen Zeitaufwand von 15 Wochenstunden.

Zwischenzeitlich seien von der Beklagten gegen ihn weitere Studiengebühren für das Wintersemester 2004/2005 in Höhe von 700.- und für das Sommersemester 2005 in Höhe von 900.- Euro festgesetzt worden. Dagegen habe er jeweils Widerspruch eingelegt, über den bisher nicht entschieden sei.

Für ihn sei die Zeit vom Sommersemester 1994 bis Wintersemester 1997/98 (8 Fachsemester) und vom Wintersemester 1999/2000 bis Wintersemester 2002/2003 (7 Fachsemester) wegen Gremientätigkeit jeweils überhaupt nicht, die Zeit von Sommersemester 1998 bis Sommersemester 1999 (3 Semester) und von Sommersemester 2003 bis Sommersemester 2004 (3 Semester) wegen Berufstätigkeit jeweils nur zu ½ auf sein Studienguthaben anzurechnen, so dass er sein Studienguthaben nur für die Zeit vom Sommersemester 1991 bis Wintersemester 1993/94 (6 Fachsemester) voll und für 6 Fachsemester zu je ½, also in Höhe von 9 Fachsemestern verbraucht habe.

Das Studienguthabengesetz verstoße gegen Art. 59 HessVerf, wonach der Unterricht an den Hochschulen unentgeltlich sei und der Zugang nur von der Eignung abhängig gemacht werden dürfe sowie gegen das Kompetenzgefüge der bundesstaatlichen Finanzverfassung. Hinsichtlich der Gebührenhöhe fehle es an einem rechtfertigenden Grund. Es würden einheitlich völlig überhöhte Gebühren abgerechnet ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe diese bei den einzelnen Studiengängen an hessischen Universitäten tatsächlich entstünden. Auch verblieben die erwirtschafteten Gebühren nicht bei den jeweiligen Universitäten. Das Gesetz entfalte eine unzulässige Rückwirkung für Studierende, die ihr Studium vor dessen Inkrafttreten im schutzwürdigen Vertrauen auf die dauernde Kostenfreiheit ihres Studiums aufgenommen hätten. Es fehle an ausreichenden Übergangsregelungen für Studierende, deren Studium sich wegen studienparalleler Berufstätigkeit oder Tätigkeit in universitären Selbstverwaltungsgremien verzögert habe. Auch die negative Entscheidung des BVerwG (BverwGE 115, 32 ff) zum baden-württembergischen Modell der Studiengebühren und der negative Eilbeschluss des HessVGH v. 9.11.2004 stünden dem nicht entgegen. Die Entscheidung des BVerwG beziehe sich auch eine inhaltlich andere Vorschrift und verkenne die Grundsätze des Rückwirkungsverbots. Die Entscheidung des HessVGH setze sich mit den oben dargelegten Einwänden nur oberflächlich oder gar nicht auseinander.

Die Abmilderung der Rückwirkungsfolgen durch Regelungen der HImmaVO sei im Hinblick auf seine Situation nicht ausreichend. So könne für Studierende, die nach Inkrafttreten des Gesetzes studierten, die Möglichkeit des Teilzeitstudiums bzw. einer Beurlaubung bei Berechnung des Studienguthabens erheblich günstiger berücksichtigt werden, werden als bei Studierenden, die – wie er - ein faktisches Teilzeitstudium bereits vor Inkrafttreten des StuGuG durchgeführt hätten. Während nach § 6 Abs. 4 S. 2 HImmaVO die Erhöhung der Studienguthaben auf maximal vier Semester begrenzt werde, lasse § 3 Abs. 3 S. 1 HImmaVO die Erhöhung bis zur doppelten Regelstudienzeit zu und § 11 HImmaVO sehe für Beurlaubungen mit Ausnahme des § 11 Abs. 1 Nr. 5 HImmaVO (Begrenzung auf 2 Semester) überhaupt keine Limitierung vor. Die Gremientätigkeit des Klägers rechtfertige wegen ihrer erheblichen zeitlichen Beanspruchung eine faktische Beurlaubung, wobei Urlaubssemester zu keinem Verbrauch von Studienguthaben führten. Allerdings enthalte § 6 Abs.4 S. 2 HImmaVO eine Beschränkung dieses Sachverhaltes auf vier Semester. Die Beschränkung der Beurlaubungsmöglichkeit für Gremientätigkeit stelle einen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Studierenden hinsichtlich ihres Studiums und ihres Engagements bei der Mitwirkung in Selbstverwaltungsgremien dar und entbehre im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Denn es liege in der freien Selbstgestaltung der Studierenden, wie sie den Konflikt zwischen zeitlicher Inanspruchnahme durch Gremientätigkeit und der Absolvierung ihres Studiums in Einklang brächten.

Er beantragt,

den Gebührenbescheid der Beklagten vom 22.4.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1.11.2004 aufzuheben

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, die Unterrichtsgeldfreiheit der Hessischen Verfassung garantiere nur das für die Ausbildung Notwendige, nicht jedoch ein unbegrenzt kostenfreies Studium. Der Gesetzgeber müsse bei den Gebühren nicht nach Studiengängen differenzieren, zumal die Gebühr einen verhaltenslenkenden Zweck habe. Unerheblich sei, dass die Gebühren dem Landeshaushalt zuflössen, denn die Hochschulen würden überwiegend aus diesem finanziert. Es liege keine echte Rückwirkung vor, denn es fehle an einem in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt. Für die Studierenden habe kein schutzwürdiges Vertrauen bestanden, ihr Studium unter den bisherigen Bedingungen beenden zu können. Es seien hinreichende Übergangsregelungen getroffen. Die Gremien- und Berufstätigkeit des Klägers führe zu einer Erhöhung seines Studienguthabens um bis zu 4 Semester. Hinzu kämen weitere 4 rückwirkend anerkannte Teilzeitsemester.

Die Kammer lehnte den Eilantrag des Klägers mit Beschluss vom 22.6.2005 unter ausführlicher Würdigung der vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken ab. Die Beschwerde vom 5.7.2005 (Bl. 45 u. 61-65 d. Gerichtsakte im Verfahren 3 G 914/05) wies der HessVGH mit Beschluss vom 31.8.2005 zurück (Bl. 71-72 d. Gerichtsakte im Verfahren 3 G 914/05). Für die dort beantragte gerichtliche Aussetzungsentscheidung bestehe angesichts des Verzichts der Beklagten auf Beitreibung der Gebühr kein Rechtsschutzbedürfnis. Gegen diesen Beschluss wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 23.2.2006 auf den Einzelrichter. In der mündlichen Verhandlung vom 16.3.2006 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt dieser Gerichtsakte und der Gerichtsakte des Verfahrens 3 G 914/05 Bezug genommen, die zum Gegenstand der Beratung und der Entscheidung gemacht wurden.

Gründe

Die Entscheidung erfolgt gem. § 6 VwGO durch den Einzelrichter, nachdem diesem der Rechtsstreit durch Beschluss vom 23.2.2006 übertragen wurde.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Anfechtungsklage bleibt gem. § 113 Abs. 1 VwGO ohne Erfolg, denn der Gebührenbescheid der Beklagten vom 22.4.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 1.11.2004 ist gem. § 3 Abs. 1 u. 2 StuGuG i.V.m. §§ 3, 6 u. 11 HImmaVO rechtmäßig.

1.a. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der streitigen Studiengebühr ist § 3 des am 19.12.2003 in Kraft getretenen Hessischen Studienguthabengesetzes - StuGuG - vom 18.12.2003 (GVBl. I, 513). Hiernach wird den Studierenden an den Hochschulen des Landes ein gebührenfreies Studium bis zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Studienabschlusses sowie im Rahmen von konsekutiven Studiengängen eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses durch Studienguthaben gewährleistet (§ 1 StuGuG). Studierende erhalten mit der Immatrikulation - soweit sie bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits immatrikuliert waren mit der Rückmeldung zum Sommersemester 2004 - nach § 2 StuGuG ein einmaliges Studienguthaben in Höhe der Semesterzahl der Regelstudienzeit des gewählten Studiengangs zuzüglich drei Semestern bei einer Regelstudienzeit von bis zu sieben Semestern und von vier Semestern bei einer Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern. Die Hochschulen erheben von Studierenden, die nicht über einen berufsqualifizierenden Abschluss i.S.v. § 1 StuGuG verfügen und kein Studienguthaben besitzen, abgesehen von den in § 3 Abs. 1 Ziff. 1-5 StuGuG aufgeführten Ausnahmen, für jedes Semester Gebühren, und zwar gemäß § 3 Abs. 2 StuGuG für das 1. gebührenpflichtige Semester 500.- €, für das 2. gebührenpflichtige Semester 700.- € und für jedes weitere gebührenpflichtige Semester 900.- €. Nach den Übergangsvorschriften im § 5 StuGuG werden Studierende, die für das Sommersemester 2004 über ein Studienguthaben verfügen, frühestens im Sommersemester 2005 gebührenpflichtig. Studierende ohne Studienguthaben sind bereits ab dem Sommersemester 2004 gebührenpflichtig, es sei denn, sie hätten im Wintersemester 2003/2004 noch über ein Studienguthaben verfügt. In diesem Fall werden sie ab Wintersemester 2004/2005 gebührenpflichtig. Darüber hinaus werden nach dem StuGuG entrichtete Gebühren auf Antrag zurückerstattet, wenn bis zum Ablauf des Wintersemesters 2005/2006 das Studium, für das die Gebühr erhoben wird, erfolgreich abgeschlossen wurde. Nach § 6 StuGuG ist die für die Hochschulen des Landes zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren, zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen, insbesondere auch die Regelungen in Härtefällen zu erlassen.

b. Hiervon hat der Verordnungsgeber durch die "Verordnung über das Verfahren der Immatrikulation, das Teilzeitstudium, die Ausführung des Hessischen Studienguthabengesetzes und die Verarbeitung personenbezogener Daten an den Hochschulen des Landes Hessen" (Hessische Immatrikulationsverordnung - HlmmaVO -) vom 29.12.2003 (GVBl. I 2004, 12) Gebrauch gemacht, und u. a. Möglichkeiten der Stundung, Minderung oder des Erlasses der Studiengebühr vorgesehen. Nach § 6 Abs. 4 HImmaVO kann sich bei Nachweis der Voraussetzungen eines Teilzeitstudiums nach § 3 HImmaVO oder einer Beurlaubung nach § 11 HImmaVO für Semester vor Inkrafttreten der VO ab dem Sommersemester 1999 das Studienguthaben um bis zu 4 Semester erhöhen, soweit der Studierende gem. § 6 Abs. 6 HImmaVO innerhalb von 2 Jahren vor Inkrafttreten der VO in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgesehene Leistungsnachweise erworben hat.

2. Beim Kläger sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung der streitgegenständlichen Studiengebühr gem. § 3 Abs. 2 StuGuG erfüllt. Der Kläger nahm sein Studium in drei Studiengängen zum Sommersemester 1991 auf und befand sich im Sommersemester 2004 somit im 27. Studiensemester. Sein Studienguthaben betrug gem. § 2 Abs. 1 StuGuG bei einer Regelstudienzeit von 9 Semestern insgesamt 13 Semester. Soweit der Kläger sich für zurückliegende Semester auf Berufs- bzw. Gremientätigkeit beruft, könnten diese – sei es in Form einer fiktiven Beurlaubung oder eines fiktiven Teilzeitstudiums - nach § 6 Abs. 4 S. 2 HImmaVO höchstens zu einer Erhöhung des Studienguthabens im Umfang von insgesamt 4 Semestern führen. Der Kläger hätte im Sommersemester 2004 indessen einer Erhöhung seines Studienguthabens um 14 Semester bedurft, um die Gebührenpflicht zu vermeiden. Fehler bei der Berechnung des Verbrauchs und der Anwendung der insoweit maßgeblichen Vorschriften sind nicht qualifiziert vorgetragen oder ersichtlich.

3.a. Zwar kommt es nach alledem hierauf nicht mehr an, indessen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger weder behauptet, noch bewiesen hat, dass die Voraussetzungen einer Erhöhung des Studienguthabens nach der HImmaVO in seiner Person überhaupt vorliegen. Auf das Fehlen dieser Voraussetzungen ist der Kläger bereits im Eilbeschluss des Gerichts vom 22.6.2005 (3 G 516/05) ausdrücklich hingewiesen worden. Er hat die ihm gem. § 87b Abs. 1 VwGO gesetzte Frist nicht genutzt, um diese Defizite zu beheben. Insoweit bestand für das Gericht – im Gegensatz zur Auffassung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung – kein Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Es mag insoweit dahinstehen, ob eine solche in Fällen, in denen die Beweismittel wie hier allein in der Hand des Klägers liegen, überhaupt in Betracht kommt.

b. So hat der Kläger weder behauptet noch bewiesen, dass er – wie gem. § 6 Abs. 6 HImmaVO erforderlich - in den letzten 2 Jahren vor Inkrafttreten der VO, also nach dem 29.12.2001, überhaupt noch Leistungsnachweise erworben hat. Seine Ausführungen in der Klageschrift zu den von ihm erworbenen Nachweisen beziehen sich allein auf den Zeitraum vor dem Wintersemester 1994/95. Der Kläger hat des weiteren keine zureichenden Nachweise dafür vorgelegt, dass bei ihm die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung seines Studienguthabens gem. § 6 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 HImmaVO wegen Vorliegens der Voraussetzungen eines Teilzeitstudiums bzw. i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 HImmaVO wegen Vorliegens der Voraussetzungen einer Beurlaubung in den entsprechenden zurückliegenden Semestern vor Inkrafttreten der HImmaVO vorliegen. So ist nicht ersichtlich, dass die von ihm nachgewiesene Berufstätigkeit den in § 3 Abs. 2 S. 2 HImmaVO vorgesehenen Umfang von mindestens 15 Wochenstunden auch nur annähernd erreicht hätte. Der von ihm vorgelegte Nachweis spricht von einer „Tätigkeit von 20 Stunden während des Semesters“, nicht aber von 20 Stunden pro Woche. Der Kläger hat auch nicht bewiesen, dass seine Tätigkeit in Selbstverwaltungsgremien der Hochschule bzw. des Studentenwerks den in § 3 Abs. 2 S. 4 HImmaVO für die Anerkennung eines Teilzeitstudiums oder in § 11 Abs. 1 Nr. 5 HImmaVO für eine Beurlaubung erforderlichen erheblichen zeitlichen Umfang erreicht hat. Er hat einen bestimmten zeitlichen Umfang behauptet, ohne hierzu irgendwelche näheren Erläuterungen abzugeben.

4. Die auf den Kläger angewandten Vorschriften sind mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere verfassungsgemäß. Das Gericht sieht sich insoweit im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (BVerfG, Urt. v. 19.3.2003, 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1-34; Urt. v. 26.1.2005, 2 BvF 1/03, BVerfGE 112, 226-254; BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00, BVerwGE 115, 32-50; Hessischer Staatsgerichtshof, Urt. v. 1.12.1976, P.St. 812, juris; HessVGH, Urt. v. 18.4.1986, 6 UE 1265/85, juris; Beschl. v. 9.11.2004, 5 TG 2386/04, amtl. Umdruck; Beschl. v. 17.5.2005, 5 TG 589/05 u.a., amtl. Umdruck; OVG Münster, Urt. v. 1.12.2004, 8 A 3358/04, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.4.2004, 2 LA 166/05, juris; VGH München, Urt. v. 28.3.2001, 7 B 00.1551, juris; VGH Mannheim, Urt. v. 6.4.2000, 2 S 1860/99, juris) und der Rechtsprechung aller hessischen Verwaltungsgerichte (VG Darmstadt, Urt. v. 19.1.2006, 7 E 1156/04, Hessische Landesrechtsprechungsdatenbank - LaReDa; 7 E 2329/04; VG Kassel, Beschl. v. 17.6.2005, 6 G 626/05, LaReDa; VG Frankfurt/Main, Beschl. v. 21.7.2004, 12 G 2920/04, amtl. Umdruck; VG Wiesbaden, Beschl. v. 1.2.2005, 1 G 2187/04, amtl. Umdruck; VG Gießen, Beschl. v. 22.6.2005, 3 G 914/05, amtl. Umdruck; Urt.,. v. 24.11.2005, 3 E 5824/04, amtl. Umdruck)

a. Der Hessische Landesgesetzgeber hat mit Erlass des StuGuG von der ihm gemäß Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz zustehenden Kompetenz Gebrauch gemacht. Diese Kompetenz ist hinsichtlich der Schaffung von Studiengebühren für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem konsekutiven Studiengang nicht durch die Rahmenvorschrift des durch Artikel 1 Nr. 3 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) vom 8. August 2002 (BGBl. Teil I Seite 3138) angefügten § 27 Abs. 4 Hochschulrahmengesetz beschränkt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 -festgestellt, dass Artikel 1 Nr. 3 und 4 6. HRGÄndG mit Artikel 70, Artikel 75 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig sind.

b.(1) Soweit der Kläger aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.3.2003 (2 BvL 9/98 u.a. – BVerfGE 108, 1 - 34) Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kompetenzgefüge der Finanzverfassung ableiten will, vermag das Gericht dies nicht nachzuvollziehen. Das BVerfG hat dort eine einheitliche Rückmeldegebühr für alle Studierenden in Höhe von 100.- DM nach § 120a Baden-Württembergisches Universitätsgesetz aufgrund ihrer Höhe mit dem vom Normgeber in der dortigen Vorschrift allein beabsichtigten Kostendeckungszweck im Hinblick auf die konkrete Verwaltungshandlung für unvereinbar gehalten – deren Wert betrug nur ca. 8.- DM - und deshalb eine Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers gesehen. In diesem Zusammenhang hat das BVerfG nochmals Ausführungen zu den zulässigen Regelungszwecken bei Gebührentatbeständen gemacht, zu denen insbesondere Kostendeckung, Vorteilsausgleich, Lenkungszweck und soziale Zwecke gehören.

(2) Die Berufung des Klägers gerade auf diese Entscheidung erstaunt insoweit, als die dortigen Aussagen des BVerfG den Folgerungen, die er aus ihnen ziehen will, wortwörtlich entgegenstehen. So führt das BVerfG insbesondere aus, dass die verfassungsrechtliche Kontrolle der gesetzgeberischen Gebührenbemessung nicht überspannt werden dürfe. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung sei dieser insbesondere berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen. Er dürfe generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden könnten. Es habe sich bei der Rückmeldegebühr nicht um eine Studiengebühr gehandelt, welche als Benutzungsgebühr für die Nutzung der Universität und ihrer Einrichtungen im Ganzen anzusehen sei. In diesem Zusammenhang macht das BVerfG umfangreiche Ausführungen zur Rechtsnatur und Zulässigkeit von Studiengebühren. Mit diesen solle der mit der Einschreibung verbundene besondere Vorteil - teilweise – abgegolten werden. Dieser bestehe in der jederzeitigen und umfassenden Berechtigung, das Ausbildungsangebot der Hochschule zu nutzen. Eine Langzeitstudiengebühr in Höhe von 1.000.- DM sei keine kostendeckende Gebühr, da sie unter den tatsächlichen Kosten des Studiums an einer Hochschule liege und der durch das Studium erlangte Vorteil durch sie nur teilweise abgeschöpft werde (so bereits auch BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00). Das BVerfG setzt damit in seiner Entscheidung nicht – wie vom Kläger behauptet – neue Maßstäbe gegenüber der Entscheidung des BVerwG, sondern bestätigt und übernimmt dessen Auffassung zu den Langzeitstudiengebühren vielmehr in vollem Umfang.

(3) Das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des (bundes-)verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt, weil kein Anhalt dafür besteht, dass die Studiengebühr in einem groben Missverhältnis zu dem Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand steht (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00). Mit der Studiengebühr sollen die Studierenden in begrenztem Umfang zu dem im Wesentlichen aus Steuermitteln finanzierten Studium an Hochschulen beitragen. Gemessen an den dafür erbrachten staatlichen Aufwendungen liegt die Gebühr in Höhe von 1 000 DM für jedes angefangene Semester offensichtlich innerhalb der dem Gesetzgeber durch das Äquivalenzprinzip gesetzten Grenzen. Die Gebühr liegt weit unter den tatsächlichen Kosten, die selbst das kostengünstigste Studium an einer Hochschule während eines Semesters verursacht (so BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00).

Soweit der Kläger demgegenüber dennoch behauptet, die erhobenen Gebühren von 500.- € für das Semester stünden außer Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten des Studiums, bleibt er jeden Hinweis schuldig, worauf sich diese seine Behauptung stützt. Daher muss dem hier nicht vertieft nachgegangen werden. Indessen mag darauf hingewiesen werden, dass entsprechende Untersuchungen sowohl über die Kosten unterschiedlicher Studiengänge berechnet auf die Regelstudienzeit (z.B. HIS-Kurzinformation A7/2003, Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleiche an Hochschulen, November 2003;http://www.his.de/pdf/Kia/kia200307.pdf;VDI-Nachrichten v. 29.9.2000, Teure Unis – Vergleich von Studienplatzkosten,http://www.soest.fh-swf.de/fb12/presse/2000/52.html) als auch über die hierauf beruhenden Modelle für die Berechnung von Studiengebühren (CHE, Finanzielle Effekte von Studiengebühren – Modellrechnung am Beispiel der Universitäten Bayreuth u. Erlangen-Nürnberg, März 2003,http://www.che.de/downloads/AP44.pdf) allgemein öffentlich zugänglich sind und selbst die günstigsten Berechnungen für die billigsten Studiengänge – wozu die des Klägers zählen - noch bei über dem dreifachen der erhobenen Gebühr liegen. Es ist daher nicht ersichtlich, woher der Kläger Belege für die von ihm aufgestellten Behauptungen nehmen wollte.

(4) Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip folgt auch nicht aus der weiteren Erwägung, Studenten in höheren Semestern hätten den kostenintensiven Teil ihres Studiums bereits absolviert, sodass die Höhe der zu zahlenden Studiengebühr nicht von den durchschnittlichen Kosten eines Studiums aus festgelegt, sondern aufgrund gesonderter, vom Gesetzgeber zu Unrecht unterlassener Erhebungen ermittelt werden müsse (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/2000). Mit der Studiengebühr soll der mit der Einschreibung verbundene Vorteil für die Studierenden (teilweise) abgegolten werden. Dieser Vorteil besteht in der jederzeitigen und umfassenden Berechtigung, das Ausbildungsangebot der Hochschule zu nutzen. Hingegen kommt es nicht darauf an, inwieweit der zur Zahlung der Gebühr verpflichtete Studierende das Ausbildungsangebot tatsächlich wahrnimmt. Daher ist es nicht sachwidrig, dass der Gesetzgeber den mit der Studiengebühr abgegoltenen Vorteil anhand des Maßstabes der durchschnittlichen Kosten besonders kostengünstiger Studiengänge bewertet hat. Dies gilt auch für den Kreis der Studierenden, die bereits sämtliche Leistungsnachweise erbracht haben. Sind sie auf das Ausbildungsangebot der Hochschule aktuell nicht angewiesen, können sie sich beurlauben lassen und so die Zahlung der Studiengebühr vermeiden. Wollen sie an ihm teilhaben, steht ihnen grundsätzlich das gesamte Ausbildungsangebot offen. Dafür ist die Erhebung einer Semestergebühr in Höhe von 1 000 DM nicht unangemessen.

(5) Die Erhebung einer einheitlichen Studiengebühr ist auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00). Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, die Studiengebühr nach den unterschiedlichen Kosten der Studiengänge oder danach zu differenzieren, dass die Kosten eines Studiums mit zunehmender Semesterzahl, wie die Revision vorträgt, typischerweise abnehmen dürften. Denn aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität. Vielmehr verbietet der Gleichheitsgrundsatz auch insoweit eine Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung nur, wenn sie sachlich ungerechtfertigt ist. Verfassungsrechtlich geboten ist nicht, dass dem unterschiedlichen Maß der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen genau Rechnung getragen wird, sondern nur, dass in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit eine verhältnismäßige (Belastungs-)Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Mit Art. 3 Abs. 1 GG ist insbesondere eine Pauschalierung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu vereinbaren (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2000 - 11 C 7.00). Daran gemessen, ist die einheitliche Studiengebühr in Höhe von 1 000 DM nicht zu beanstanden. Da die Gebühr selbst in einem besonders kostengünstigen Studiengang weit unter den ausbildungsbedingten Kosten der Hochschule liegt, ähnelt sie einer Grundgebühr (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00). Diese schöpft den Vorteil, den die Studierenden nach Verbrauch des Bildungsguthabens erhalten, in angemessenem Umfang ab. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, für die kostenintensiveren Studiengänge Gebühren zu erheben, die über die bei allen Studiengängen ohne weiteres sachlich gerechtfertigte Höhe hinausgehen. Der Festsetzung differenzierter Gebührensätze hätte im Übrigen, um vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand zu haben, ein erheblicher Ermittlungsaufwand in zeitlicher und administrativer Hinsicht vorausgehen müssen. Dieser hätte aber in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gebührenaufkommen gestanden. Schließlich entspricht die einheitliche Höhe der Gebühr auch dem für eine Vielzahl von Studierenden gleichermaßen und unabhängig von ihrem Studienfach zutreffenden verhaltenslenkenden Zweck der Gebührenerhebung.

(6) Hierbei ist im übrigen unerheblich, dass die Einnahmen aus den erhobenen Studiengebühren gemäß § 4 StuGuG dem Landeshaushalt zufließen und nach der geltenden Gesetzeslage die Hochschulen zehn vom Hundert der vereinnahmten Gebühren zur Deckung der Kosten für die Ausführung des Gesetzes erhalten, denn die Hochschulen werden im wesentlichen mit Landesmitteln finanziert und die gebührenpflichtigen Studierenden erhalten tatsächlich den Vorteil, der mit der erhobenen Gebühr teilweise abgegolten werden soll (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001; VG Göttingen, Urteil vom 04.03.2004, - 4 A 98/03 -; VG Frankfurt/Main, Urt. v. 21.7.2004).

(7) Da die von den gebührenpflichtigen Studierenden erhobenen Studiengebühren die Kosten eines Studiums bei weitem nicht decken, besteht auch kein Anhalt für eine mögliche Verletzung des Kostendeckungsprinzips, welches an hand einer generalisierenden Betrachtung besagt, dass das Gebührenaufkommen den Gesamtaufwand für eine gebührenpflichtige Leistung nicht absichtlich dauernd übersteigen darf (BVerfGE 26, 305).

(8) Soweit der Kläger die Anwendbarkeit der Ausführungen des BVerwG (Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/2000) auf die hessische Gesetzeslage in Abrede stellt, verweist er auf die im dortigen Gesetz enthaltenen umfangreicheren Ausnahme- und Übergangsregelungen. Er hat aber nicht dargelegt, inwiefern es für die Ausführungen des BVerwG in der genannten Entscheidung auf die Ausnahme- und Übergangsregelungen der baden-württembergischen Gesetzesregelung überhaupt ankommt. Dies ist jedenfalls für die Ausführungen zum Äquivalenzprinzip nicht der Fall. Auch darüber hinaus hat der Kläger nicht dargelegt, worin die für die Ausführungen des BVerwG relevanten Unterschiede zwischen der hessischen und der baden-württembergischen Regelungen liegen, bzw. dass solche überhaupt vorhanden sind. Zwar sind im hessischen Recht die Ausnahme- und Übergangsregelungen im Wesentlichen in der HImmaVO getroffen. Indessen hat der Gesetzgeber dazu in § 6 StuGuG detaillierte Vorgaben gemacht, die unter dem Gesichtspunkt des Wesentlichkeitsprinzips, wonach Grundlegendes vom Gesetzgeber selbst zu regeln ist, keine Bedenken unterliegen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern es für den betroffenen Gebührenschuldner relevant sein soll, ob die ihn begünstigenden Ausnahmevorschriften im Gesetz selbst oder in einer Verordnung enthalten sind.

c. Einen Verstoß gegen die Vorschriften der Verfassung des Landes Hessen, insbesondere gegen Art. 59 Abs. 1 Hess. Verfassung, beinhalten die Regelungen des StuGuG nicht. Der Staatsgerichtshof des Landes Hessen hat zum Schutzbereich dieser Vorschrift in seiner Entscheidung v. 1.12.1976 (P.St. 812) u.a. ausgeführt:

„Was der einzelne vom Staat im Rahmen des Art 59 HV vernünftigerweise als Studienförderung erwarten und verlangen kann, ist eine Unterrichtsgeldfreiheit für die Dauer eines Studiums, das in einer dem Studienfach angemessenen Zeit abgewickelt wird. Eine solche Begrenzung ist gerade unter Beachtung des Art 59 Abs 1 Satz 1 HV als eines sozialen Grundrechts zweckmäßig, notwendig und zumutbar. Wie der Staatsgerichtshof bereits in seinem … Urteil vom 11. Mai 1966 - P St 191 - ausgeführt hat, liegt der Zweck des Art 59 HV darin, "freie Bahn dem Tüchtigen zu gewähren, ohne Rücksicht auf Einkommensverhältnisse oder Vermögensverhältnisse der Eltern". Auch dem sozial Schwächeren soll eine akademische Ausbildung nicht deshalb verschlossen sein, weil er die Mittel für das Unterrichtsgeld nicht aufbringen kann. Diese Förderung benötigt er aber nur für die angemessene Dauer des Studiums. Deshalb hat der Gesetzgeber … in richtiger Beurteilung des Grundrechts aus Art 59 HV die Grenzen des Verfassungsanspruchs auf Unterrichtsgeldfreiheit bestimmt. Dadurch wird, … zugleich die missbräuchliche Ausnutzung des Teilhaberechts verhindert. Diese Regelung entspricht auch der - wie dargelegt - gebotenen einschränkenden Auslegung sozialer Grundrechte. Wenn der Gesetzgeber ein solches gemeinschaftsbezogenes Grundrecht verwirklicht, schränkt er es weder ein noch gestaltet er es näher aus, weil die Verfassung es von vornherein nur mit einem beschränkten Inhalt und nur in einem beschränkten Umfang gewährt. Mit dem Fortfall der Unterrichtsgeldfreiheit für Studierende, die den Abschluss ihres Studiums unangemessen hinauszögern, hat der Gesetzgeber den gemeinschaftsgebundenen Grenzbereich festgelegt, um Kollisionen zwischen den berechtigten Interessen der einzelnen Staatsbürger und der Gemeinschaft zu verhindern. … Eine zeitlich unbegrenzte Unterrichtsgeldfreiheit entspräche nicht dem Wesensgehalt des Art 59 Abs 1 Satz 1 HV und wäre auch nicht vertretbar. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Numerus-clausus-Urteil vom 18. Juli 1972 in diesem Zusammenhang festgestellt, dass ein unbegrenztes subjektives Anspruchsdenken auf Kosten der Allgemeinheit mit dem Sozialstaatsgedanken unvereinbar sei und hinzugefügt, dass es dem Gebot sozialer Gerechtigkeit geradezu zuwiderlaufen würde. … Jedermann hat nach Art 2 Abs 1 HV die Freiheit, seine eigenen Mittel für eine unangemessene Verlängerung seines Studiums einzusetzen. Dazu kann er jedoch keine Förderung von der Allgemeinheit erwarten, weil auch das allgemeine Freiheitsrecht den inhärenten Beschränkungen der Sozialbindung unterliegt. … Die … Begrenzung der Unterrichtsgeldfreiheit wird durch Art 59 Abs 2 HV gestützt. In diesem Absatz wird der Zugang an den Schulen "nur von der Eignung des Schülers" abhängig gemacht. Die Eignung ist also Voraussetzung für die unentgeltliche Inanspruchnahme des Bildungsgebotes. Sie wird bei solchen Schülern und Studenten in Frage gestellt werden müssen, die den Abschluss ihrer Ausbildung unangemessen hinauszögern.“

Nach diesen Ausführungen, die das Gericht sich zu eigen macht und ausdrücklich unterstreicht, kann Unterrichtsgeldfreiheit auch nach dieser Vorschrift nur für eine „angemessene“ Dauer des Studiums verlangt werden, nicht hingegen, wenn der Abschluss eines Studiums unangemessen hinausgezögert wird und damit zugleich die Eignung des Studenten für ein Studium in Frage gestellt wird. Dies setzt insbesondere voraus, dass der Studierende nachweist, dass die Verzögerung seines Studienabschlusses auf Gründen beruht, die er selbst nicht zu vertreten hat (vgl. auch HessVGH, Urt. v. 18.4.1986, 6 UE 1265/85). Hieran fehlt es beim Kläger, der drei Studiengänge nebeneinander über 27 Semester betrieben hat ohne einen davon abzuschließen und währenddessen nach seinen Angaben 15 Fachsemester lang wegen paralleler Gremien- und Berufstätigkeit faktisch überhaupt nicht studiert hat.

d. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet allen Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung, wozu auch die Ausbildungsausübung gehört, kann gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden, wobei sich diese Regelungsbefugnis auch auf die Berufs- bzw. Ausbildungswahl erstreckt (BVerfG, Urt. v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377 ff.).

(1) Die Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst für sich genommen nicht den Anspruch auf ein kostenloses Studium, der durch die Regelung des § 3 StuGuG verkürzt sein könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 – 6 C 8/00BVerwGE 115, 32-50).

(2) Die Pflicht zur Entrichtung von Studiengebühren nach Erschöpfung des persönlichen Studienguthabens berührt auch nicht das aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip herzuleitende Recht des Einzelnen auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann. Dies hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen hat. Dementsprechend erstreckt sich der verfassungsrechtliche Zulassungsanspruch nicht auf die Kostenfreiheit des gewählten Studiums. Der Gesetzgeber ist durch den genannten Zulassungsanspruch nicht an der Entscheidung gehindert, unter Rückgriff auf den Grundsatz, dass die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis in der Regel eine Gebührenpflicht auslöst, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung künftig nicht mehr auf Dauer kostenlos anzubieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001, a.a.O., m.w.N.).

(3) Soweit Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip ein für jedermann tragbares bzw. ein um ein finanzielles Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot voraussetzt, das allen dazu Befähigten unabhängig von den Besitzverhältnissen der Eltern ein Studium ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50; vgl. auch BVerwGE 102, 142, 147), ist nicht ersichtlich, dass durch die Studiengebühr eine in diesem Sinne unüberwindliche soziale Barriere errichtet wird. Der Gesetzgeber ermöglicht mit der Bereitstellung der Studienguthaben jedem Studierenden ein zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führendes gebührenfreies Studium. Ferner sind konsekutive Studiengänge und das Studium ausschließlich zum Zweck der Promotion gebührenfrei.

(4) Die Studiengebühr ist nach Verbrauch des Studienguthabens für jedes weitere Studiensemester zu entrichten. Damit wird durch die Einführung der Studiengebühr nicht der Zugang zum Hochschulstudium geregelt, vielmehr werden die Studienbedingungen in bestimmter Weise ausgestaltet ((vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50; vgl. auch BVerwGE 102, 142, 147). Daher sind die für die Beurteilung von Berufsausübungsregelungen geltenden Maßstäbe anzuwenden. Derartige Regelungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Die materiellen Anforderungen hängen von der Tragweite der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ab. Die Regelungsbefugnis ist umso enger begrenzt, je mehr sie die Freiheit der Berufswahl berührt. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist in Bezug auf die Bedingungen und Modalitäten der Berufsausübung am weitesten. Berufsausübungsregelungen stehen im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen. Bei Regelungen der Berufswahl ist zwischen Zulassungsvoraussetzungen, deren Erfüllung in der Macht der Einzelnen liegt (subjektive Zulassungsvoraussetzungen), und solchen objektiver Art zu unterscheiden, die mit der Person des Berufsbewerbers nichts zu tun haben (objektive Zulassungsvoraussetzungen). Erstere sind zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig, letztere nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter. Berufsausübungsregelungen, die nicht nur in Einzelfällen Beschränkungen der Berufswahl bewirken, müssen die für diese geltenden Anforderungen erfüllen. In jedem Fall ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (stRspr; vgl. BVerfGE 7, 377, 397 ff.; 30, 292, 313 f.; 33, 303, 337 f.).

(5) Die Studiengebühr ist – wie oben ausgeführt - eine Benutzungsgebühr. Mit der Einführung einer solchen Gebühr wird nicht der Zugang zum Hochschulstudium geregelt, vielmehr werden die Studienbedingungen in bestimmter Weise ausgestaltet (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, 6 C 8/00, BVerwGE 115, 32-50; vgl. nunmehr auch BVerfG, Urt. v. 26.1.2005, 2 BvF 1/03, juris, Rn. 65; HessVGH, Beschl. v. 9.11.2004, 5 TG 2386/04). Daher sind die für die Beurteilung von Berufsausübungsregelungen geltenden Maßstäbe anzuwenden. Die Studiengebühr ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass der Gesetzgeber mit seiner Absicht, auf ein zügiges und zielgerichtetes Hochschulstudium hinzuwirken, ein legitimes Gemeinwohlanliegen verfolgt (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001 – 6 C 8/00BVerwGE 115, 32-50).

(6) Dem kann nicht entgegengehalten werden, ein Verstoß gegen die Erfüllung der Gebührenpflicht ziehe zwingend die Exmatrikulation nach sich und deshalb seien die für Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl geltenden Maßstäbe heranzuziehen. Von der Auferlegung einer Zahlungspflicht als einer Änderung der Studienbedingungen ist die Frage zu unterscheiden, mit welchen Mitteln sie durchgesetzt wird (BVerwG, Urt. v. 25.7.2001 – 6 C 8/00BVerwGE 115, 32-50). Letzteres unterliegt selbständiger verfassungsrechtlicher Würdigung. Ahndet der Gesetzgeber den Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen einer öffentlichen Einrichtung damit, dass der Betreffende von der weiteren Nutzung ausgeschlossen wird, mag dies unter Umständen unverhältnismäßig sein (vgl. BVerwGE 32, 308, 313 ff.; 59, 242, 244 f.). Dieser Frage ist hier indes nicht nachzugehen, weil sie für die Entscheidung nicht erheblich ist. Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung der Gebühr, nicht gegen eine Exmatrikulation.

e.(1) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Die Erwartung des Gesetzgebers, die nach Verbrauch des Studienguthabens drohende Studiengebühr könne für einen Großteil der vom Gesetz betroffenen Studierenden einen Anreiz bilden, das Studium zielstrebig und zügig abzuschließen, ist hinreichend sachlich fundiert. Zweifel an der Eignung der Regelung bestehen nicht. Weniger einschneidende, aber gleich wirksame Regelungen sind nicht ersichtlich. Insoweit beeinträchtigen etwa Immatrikulationsverbote als verhaltenslenkende Maßnahmen die Ausbildungsfreiheit stärker. Soweit der Kläger meint, insoweit seine auch weniger belastende Regelungen als eine Gebühr zu prüfen gewesen, lässt er außer Betracht, dass der Gesetzgeber – wie oben dargelegt – mit der Erhebung der Langzeitstudiengebühr neben dem Lenkungszweck zulässigerweise auch den der Vorteilsabschöpfung verfolgte. Eine Vorteilsabschöpfung wäre auf anderem Wege als durch Erhebung einer finanziellen Gebühr nicht möglich gewesen.

(2) Die gesetzliche Regelung setzt die Studierenden auch keinen unzumutbaren Belastungen aus. Die gebührenfreien Semester lassen in der Regel ausreichend Zeit für ein Erststudium; eventuelle studienorganisatorische Defizite (z.B. Lehrengpässe) oder individuelle Verzögerungsgründe können seitens der Hochschule im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 6 HImmaVO berücksichtigt werden. Darüber hat der Gesetzgeber Studierenden auch die Möglichkeit eröffnet, ohne Anrechnung auf die gebührenpflichtige Studienzeit, einmalig den Studiengang bis zum Beginn des 3. Fachsemesters zu wechseln (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 StuGuG).

f. Das Hessische Studienguthabengesetz entfaltet keine nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) unzulässige Rückwirkung. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, die vorliegenden Übergangs- und Härtefallregelungen zu Gunsten der Studierenden weiter zu fassen (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50)

(1) Die Vorschriften über die Erhebung von Studiengebühren in Hessen bewirken keine Rechtsfolgen für einen Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten, so dass es sich hierbei nicht um eine sogenannte "echte" Rückwirkung handelt. Nach den o.g. Vorschriften wird die Gebührenpflicht frühestens im Sommersemester 2004, teilweise auch erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Inkrafttreten des StuGuG relevant. Soweit die Entstehung der Studiengebührenpflicht davon abhängig ist, inwieweit das den Studierenden zur Verfügung stehende Studienguthaben in der Vergangenheit bereits verbraucht wurde, handelt es sich lediglich um eine grundsätzlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung oder sogenannte "unechte" Rückwirkung (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.01.2004, Az.: 2 ME 364/03). Eine solche "unechte" Rückwirkung ist zu messen an den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Diese sind nicht mehr gewahrt und auch die "unechte" Rückwirkung ist unzulässig, wenn bei der Abwägung des enttäuschten Vertrauens der Betroffenen einerseits und der Bedeutung der Neuregelung für das Allgemeinwohl andererseits den Interessen der Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen ist (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50; HessVGH, Beschl. v. 17.5.2005, 5 TG 589/05). Das ist hier nicht der Fall.

(2) Soweit der Kläger erklärt, er habe auf die kostenfreie Beendigung seines Studiums vertraut, erscheint es angesichts der konkreten Umstände höchst zweifelhaft, ob der Kläger derzeit oder in der Vergangenheit jemals die Beendigung seiner Studien ernsthaft beabsichtigte. Ohne die ernsthafte Absicht, ein Studium zu beenden, ist aber auch ein Vertrauen in dessen kostenfreie Beendigung nicht denkbar. Auch ist in der konkreten Abwägung die bereits verbrauchte Studiendauer zu berücksichtigen. Das Gericht hält es für nahe liegend, im konkreten Fall dem Vertrauen des Klägers – soweit ein solches vernünftigerweise überhaupt bestehen konnte - jedenfalls angesichts der bei ihm bestehenden dreifachen Überschreitung der Regelstudienzeit kein maßgebliches Gewicht mehr zuzubilligen. Angesichts der politischen Diskussionen um die Studiengebühren, die bis in die 80er-Jahre zurückgehen und die tatsächliche Einführung der Studiengebühren in mehreren Bundesländern (die maßgebliche Entscheidung des BVerwG stammt immerhin bereits aus dem Jahr 2001), sind auch die tatsächlichen Grundlagen eines möglichen Vertrauens mehr als fragwürdig. Studierende konnten angesichts der knapper werdenden öffentlichen Mittel und der bereits seit längerem geführten politischen Diskussionen über die Einführung von Studiengebühren nicht darauf vertrauen, dass sie ein einmal begonnenes Studium auch weit über die für dieses Studium angesetzte Regelstudienzeit letztlich auf Kosten der Allgemeinheit und gänzlich ohne eigenen Beitrag und ohne jede zeitliche Grenze beenden können würden (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50; VG Göttingen, Urteil vom 04.03.2004, a. a. 0.).

(3) Der Gesetzgeber andererseits hatte ein berechtigtes Interesse, die mit dem StuGuG verbundenen Zwecke möglichst bald greifen zu lassen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50), dies insbesondere auch im Hinblick auf die nicht unerhebliche Anzahl von Langzeitstudierenden an den Hochschulen des Landes Hessen. Der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst hat dazu auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Sarah Sorge vom 15.04.2004 mitgeteilt, dass im Sommersemester 2004 mehr als 17.000 Studierende (ohne die Werte für die Justus-Liebig-Universität Gießen) immatrikuliert waren, die im Erststudium nicht mehr über ein Studienguthaben verfügten (Landtags-Drs. 16/2157). Die Umsetzung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele wäre um viele Jahre verzögert worden, hätte man die Regelungen ganz ohne Rückanknüpfung an bereits vergangene Semester ausgestaltet und damit erst für Studienanfänger zur Anwendung gebracht.

g. Hinzu kommt, dass das Hessische Studienguthabengesetz unter den vorgenannten verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ausreichende Übergangsvorschriften bereithält.

(1) Dies gilt auch, soweit die Frist nach § 5 StuGuG, sich auf dien Gebührenpflicht einzustellen, in einzelnen Fällen – etwa beim Kläger - weniger als 1 Semester betrug (HessVGH, Beschl. v. 17.5.2005, 5 TG 589/05). Entscheidend für die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht ist insoweit eine Gesamtschau der getroffenen Härtefallregelungen und Übergangsfristen. Dabei sind die Möglichkeiten der Erhöhung des Studienguthabens nach § 6 Abs. 3 HImmaVO ebenso in die Betrachtung einzubeziehen, wie die Härtefallregelungen nach § 6 Abs. 4 HImmaVO und die differenzierten Übergangsvorschriften gem. § 5 Abs. 1 StuGuG. Nach Auffassung des BVerwG (Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50) bildet bereits die Verlängerung der Regelstudienzeit um bis zu 4 Semester (§ 2 Abs. 1 StuGuG) einen hinreichenden Puffer um nicht ein Verhalten zu privilegieren, das mit einem ordnungsgemäßen Studium nicht vereinbar ist.

(2) Die nach dem am 18.12.2003 in Kraft getretenen Gesetz zu entrichtenden Studiengebühren greifen schon für das Sommersemester 2004 nur bei den Studierenden, die bereits im Wintersemester 2003/2004 nicht mehr über ein Studienguthaben verfügten. Studierende, die im Wintersemester 2003/2004 noch über ein Studienguthaben verfügt hätten, sind erst ab dem Wintersemester 2004/2005 gebührenpflichtig geworden, diejenigen die im Sommersemester 2004 über ein Studienguthaben verfügten erstmals zum Sommersemester 2005. Darüber hinaus erhalten gem. 6 Abs. 6 HImmaVO Studierende, die bis zum Ablauf des Wintersemesters 2005/2006 das Studium, für das die Gebühr erhoben wurde, erfolgreich abschließen, die entrichteten Gebühren zurück. Damit gewährt das Studienguthabengesetz den Studierenden entweder ausreichend Gelegenheit, sich im Vorfeld auf die zu entrichtenden Gebühren einzustellen, oder aber zumindest die Möglichkeit, gezahlte Gebühren zurückzufordern, soweit das Studium innerhalb von vier Semestern, zum Ablauf des Wintersemesters 2005/2006, nach erstmaligem Greifen der Studiengebühr beendet wird. Insbesondere letzteres dürfte in den Fällen realistisch möglich sein, in denen die Regelstudienzeit zuzüglich weiterer drei bzw. vier Semester überschritten wurde.

Der Kläger hatte in seiner konkreten Lage die Möglichkeit, sein Studium bis zum Ende des Wintersemesters 2005/2006 abzuschließen und danach seine Gebühren zurück zu erhalten. Er hat indessen gegenüber dem Gericht keine erkennbaren Anstrengungen mitgeteilt, dies auch tatsächlich zu tun. Auch insoweit bestehen Zweifel an der Absicht des Klägers, seine Studien tatsächlich abzuschließen und damit auch an seiner Schutzwürdigkeit.

h. Soweit der Kläger schließlich rügt, aufgrund § 6 Abs. 4 u. Abs. 6 HImmaVO komme es zu einer – im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG bedenklichen - Ungleichbehandlung von Studienzeiten vor und nach Inkrafttreten der Regelung im Hinblick auf die Möglichkeit von Beurlaubungen und Teilzeitstudien, vermag das Gericht diese Bedenken nicht zu teilen.

(1) Im einzelnen sieht für Studienzeiten nach Inkrafttreten der VO die Vorschrift des § 3 Abs. 3 S. 1 HImmaVO die Berücksichtigung von Teilzeitstudien wegen Berufstätigkeit oder Mitgliedschaft in Hochschulorganen in Höhe von höchstens der doppelten Regelstudienzeit (hier zusätzliche 9 Semester) und § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 die Berücksichtigung von Beurlaubungen wegen Mitgliedschaft in Hochschulorganen in Höhe von höchstens 2 Semestern vor. Demgegenüber begrenzt § 6 Abs. 4 S. 1 HImmaVO die Erhöhung des Studienguthabens aus Gründen, die für zurückliegende Semester zur Inanspruchnahme eines Teilzeitstudiums oder einer Beurlaubung berechtigt hätten, auf die Zeit ab dem Sommersemester 1999 und auf insgesamt 4 Semester.

(2) Soweit ersichtlich, werden damit im Hinblick auf die Beurlaubung wegen Gremientätigkeit zurückliegende Zeiträume gem. § 6 Abs. 4 S. 2 HImmaVO (Anerkennung bis zu 4 Semestern) gegenüber zukünftigen Zeiträumen gem. § 11 Abs. 1 Nr. 5 HImmaVO (2 Semester) sogar günstiger behandelt. Nach Auffassung des Gerichts ist unter Beachtung des Lenkungszwecks der Regelung der Umstand, dass nur zukünftige Ereignisse von den Studierenden noch beeinflusst werden können, ein sachlich hinreichendes Differenzierungskriterium.

(3) Auf diese Fragen kommt es indessen hier indessen nicht an. Denn auch im Falle einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung – die bei der HImmaVO als untergesetzlichem Recht vom Gericht selbst bereinigt werden könnte – würde dies nicht zur Nichtigkeit der – den Kläger im übrigen begünstigenden – Vorschriften führen, sondern bestenfalls zu einer Anwendung der günstigeren Regelung auch auf den Kläger. Auch dies würde aber nicht zu einer Freistellung von der Studiengebühr führen. Selbst bei Außerbetrachtlassen der Höchstgrenze § 6 Abs. 4 S. 2 HImmaVO und voller Berücksichtigung aller 10 Semester gem. § 6 Abs. 4 S. 1 HImmaVO, die zwischen dem Sommersemester 1999 und dem Wintersemester 2004 liegen, würde der Kläger noch immer 17 Studiensemester verbraucht haben und der Gebührenpflicht unterfallen. Sogar wenn die Höchstbegrenzungen für zurückliegende Semester hinsichtlich Beurlaubung und Teilzeitstudium ganz außer Betracht blieben und dem Kläger insoweit die Regelungen zugute kämen, die für noch zu absolvierende Zeiträume gelten, würde gem. § 11 Abs. 1 Nr. 5 HImmaVO nur eine Beurlaubung im Umfang von insgesamt 2 Semestern und gem. § 3 Abs. 3 S. 1 HImmaVO eine Erhöhung des Studienguthabens auf die doppelte Regelstudienzeit - also auf 18 Semester - in Betracht kommen. Selbst bei kumulativer Anwendung dieser Vorschriften führte dies zu einem Guthaben von 20 (18+2) Semestern, das angesichts der verbrauchten 27 Semester nicht ausreichen würde.

(4) Der Kläger wäre daher durch die o.g. Regelungen nur dann unzulässig in seinen Rechten betroffen, wenn die zeitliche Begrenzung für die Beurlaubung oder die Anrechnung eines Teilzeitstudiums im Hinblick auf seine Berufs- oder Gremientätigkeit in §§ 3, 6 oder 11 HImmaVO als solche – auch soweit sie auf Zeiträume nach Inkrafttreten der VO gilt - grundsätzlich gegen höherrangiges Recht verstieße. Dies ist nicht der Fall. Ein Anspruch auf grundsätzlich unbegrenzte Ausdehnung des Studiums infolge Berufs- oder Gremientätigkeit ist aus Grundrechtspositionen nicht herleitbar.

(a) Die Zumutbarkeit der Studiengebühr wird nicht grundsätzlich dadurch in Frage gestellt, dass eine große Anzahl von Studierenden neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nachgehen (BVerwG Urteil vom 25.07.2001, – 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50). Insoweit durfte der Gesetzgeber zulässigerweise davon ausgehen, dass aufgrund des bestehenden Unterhaltsrechts und des Rechts auf Ausbildungsförderung dem Studierenden im Regelfall eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage zur Verfügung steht, ein Studium innerhalb des zeitlichen Rahmens des Studienguthabens gebührenfrei abzuschließen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2001, 6 C 8/00 –; BVerwGE 115, 32-50). Hinzu kommt, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber – in Hessen in § 3 und § 6 des StuGuG und im § 6 der HImmaVO - darüber hinausgehende Regelungen getroffen hat, um unbillige Härten und unzumutbare Konsequenzen aus den Vorschriften zur Erhebung der Studiengebühren zu vermeiden. Im Rahmen dieser Regelungen werden u. a. Behinderungen und chronische Erkrankungen ebenso berücksichtigt wie familiäre und wirtschaftliche Notlagen, die Verzögerung durch Berufstätigkeit oder durch Tätigkeit in Hochschulgremien.

(b) Auch die Mitarbeit in Gremien ist nicht unbegrenzt gewährleistet. Studierende sind auch im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit gehalten, in erster Linie ihr Studium zu betreiben, da sie insofern öffentliche Leistungen und Einrichtungen in Anspruch nehmen. Das VG Köln (Urt. v. 7.4.2004, 6 K 2836/04) führt dazu u.a. aus:

„Dies bedeutet zunächst, dass grundsätzlich nur derjenige Zeitaufwand zu kompensieren ist, der auch tatsächlich durch die entsprechende Tätigkeit entsteht. Wirkt ein Studierender in einem Semester in einem Gremium der Selbstverwaltung mit, so wird er jedoch regelmäßig neben dieser Tätigkeit zugleich auch in mehr oder weniger großem Umfang sein Studium vorantreiben können. Ihm für jedes Semester, in welchem er einem Gremium der Hochschulselbstverwaltung angehört, ein "Bonussemester" im Hinblick auf den Eintritt der Langzeitstudiengebührenpflicht einzuräumen, stellt ihn daher prinzipiell besser als einen Studierenden, der sein Studium ohne entsprechende "Nebentätigkeiten" absolviert. Die Begrenzung auf insgesamt drei Semester, also ein Drittel der in vielen Studiengängen veranschlagten Regelstudienzeit von neun Semestern, erscheint vor diesem Hintergrund großzügig bemessen. Der Studierende kann sich damit während eines erheblichen Teils seiner Zeit mit Tätigkeiten der Hochschulselbstverwaltung beschäftigen, ohne dadurch im Hinblick auf die Studiengebühren Nachteile befürchten zu müssen. Macht ein Studierender hingegen die Tätigkeit in Gremien der Hochschulselbstverwaltung zu seiner Hauptbeschäftigung, so besteht keine Veranlassung, ihm eine vollständige Kompensation für den erlittenen Zeitverlust zu gewähren. Denn von dem Studierenden kann erwartet werden, dass er den Privilegierungstatbestand nicht über das angemessene Maß hinaus ausnutzt. Er ist vielmehr gehalten, den Zeitverlust aus seiner Gremientätigkeit zu begrenzen und sein Studium zielstrebig voranzutreiben. So auch - im Zusammenhang mit der (vergleichbaren) Regelung zur Verlängerung der Förderhöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 - BAföG BVerwG, Beschluss vom 18.7.1986 - 5 B 21/85 -, und aus neuerer Zeit etwa VG Leipzig, Beschluss vom 11.7.2003 - 2 K 973/03 -, beide veröffentlicht bei Juris; Blanke, in: Rothe/Blanke, BAföG, Kommentar, Stand: 2004, § 15 Anm. 23; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, Kommentar, 3. Aufl. 1991, § 15 Rn. 24a). … Engagiert sich ein Studierender in einem solchen Umfang in der Selbstverwaltung, so hat er die sich daraus ergebenden Konsequenzen selbst zu tragen. Dem entsprechend wird auch für den - oben bereits angesprochenen - Fall der Ausbildungsförderung nach dem BAföG angenommen, dass eine Verlängerung der Förderhöchstdauer wegen Gremientätigkeiten maximal im Umfang von zwei Semestern in Betracht kommt.“

Das VG Minden (Urt. v. 11.11.2004, 9 K 1859/04, juris) führt dazu aus:

„Nicht zu beanstanden ist hierbei, dass § 5 Nr. 2 StKFG NRW die Gewährung von Bonusguthaben auf das Dreifache einer Regelabbuchung begrenzt. Eine solche Begrenzung ist sachgerecht. Denn die Studierenden sind gehalten, ein vertretbares Maß der Gremientätigkeit zu wahren. Mit dem Angebot der Hochschulen, die Studierenden auf berufliche Tätigkeiten vorzubereiten, ist die berechtigte Erwartung verbunden, dass die Studierenden ihr Studium umsichtig planen und zielstrebig durchführen. Dies ist auch bei der Übernahme von Funktionen in der Selbstverwaltung der Hochschulen zu berücksichtigen. Die Gremientätigkeit darf daher im Vergleich zum Studium nur von untergeordneter Bedeutung sein. … Der vom Gesetzgeber gewählte Zeitraum für eine zu berücksichtigende Gremientätigkeit … trägt dabei einerseits dem Bedürfnis nach einer länger dauernden Mitwirkung in der Gremienarbeit Rechnung. Andererseits geht der Gesetzgeber zu Recht davon aus, dass eine untergeordnete Bedeutung der Gremientätigkeit nicht mehr gegeben ist, wenn diese mehr als drei Semester in Anspruch nimmt. Denn bei einer … grundsätzlich höchstmöglichen Regelstudienzeit - wie hier - von 9 Semestern, entspricht dies bereits einem Drittel der Studienzeit, in der ein Studiengang im Regelfall abgeschlossen werden kann. … Eine Verpflichtung zur Berücksichtigung der über das angemessene Maß hinausgehenden Mitwirkung in Selbstverwaltungsgremien der Hochschule lässt sich auch dem Benachteiligungsverbot aus den §§ 37 Abs. 3 HRG, 12 Abs. 2 Satz 1 HG NRW in diesem Zusammenhang nicht entnehmen.“

Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht auch im Hinblick auf die Rechtslage in Hessen in vollem Umfang an. Der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag in besonders grober und nachhaltiger Weise gegen seine Obliegenheit verstoßen, seine Zeit in erster Linie zum Studieren zu verwenden. Die Aufnahme seiner Berufs- und Gremientätigkeit fällt zeitlich zusammen ins Sommersemester 1994. Anschließend wendete er während eines Zeitraums von mindestens 15 Semestern (also der 1,7-fachen Regelstudienzeit) jeweils 15 Wochenstunden für Gremientätigkeit und daneben 20 Wochenstunden für Erwerbsarbeit auf. Er hat also mit Erwerbsarbeit in dieser Zeit nicht sein Studium finanziert, sondern allein seine Mitarbeit in Hochschulgremien.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.11, 711 Zivilprozessordnung.