Hessisches LSG, Urteil vom 15.03.2006 - L 4 KA 32/05
Fundstelle
openJur 2012, 27365
  • Rkr:

1. Die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V bezüglich der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres verstößt nicht gegen die Richtlinie des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (EGRL 78/2000; vgl. BSG, Beschluss vom 27. April 2005 - B 6 KA 38/04 B).

2. An der Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift hat sich auch nichts aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2005 (C-144/04 M. ./. H.) geändert.

3. Unabhängig vom Ablauf der Umsetzungsfrist bis zum 2. Dezember 2006 verstößt die Vorschrift des § 95 Abs. 7 SGB V deshalb nicht gegen die EGRL 78/2000, weil die Ungleichbehandlung wegen Art. 4 Satz 1 und die Altersbegrenzung wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 gerechtfertigt ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Gerichtskosten zu tragen sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 109.167,75 € festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Beendigung der Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung zum 30. September 2002.

Der Kläger ist 1934 geboren. Er war seit dem 1. Januar 1974 in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung niedergelassen, zuletzt als hausärztlich tätiger Internist. Am 29. Dezember 2004 hat er seine Approbation als Arzt zurückgegeben.

Mit Beschluss vom 30. April 2002 stellte der Zulassungsausschuss der Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen fest, dass die Zulassung des Klägers zum 30. September 2002 gemäß § 95 Abs. 7 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) ende, da er zum Ende dieses Kalendervierteljahres sein 68. Lebensjahr vollende.

Dagegen legte der Kläger am 13. September 2002 Widerspruch ein. Er trug vor, sein Sohn habilitiere sich nach einem zweijährigen Aufenthalt in B. zurzeit an der Universitätsklinik L. Die Habilitation werde im Frühjahr 2003 abgeschlossen sein. Zudem wolle er seine Facharztausbildung im Jahre 2003 beenden. Es sei ihm – dem Kläger – nicht gelungen, für diese zeitliche Lücke eine wie auch immer geartete Vertretung zu finden. Er betreue im Rahmen seiner internistischen hausärztlichen Tätigkeit im Quartal durchschnittlich 1000 Patienten sowie etwa 50 Drogenpatienten. Für Letztere gebe es im Umkreis von mindestens 50 km zurzeit keine Substitutionsplätze. Die Aufgabe der Praxis ohne einen Nachfolger würde für ihn erhebliche existenzielle Schwierigkeiten bedeuten.

Mit dem am 17. Dezember 2002 an den Kläger zugestellten Beschluss vom 23. Oktober 2002 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führte er aus, dass die vom Kläger vorgetragenen Gründe nicht zu einer Verlängerung seiner Zulassung als Vertragsarzt führen könnten. Ausnahmen von der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V lägen nicht vor. Diese Altersgrenze werde von der Rechtsprechung als mit Art. 12 Grundgesetz (GG) im Einklang stehend angesehen.

Dagegen hat der Kläger am 8. Januar 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main zunächst Anfechtungs- und Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erhoben. Nach der Rückgabe seiner Approbation hat er diese Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 23. Oktober 2002, geändert.

Ein von dem Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main eingeleitetes Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 29 KA 51/03 ER) ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss vom 18. März 2003). Die dagegen eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2004 (Az.: L 7 KA 412/03 ER) zurückgewiesen worden.

Zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse hat der Kläger vorgetragen, aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Dezember 2000, L 303/16; im folgenden: EGRL 78/2000) ergebe sich die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen, sofern durch eine Entscheidung eines Trägers öffentlicher Gewalt sein Recht unter Beachtung seines Alters und seiner Leistungsfähigkeit im Alter verletzt werde. Außerdem habe er noch über das dritte Quartal 2002 hinaus durch Verschreibungen der erforderlichen Medikamente für Kassenpatienten deren Behandlung gesichert. Von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen würden insoweit Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Außerdem sei bereits vor dem Verwaltungsgericht Kassel ein Rechtsstreit anhängig, worin sich der Landkreis als Sozialhilfeträger darauf berufe, dass er wegen der Altersgrenze Sozialhilfeempfänger nicht hätte behandeln dürfen und der Landkreis damit nicht verpflichtet sei, die von ihm erbrachten medizinischen Leistungen zu entgelten.

In der Sache selbst hat der Kläger geltend gemacht, die Vorschrift des § 95 Abs. 7 SGB V verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 12 und 14 GG. Darüber hinaus verstoße die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V gegen das europäische Gemeinschaftsrecht. Denn die Bundesregierung sei durch die EGRL 78/2000 verpflichtet, altersdiskriminierende Handlungen künftig zu unterlassen. Die Richtlinie binde aber nicht nur die Bundesregierung als höchstes Exekutivorgan, sondern sämtliche staatliche Gewalt, also auch das angerufene Gericht. Alle Staatsgewalten hätten richtlinienwidrige Akte zu unterlassen. Die Richtlinie hätte bis Anfang Dezember 2003 Gesetzeskraft erlangen sollen. Dies sei nicht geschehen. Die Bundesregierung habe von der Option, die die Richtlinie enthalte, Gebrauch gemacht, weitere drei Jahre für die Umsetzung in Anspruch zu nehmen. Die Bundesregierung denke bislang nicht daran, die Altersgrenze für Ärzte aufzuheben. Aufgrund der Vorwirkung der Richtlinien müssten auch die Gerichte eine richtlinienkonforme Auslegung bestehender Bestimmungen vor Ablauf der Umsetzungsfrist vornehmen. Etwaiges entgegenstehendes nationales Recht sei aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechtes außer Betracht zu lassen.

Vorliegend wäre es unverhältnismäßig, ihm - dem Kläger - so kurz vor Umsetzung der Richtlinie erhebliche wirtschaftliche Sonderopfer aufzuerlegen.

Mit Urteil vom 15. Juni 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, ein entsprechendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei gegeben. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Kläger angekündigt habe, im Falle eines Prozesserfolges im sozialgerichtlichen Verfahren gegen den Beklagten mit Schadensersatzansprüchen vorgehen zu wollen. Außerdem liege das notwendige Feststellungsinteresse dann vor, wenn die angestrebte Entscheidung die Lage des Klägers verbessern könne. Es reiche aus, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit für andere streitige Rechtsverhältnisse präjudiziell sei, für eine andere Entscheidung Bedeutung haben könne und der Kläger dadurch einer für ihn günstigen Entscheidung einen Schritt näher kommen könne. Die vorliegende Streitfrage könne daher sowohl für Ansprüche des Klägers als auch für Ansprüche gegen ihn von Bedeutung sei. Dies habe der Kläger auch ausreichend dokumentiert.

In der Sache selbst sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe zum 30. September 2002 sein 68. Lebensjahr vollendet gehabt. Seine Zulassung als Vertragsarzt ende daher gemäß § 95 Abs. 7 SGB V zu diesem Zeitpunkt. Eine Verlängerung der Zulassung komme nicht in Betracht. Die Begrenzungsregelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V sei mit dem Grundgesetz vereinbar und damit verfassungsgemäß. Sie werde im Sinne des Art. 12 GG den Anforderungen an subjektive Zulassungsbeschränkungen gerecht. Am Maßstab des Eigentumsgrundrechts gemäß Art. 14 GG sei die Regelung von vornherein nicht zu messen, weil sie sich auf die berufliche Betätigung und nicht auf deren Ergebnis beziehe. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Auch könne eine nach EU-Recht unzulässige Diskriminierung nicht angenommen werden. Die Regelungen des § 95 Abs. 7 SGB V verstoße nicht gegen die EGRL 78/2000. Denn die Zulassung ende zwar bei einer bestimmten Altersgrenze, aber nicht „wegen" des Alters, sondern deshalb, weil der Gesetzgeber im Rahmen der von ihm vorgenommenen Abwägung entschieden habe, dass Ärzte, die die Altersgrenze erreicht hätten und zu diesem Zeitpunkt mindestens 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen seien, lange genug an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teilgenommen hätten und es daher an der Zeit sei, dass an ihrer Stelle andere jüngere Ärzte eine Chance der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erhielten. Dass keine Diskriminierung „wegen" des Alters vorliege, zeige sich dabei auch daran, dass Ärzte, die bei Erreichen der Altersgrenze noch nicht 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen seien, weiterhin als Vertragsärzte tätig sein könnten, bis sie den 20-Jahres-Zeitraum ausgefüllt hätten. Es handele sich insoweit um eine Regelung im Rahmen eines gesetzgeberischen Gesamtkonzeptes zur Begrenzung der Zahl der Vertragsärzte, um eine Zulassungsbegrenzung, die zwar - zunächst, falls der 20-Jahres-Zeitraum ausgefüllt sei - an ein bestimmtes Alter anknüpfe, die aber nicht „wegen" dieses Alters, sondern wegen der Verteilung von Zugangschancen zum System der vertragsärztlichen Versorgung getroffen worden sei und damit auch keine Diskriminierungswirkung wegen des Alters beinhalten könne.

Außerdem sei die Umsetzungsfrist für die Richtlinie noch nicht abgelaufen. Zwar entfalte eine Richtlinie gegenüber dem Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet sei, schon vom Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an Rechtswirkungen, und zwar in dem Sinne, dass der Mitgliedsstaat während der Frist den Erlass von Vorschriften unterlassen müsse, die geeignet seien, das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich infrage zu stellen. Abgesehen davon, dass die Vorschrift des § 95 Abs. 7 SGB V keine Auslegungsspielräume eröffne, in denen die Wertentscheidungen der Richtlinie schon jetzt berücksichtigt werden könnten, sei diese Vorschrift schon zum 1. Januar 1999, also vor der EGRL 78/2000 vom 27. November 2000 in Kraft getreten. Es handele sich insoweit um keine Vorschrift, die in unzulässiger Weise während der Umsetzungsfrist erlassen worden sei.

Gegen das dem Kläger am 29. Juli 2005 zugestellte Urteil hat dieser am 26. August 2005 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.

Der Kläger trägt vor, der bereits in den Art. 12 und 13 des EG-Vertrages sowie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte Gleichheitssatz werde durch die EGRL 78/2000 dahingehend konkretisiert, dass der Gesetzgeber bis zum Dezember 2003 verpflichtet gewesen sei, diesen in Beschäftigung und Beruf zu verwirklichen. Auch durch die Verlängerungsoption bis zum 2. Dezember 2006 ändere sich nichts daran, dass im Falle einer Diskriminierung alle staatlichen Organe gehalten seien, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern, dass das Richtlinienziel verfehlt werde. Es möge zwar hinzunehmen sein, dass bei einer gegebenen Rechtfertigung im derzeitigen Zustand des Zusammenwachsens des europäischen Rechtsraumes eine in Nuancen unterschiedliche Auslegung des Gleichheitsgrundsatzes in Betracht zu ziehen sei, im Großen und Ganzen aber deckten sich sowohl in der rechtlichen Tradition als auch in der Zweckrichtung die Gleichheitserwägungen des Grundgesetzes mit denen des europäischen Vertrages. Daher sei de lege lata eine Diskriminierung in dem hier gegebenen Ausmaß, nämlich durch die faktische Enteignung einer Arztpraxis und die Beschränkung der beruflichen Tätigkeit allein wegen Altersgründen nicht zu rechtfertigen. Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in der Rechtssache C-144/04 (M. gegen H.) vom 22. November 2005 ergebe sich, dass Rechtsvorschriften, die das Alter als einziges Kriterium festlegen würden, ohne dass nachgewiesen sei, dass die Festlegung dieser Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen im Zusammenhang mit der Struktur des jeweiligen Berufsfeldes und der persönlichen Situation der Betroffenen zur Erreichung des Ziels, jüngere Ärzte mit in die kassenärztliche Versorgung mit einzubeziehen, weit über das hinausgingen, was europarechtsgemäß und verfassungsgemäß wäre. Diesen Aspekt habe auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 31. März 1998 nicht hinreichend gewürdigt. Bereits durch die Einführung des § 103 SGB V durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 habe der Gesetzgeber Maßnahmen gegen eine Überversorgung getroffen. Daher habe die Einführung des § 95 Abs. 7 SGB V allein dem Ausschluss der Ärzte, die das 68. Lebensjahr vollendet hatten, gedient. Zu Unrecht habe das Bundesverfassungsgericht angenommen, eine Verletzung des Art. 14 GG scheide aus, weil es nur um Erwerbschancen gehe.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 23. Oktober 2002 rechtswidrig war,

2. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den Europäischen Gerichtshof gemäß Artikel 234 Abs. 1 EGV zu befragen, ob im Hinblick auf Artikel 10 EGV und der Zielvorgabe aus Artikel 249 Abs. 3 EGV zu Unrecht die Vorwirkungen des Altersdiskriminierungsverbots der Richtlinie 2000/78/EG durch die Anwendung von § 95 Abs. 7 SGB V verletzt wurden,

3. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und gemäß Artikel 100 GG die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, dass § 95 Abs. 7 SGB V i.V.m. Artikel 33 § 1 GSG den Kläger in seinen Verfassungsrechten aus Artikel 3 Abs. 1, 12 und Artikel 14 GG verletzen und damit auch mit dem Grundgesetz und auch den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft sowie dem EG-Vertrag unvereinbar ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte weist darauf hin, dass die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift des § 95 Abs. 7 SGB V sowohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31. März 1998 als auch das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt hätten.

Das Bundesverfassungsgericht habe in dem genannten Beschluss ausgeführt, die Altersgrenze in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber werde durch den Gleichheitssatz nicht gehindert, die Berufsausübung der Vertragsärzte im Gegensatz zu denjenigen anderer freier Berufe einer Altersgrenze zu unterwerfen. Die Altersgrenze verstoße auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG etwa im Hinblick auf die Benachteiligung gegenüber Ärzten aus anderen EU-Ländern. Im Inland seien alle approbierten Ärzte von der in § 95 Abs. 7 SGB V getroffenen Regelung gleichermaßen betroffen, so dass jedenfalls insoweit auch die europarechtlichen Vertragsregelungen nicht tangiert würden. Da die Altersgrenze Inländer und Staatsangehörige der anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in gleicher Weise beträfen, liege eine verbotene Diskriminierung von vornherein nicht vor. Auch ergäbe sich aus den Art. 12 und 13 des EG-Vertrages kein Schutz, der über denjenigen des Art. 3 GG hinausreichen würde.

Das Klagebegehren könne auch nicht auf die EGRL 78/2000 gestützt werden, denn die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V sei nicht wegen des Alters eingeführt worden, sondern deshalb, weil der Gesetzgeber im Rahmen der von ihm vorgenommenen Abwägung entschieden habe, dass Ärzte, die die Altersgrenze erreicht hätten und mindestens 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen seien, lange genug an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teilgenommen hätten und daher an ihrer Stelle jüngere Ärzte eine Chance zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erhalten sollten.

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 2005 sowie der Beschluss des Beklagten vom 23. Oktober 2002 sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Gegenstand des Verfahrens ist aufgrund der erstinstanzlichen vollzogenen Klageänderung eine auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Endens in der vertragsärztlichen Zulassung zum 30. September 2002 gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage, da der Kläger seine Approbation zum 29. Dezember 2004 zurückgegeben hat. Zu Recht hat das Sozialgericht das notwendige Feststellungsinteresse bejaht. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen auf die dortigen zutreffenden Entscheidungsgründe.

Zu Recht hat der Beklagte das Enden der vertragsärztlichen Zulassung zum 30. September 2002 - deklaratorisch - festgestellt. Dass die Voraussetzungen des § 95 Abs. 7 Sätze 3 und 4 SGB V vorliegend gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Denn der Kläger hat sein 68. Lebensjahr am 3. September 2002 vollendet. Da er bereits seit dem 1. Januar 1974 als Vertragsarzt tätig war, war er bei Vollendung seines 68. Lebensjahres mehr als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig.

Die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG (Entscheidungen vom 25. November 1998, B 6 KA 4/98 R; vom 30. Juni 2004, B 6 KA 11/04 R; vom 27. April 2005, B 6 KA 38/04 B; vgl. auch Beschlüsse des HLSG vom 15. Dezember 2004, L 7 KA 412/03 ER; vom 10. Juni 2005, L 6/7 KA 58/04 ER) und des Bundesverfassungsgerichts, die in mehreren Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift festgestellt haben. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Regelung, die in ihrem maßgeblichen Kern durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 eingeführt wurde, mit der Altersgrenze, sofern diese als eine die Berufswahl im Sinne des Art. 12 GG berührende subjektive Berufszulassungsbeschränkung zu bewerten sei, jedenfalls zum Schutze eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes erforderlich sei und keine übermäßigen, unzumutbaren Belastungen auslöst. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit hervorgehoben, dass nach der Gesetzesbegründung mit der Regelung die angestrebte, zur Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Beschränkung der Vertragsarztzahlen nicht nur zulasten der jüngeren Ärzte verwirklicht werden kann. Außerdem dient die Regelung dazu, Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen, einzudämmen. Dabei geht es um Gefahren, die von nicht mehr leistungsfähigen Vertragsärzten für die Gesundheit der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten ausgehen und die im Zusammenhang mit dem System der gesetzlichen Versicherung zu beurteilen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 1998, 1 BvR 2167/93 und 1 BvR 2198/93; bestätigt durch die Beschlüsse vom 20. März 2001, 1 BvR 491/96, vom 18. Mai 2001, 1 BvR 522/01 und vom 4. Oktober 2001, 1 BvR 1435/01). Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG ist deshalb nicht ersichtlich, weil sich die Vorschrift des § 95 Abs. 7 SGB V auf die berufliche Betätigung und nicht auf deren Ergebnis beziehen. Denn dadurch wird die Möglichkeit des Verkaufs oder der Übertragung der Praxisräume und des Stammes der Privatpatienten nicht berührt. Schließlich hat das BVerfG ausgeführt, dass die Altersgrenze auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn der Gesetzgeber wird durch den Gleichheitssatz nicht gehindert, die Berufsausübung der Vertragsärzte im Gegensatz zu denjenigen anderen freien Berufen einer Altersgrenze zu unterwerfen. Dadurch wird auch kein Gleichheitsproblem im Sinne einer Inländerdiskriminierung aufgeworfen (vgl. BverfG, Beschluss vom 31. März 1998, a.a.O.; vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; BSG, Beschluss vom 27. April 2005, a.a.O.).

Einer Überprüfung der Regelungen, wie der Kläger meint, anhand der Art. 12 und 13 EG-Vertrag, bedurfte es nicht. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG, dass die gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte nur im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts Geltung haben. Ein Eingriff in den sachlichen Schutzbereich eines der Gemeinschaftsgrundrechte ist damit gemeinschaftsrechtlich irrelevant, wenn er ausschließlich auf innerstaatlicher Rechtsgrundlage erfolgt. Dann bleibt es dabei, dass allein die (inner-)staatlichen Grundrechte und eventuell noch völkerrechtlich verbürgte Menschenrechte verletzt sein können. Die Altersgrenze des § 95 Abs. 7 SGB V ist nicht auf Grundlage bzw. in Ausführung europäischen Rechts erfolgt (BSG, Beschluss vom 27. April 2005, a.a.O.).

Die Regelung ist auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Daran hat sich auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2005 (C-144/04 M. gegen H.) nichts geändert.

Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht gegen die Regelung der EGRL 78/2000 verstoßen. Zwar ist der Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich eröffnet. Denn Zweck dieser ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung u.a. wegen des Alters in Beschäftigung und Beruf. Jedoch ist die Umsetzungsfrist des Art. 18 der Richtlinie noch nicht abgelaufen. Die Bundesrepublik Deutschland hat - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - die Möglichkeit der Zusatzfrist weiterer drei Jahre zur Umsetzung der Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters in Anspruch genommen, so dass die Richtlinie erst bis 2. Dezember 2006 umgesetzt werden muss (vgl. BSG, Beschluss vom 27. April 2005, a.a.O; HLSG, Beschluss vom 15. Dezember 2004, a.a.O.; Boecken, NZS 2005, S. 393 (399)).

Das Sozialgericht hat weiter in seiner Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass die EGRL 78/2000 bereits jetzt insoweit Wirkung entfaltet, dass alles zu unterlassen ist, was geeignet ist, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel infrage zu stellen (vgl. EuGH, Entscheidung vom 18. Dezember 1997, C-129/96 W.). Allerdings ist der Wortlaut des § 95 Abs. 7 SGB V eindeutig. Er öffnet keinerlei Auslegungsspielräume, in denen die Wertentscheidung der Richtlinien bereits jetzt berücksichtigt werden könnte. Auch hat die Vorschrift zur Altersbegrenzung bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie bestanden. Der Wortlaut des jetzigen § 95 Abs. 7 Sätze 3, 4 (früher als Sätze 2, 3) SGB V ist bereits mit dem Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 zum 1. Januar 1993 eingeführt worden. Die Regelung entfaltete auch ihre Wirkung ab dem 1. Januar 1999, mithin annähernd zwei Jahre vor Inkrafttreten der EGRL 78/2000.

Vorliegend ist äußerst fraglich, ob – wie der Kläger meint – aus der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2005 (a.a.O.) der Schluss gezogen werden kann, bereits zum jetzigen Zeitpunkt dürfe § 95 Abs. 7 SGB V mit der Altersbegrenzungsregelung nicht angewendet werden. Denn wäre dies richtig, wären sämtliche Umsetzungsfristen für den nationalen Gesetzgeber, innerstaatliches Recht an europäisches Recht anzupassen, unnötig, weil dann jede EU-Richtlinie sofort mit Inkrafttreten vor Ablauf der Umsetzungsfristen entgegenstehendes nationales Recht unmittelbar verdrängen würde.

Außerdem steht die dortige Formulierung, es obliege dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbotes der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen sei (a.a.O., Rdnr. 78), in offensichtlichem Zusammenhang mit Ziff. 2 des dortigen Entscheidungstenors, worin ausschließlich inhaltlich auf die Altersgrenze von 52 Jahren in § 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 Bezug genommen wird. Und dieser bezieht sich wiederum unmittelbar auf die von dem Arbeitsgericht München zu Nr. 2 und 3 im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens gestellten Fragen, die auf die gleiche gesetzliche Regelung Bezug nehmen.

Aber selbst wenn man – wie der Kläger – aus der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2005 (a.a.O.) den Schluss zöge, dass bereits jetzt die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbotes der Diskriminierung wegen des Alters dadurch zu gewährleisten sei, dass jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts nicht angewendet würde, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen sei, würde dies die Anwendbarkeit des § 95 Abs. 7 SGB V nicht ausschließen, weil darin keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters enthalten ist.

Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich der EGRL 78/2000 ist gegeben. Gemäß deren Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) geht es um den Zugang zur selbstständigen Erwerbstätigkeit für Ärzte. Denn eine Zugangsregelung stellt auch ein Ausscheiden wegen des Erreichens einer Altersgrenze von 68 Jahren dar. Der Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 3 greift vorliegend nicht ein, da keine Leistungen der staatlichen oder damit gleichgestellten Systeme betroffen sind (vgl. hierzu Husmann, ZESAR 2005, S. 107 (109)). Die Anwendbarkeit der Richtlinie wird auch nicht durch deren 14. Erwägungsgrund ausgeschlossen. Denn davon werden lediglich betriebliche Versorgungs- bzw. Rentensysteme erfasst. Die Beendigung der Tätigkeit als Vertragsarzt wegen Erreichens der Altersgrenze wird auch vom Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 Buchstabe a) EGRL 78/2000 erfasst. Danach liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen ihres Alters eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person. Das Ausscheiden des Arztes ist an dessen Alter geknüpft. Gegenüber jüngeren Personen stellt dies eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dar. Da mit dem altersbedingten Ausscheiden ein weiteres Tätigwerden als Vertragsarzt ausgeschlossen wird, ist damit auch ein wirtschaftlicher Schaden des Arztes naheliegend.

Die Diskriminierung ist aber nicht rechtswidrig. Dies folgt bereits aus Art. 4 Satz 1 EGRL 78/2000, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Insoweit können die Mitgliedsstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit den Diskriminierungsgründen des Art. 1 steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Bezogen auf eine Altersgrenze hat das BVerfG zutreffend ausgeführt, dass damit Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Vertragsärzten für die Gesundheit der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten ausgehen, ausgeschlossen werden. Dabei hat es auch auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung hingewiesen, worin gesetzlich Versicherte - anders als privat versicherte Patienten - aufgrund des Sachleistungsprinzips nur Anspruch auf Behandlung durch einen Vertragsarzt haben. Die Tätigkeit als Vertragsarzt stellt hohe Anforderungen an die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter größer wird. Der Gesundheitsschutz stellt ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut dar (BverfG, Beschluss vom 31. März 1998, a.a.O.). Das Bundesverfassungsgericht hat sich auch mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer derartigen Regelung beschäftigt, ob nicht eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit der Ärzte vorzugswürdig sei. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit aber auf Grundlage von Erfahrungswerten die Schaffung einer generalisierenden Regelung ausdrücklich gebilligt (BverfG, Beschluss vom 31. März 1998, a.a.O.). Diese Auffassung wird von dem erkennenden Senat geteilt, denn andernfalls müssten umfangreiche Verwaltungsstrukturen und Maßstäbe entwickelt werden, um diese Problematik handhaben zu können.

Allerdings könnte hier die Frage zu stellen seien, ob der Gesetzgeber zur Zweckerreichung des Gesundheitsschutzes der Patienten vor Gefährdungen durch in der Leistungsfähigkeit eingeschränkter Ärzte gegebenenfalls durch Entziehung der Approbation hätte reagieren müssen. Insoweit hat das BVerfG jedoch zutreffend ausgeführt, dass durch die Altersgrenzenregelung des § 95 Abs. 7 SGB V der Eingriff deshalb abgemildert wird, weil der Arzt nach Vollendung des 68. Lebensjahres durch eine privatärztliche Tätigkeit Einkünfte - wenn auch nur noch in begrenztem Umfange - erzielen kann (BverfG, Beschluss vom 31. März 1998, a.a.O.). Das BSG hebt in diesem Zusammenhang zutreffend hervor, dass der Gesetzgeber nicht jede patientenbezogene Berufsausübung durch ältere Ärzte als so potentiell gefährdend ansieht, dass sie ausnahmslos zu unterbleiben hat. Denn gerade durch die (Übergangs-)Regelungen des § 95 Abs. 7 Sätze 4, 5 SGB V können ältere Ärzte noch beruflich tätig werden. Das BSG hat im Übrigen auch eine Vertretungstätigkeit älterer Ärzte in der vertragsärztlichen Versorgung insbesondere mit der Argumentation für zulässig erachtet, weil die körperliche und psychische Belastung bei kurzzeitigen Vertretungssituationen in der Regel geringer sind (BSG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.). Soweit teilweise gerügt wird, der Gesetzgeber habe angesichts der Vielfalt der Fachrichtungen ärztlicher Tätigkeit und der damit verbundenen ganz unterschiedlichen Anforderungen die Festsetzung einer für alle Fachrichtungen einheitlichen bestimmten Altersgrenze unterlassen müssen (so Boecken, a.a.O., S. 398), kann dem nicht beigetreten werden. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass je nach Fachrichtung einigermaßen zuverlässig statistisch oder empirisch ermittelt werden könnte, zu welchem Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit der betreffenden Arztgruppe ein weiteres Tätigwerden nicht zulassen könnte.

Außerdem ist die Altersbegrenzung auch durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGRL 78/2000 gerechtfertigt. Danach stellen Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel (insbesondere Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt, berufliche Bildung) gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Vorliegend knüpft die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V ausschließlich an das objektive Kriterium des Alters an. Der Senat hält die Regelung auch für angemessen, weil der Gesetzgeber eine Altersgrenze gewählt hat, die nach wie vor über dem regelmäßigen Rentenalter in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt. Zahlenmäßig ist damit nur eine kleinere Gruppe von Vertragsärzten betroffen. Nach den vom BSG in seiner Entscheidung vom 25. November 1998 (a.a.O.) erörterten statistischen Zahlen waren Ende 1996 3797 Vertragsärzte im Alter von über 65 Jahren zugelassen (Anteil Gesamtbestand 3,5 %). Insgesamt 2729 Vertragsärzte waren 69 Jahre und älter. Dass der Schutz der gesetzlich Krankenversicherten vor nachlassender Leistungsfähigkeit älterer Vertragsärzte ein legitimes Ziel ist, wurde bereits oben erörtert. Der Senat hält es auch für verhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber anstatt einer individuellen Überprüfung der Leistungsfähigkeit eine generelle Regelung geschaffen hat. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus mit der Übergangsregelung des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V Vorsorge getroffen, dass jeder Vertragsarzt unabhängig von der Altersgrenze die Möglichkeit hat, mindestens 20 Jahre lang tätig zu sein.

Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Einführung der Altersgrenze überzeugend damit gerechtfertigt, dass der Zuwachs an Ärzten die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ansteigen lässt und eine wesentliche Ursache für überhöhte Ausgabenzuwächse darstellt. Der Kostenaspekt hat nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts für gesetzgeberische Entscheidungen in diesem Bereich wesentliches Gewicht. Die Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist danach für das Gemeinwohl von hoher Bedeutung. Die Finanzierbarkeit stellt einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Systems und damit verbundener Steuerung des Verhaltens der Leistungserbringer leiten lassen durfte (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2001, 1 BvR 491/96). So hat der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien auch ausgeführt, dass die Leistungsausgaben pro Mitglied stark von dem Versorgungsgrad mit Ärzten abhängig sind (BT-Drucksache 12/3608, S. 98). Die Überversorgung könne nicht nur durch Zulassungsbeschränkungen und damit zulasten der jüngeren Ärztegeneration eingedämmt werden (BT-Drucksache 12/3608, S. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat hervorgehoben, dass sowohl die Altersgrenze für die erstmalige Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung wie die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung Teile einer verfassungsrechtlich unbedenklichen gesetzgeberischen Gesamtabwägung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zur Gewährleistung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung darstellten. Dabei habe der Gesetzgeber unterschiedliche Gemeinwohlbelange und zum Teil gegenläufige Grundrechtspositionen vieler Personengruppen miteinander zum Ausgleich zu bringen gehabt (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2001,1 BvR 1435/01). Soweit dies in der Literatur (vgl. Boecken, a.a.O., S. 397) mit der Erwägung kritisiert wird, der Gesetzgeber habe letztlich nicht von der für das Jahr 2003 angekündigten Bedarfszulassung Gebrauch gemacht, die Zahl der Approbationen, die Zahl der arbeitslosen Ärzte sei zurückgegangen, es gebe für jede Facharztgruppe offene Planungsbereiche und es sei zukünftig - insbesondere in den neuen Bundesländern - mit einem Ärztemangel zu rechnen, ist dem zu entgegnen, dass der EuGH ausdrücklich hervorgehoben hat, dass die Mitgliedsstaaten einen weiten Ermessensspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik haben (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, a.a.O.). Solange dieser Spielraum – wie hier – eingehalten worden ist, kann es bei der Entscheidung nicht darum gehen, ob es „bessere" Gesichtspunkte für eine andere Regelung gegeben hätte.

Da somit weder Verfassungswidrigkeit noch ein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften vorliegend bejaht werden konnten, bedurfte es keiner Aussetzung des Berufungsverfahrens. Die Hilfsanträge des Klägers waren daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Im Übrigen wird auf den Beschluss vom 9. September 2005 Bezug genommen.