ArbG Limburg, Urteil vom 15.02.2006 - 1 Ca 699/04
Fundstelle
openJur 2012, 27158
  • Rkr:

Das verbindliche Inaussichtstellen einer Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung begründet bereits unmittelbar eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die gegenteilige Auffassung (vgl. vor allen Dingen Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Auflage, § 1b Randnr. 60 ff.) eröffnet Möglichkeiten zur Gesetzesumgehung, die nicht in Einklang mit den zwingenden Vorschriften zur Unverfallbarkeit zu bringen sind. Die rechtliche Unerheblichkeit von Vorschaltzeiten gilt auch dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung durchgeführt werden soll.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger bei der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hat.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als wäre er vom 01.04.1993 bis 31.07.2004 gemäß dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. 6/149331 bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert gewesen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe der dem Kläger nach der Versorgungszusage vom 29.12.1992 bei Erreichen des 65. Lebensjahres zustehenden Versorgungsleistungen zu erteilen.

4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu ¾, der Kläger zu ¼.

6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3888,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger während der Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten einen unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hat und ob die Beklagte im Versorgungsfall Leistungen gemäß dem Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse e.V. oder gem. den Bedingungen des bei der ... Lebensversicherungs-AG bestehenden Gruppenversicherungsvertrags zu erbringen hat.

Der am ....1949 geborene Kläger ist gemäß Anstellungsvertrag vom 29.12.1992 (Bl. 4-6 d.A.) bei der Beklagten beschäftigt. Als Beginn des Arbeitsverhältnisses ist der 01.05.1993 oder früher vereinbart. Nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien (Bl. 89 d.A.) hat das Arbeitsverhältnis am 01.04.1993 begonnen. Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund eigener Kündigung des Klägers am 31.07.2004 geendet (Bl. 43, 44 d.A.). Im Anstellungsvertrag vom 29.12.1992 wurde in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung unter Ziff. 6 vereinbart:„Herr ... wird in die betriebliche Altersversorgung, entsprechend den mit der Versicherungsgesellschaft vereinbarten Bedingungen aufgenommen.“.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft, die zum Konzern der ... GmbH gehört. Die Beklagte übernahm am 01.01.1992 die ... GmbH. Bei dieser bestand für die Mitarbeiter eine Unterstützungskasse. Hinsichtlich des Inhalts des Leistungsplans der Unterstützungskasse wird auf Bl. 7-12 d.A. verwiesen. Gem. Ziff. 17.3 des Leistungsplans (Bl. 12 und 64 d.A.) wird das Versorgungswerk der ... GmbH - der Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse e.V.- mit Ablauf des Juni 1991 geschlossen. Mitarbeiter, die nach diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zum Unternehmen neu begründen, werden nicht mehr in den Kreis der Versorgungsberechtigten der ...-Unterstützungskasse vom 10.11.1955 aufgenommen.

Die ... GmbH schloss gem. Antrag vom 15.11.1990 (Bl. 91-41 d.A.) mit der ... Lebensversicherungs-AG zugunsten ihrer Mitarbeiter einen Gruppenversicherungsvertrag (Nr. 6/149331) mit einem Vertragsbeginn zum 01.12.1990 ab (Bl. 47-55 und Bl. 90 d.A.). Die Beklagte konnte im Rahmen ihrer Konzernzugehörigkeit zur ... GmbH die Konditionen dieses Gruppenvertrags nutzen (Bl. 65 d.A.).

Die Beklagte hat den Kläger als Sachbearbeiter mit einem Beitrag von 750,00 DM behandelt. Gem. den besonderen Vertragsvereinbarungen des Gruppenversicherungsvertrags wurde bei Vertragsabschluss folgender Personenkreis versichert: „Mitarbeiter mit mindestens einem Dienstjahr“. § 1 Ziff. 2 der besonderen Vertragsvereinbarungen bestimmt darüber hinaus: „Während der Vertragsdauer werden die Personen aufgenommen, die zu dem in Ziff. 1 umschriebenen Personenkreis hinzukommen... Die Anmeldung von Neuzugängen erfolgt jeweils am 01. Dezember, an dem die Voraussetzungen für die Aufnahme erstmals erfüllt sind.“ (Bl. 49 d.A.). Eine individuelle Versicherungszusage, wie das Muster Bl. 54, hat der Kläger weder erhalten noch unterschrieben.

Der Kläger behauptet, es sei mit ihm vereinbart worden, dass ihm eine Altersversorgung zu Gute kommen sollte, wie sie bisher im Rahmen der ... - Unterstützungskasse e.V. gewährt wurde. Ein Ersatz sei zum Zeitpunkt seiner Einstellung noch nicht eingerichtet gewesen. Da der Kläger mindestens seit dem 01.05.1993 im Unternehmen der Beklagten beschäftigt gewesen sei, sei die Unverfallbarkeit zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits eingetreten. Der Kläger ist der Ansicht, dass der mit der ... abgeschlossene Gruppenversicherungsvertrag nicht zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei, sonst hätte man diesen konkreten Gruppenversicherungsvertrag in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages genannt.

Der Kläger beantragt,

1.festzustellen, dass der Kläger bei der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hat;

2.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als wäre er analog der Ruhegeldordnung der ... -Unterstützungskasse e.V. für eine Beschäftigung vom 01.04.1993 bis 31.07.2004 zu versorgen,

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als wäre er vom 01.04.1993 bis 31.07.2004 gem. dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. ... bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert gewesen;

3.die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über die Höhe der dem Kläger nach der Versorgungszusage vom 29.12.1992 bei Erreichen des 65. Lebensjahres zustehenden Versorgungsleistungen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe keinen unverfallbaren Anspruch auf betriebliche Altersversorgung und dementsprechend auch keinen Auskunftsanspruch. Nach dem Gruppenversicherungsvertrag mit der ... Lebensversicherungs-AG sei Voraussetzung für die Aufnahme, dass der Arbeitnehmer bei Anmeldung, die jeweils am 01.12. eines Jahres zu erfolgen habe, mindestens ein Dienstjahr absolviert habe. Dementsprechend habe der Kläger die Aufnahmevoraussetzungen erst am 01.12.1994 erfüllt. Die Unverfallbarkeit wäre deshalb frühestens zum 30.11.2004 eingetreten. Der Kläger sei jedoch durch Eigenkündigung vorher ausgeschieden.

Gründe

Die Klage ist zum Teil begründet. Der Kläger hat bei der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Die Beklagte hat den Kläger so zu stellen, als wäre er vom 01.04.1993 bis zum 31.07.2004 gem. dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. 6/149331 bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert gewesen und hat dem Kläger Auskunft über die Höhe der dem Kläger nach der Versorgungszusage vom 29.12.1992 bei Erreichen des 65. Lebensjahres zustehenden Versorgungsleistungen zu erteilen. Dagegen hat die Beklagte den Kläger nicht so zu stellen, als wäre er analog der Ruhegeldordnung der ...-Unterstützungskasse e.V. für eine Beschäftigung vom 01.04.1993 bis zum 31.07.2004 zu versorgen.

I.

Der Kläger hat keine Versorgungsanwartschaft nach dem Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse e.V. erworben. Insofern ist der Hauptantrag zu 2 zulässig (dazu II 2a), jedoch nicht begründet. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in die Dienste der Beklagten zum 01.04.1993 bestand keine Möglichkeit mehr, Anwartschaften nach dem Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse e.V. zu erwerben. Zwar hat die Beklagte die Firma ... am 01.01.1992 übernommen. Ob die Beklagte damit auch die ...-Unterstützungskasse e.V. ebenfalls übernommen (erworben) hat, ist damit nicht geklärt. Wird ein Betrieb veräußert, bei dem die betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse durchgeführt worden ist, geht die Verpflichtung der Unterstützungskasse gegenüber den Arbeitnehmern nicht automatisch auf den Erwerber über, sondern es muss außerdem zur gleichen Zeit die Unterstützungskasse vom Unternehmer erworben werden, wenn die Versorgung als Unterstützungskassenversorgung fortgeführt werden soll und nicht etwa auf den Erwerber unmittelbar übergehen soll (BAG 15.03.1979 - 3 AZR 859/77, AP Nr. 15 zu § 613a BGB). Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht an, weil dieser Erwerb bereits vor Eintritt des Klägers geschehen ist und die Unterstützungskasse nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien bereits vor Eintritt des Klägers geschlossen war. Gem. Ziff. 17.3 des Leistungsplans der ...-Unterstützungskasse e.V. ist das Versorgungswerk mit Ablauf des Juni 1991 geschlossen worden. Deutlich wird dort auch die Schließung eines Versorgungswerks in seiner Konsequenz beschrieben: Mitarbeiter, die nach diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zum Unternehmen neu begründen, werden nicht in den Kreis der Versorgungsberechtigten aufgenommen. Die ...-Unterstützungskasse e.V. hat ebenso wie die Beklagte damit hinreichend deutlich gemacht, dass eine Versorgungsanwartschaft gem. dem Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse e.V. von Arbeitnehmern, die nach dem 01.07.1991 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bzw. ihrer damaligen Rechtsvorgängerin begründen, keine Versorgungsanwartschaften mehr nach diesem Leistungsplan erwerben können. Dies gilt selbstverständlich auch für den Kläger, der sein Arbeitsverhältnis erst fast 2 Jahre nach Schließung der Unterstützungskasse bei der Beklagten begonnen hat.

Der Kläger hat dann auch lediglich behauptet, dass ihm eine Altersversorgung zukommen sollte, wie sie bisher im Rahmen der ...-Unterstützungskasse e.V. gewährt wurde, also eine Versorgung in vergleichbarer Höhe und Leistungsplanausgestaltung wie diejenige der ...-Unterstützungskasse. Dafür, dass dem Kläger eine Zusage entsprechend diesem Leistungsplan erteilt wurde, hat der Kläger jedoch keinen Beweis erbracht. Der eigens auf Wunsch des Klägers zum persönlichen Erscheinen geladene Geschäftsführer der Beklagten hat dies in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt, sondern lediglich darauf verwiesen, dass der Kläger gem. den Bedingungen der bei der ... Lebensversicherungs-AG abgeschlossenen Gruppenlebensversicherung behandelt worden ist. Dieses stimmt mit dem von beiden Parteien unterzeichneten Anstellungsvertrag vom 29.12.2992 überein, der auf die „mit der Versicherungsgesellschaft vereinbarten Bedingungen“ Bezug nimmt, und nicht etwa auf den Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse. Dabei bestand der Gruppenversicherungsvertrag zwischen der ... GmbH und der ... Lebensversicherungs-AG bereits seit dem 01.12.1990. Die Beklagte konnte als eine Gesellschaft dieses Konzerns an diesem Gruppenversicherungsvertrag partizipieren. Insofern spricht nichts für die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihm eine Versorgung entsprechend dem Leistungsplan der ...-Unterstützungskasse versprechen wollen.

II.

Im übrigen ist die Klage jedoch zulässig und begründet.

1.Der Antrag zu 1) ist zulässig und begründet.

a) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass alsbald festgestellt wird, ob er eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft auf Leistung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten erworben hat oder nicht. Die Beklagte hat das Bestehen einer unverfallbaren Anwartschaft bestritten. Der Kläger muss sich im Hinblick auf seine Versorgungsplanung rasch darauf einstellen können, ob ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei Eintritt eines Versorgungsfalls zustehen oder nicht, zumal der Kläger darauf hingewiesen hat, dass möglicherweise demnächst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls mit Invalidität bei ihm zu rechnen ist.

b) Der Kläger hat eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch die Beklagte erworben. Die Beklagte hat dem Kläger im Anstellungsvertrag vom 29.12.1992 eine Versorgungszusage erteilt. Zwar entstand die Anwartschaft nicht bereits mit der Vertragsunterzeichnung, sondern erst mit der Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses zum 01.04.1993, da vor Arbeitsbeginn noch kein Entgeltanspruch entsteht und damit auch keine Anwartschaft auf Altersversorgung (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Auflage, § 1 b Rdnr. 20). Seit dem 01.04.2003 hat der Kläger jedoch gem. § 30 f BetrAVG eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Ihm wurde vor dem 01.01.2001 eine Versorgungszusage erteilt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt das 35. Lebensjahr vollendet und die Versorgungszusage bestand zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 Jahre.

Soweit die Beklagte auf die besonderen Vertragsvereinbarungen mit der ... Lebensversicherungs AG hinweist, hindern diese nicht den Beginn des Laufens der Unverfallbarkeitsfrist zum 01.04.1993, da diese besonderen Vertragsvereinbarungen allenfalls eine unbeachtliche Vorschaltzeit vorsehen.

aa) Es ist bereits fraglich, ob der Kläger nicht selbst nach den besonderen Vertragsvereinbarungen der ... GmbH mit der ... Lebensversicherungs-AG die Unverfallbarkeitsfristen erfüllt hätte. Bei Vertragsabschluss zwischen der ... Lebensversicherungs-AG und der ... GmbH sollten neu versichert werden die Mitarbeiter mit mindestens einem Dienstjahr. Die danach eintretenden Arbeitnehmer sollten automatisch in den versicherten Personenkreis aufgenommen werden, wobei die Anmeldung der Neuzugänge jeweils am 01.12. erfolgen sollte, an dem die Voraussetzungen für die Aufnahme erstmals erfüllt sind. Ob damit neu eintretende Mitarbeiter jeweils am 01.12. in den versicherten Personenkreis aufgenommen werden sollte oder - wie die Beklagte meint - am 01.12. jeweils diejenigen Personen, die mindestens ein Dienstjahr bei der Beklagten zurückgelegt haben, ergibt sich aus dem Vertragstext nicht mit hinreichender Deutlichkeit. Im ungünstigsten Fall kann die Auslegung der Beklagten dazu führen, dass ein Arbeitnehmer erst nach fast zwei Jahren Betriebszugehörigkeit bei der ... Lebensversicherungs-AG angemeldet wird. Ob dies Inhalt der zwischen der ... Lebensversicherungs-AG und der ... GmbH geschlossenen Vereinbarung sein sollte oder ob „nur“ die neu eingetretenen Arbeitnehmer einmal im Jahr zum 01.12. angemeldet werden sollten, ist nicht ganz eindeutig. Folgte man der letzteren Auslegung, hätte der Kläger bei einem Austritt zum 31.07.2004 ohnehin auch dann die Unverfallbarkeitsfristen erfüllt, wenn der Kläger erst zum 01.12.1993 bei der ... Lebensversicherungs-AG angemeldet worden wäre.

bb) Die Kammer kann dies jedoch dahin gestellte sein lassen, da das Aufschieben des Versicherungsbeginns zum 01.12. eines Jahres oder gar zum 01.12. eines Folgejahres im Hinblick auf den Lauf der Unverfallbarkeitsfristen unzulässig ist.

Die zwingenden (§ 17 Abs. 3 BetrAVG) Vorschriften der §§ 1b, 30f BetrAVG geben Arbeitgebern keine vertragliche Gestaltungsmöglichkeit, den Zusagezeitpunkt und damit den Beginn der Unverfallbarkeitsfrist hinaus zu schieben, in dem der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zusagt, nach einer Weile eine Zusage erteilen zu wollen. Derartige Zusagen auf eine Zusage sind für den Beginn der Unverfallbarkeitsfrist irrelevant, soweit das Bestärken der Anwartschaft zu einem Vollrecht nur noch vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und vom Eintritt des Versorgungsfalls abhängig ist (ständige Rechtsprechung des BAG seit BAG 07.07.1977 - 3 AZR 72/76, AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG - Wartezeit; vgl. zuletzt BAG 24.02.2004 - 3 AZR 5/03, AP Nr. 2 zu § 1b BetrAVG). Eine reine zeitbezogene Voraussetzung, nach der eine Zusage erteilt werden soll, ist rechtlich ohne Bedeutung (Höfer, BetrAVG, § 1b Rdnr. 2739; Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Teil 10 A Rdnr. 273 ff.; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, BetrAVG, § 1 b Rdnr. 54 ff.; Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 10. Auflage, § 1 b Rdnr. 11; Schaub/Matthießen/Polster, Altersvorsorge von A-Z, Stichwort Unverfallbarkeit II). Eine Anwartschaft auf eine Anwartschaft gibt es nicht; das verbindliche Inaussichtstellen einer Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung begründet bereits unmittelbar eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die gegenteilige Auffassung (vgl. vor allen Dingen Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Auflage, § 1b Rdnr. 60 ff.) eröffnet Möglichkeiten zur Gesetzesumgehung, die nicht in Einklang mit den zwingenden Vorschriften zur Unverfallbarkeit zu bringen sind.

Die rechtliche Unerheblichkeit von Vorschaltzeiten gilt auch dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung durchgeführt werden soll. Zwar hat das BAG zu diesem Problem noch nicht ausdrücklich Stellung genommen, tendiert jedoch mit den bislang getroffenen Entscheidungen in diese Richtung. In der Entscheidung vom 07.07.1977 (AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG- Wartezeit) hat es, ohne dies abschließend zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer verspricht, nach Abschluss einer Wartezeit bestimmte Versicherungsverträge abzuschließen, unter Umständen in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG für die Erhaltung der Versorgungsanwartschaft persönlich einstehen muss, wenn er auf diese Weise eine von § 1 (heute § 1b) Abs. 1 BetrAVG missbilligte Betriebsbindung erzeugt hat. Noch deutlicher wird dies in der Entscheidung des BAG vom 19.04.1983 (3 AZR 24/81, AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung), in der das BAG einem Arbeitnehmer einen direkten betrieblichen Versorgungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber zuerkannt hat, der sich im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis vertraglich verpflichtet hatte, nach Ablauf von 10 Jahren eine Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmers abzuschließen. Hier hat das BAG bereits in der Erteilung der Zusage, nach 10 Jahren eine Lebensversicherung abzuschließen, den für den Beginn der Unverfallbarkeitsfrist entscheidenden Zeitpunkt gesehen und ausgesprochen, dass die Zusage im Arbeitsvertrag, nach einer bestimmten Zeit (Vorschaltzeit) eine Versorgungszusage durch Abschluss einer Direktversicherung zu erteilen, bereits selbst ein Versprechen auf Altersversorgung bedeutet. Dementsprechend vertritt auch die überwiegende Auffassung in der Literatur die Ansicht, dass ein Versprechen, mit Ablauf einer bestimmten Zeit eine Direktversicherung zugunsten eines Arbeitnehmers abschließen zu wollen, den Beginn des Laufs der Unverfallbarkeitsfristen nicht verhindert (Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 10. Auflage, § 1 b Rdnr. 34; Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Teil 10 a, Rdnr. 330 ff.; Höfer, BetrAVG, § 1 b Rdnr. 3018 f.; Schaub/Matthießen/Polster, Altersvorsorge von A-Z, Stichwort Unverfallbarkeit II 1; Erfurter Kommentar/Steinmeyer, 5. Auflage, § 1 b BetrAVG, Rdnr. 53).

Soweit § 1 b Abs. 2 Satz 4 formuliert: „Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Abs. 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit“, soll damit der Lauf der Unverfallbarkeitsfristen nicht aufgeschoben werden. Der Wortlaut dieser Vorschrift stellt lediglich eine missglückte Umsetzung dessen dar, was eigentlich vom Gesetzgeber gewollt war.

Die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 7/1281, Seite 24) erläutert nämlich den Sinn dieser Vorschrift wie folgt:„Grundsätzlich ist der Versicherungsbeginn einer Zusageerteilung gleich zu setzen. Im Hinblick auf die versicherungsrechtliche Möglichkeit, den technischen Versicherungsbeginn rückwirkend zu vereinbaren, soll als frühester Zeitpunkt für den Fristbeginn der Beginn der Betriebszugehörigkeit in Betracht kommen.“ Es soll also lediglich bei Rückdatierung des Versicherungsbeginns ausgeschlossen werden, das der Lauf der Unverfallbarkeitsfristen bereits mit Versicherungsbeginn beginnt, sondern erst mit Beginn der Betriebszugehörigkeit.

Die gegenteilige Auffassung von Blomeyer/Otto ( BetrAVG, 3. Auflage, § 1b Rdnr. 271 ff.) ist abzulehnen. Es ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesgeschichte begründbar, dass der Gesetzgeber für den Durchführungsweg der Direktversicherung einen anderen Beginn der Unverfallbarkeitsfrist wollte als für die unmittelbare Versorgungszusage. Gerade der Normzweck der Rechtssicherheit spricht für einen einheitlichen Beginn der Unverfallbarkeitsfrist. Dass der in der Gesetzesbegründung angegebene Fall des Abschlusses einer Direktversicherung vor ausdrücklicher Erteilung einer Versorgungszusage irreal ist wegen der Vorschrift des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG, nachdem der Lebensversicherungsvertrag nur gültig ist, wenn die Einwilligung des Versicherten bei Vertragsschluss dem Versicherer bereits schriftlich erteilt ist, wird gerade durch den vorliegenden Fall widerlegt. Häufig verzichten nämlich die Versicherer bei einer Firmengruppenversicherung auf die schriftliche Einwilligung des Versicherten. Der Hinweis Blomeyers darauf, dass bei einem zeitlichen Unterschied zwischen Versicherungsbeginn und Erteilung der Versorgungszusage es dazu kommen kann, dass der Arbeitgeber für einen Teil der Versorgungsanwartschaften oder sogar für die gesamte Versorgungsanwartschaft selbst haftet, ist gerade Konsequenz des unzulässigen Auseinanderfallenlassens vom Entstehen einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung und dem Entstehen einer Anwartschaft auf Leistungen aus einer Direktversicherung, die Konsequenz einer Zusage auf Abschluss eines Versicherungsvertrags nach einer gewissen Zeit ist, wie das BAG in seine Entscheidungen vom 07.07.1977 und 19.04.1983 hinreichend deutlich gemacht hat. Es ist dies gerade die Konsequenz, dass im Recht der betrieblichen Altersversorgung bei Einschaltung eines Dritten als Versorgungsträger das arbeitsrechtliche Grundverhältnis und das Durchführungsverhältnis gegenüber dem Dritten rechtlich auseinander fallen können.

Ob hier bei geringen zeitlichen Diskrepanzen zwischen der Erteilung der Versorgungszusage und dem Abschluss des Versicherungsvertrags großzügig verfahren werden darf (in diese Richtung Kemper, a.a.O., § 1b Rdnr. 141) erscheint zweifelhaft, weil die Rechtsprechung des BAG auch hinsichtlich des Fristendes bei der Unverfallbarkeitsfrist auf den Tag genau rechnet (Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, a.a.O., 10. Teil A Rdnr. 335). Diese Großzügigkeit will im übrigen auch Kemper bei einer mehr als einjährigen Differenz, wie sie hier besteht, nicht mehr walten lassen.

Insofern muss davon ausgegangen werden, dass der Lauf der Unverfallbarkeitsfristen mit Aufnahme der Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten zum 01.04.1993 begonnen hat und der Kläger damit bei seinem Ausscheiden am 31.07.2004 die 10-jährige Zusagedauer des § 30 f BetrAVG erfüllt hat.

2. Der Hilfsantrag zu 2) ist zulässig und begründet.

a) Der Antrag ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass die Beklagte den Kläger so zu stellen hat, als wäre er während seiner gesamten Beschäftigungszeit gem. dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. ... bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert gewesen. Dieses rechtliche Interesse ergibt sich daraus, dass der Kläger alsbald wissen muss, in welcher Höhe er Versorgungsleistungen von der Beklagten beanspruchen kann. Die Feststellungsklage ist dabei angesichts der zwischen den Parteien streitigen Fragen der effektivste Weg, die Ansprüche des Klägers abschließend zu klären. Auf den Weg der Leistungsklage braucht der Kläger sich entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BAG in einem derartigen Fall nicht verweisen zu lassen (vgl. BAG 07.03.1995 - 3 AZR 282/94, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung; BAG 27.02.1996 - 3 AZR 886/94, AP Nr. 28 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung).

b) Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als wäre er vom 01.04.1993 bis zum 31.07.2004 gem. dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. ... bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert gewesen. Die Beklagte hat gem. dem Anstellungsvertrag zwischen den Parteien dem Kläger eine Altersversorgung entsprechend den mit der Versicherungsgesellschaft vereinbarten Bedingungen versprochen. Hiermit ist, wie auch die Beklagte zugesteht, der Gruppenversicherungsvertrag zwischen der ... GmbH und der ... Lebensversicherungs-AG Nr. ... gemeint gewesen. Die Beklagte muss den Kläger so stellen, als hätte sie ihn für den gesamten Beschäftigungszeitraum vom 01.04.2993 bis zum 31.07.2004 bei der ... Lebensversicherungs-AG versichert. Dies ergibt sich daraus, wie bereits oben dargestellt, dass die Beklagte dem Kläger bereits mit Abschluss des Anstellungsvertrags eine Versorgungszusage erteilt hat und sie ab Beginn des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger dafür hätte Sorge tragen müssen, dass dem Kläger bei Eintritt eines Versorgungsfalles Versorgungsleistungen zukommen. Unentschieden und nach den Klaganträgen auch nicht zu entscheiden ist dabei, ob die Beklagte die Altersversorgungsleistungen selbst zu gewähren hat oder über die ... Lebensversicherungs-AG zu gewähren hat. Entschieden ist im Rahmen dieser Klage nur, dass dem Kläger Versorgungsleistungen aus seiner unverfallbaren Versorgungsanwartschaft zustehen, die sich in der Höhe auf seine Betriebszugehörigkeit vom 01.04.1993 bis zum 31.07.2004 bezieht. Sollte die ... Lebensversicherungs-AG im Versorgungsfall die aus dieser unverfallbaren Versorgungsanwartschaft resultierenden Leistungen nicht erbringen, wird die Beklagte als Arbeitgeber gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG diese Leistungen selbst erbringen müssen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger Auskunft über die Höhe der dem Kläger nach der Versorgungszusage vom 29.12.1992 bei Erreichens des 65. Lebensjahres zustehenden Versorgungsleistungen zu erteilen. Dieser Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 6 BetrAVG in der Fassung des BetrAVG bis zum 31.12.2004. Der erst zum 01.01.2005 in das BetrAVG eingeführte § 4a BetrAVG ist auf diesen Fall noch nicht anzuwenden, da der Kläger bereits am 31.07.2004 ausgeschieden ist und die Klage noch im Jahre 2004 erhoben worden ist. Nach § 2 Abs. 6 BetrAVG a.F. hat der Arbeitgeber oder der sonstige Versorgungsträger dem ausgeschiedenen Arbeitnehmern Auskunft darüber zu erteilen, ob für ihn die Voraussetzungen einer unverfallbaren betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind und in welcher Höhe er Versorgungsleistungen bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze beanspruchen kann. Der Kläger hat, wie unter 1.) entschieden, eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Über die Höhe der hieraus resultierenden Versorgungsleistungen bei Erreichen der Altersgrenze (65. Lebensjahr), hat der Arbeitgeber Auskunft zu erteilen. Dieser Auskunftsanspruch besteht bereits bei Ausscheiden des Arbeitnehmers mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft.

III.

Die Parteien haben gem. § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits nach dem Verhältnis des jeweiligen Unterliegens zu tragen. Dabei ist der Kläger hinsichtlich eines Antrags unterlegen, während im Hinblick auf die drei weiteren Anträge die Beklagte unterlegen ist, so dass von einer Kostenverteilung von ¾ zu Lasten der Beklagten und ¼ zu Lasten des Klägers auszugehen ist.

Der Wert des Streitgegenstandes wird gem. § 42 Abs. 3 GKG mit dem geschätzten dreifachen Jahresbetrag der aus der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft resultierenden Betriebsrente festgesetzt auf 3888,00 €.