VG Gießen, Urteil vom 26.10.2005 - 8 E 1697/05
Fundstelle
openJur 2012, 26735
  • Rkr:
Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 19.01.2005 und vom 04.02.2005 sowie der Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 werden aufgehoben, soweit ein Grundbeitrag für das Jahr 2005 von mehr als 72,12 EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 34 % und die Beklagte zu 66 % zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin im Vorverfahren war notwendig.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die erlaubnisfreie Vermittlung von Dienstleistungen als Teledienstleister im Sinne des Teledienstgesetzes einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen (Beratung, Telefondienst, E-Mail-Dienst, Fax-Dienst, Internet-Dienst, Intranet-Dienst und vergleichbare genehmigungsfreie Dienste). Ausgenommen sind Vermittlungstätigkeiten nach § 34 c Gewerbeordnung und sonstige erlaubnispflichtige Gewerbe nach Gewerbeordnung sowie Geschäfte der Banken, Bausparkassen und Versicherungen. Die Klägerin hatte seit dem Jahr 1999 ihren Sitz in E. Am 22.07.2004 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Sitzverlegung nach A-Stadt. Dies wurde am 04.05.2005 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Bescheid vom 19.01.2005 veranlagte die Beklagte, die Industrie- und Handelskammer C., die Klägerin die einem Grundbeitrag für das Jahr 2005 in Höhe von 214,-- EUR.

Durch Bescheid vom 04.02.2005 veranlagte die Beklagte die Klägerin abermals zu einem Grundbeitrag für das Jahr 2005 in Höhe von 214,-- EUR.

Am 03.03.2005 legte die Klägerin gegen den Beitragsbescheid vom 04.02.2005 Widerspruch ein und führte aus, der Bescheid vom 04.02.2005 beziehe sich auf einen solchen vom 19.01.2005, den sie aber nicht erhalten habe. Überdies sei der Beitragsbescheid rechtswidrig.

Unter dem 04.04.2005 versandte die Beklagte ihren Bescheid vom 19.01.2005 erneut.

Mit Fax vom 07.04.2005 legte die Klägerin auch gegen den Beitragsbescheid vom 19.01.2005 Widerspruch ein. Auch diesen Bescheid hielt die Klägerin für rechtswidrig. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Beitragsbescheids lägen nicht vor. Ferner bestünden europarechtliche Bedenken gegen die Heranziehung der Klägerin zu Beitragszahlungen.

Mit Bescheid vom 30.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin sei Mitglied der Beklagten, woraus die Beitragspflicht folge. Da für die Klägerin kein Gewinn gemeldet worden sei, werde eine Umlage nicht erhoben und es verbleibe beim Grundbeitrag in Höhe von 214,-- EUR. Die Veranlagung der Klägerin zu Beiträgen verstoße auch nicht gegen Europarecht.

Am 25.07.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe europarechtliche Bedenken gegen ihre Heranziehung zu Beitragszahlungen durch die Beklagte. Die Beitragsbescheide seien auch deshalb rechtswidrig, da sie, die Klägerin, im Jahr 2004 ihren Sitz nach A-Stadt verlegt habe. Hierfür sei die Beklagte nicht zuständig. Die Sitzverlegung sei durch Gesellschafterbeschluss vom 22.07.2004 erfolgt. Es komme insoweit nicht darauf an, wann die Sitzverlegung in das Handelsregister eingetragen worden sei. Sie, die Klägerin, habe ihre Verwaltung zudem seit Jahren in der A.-Straße in A-Stadt.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 19.01.2005 und vom 04.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.06.2005 aufzuheben.

Die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihre Bescheide seien rechtmäßig. Maßgeblich für die Sitzverlegung sei der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister. Durch einen bloßen Gesellschafterbeschluss könne eine Sitzverlegung nicht vollzogen werden. Gemäß ihrer, der Beklagten, Beitragsordnung sei der Grundbeitrag auch dann in voller Höhe zu erheben, wenn der gewerbliche Betrieb - wie hier - nicht im ganzen Erhebungszeitraum beitragspflichtig gewesen sei.

Das Gericht hat einen Handelsregisterauszug betreffend die klägerische GmbH eingeholt. Hierzu wird auf den chronologischen Registerauszug des Amtsgerichts A-Stadt (Az.: ... ) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Behördenakte der Beklagten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenen Umfang begründet. Nur insoweit sind die Beitragsbescheide vom 19.01.2005 und vom 04.02.2005 sowie der Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die Klägerin ist kammerzugehörig im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG und somit Mitglied der Beklagten, solange ihre Sitzverlegung in den Bezirk der Industrie- und Handelskammer A-Stadt noch nicht in das Handelsregister eingetragen war. Denn nach § 2 Abs.1 IHKG gehören zur Industrie- und Handelskammer unter anderem juristische Personen des privaten Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstätte unterhalten, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Klägerin bis zur Eintragung der Verlegung ihres Sitzes in das Handelsregister gegeben. Die hiernach grundsätzlich bestehende Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist insoweit Art. 2 Abs. 1 GG (BVerwG, U. v. 21.07.1998 - 1 C 32.97 -, GewArch 1998, 410, 411). Das Bundesverfassungsgericht hat zudem bereits mit Beschluss vom 19.12.1962 - 1 BvR 541/57 - (BVerfGE 15, 235, 243) ausgeführt, die pflichtige Zugehörigkeit zu den Industrie- und Handelskammern sei mit dem Grundgesetz vereinbar, weil diese Kammern legitime öffentliche Aufgaben wahrnähmen und der Gesetzgeber den Kammern Aufgaben übertragen habe, deren Wahrnehmung für die Kammermitglieder nicht übermäßig belastend und zumutbar sei. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 21.07.1998 (a.a.O., S. 411) ausdrücklich nochmals angeschlossen. Sie wird auch von der erkennenden Kammer geteilt (B. v. 09.06.2000 - 8 E 3210/99 - S. 4 UA).

Von der Ansicht, dass das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs.1 GG) und nicht der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Zulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung bildet, geht auch die ganz herrschende Meinung aus (vgl. z. B. OVG NW, B. v. 29.04.1998 - 4 A 2384/97 -, GewArch 1998, 413, 414; VG Arnsberg, U. v. 15.12.1997 - 13 K 3737/96 -, NVwZ-RR 1998, 557, 558; Frentzel/Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammergesetz, Komm., 6. Aufl., 1999, § 2 Rdnr. 3; Löwer, GewArch 2000, 89, 95).

Die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ist jedenfalls in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung eine Schranke des Art. 2 Abs. 1 GG bildet. Eine solche Pflichtzugehörigkeit ist geeignet und erforderlich, damit die Kammern die ihnen zukommenden öffentlichen Aufgaben erfüllen können. Nur die Pflichtmitgliedschaft sichert eine von Zufälligkeiten der Mitgliedschaft und Pressionen freie sowie umfassende Ermittlung, Abwägung und Bündelung der maßgeblichen Interessen, die erst eine objektive und vertrauenswürdige Wahrnehmung der Gesamtinteressen aller Mitglieder ermöglicht (vgl. BVerfG, B. v. 19.12.1962 - 1 BvR 541/57 -, BVerfGE 15, 235, 242 f.). Die Pflichtzugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie bedeutet keine die Grenze des Zumutbaren überschreitende Beeinträchtigung der unternehmerischen Handlungsfreiheit der Mitglieder, sondern ermöglicht diesen im Gegenteil die Chance zur Mitwirkung in der Kammer und zur Nutzung der Kammerleistungen (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, GewArch 1999, 193, 194 zur Pflichtmitgliedschaft in einer Handwerkskammer).

Die Pflichtzugehörigkeit der Klägerin zu der Beklagten steht ferner mit europarechtlichen Vorgaben in Einklang. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vor. Die Pflichtmitgliedschaft ist insbesondere mit Art. 11 EMRK vereinbar, der das Recht der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gewährleistet. Diese Konvention ist in innerstaatliches Rechts transformiert worden und hat in der Normenhierarchie den Rang eines einfachen Gesetzes (vgl. VG Würzburg, U. v. 29.11.1995 - W 10 K 95.1000 -, GewArch 1996, 161). Der Schutzbereich des Art. 11 EMRK, nach dem alle Menschen das Recht haben, sich frei mit anderen zusammenzuschließen, betrifft jedoch nicht Abwehransprüche gegenüber öffentlich-rechtlichen Zwangsvereinigungen (vgl. VG Gießen, U. v. 09.06.2000 - 8 E 3210/99 -, S. 6 UA).

Die Pflichtzugehörigkeit zu den Industrie- und Handelskammern steht auch mit Art. 43 EGV (= Art. 52 nach der Zählung des Vertrages von Maastricht), der die Niederlassungsfreiheit regelt, in Einklang. Die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer solchen Kammer widerspricht nicht dem in dieser Vorschrift enthaltenen Diskriminierungsverbot, nach dem jede ungerechtfertigte Benachteiligung von EU-Ausländern gegenüber Inländern nicht erlaubt ist. Dies wäre dann der Fall, wenn ausländische Unionsbürger von der Mitgliedschaft ausgeschlossen wären und dadurch Nachteile erlitten. Ausländische Unionsbürger werden aber nicht von einer Mitgliedschaft ausgeschlossen. Das deutsche Industrie- und Handelskammergesetz knüpft die Frage der Pflichtzugehörigkeit allein an die Ausübung eines Gewerbebetriebs an und differenziert nicht nach der Staatsangehörigkeit (vgl. VG Koblenz, Gerichtsbescheid v. 11.01.1996 - 3 K 2856/95.KO -, GewArch 1996, 283, 284; Gornig, WiVerw 1998, 157, 178). Selbst wenn man der weitergehenden Ansicht folgte, die Niederlassungsfreiheit verlange nicht nur einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung, sondern enthalte darüber hinaus auch ein Beschränkungsverbot (vgl. zu Meinungsstand: Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV / EGV, 2. Aufl., 2002, Art. 43 EG-Vertrag, Rdnr. 29), liegt jedenfalls insoweit ein Rechtfertigungsgrund vor. Nach der ein Beschränkungsverbot annehmenden Meinung soll das Verbot bewirken, die Niederlassungsfreiheit als ein umfassendes Freiheitsrecht - und somit nicht nur auf die Niederlassungsgleichheit bezogen - zu schützen. Eine Beschränkung dieser so verstandenen Freiheit kann danach nur zugelassen werden, wenn damit ein mit dem Vertrag zu vereinbarender Zweck verfolgt wird und dies aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Unbeschadet dessen, ob daher die generelle Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer als eine Verletzung des Beschränkungsverbots angesehen werden kann, besteht ein Rechtfertigungsgrund insoweit jedenfalls deswegen, weil die Industrie- und Handelskammern mit ihrer statuierten Pflichtmitgliedschaft dem Allgemeinwohl dienen und legitime öffentliche Aufgaben wahrnehmen (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, GewArch 1999, 193 f.; U. v. 21.07.1998 - 1 C 32.97 -, GewArch 1998, 410, 412). Die Pflichtmitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer ist auch nicht unvereinbar mit Art. 49 EGV (= Art. 59 nach der Zählung des Vertrags von Maastricht). Diese Vorschrift, die die Dienstleistungsfreiheit regelt, wird schon deshalb nicht verletzt, da in- und ausländische Gewerbetreibende mit Sitz im Kammerbezirk gleichbehandelt werden. Sie sind also jeweils Zwangsmitglieder mit entsprechender Beitragspflicht, so dass keine Wettbewerbsnachteile vorhanden sind, die an die Fremdstaatlichkeit anknüpfen (vgl. VG Koblenz, Gerichtsbescheid v. 11.01.1996 - 3 K 2856/95 -, GewArch 1996, 283, 284; VG Gießen, B. v. 05.08.1999 - 8 G 956/99 -, S. 6 BA).

Die Klägerin vermag sich auch nicht darauf zu berufen, sie habe bis zu ihrer Sitzverlegung keine Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten gehabt. Eine Betriebsstätte in diesem Sinn kann jeder körperliche Gegenstand sein, welcher der Tätigkeit eines Unternehmers dient und einen räumlichen Bezug zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche hat (Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 2 Rdnr. 73). Deshalb reicht es aus, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum einen Telefonanschluss in E. besaß, auch wenn die dort eingehenden Anrufe nach A-Stadt umgeleitet wurden.

Die Heranziehung zu Beiträgen durch die Beklagte ist jedoch rechtswidrig, soweit dies den Zeitraum nach Eintragung der Sitzverlegung der Klägerin in den Bezirk der Industrie- und Handelskammer A-Stadt in das Handelsregister betrifft. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 S. 2 der Beitragsordnung der Beklagten, wonach der Grundbeitrag, der als Jahresbeitrag erhoben wird, auch dann in voller Höhe zu entrichten ist, wenn der gewerbliche Betrieb oder seine Betriebsstätten nicht im ganzen Erhebungszeitraum oder nur mit einem Betriebsteil beitragspflichtig sind, ist nämlich nichtig. Diese Regelung verstößt gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Auffassung, der Grundbeitrag einer Industrie- und Handelskammer sei unteilbar und in voller Höhe zu entrichten, unabhängig davon, ob die Kammerzugehörigkeit des Beitragspflichtigen während des gesamten Beitragsjahres bestanden habe (vgl. Nds. OVG, U. v. 20.05.1996 - 8 L 647/95 -, GewArch 1996, 413, 414) vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr ist insoweit zu berücksichtigen, dass auch ein solcher Grundbeitrag ein Beitrag im abgabenrechtlichen Sinne ist und hierfür alle Voraussetzungen für die Erhebung von Beiträgen erfüllt sein müssen (Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rdnr. 43).

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Bemessung des Grundbeitrags ein weites Ermessen zusteht und Typisierungen und Pauschalierungen insoweit zulässig sind (Franz, in: Kluth [Hrsg.], Handbuch des Kammerrechts, 2005, 323, 383 [Rdnr. 133]). Als Beiträge im Rechtssinne sollen die von den Industrie- und Handelskammern erhobenen Mitgliedsbeiträge jedoch den besonderen Vorteil abdecken, der sich aus der Mitgliedschaft in der Kammer ergibt. Bei der Bemessung solcher Beiträge ist das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu beachten (vgl. VG Neustadt, U. v. 24.05.1996 - 7 K 3257/95.NW -, GewArch 1997, 23, 24). Das Äquivalenzprinzip erfordert, dass die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen darf, der durch die Zahlung abgegolten werden soll. Einzelne Mitglieder dürfen im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig belastet werden (BVerwG, U. v. 26.06.1990 - 1 C 45.87 -, GewArch 1990, 398, 399). Dieses Prinzip wird vorliegend deshalb verletzt, da es nach § 6 Abs. 2 S. 2 der Beitragsordnung der Beklagten möglich ist - und im vorliegenden Fall tatsächlich auch geschehen - dass ein Unternehmen den vollen Grundbeitrag für dasselbe Jahr an mehrere Industrie- und Handelskammern zu zahlen hat. Dies verletzt auch den Gleichheitssatz in diesem beitragsrechtlichen Sinne, da hiernach ihren Sitz verlegende Unternehmen durch die mehrfache Veranlagung im selben Jahr durch verschiedene Industrie- und Handelskammern unverhältnismäßig belastet werden. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Grundbeitrag nach der Haushaltssatzung der Beklagten für das Rechnungsjahr 2005 bei Zugehörigen zur Beklagten, die im Handelsregister eingetragen sind - wie vorliegend - in voller Höhe von 214,-- EUR erhoben wird, selbst wenn das Mitglied in dem entsprechenden Jahr keinen Gewinn erzielt hat.

Demgegenüber vermag sich die Klägerin nicht darauf zu stützen, sie habe ihren Sitz bereits im Jahre 2004 verlegt und sei im Veranlagungsjahr nicht mehr Mitglied der Beklagten gewesen. Für die Sitzverlegung einer GmbH ist nicht der Gesellschafterbeschluss maßgeblich, sondern die Eintragung in das Handelsregister. Dies ist ausweislich des von dem Gericht eingeholten Handelsregisterauszugs am 04.05.2005 erfolgt. Nach § 54 Abs. 1 S.1 GmbHG ist die Abänderung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Vorliegend hat die Gesellschafterversammlung am 22.07.2004 eine Änderung des Gesellschaftsvertrags bezüglich des Sitzes der Gesellschaft und mit ihr die Sitzverlegung nach A-Stadt beschlossen. Gemäß § 54 Abs.3 GmbHG hat die Abänderung des Gesellschaftsvertrags keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist. Die Satzungsänderung erlangt somit erst durch die Eintragung rechtliche Wirksamkeit (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Komm., 17. Aufl., 2000, § 54 Rdnr. 26).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO und entspricht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin im Vorverfahren war für notwendig zu erklären, da sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte (vgl. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO).

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.