Hessisches LSG, Urteil vom 09.03.2005 - L 6 AL 216/04
Fundstelle
openJur 2012, 26024
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichtes Marburg vom 18. August 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit von drei Wochen (5. bis 25. August 2003) wegen der Weigerung des Klägers an der Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme.

Der 1952 geborene Kläger hat nach seinen Angaben über den zweiten Bildungsweg die mittlere Reife abgelegt und war sodann in verschiedenen Berufen tätig. Von Januar 1984 bis Dezember 1985 absolvierte er eine Ausbildung zum Schreiner und bestand im Januar 1986 die Gesellenprüfung. Im März 1992 legte er die Ausbildereignungsprüfung ab. Er war Miteigentümer eines Transportunternehmens in B-Stadt, Betreuer in einer Kindertagesstätte, Miteigentümer eines regionalen Kulturzentrums in Spanien, arbeitete als Schreiner in verschiedenen Betrieben, war ca. drei Jahre in Nicaragua berufstätig, arbeitete zwei Jahre als Ausbilder und Werkstattleiter im Bereich Schreinerei für sozial benachteiligte Jugendliche; seit 1996 führte er Holzprojekte mit jungen Leuten in der Berufsorientierung und ABH (ausbildungsbegleitende Hilfen) bei "Arbeit und Bildung" in M-Stadt durch und war Kursleiter an der Volkshochschule (VHS) für Spanisch. Von Oktober 1994 bis März 2001 studierte der Kläger Ethnologie mit den Nebenfächern Pädagogik, Soziologie, Hispanistik. Im März 2001 erlangte er den Grad eines Magisters mit der Gesamtnote "gut". Der Kläger war zuletzt vor dem hier streitigen Zeitraum vom 6. Mai 2002 bis zum 14. Juni 2003 als Angestellter bei dem Landkreis K-Stadt im Rahmen einer Beschäftigungsmaßnahme (25 Stunden wöchentlich) beschäftigt. Er reorganisierte in dieser Zeit erfolgreich den Bereich Sprachen bei der Volkshochschule K-Stadt. Das letzte Bruttomonatseinkommen betrug ca. Euro 1.660,–. Ab 15. Juni 2003 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich Euro 182,35 (Bemessungsentgelt Euro 395,– wöchentlich, Leistungsgruppe B, Kindermerkmal 1, Anspruchsdauer 180 Tage).

Mit Schreiben vom 18. Juni 2003, das in den Verwaltungsakten nicht enthalten ist, bot die Beklagte dem Kläger eine Trainingsmaßnahme "Fit für den Job" bei dem Träger "M – Der Baustein für Ihre Bildung" ab 30. Juni 2003 (Dauer 8 Wochen) an. Der Kläger widersprach dem Angebot u. a. mit der Begründung, dass diese Trainingsmaßnahme für ihn nicht relevant sei. Seit über 10 Jahren sei er als Honorarkraft bei Beschäftigungsfirmen aktiv und leite u. a. ABH und Berufsorientierungsmaßnahmen, so dass er den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selber ähnliche Inhalte vermittelt habe. Leider sei hier keine feste Stelle in Aussicht. Außerdem habe er eine Maßnahme von 25 Wochenstunden absolviert und damit schon gezeigt, dass er mit seinem 4-jährigen Sohn organisationsfähig sei. Auch würde das Praktikum in eine Zeit fallen, in der er von der VHS K-Stadt für die Sommersprachkurse als Sprachlehrer für Spanisch vorgesehen sei. Er sei sich sehr wohl bewusst, dass er dann für diese Zeit keine Leistungen des Arbeitsamtes in Anspruch nehmen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig, da es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern lediglich um eine Information gehandelt habe. Der Kläger begann sodann die Trainingsmaßnahme. Per e-Mail vom 1. Juli 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Trainingsmaßnahme eine Zumutung sei. Er sitze als einziger Mann zwischen lauter Frauen, die, außer einer Frau, alle aus einem anderen Bereich kämen. Es sei für ihn völlig unsinnig, auf dieser Basis in eine Gruppenarbeit einzusteigen. Er habe die Sache heute seinem Anwalt übergeben, der sich bei dem Arbeitsamt melden werde. Mit e-Mail vom 15. Juli 2003 wies der Kläger darauf hin, dass er ab 21. in seinem neuen Job sitze, aber leider nur für zwei Wochen. Auf das Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 17. Juli 2003 mit der Bitte um Mitteilung des Sinnes gerade dieser Maßnahme, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2003 mit, da der Kläger sich wegen der Betreuung seines Kindes nur für Teilzeitstellen zur Verfügung gestellt habe, nehme er ab 30. Juni 2003 an einer Trainingsmaßnahme für Teilzeitkräfte in der Zeit von 8:15 Uhr bis 12:15 Uhr teil. Die Trainingsmaßnahme solle die Selbstsuche des Klägers sowie seine Vermittlung, insbesondere durch Bewerbungstraining und Beratung über Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche, unterstützen.

Ab 21. Juli 2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten ab und am 4. August 2003 erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 15. September 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 2. August 2003 für 144 Tage. Ausweislich eines Beratungsvermerkes wurde der Kläger am 4. August 2003 aufgefordert, am 5. August 2003 die unterbrochene Trainingsmaßnahme fortzusetzen. Der Kläger weigerte sich aus inhaltlichen Gründen. Laut Beratungsvermerk vom 6. August 2003 beschwerte der Kläger sich über die schikanöse Behandlung. Der Kindergarten sei zur Zeit geschlossen und die Betreuung seines Kindes nicht sichergestellt. Eine am 8. August 2003 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vom 6. bis 16. August 2003.

MitBescheid vom 15. September 2003stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 5. bis 25. August 2003 unter Hinweis auf § 144 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB 3) fest. Die Teilnahme an der Maßnahme sei dem Kläger zuzumuten gewesen. Es sei auch nicht zu erkennen gewesen, dass der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt habe.

Hiergegen hat der Kläger am6. Oktober 2003 Widersprucheingelegt mit der Begründung, dass die Maßnahme ihm nicht zumutbar gewesen sei, da sie für ihn nicht geeignet gewesen sei. Die Kursinhalte seien ihm sämtlich bekannt gewesen. Er habe die von ihm vor dem Kurs erstellten Bewerbungsunterlagen der Dozentin vorgelegt, die ihm keine Verbesserungsvorschläge habe machen können. Mit seinen Bewerbungsunterlagen habe er zahlreiche Bewerbungen durchgeführt und auch positive Reaktionen erhalten, nur leider bisher keine Stelle erlangen können. Er besitze umfangreiche Computerkenntnisse, die weit über das hinausgingen, was in der Maßnahme vermittelt worden sei. Er habe mit dem zuständigen Arbeitsvermittler, Herrn L., über die Eignung der Trainingsmaßnahme gesprochen. Dieser habe ihm jedoch lediglich gesagt, er habe Weisung, jeden in den Kurs zu schicken. Außerdem habe er bereits die ersten drei Wochen dieses Kurses besucht. Dann habe er die Arbeitsstelle als Sprachlehrer erhalten. Anstatt ihn nunmehr im August die vierte Woche dieses Kurses besuchen zu lassen, habe er erneut die erste Woche des Kurses wiederholen sollen. Daraus sei zu ersehen, dass die Maßnahme als Repressalie für ihn gedacht sei. Eine Teilnahme sei ihm auch wegen der Erkrankung vom 6. bis 16. August 2003 nicht möglich gewesen.

Eine weitere Einladung vom 9. Oktober 2003 des Klägers zur Trainingsmaßnahme bei M. (ab 20. Oktober 2003) wurde zunächst zurückgestellt.

MitWiderspruchsbescheid vom 30. Oktober 2003wies die Beklagte den Widerspruch u. a. mit der Begründung zurück, ein wichtiger Grund zur Nichtteilnahme sei nicht vorgetragen worden und auch nicht erkennbar. Die Maßnahme sei sinnvoll und notwendig gewesen. Die Trainingsmaßnahme solle u. a. als Instrument der Berufs- und Tätigkeitsorientierung auch dazu führen, dass der Arbeitnehmer eine realistische Einschätzung seines Wertes und seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt finde. Die Maßnahme solle die Selbstsuche, sowie die Vermittlung auf einen Arbeitsplatz durch Bewerbungstraining und Beratung über Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche unterstützen.

Hiergegen hat der Kläger am28. November 2003 Klageerhoben, mit der er seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft hat.

Ohne weitere Ermittlung – insbesondere auch nicht zu den Inhalten der streitbefangenen Trainingsmaßnahme – wies das Sozialgericht Marburg die Klage mitUrteil vom 18. August 2004ab. In der Begründung wird ausgeführt, ein Arbeitsloser könne erst dann beurteilen, ob er über alle Kenntnisse bereits verfüge, die in einer Trainingsmaßnahme vermittelt würden, wenn er diese in voller Länge durchlaufen habe. Auch die Argumentation des Klägers, er habe ein abgeschlossenes Studium der Ethnologie sowie eine Ausbildung zum Schreiner für Restaurierungsarbeiten, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Zuerst sei fraglich, ob der Kläger eine abgeschlossene Ausbildung zum Schreiner habe, da üblicherweise vollständige Ausbildungen in Handwerksberufen drei Jahre dauerten und der Kläger eine Ausbildung von zwei Jahren angegeben habe. Einen Gesellenbrief habe der Kläger nicht vorgelegt. Die vom Kläger vorgelegte Urkunde über den Grad eines Magisters sage nichts aus über die Fähigkeit des Klägers im Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln und man könne daraus auch nicht schließen, ob und in welchem Umfang er beispielsweise Bewerbungsschreiben nach den heute gültigen Maßstäben anfertigen könne. Möglicherweise beruhe der bisherige Misserfolg des Klägers auf Mängeln seiner Bewerbungen in Stil, Form und Inhalt. Aus dem detaillierten Lebenslauf sei nicht zu entnehmen, dass er in den letzten Jahren einen Lehrgang oder eine Maßnahme durchlaufen habe, in der ein Bewerbertraining bzw. das Abfassen von Bewerbungsschriften vermittelt worden seien. Von daher sei die dem Kläger zugedachte Trainingsmaßnahme geeignet und zumutbar gewesen, um Fertigkeiten zu erlernen und ihn fit für den Job zu machen. Die Argumentation und das Verhalten des Klägers seien völlig unverständlich, zumal er Leistungen in Form von Arbeitslosengeld bei der Beklagten beantragt habe. Es sei jedem Arbeitslosen grundsätzlich zuzumuten, zumindest einmal eine Trainingsmaßnahme zu durchlaufen, um die Voraussetzungen für finanzielle Leistungen zu schaffen, denn die finanziellen Leistungen würden durch Beiträge der Versichertengemeinschaft aufgebracht.

Gegen das am 27. August 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am27. September 2004 Berufungeingelegt.

Der Kläger trägt vor, das Sozialgericht habe sich lediglich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ihm die Maßnahme zumutbar gewesen sei. Eine rechtmäßige Maßnahme liege jedoch nach § 48 Abs. 1 SGB 3 nur dann vor, wenn sie geeignet und angemessen gewesen sei, seine Eingliederungsaussichten zu verbessern. Insoweit seien ihm weder im Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen entsprechende Informationen gegeben worden. Weder die Leistungsakten noch die Ausführungen der Beklagten gäben Hinweise darauf, welche Umstände die Trainingsmaßnahme für ihn als geeignet erscheinen ließen. Das Sozialgericht habe sich zwar mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten auseinandergesetzt. Die Abwägung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers mit den im Kurs vermittelten Fähigkeiten könne jedoch nur fehlgehen, da dem Sozialgericht gar keine Kenntnisse darüber vorgelegen hätten, was Inhalt des Kurses gewesen sei. Damit sei die vom Gericht vorgenommene Wertung rein hypothetisch und vom Ergebnis her begründet. Zwar sei dem Sozialgericht Marburg zuzustimmen, dass der Abschluss eines Universitätsstudiums nichts über die Fähigkeit im Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln aussage. Jedoch habe er mit der Klage eine Bescheinigung über den Erwerb von HTML-Kenntnissen vorgelegt. Hierbei handele es sich um eine Programmiersprache, die überwiegend zur Programmierung von Internetseiten verwendet werde. Seine Fähigkeiten im Umgang mit Computern gingen weit über die reine Benutzung hinaus. Unberücksichtigt sei auch geblieben, dass er nach der zweiwöchigen Unterbrechung erneut eine Woche des Kurses habe absolvieren sollen, an der er bereits teilgenommen habe und deren Inhalt ihm bereits bekannt gewesen sei.

Soweit sich das Sozialgericht über die möglichen Ursachen des Misserfolges seiner Bewerbungen äußere, handele es sich um reine Spekulationen. Es sei der Beklagten bekannt, dass er mehrfach zu persönlichen Bewerbungsgesprächen eingeladen worden sei. Insoweit sei auch nicht von einem Misserfolg der Bewerbungen zu sprechen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Marburg vom 18. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufzuheben

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Trainingsmaßnahme solle u. a. als Instrument der Berufs- und Tätigkeitsorientierung auch dazu führen, dass der Arbeitnehmer eine realistische Einschätzung seines Wertes und seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt finde. Die Maßnahme solle die Selbstsuche sowie die Vermittlung in Arbeit durch Bewerbungstraining und Beratung über die Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche unterstützen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sei die angebotene Maßnahme zur beruflichen Eingliederung des Klägers sinnvoll und notwendig.

Der Hinweis des Klägers auf § 95 SGB 3 gehe fehl, da diese Regelung im Jahr 2003 nicht mehr in Kraft gewesen sei.

Die Tatsache, dass dem Kläger für die Zeit vom 6. bis 16. August Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei, sei vorliegend nicht relevant. Maßgebend sei vielmehr, dass der Kläger die Teilnahme an der Maßnahme bereits am 4. August 2003 und nochmals mit Schreiben vom 5. August 2003, das bei der Beklagten am 5. August 2003 eingegangen sei, abgelehnt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat die Maßnahmeakte beigezogen, aus der sich ergibt, dass es sich bei beiden Trainingsmaßnahmen um identische Maßnahmen desselben Bildungsträgers handelt.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und begründet.

Im Einverständnis mit den Beteiligten konnte der Berichterstatter anstelle des Senats entscheiden, § 155 Abs. 3 und 4 SGG.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichtes Marburg vom 18. August 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 waren rechtswidrig und daher aufzuheben.

Durch die Weigerung des Klägers, ab 5. August 2003 an der Wiederholung der von ihm zuvor schon drei Wochen lang besuchten Trainingsmaßnahme teilzunehmen, ist keine Sperrzeit eingetreten.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB 3 tritt eine Sperrzeit ein, wenn sich der Arbeitslose, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert hat, an einer ... Trainingsmaßnahme teilzunehmen (Sperrzeit wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme).

Ein wichtiger Grund des Klägers zur Ablehnung des Einstiegs in die Trainingsmaßnahme ab 5. August 2003 bestand bereits darin, dass die Beklagte von dem Kläger verlangte, die Wochen zwei und drei einer ausweislich der Maßnahmeakten identischen Maßnahme zu wiederholen. Die Beklagte hat hierfür keine Begründung gegeben. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger die Inhalte der ersten drei Wochen nicht verstanden haben könnte und deshalb eine Wiederholung angezeigt gewesen sein könnte. Der einzige erkennbare Grund scheint für die Beklagte gewesen zu sein, den Kläger möglichst schnell nach der kurzen Zeit der Tätigkeit als Feriensprachlehrer erneut in eine Trainingsmaßnahme hinein zu bringen. Damit wäre der Kläger jedoch in unerlaubter Weise zum Objekt staatlichen Handelns geworden, anstatt die besondere Situation des Klägers mit der vorhergehenden Trainingsmaßnahme angemessen zu berücksichtigen. Bereits aus diesem Grund waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Hilfsweise ergibt sich ein weiterer wichtiger Grund des Klägers für eine Ablehnung der Trainingsmaßnahme ab 5. August 2003 aus den dort vermittelten Inhalten. Ein Arbeitsloser ist nicht verpflichtet, an jeder beliebigen Trainingsmaßnahme teilzunehmen, vielmehr muss es sich um eine im Sinne der §§ 48, 49 SGB 3 förderungsfähige Trainingsmaßnahme handeln (vgl. BSG 29.1.2003 – B 11 AL 33/02 R = info also 2003, 227). Denn die Ablehnung einer Trainingsmaßnahme, die nicht den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 48, 49 SGB 3 entspricht, kann nicht den Eintritt einer Sperrzeit auslösen.

Da im vorliegenden Fall die Trainingsmaßnahme auf Vorschlag des Arbeitsamtes erfolgte (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB 3), war als weitere Voraussetzung der Förderbarkeit erforderlich, dass die Maßnahme geeignet und angemessen war, die Eingliederungsaussichten des Klägers zu verbessern (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB 3).

Nach § 49 Abs. 2 SGB 3 werden Trainingsmaßnahmen gefördert, die

1. die Selbstsuche des Arbeitslosen ... sowie seine Vermittlung, insbesondere durch Bewerbungstraining und Beratung über Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche, unterstützen oder die Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen ... prüfen,

2. dem Arbeitslosen ... notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um eine Vermittlung in Arbeit oder einen erfolgreichen Abschluss einer beruflichen Aus- oder Weiterbildung erheblich zu erleichtern.

Nach § 49 Abs. 3 SGB 3 muss die Dauer der Maßnahme ihrem Zweck und ihrem Inhalt entsprechen. Die Dauer darf in der Regel in den Fällen des

1. ...

2. Absatzes 2 Nr. 1 zwei Wochen,

3. Absatzes 2 Nr. 2 acht Wochen

nicht übersteigen.

Soweit es also um die von der Beklagten reklamierte Unterstützung der Selbstsuche des Arbeitslosen und seine Vermittlung, insbesondere durch Bewerbungstraining und Beratung über Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche oder die Prüfung der Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit des Klägers ging, hätte die Trainingsmaßnahme die Dauer von zwei Wochen nicht ohne besonderen Grund (als Abweichung von der Regel) überschreiten dürfen, § 49 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB 3. Insoweit hatte der Kläger jedoch bereits drei Wochen der vorhergehenden Trainingsmaßnahme besucht. Eine Fortsetzung der identischen Trainingsmaßnahme ab der zweiten Woche (und damit die Wiederholung der Wochen zwei und drei) konnte dem Kläger deshalb allein mit Inhalten nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 SGB 3 nicht in rechtmäßiger Weise angesonnen werden.

Hinsichtlich der Rechtfertigung der zeitlich weitergehenden Maßnahme wäre damit die Vermittlung notwendiger Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erleichterung einer Vermittlung in Arbeit in Bezug auf den Kläger erforderlich gewesen (§ 49 Abs. 2 Nr. 2 SGB 3). Dabei genügt nach Auffassung des erkennenden Senates nicht eine irgendwie geartete geringfügige Erleichterung oder Verbesserung der Vermittlungsaussichten, sondern diese muss eine merkbare Verbesserung bedeuten (vgl. Urteil des erkennenden Senates 9.8.2000 – L 6 AL 166/00 = info also 2001, 209, soweit das LSG Rheinland-Pfalz 25.4.2002 – L 1 AL 50/01 = jurisKSRE059091305– eine Gegenposition einzunehmen meint, verkennt es die Bedeutung). Die Förderung von Trainingsmaßnahmen, die prognostisch nur eine geringfügige oder unwesentliche Verbesserung der Eingliederungsaussichten versprechen, verstößt bereits gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB 3). Als besonderen Fall eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nennt das Gesetz die Nichtberücksichtigung der Fähigkeiten der zu fördernden Person (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB 3).

Eine Verbesserung der Eingliederungsaussichten ist nach der Maßnahmeakte auf den Kläger bezogen nicht in mehr als geringfügigem Umfang zu erkennen. So erscheint es schon sehr bedenklich, als entscheidendes Zugangskriterium für die streitbefangene Maßnahme ausschlaggebend auf die zeitliche Beanspruchbarkeit der Arbeitslosen abzustellen und damit neben dem Kläger, wie er für die erste Trainingsmaßnahme schildert, überwiegend weibliche Arbeitslose aus früheren Halbtagsbeschäftigungen in dieser Trainingsmaßnahme unterzubringen, ohne Rücksicht auf die bisherigen Kenntnisse und Fähigkeiten dieser Teilnehmerinnen und des Klägers. So ist nach den aktenkundigen fundierten EDV-Kenntnissen des Klägers (ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 16.6.2003) hinsichtlich des Trainingsinhaltes "Internetrecherche" (15 Stunden von 100 Theoriestunden) nicht zu erkennen, wodurch die vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers hätten verstärkt werden können. Gleiches gilt für den Trainingsinhalt "Kommunikation, Gesprächsführung" (25 Stunden von 100 Theoriestunden) unter Berücksichtigung der vielfältigen beruflichen und nebenberuflichen Tätigkeiten des Klägers (vgl. nur vorgelegtes Zeugnis der Ausbildereignung vom 11.3.1992 sowie die vom Kläger seit 1996 abgehaltenen Kurse in der Berufsorientierung und ausbildungsbegleitenden Hilfen bei dem Träger "Arbeit und Bildung" in M-Stadt). Soweit es um die sog. Projektphase (30 Stunden von 100 Theoriestunden) geht, in der die "detaillierte Analyse aller potentieller Arbeitgeber und der sich daraus abzuleitenden Möglichkeit der Bewerbung bzw. der Arbeitsaufnahme der Teilnehmer" (so die Maßnahmekonzeption) vorgesehen ist, fällt diese unter § 49 Abs. 2 Nr. 1 SGB 3 und darf zusammen mit den weiteren Inhalten nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 SGB 3 entsprechend § 49 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB 3 in der Regel die Gesamtzeit von zwei Wochen nicht überschreiten. Gleiches gilt für den weiteren Maßnahmeinhalt "Persönliche Profilanalyse/Bewerbungstraining", die mit 30 Stunden angesetzt ist. Es konnte der Kläger deshalb auch aus diesen Gründen nicht in zumutbarer Weise verpflichtet werden, ab dem 5. August 2003 an der streitbefangenen Trainingsmaßnahme teilzunehmen.

Ob es dem Kläger mit Hilfe des Maßnahmeträgers gelungen wäre, eine Praktikumsstelle zu finden, die den Fähigkeiten des Klägers entsprochen hätte, war deshalb nicht mehr zu prüfen.

Es war auch nicht die Behauptung des Klägers zu überprüfen durch Vernehmung des zuständigen Arbeitsvermittlers L., dieser habe dem Kläger gesagt "er habe die Anweisung, jeden in den Kurs zu schicken". Darauf konnte es unter Berücksichtigung der oben genannten Gründe nicht mehr ankommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.