FG Kassel, Urteil vom 27.06.2003 - 13 K 1698/02
Fundstelle
openJur 2012, 24312
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

(Überlassen von Datev)

Die Beteiligten streiten darum, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und für Zeitschriften als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielt aus einer Tätigkeit als EDV-Revisor Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 machten die Kläger unter anderem Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers in Höhe von 9738,-- DM und Aufwendungen für die Zeitschriften Focus, Focus-Money, DM und Finanzen in Höhe von insgesamt 171,50 DM geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.11.2001 erkannte das Finanzamt die Kosten für das Arbeitszimmer und die genannten Zeitschriften nicht an, da es sich bei den Zeitschriften um untypische Fachliteratur handele, die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers weniger als 50 % betrage und ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Hiergegen legten die Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass die Fachliteratur auch in den Vorjahren anerkannt worden sei und diese auch beruflich benötigt werde. Das Arbeitszimmer diene der Fortbildung im ausgeübten Beruf. Der Arbeitgeber stelle hierfür keine Räumlichkeiten zur Verfügung.

Das Finanzamt folgte dem nicht und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.4.2002 als unbegründet zurück. Nach Auffassung des Finanzamtes kann aus dem Charakter der Zeitschriften eine überwiegende berufliche Verwendung nicht abgeleitet werden, so dass eine Abzugsfähigkeit an § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG scheitere. Für seine Tätigkeit als EDV-Revisor stehe dem Kläger ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Allein die Notwendigkeit einer beruflichen Fortbildung begründe nicht die Erforderlichkeit eines Arbeitszimmers. Wegen Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 16.4.2002 Bezug genommen.

Die Kläger haben fristgerecht Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgen.

Während die Kläger zunächst schriftsätzlich - wie zunächst außergerichtlich - vortrugen, dass das Arbeitszimmer der beruflichen Fortbildung diene, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung sein Vorbringen dahingehend ergänzt, dass er das Arbeitszimmer nicht nur zur Fortbildung nutze - dies geschehe überwiegend an den Wochenenden -, sondern auch für seine eigentliche berufliche Tätigkeit; denn er arbeite in der Regel an den Wochentagen abends ab 21:00 noch für zwei bis drei Stunden, um in dem häuslichen Arbeitszimmer Fonds-Berichtete zu lesen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen. Dies sei in seinem betrieblichen Arbeitszimmer angesichts des Tagesgeschäfts nicht mit der erforderlichen Ruhe zu leisten. Die Aufwendungen für die Fachzeitschriften hält der Kläger für beruflich veranlasst. So hat er in der mündlichen Verhandlung am 27.6.2003 vorgetragen, dass er auch für die Bearbeitung von Kundenreklamationen zuständig sei; d.h. wenn sich Kunden auf Grund von Berichten in Zeitschriften hinsichtlich ihrer Geldanlage an das Kreditinstitut wenden, um eine entsprechende Aufklärung zu erhalten, müsse er, der Kläger, tätig werden. Zu diesem Zweck habe er die entsprechenden Fachzeitschriften erwerben müssen, um diese Reklamationen nachvollziehen zu können. Wegen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 12.9.2002 und das Sitzungsprotokoll vom 27.6.2003 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.11.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.4.2002 dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 9738,-- DM (Arbeitszimmer) und 171,50 DM (Fachzeitschriften) anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt bleibt auch im gerichtlichen Verfahren bei seiner Rechtsansicht, dass eine Abzugsfähigkeit sowohl für die Zeitschriften als auch für das Arbeitszimmer nicht gegeben sei, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz vom 16.10.2002 i.V.m. der Einspruchsentscheidung vom 16.4.2002 Bezug genommen.

Die einschlägigen Steuerakten haben dem Gericht vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat zu Recht die geltend gemachten Aufwendungen für das Arbeitszimmer und die Zeitschriften nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit anerkannt.

1.

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1250,-- EUR (2400,-- DM) begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Dem Kläger steht unstreitig ein Arbeitsplatz an seiner Arbeitsstelle zur Verfügung. Bei einer zwei- bis dreistündigen Arbeit in dem häuslichen Arbeitszimmer beträgt die berufliche Nutzung dieses Zimmers offensichtlich weniger als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit. Die Nutzung des Arbeitszimmers erfolgte auch innerhalb der einheitlichen beruflichen Tätigkeit des Klägers als EDV-Revisor. Daher kommt es vorliegend nicht auf die Streitfrage an, ob für eine abgrenzbare andere Einkunftsart ein Arbeitszimmer zur Verfügung steht. (vgl. Finanzgericht Köln Urteil vom 18.12.1997, 8 K 5063/97, EFG 1998, 867; Schmidt/Heinicke EStG 32. Aufl. 2003, § 4 Textziffer 592 mit zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen).

Vorliegend stand dem Kläger ein Arbeitsplatz an seiner Arbeitsstelle zur Verfügung, an dem er seine gesamte Tätigkeit verrichten konnte. Soweit der Kläger einen Teil seiner Arbeit, der ganz deutlich unter 50 % der gesamten Arbeitsleistung liegt, im häuslichen Arbeitszimmer verrichtete, kann dies einen Werbungskostenabzug nicht begründen. Denn der Gesetzgeber geht für diese Fallgestaltung pauschalierend davon aus, dass die Erforderlichkeit eines Arbeitszimmers bei einer Nutzung von weniger als 50 % nicht gegeben ist. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Arbeitszimmer zwar weniger als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit genutzt wird, die Nutzung aber gleichwohl erforderlich war. Dies könnte allenfalls dann der Fall sein, wenn die Nutzung des Arbeitszimmers aus objektiv erkennbaren und nachvollziehbaren Gründen erforderlich ist. In einem vom Finanzgericht Köln (a.a.O.) entschiedenen Fall war dies bei einem Steuerpflichtigen bejaht worden, der seinen Bereitschaftsdienst im häuslichen Arbeitszimmer absolvieren musste, weil sein normaler Arbeitsplatz ihm zu diesen Zeiten nicht zur Verfügung stand. Zudem hatte der Arbeitgeber die erforderlichen technischen Voraussetzungen zur Verfügung gestellt und auch die anfallenden Telefonkosten übernommen.

Mit dieser Konstellation ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt jedoch in keiner Weise vergleichbar.

Bei der vorliegenden "Mischtätigkeit" verbleibt es daher bei der gesetzlichen Regelung, wonach eine weniger als 50 %ige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers bei Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes einen Werbungskostenabzug ausschließt (so ausdrücklich auch Schmidt-Heinicke a.a.O. Textziffer 592 a.E.).

Soweit der Kläger auf seine Fortbildungstätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer rekurriert, kann nichts anderes gelten. Zum einen ist diese Fortbildung wenig substantiiert und glaubhaft dargestellt worden, wenn der Kläger behauptet, jeden Samstag und jeden Sonntag vier Stunden Fortbildung in seinem Arbeitszimmer zu betreiben. Auch ist für das Streitjahr 2000 diese nicht unerhebliche Fortbildung im Hinblick auf eine anstehende Prüfung wenig nachvollziehbar. So hat der Kläger selbst vorgetragen, dass er eine Prüfung im Jahre 1998 absolvierte und sich für die nächste Prüfung bzw. Wiederholungsprüfung im Jahre 2004 anmelden wolle. Warum somit gerade im Jahr 2000 erhebliche Fortbildungsanstrengungen im häuslichen Arbeitszimmer im Hinblick auf eine Prüfung stattfanden, ist daher wenig einsichtig.

So weit der Kläger auf eine allgemeine Fortbildung abhebt, um in seinem Beruf "dem Laufenden zu bleiben", kann dies ebenfalls zu keinem Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer führen.

Das Finanzgericht Köln hat bereits mit Urteil vom 29.9.2000, 7 K 4746/99, EFG 2001,272, Juris web, zutreffend entschieden, dass es im heutigen Arbeitsalltag nur noch wenige Berufsfelder gibt, in denen eine berufliche Weiterbildung nicht erforderlich ist. Gerade bei einer - wie auch vom Kläger ausgeübten - anspruchsvollen Tätigkeit ist berufliche Fortbildung und Weiterqualifizierung unumgänglich. Hätte der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Situation hierfür die Erforderlichkeit eines Arbeitszimmers für notwendig erachtet, hätte es nicht der komplizierten Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG bedurft. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Vorhalten eines Arbeitszimmers allein für Weiterbildungsmaßnahmen im ausgeübten Beruf vom Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten wird.

2.

Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für die Zeitschriften hat das Finanzamt ebenfalls zutreffend einen Werbungskostenabzug versagt, da die ausschließliche oder doch nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung nicht glaubhaft gemacht wurde. Einer Abzugsfähigkeit steht § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen. Bei den Zeitschriften DM, Finanzen, Focus und Focus-Money handelt es sich um keine Fachzeitschriften im eigentlichen Sinne; diese Zeitschriften sprechen unabhängig vom ausgeübten Beruf einen größeren Leserkreis an. Der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für solche Zeitschriften steht grundsätzlich § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen, wie dies das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung vom 16.4.2002 zutreffend dargestellt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf gem. § 105 Abs. 5 FGO Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen.

So weit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 27.6.2003 vorgetragen hat, dass er lediglich einzelne Hefte gekauft habe, um Kundenreklamationen bearbeiten zu können, ist dieses Vorbringen wenig nachvollziehbar. So hat der Kläger selbst dargestellt, dass die streitigen Zeitschriften bei seinem Arbeitgeber durchaus vorhanden seien, er selbst die Zeitschriften auf Grund des Umlaufsystems jedoch erst sehr viel später erhalte. Wenn der Kläger - wie vorgetragen - für die Bearbeitung von Kunden-Beschwerden und Abgabe dieser Beschwerden an die jeweilige Fachabteilung nebst einer eigenen Stellungnahme verantwortlich ist, ist unverständlich, warum der Verteilerschlüssel des Umlaufs nicht geändert wird, oder warum die Abteilung des Klägers die Zeitschriften - unabhängig vom Umlauf - nicht zu Verfügung gestellt bekommt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger als Leiter zweier Abteilungen innerhalb der Hierarchie des Kreditinstitutes relativ hoch angesiedelt ist.

Abgesehen von diesen Ungereimtheiten hat der Kläger auch nicht die konkrete berufliche Veranlassung des Kaufes der einzelnen Hefte nachgewiesen. Insoweit hätte der Zusammenhang von Kundenreklamationen und den entsprechenden Berichten in den streitigen Zeitschriften dargetan werden müssen. Daran fehlt es vorliegend.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

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