StGH des Landes Hessen, Beschluss vom 16.01.2001 - P.St. 1358
Fundstelle
openJur 2012, 22762
  • Rkr:
Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Gründe

A

I.

Die Antragsteller wenden sich mit der Grundrechtsklage gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts Darmstadt in einer mietrechtlichen Streitigkeit.

Die Antragsteller mieteten am 20. Oktober 1995 für einen Zeitraum von 5 Jahren von Herrn K..., dem Kläger des Ausgangsverfahrens - im Folgenden: - Kläger -, eine Wohnung in Offenbach. § 16 Nummer 4 des verwendeten Formularmietvertrags für Wohnräume sieht die Pflicht des Mieters vor, auf seine Kosten Schönheitsreparaturen durchzuführen. Nach § 15 des Mietvertrages, der maschinenschriftlich verändert wurde, hat der Vermieter zum Einzug neue Raufasertapeten anbringen und alles gemäß „§ 27 Anl. Blatt 1" renovieren lassen. Der Mieter ist nach § 15 Mietvertrag u.a. verpflichtet, die Mieträume nach § 27 herzurichten, d.h. „alle Renovierungen total durchzuführen".

Die Antragsteller wandten sich mit Schreiben vom 22. April 1996 an den Kläger und beanstandeten einen Rußbefall der Wohnung. Sie führten aus:

„Es ist schon sehr deprimierend, wenn man in eine sogenannte Neurenovierte-Wohnung einzieht, und dann nach ein paar Wochen feststellen muss, - dass zum einen „nicht ordnungsgemäß renoviert worden ist" und zum anderen, was leider noch viel schlimmer ist, mit der Wohnung etwas nicht stimmt und sie jetzt schon aussieht, als ob schon jahrelang nicht renoviert worden ist... Wir haben, obwohl wir mit dem jetzigen Zustand der Wohnung nichts zu tun haben, bereits die Küche und den Flur auf unsere Kosten neu renoviert, und das Bad kommt als nächstes dran. Das Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer muss aber von einem Fachmann (Firma) renoviert werden... Wir können Ihnen auch noch einen anderen Vorschlag machen, nachdem wir bereits die Küche und den Flur neu renoviert haben (das Bad kommt noch dran), eine Fach-Firma... zu beauftragen, das Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer neu zu renovieren. Dafür müssten Sie aber die Klausel aus unserem Mietvertrag streichen (Wohnung neu-renoviert übernommen), so dass wir, sollten wir einmal ausziehen, was wir nicht hoffen wollen, die Wohnung in unrenoviertem Zustand verlassen können".

Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 26. April 1996:

"Betr: Renovierung der Mieträume an Decken u. Wände mit Raufasertapeten Bezug: Ihr Schreiben vom 22.04.1996

Sehr geehrte Familie M...!

In Abänderung der Vereinbarung im Mietvertrag vom 20.10.1995 § Ziffer 4 a ist hiermit vereinbart, dass der Mieter beim Auszug an den Tapeten keine Renovierung durchführen muss, weil er beim Einzug neue Tapeten aufgezogen und gestrichen hat. Beachten Sie bitte auch, dass die alten Tapeten bis auf den Putz abgenommen werden."

Im April 1997 kündigten die Antragsteller den Mietvertrag wegen angeblicher Gesundheitsgefährdungen und zogen kurze Zeit später aus. Der Kläger forderte die Antragsteller mit Schreiben vom 18. Juni 1997 und 30. Juli 1997 unter Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf. lm August ließ der Kläger Anstrich- und Tapezierarbeiten durchführen, für die ihm die Firma R... DM 6.913,29 in Rechnung stellte.

Im Klageverfahren vor dem Amtsgericht Offenbach begehrte der Kläger u.a. die Verurteilung der Antragsteller als Gesamtschuldner zur Zahlung von DM 3.456,65 als des hälftigen Betrages der von ihm für die Schönheitsreparaturen aufgebrachten Kosten in Höhe von D M 6.913,29. Die Antragsteller beriefen sich in der Klageerwiderung vom 21. Oktober 1997 zur Rechtfertigung ihrer Kündigung auf gesundheitsschädigende Mängel der Wohnung und führten in diesem Zusammenhang aus, auch eine komplette Renovierung durch sie und eine Isolierung der Decken hätten keinerlei Veränderung zur Folge gehabt. Mit Schreiben vom 23. Oktober 1997 führten sie aus, sie seien zur Durchführung der Renovierungsarbeiten nicht verpflichtet gewesen und hätten im Übrigen bei ihrem Einzug selbst die Wohnung vollständig renoviert. Sie hätten neue Teppichböden verlegt und die gesamte Wohnung neu tapeziert. Ihre fehlende Verpflichtung zur Renovierung begründeten die Antragsteller mit einer Vertragsänderung durch das Schreiben des Klägers vom 26. April 1996. Der Kläger legte mit seiner Replik vom 5. Februar 1998 Kopien der dem Amtsgericht bereits zuvor vorgelegten Kostenbelege einschließlich einer Rechnung des Malermeisters R.. über DM 6.913,29 vor, in der die in der ehemaligen Wohnung der Antragsteller durchgeführten Arbeiten im einzelnen aufgeführt sind. Der Kläger brachte vor, die Verpflichtung der Antragsteller zur Ausführung von Renovierungsarbeiten ergäbe sich aus § 15 des Mietvertrages. Die Behauptung der Antragsteller, sie hätten bei ihrem Einzug die Wohnung selbst vollständig renoviert, sei unwahr. Dies ergebe sich ebenfalls bereits aus § 15 des Mietvertrages. Insbesondere hätten die Antragsteller nicht neu tapeziert und auch keine neuen Teppichböden verlegt. In allen Räumen seien bei Einzug Kunststoffböden verlegt gewesen, auf die die Antragsteller lediglich ihre eigenen Teppichböden aufgelegt hätten, die sie auch beim Auszug wieder mitgenommen hätten. Die Antragsteller hätten ihm mit Schreiben vom 22. April 1996 u.a. vorgeschlagen, die ganze Wohnung unverzüglich zu renovieren, wenn er im Gegenzug auf eine Renovierung durch die Antragsteller beim späteren Auszug verzichten würde. lm Vertrauen auf diese Zusage habe er die Erklärung vom 26. April 1996 abgegeben. Die Antragsteller hätten jedoch die in ihrem Schreiben vom 22. April 1996 mitgeteilten und angekündigten Renovierungsarbeiten nicht ausgeführt. Demgemäß sei auch die von ihm zu erbringende Gegenleistung, nämlich Verzicht auf Renovierung bei Auszug, nicht geschuldet.

Das Amtsgericht Offenbach am Main wies das auf Zahlung von Renovierungskosten in Höhe von DM 3.456,65 gerichtete Begehren des Klägers mit Urteil vom 20. Februar 1998 - 350 C 4863/97 - ab. Der Kläger habe im Hinblick auf eine Beseitigungsverpflichtung der Antragsteller zu den einzelnen Mängeln nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Darüber hinaus bestünde eine Zahlungsverpflichtung der Antragsteller auch nur, wenn diese in Verzug wären, da nur dann ein Anspruch auf Zahlung des begehrten Schadensersatzes entstanden sein könnte. Dass die Antragsteller aber hinsichtlich der Renovierungsarbeiten nach § 326 BGB abgemahnt worden seien und sich demgemäß der Erfüllungsanspruch des Klägers in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt habe, habe der Kläger nicht vorgetragen. Schließlich hätten die Antragsteller auch eine schriftliche Vereinbarung mit dem Kläger vom 26. April 1996 vorgelegt, nach der eine Renovierung durch sie bei Auszug nicht geschuldet gewesen sei.

Mit seiner beim Landgericht Darmstadt eingelegten Berufung machte der Kläger weiterhin Renovierungskosten in Höhe von DM 3.456,65 geltend. In der Berufungsbegründung vom 19. März 1998 führte er insofern aus, die Antragsteller seien zur Ausführung der Renovierungsarbeiten vertraglich verpflichtet gewesen. lm Übrigen hätten die Antragsteller vor ihrem Auszug die Tapeten entfernt und auf dem Fußboden hinterlassen. Ein Zimmer sei zwar von den Antragstellern tapeziert worden, jedoch völlig unfachmännisch, so dass die vollständige Erneuerung notwendig gewesen sei. Die Antragsteller hätten bei Einzug die Wohnung in vollständig renoviertem Zustand übernommen und während ihrer Mietzeit keine Renovierungsarbeiten durchgeführt. Lediglich um den Antragstellern entgegenzukommen, habe er die Malerarbeiten nur zur Hälfte in Rechnung gestellt. Die Antragsteller seien auch mit Schreiben vom 18. Juni 1997 und 30. Juli 1997 zur selbständigen Ausführung der Arbeiten aufgefordert worden. Die Antragsteller verteidigten im Schreiben vom 8. Mai 1998 das Urteil des Amtsgerichts und bestritten die vom Kläger geltend gemachten Renovierungskosten der Höhe und Angemessenheit nach. Der Kläger benannte mit Schreiben vom 15. Juli 1998 und 20. Juli 1998 Zeugen für einen fachgerecht renovierten Zustand der Wohnung bei Vertragsbeginn. Ergänzend trug der Kläger vor, dass die Antragsteller bei Vertragsbeendigung mit der Renovierung begonnen, jedoch dann sämtliche Räume mit abgerissenen Tapeten zurückgelassen hätten, und bot hierfür Zeugenbeweis an.

Das Landgericht Darmstadt änderte mit den Antragstellern am 19. Oktober 1998 zugestelltem Urteil vom 3. September 1998 - 6 S 99/98 - die Entscheidung des Amtsgerichts Offenbach am Main ab und verurteilte die Antragsteller als Gesamtschuldner zur Zahlung von DM 4.716,92 nebst Zinsen. lm übrigen wies das Landgericht Darmstadt die Berufung des Klägers zurück. lm Hinblick auf die im ausgeurteilten Betrag enthaltene Verurteilung der Antragsteller zur Zahlung der Renovierungskosten im Umfang von DM 3.456,65 führte das Landgericht zur Begründung aus, die Renovierungsverpflichtung der Antragsteller ergebe sich dem Grunde nach aus § 15 Nr. 2 des Mietvertrages. Diese Vereinbarung sei auch wirksam, da es sich insoweit um eine Individualvereinbarung handele. Entgegen der Ansicht der Antragsteller stehe dem Renovierungsanspruch des Klägers nicht dessen Schreiben vom 26. April 1996 entgegen. Darin habe der Kläger sinngemäß auf die Durchführung einer Endrenovierung verzichtet, vorausgesetzt, dass die Antragsteller, wie sie es selbst in ihrem Schreiben vom 22. April 1996 angekündigt hätten, die Wohnung vorher komplett renovierten. Das sei jedoch, wie nunmehr zwischen den Parteien unstreitig sei, nicht der Fall. Der Verzicht des Klägers auf die Durchführung der Schlussrenovierung habe unter der Bedingung der Anfangsrenovierung durch die Antragsteller gestanden. Diese Bedingung sei jedoch nicht eingetreten. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger in seinem Schreiben vom 26. April 1996 die - tatsächlich nicht durchgeführte Einzugsrenovierung - als tatsächlich vollzogen dargestellt habe. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der vorgelegten Schreiben ergebe, sei dies eine voreilige Feststellung des Klägers gewesen, die durch die nachfolgende Entwicklung überholt worden sei. Daher liege ein wirksamer Verzicht des Klägers auf die Durchführung der Schlussrenovierung nicht vor. Der Renovierungsanspruch scheitere entgegen der Ansicht des Amtsgerichts auch nicht an den Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB. Die erforderliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gehe aus dem Schreiben des Klägers vom 18. Juni 1997 hinreichend deutlich hervor. Der Anspruch auf die Hälfte der Rechnungssumme aus der Rechnung vom 18. August 1997 begegne auch der Höhe nach keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar würden darin die „Renovierungsarbeiten laut Angebot vom 25. Juli1997 zum Festpreis von 5.478,30 DM" berechnet. Da der Kläger jedoch nur 50 % der Renovierungskosten geltend mache, erschienen seine Angaben zur Höhe noch hinreichend präzise. Substantiierte Einwendungen hätten die Antragsteller dagegen nicht vorgebracht. Der Anspruch sei daher auch der Höhe nach begründet.

Am 19. November 1998 haben die Antragsteller Grundrechtsklage erhoben.

Sie rügen Verstöße gegen das Willkürverbot und Verletzungen des Grundrechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch Verfahren und Entscheidung des Landgerichts Darmstadt.

Gegen das Willkürverbot habe das Landgericht verstoßen, indem es seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt habe, dass keine Anfangsrenovierung durch die Antragsteller erfolgt sei. Dieser Umstand sei sowohl im amts- als auch im landgerichtlichen Verfahren zwischen den Beteiligten streitig gewesen. Bei prozessual ordnungsgemäßem Vorgehen hätte das Landgericht über diese Tatsache Beweis erheben müssen. Eine Beweisaufnahme aber hätte die Durchführung einer Anfangsrenovierung durch die Antragsteller bestätigt.

Willkürlich sei ferner die Auslegung des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 durch das Landgericht. Mit diesem Schreiben habe der Kläger eindeutig das Angebot der Antragsteller vom 22. April 1996 auf Abschluss eines Erlassvertrags im Hinblick auf die ursprünglich geschuldeten Renovierungsarbeiten angenommen.

Indem das Landgericht das Unterbleiben einer Anfangsrenovierung durch die Antragsteller als unstreitig unterstellt und das Schreiben des Klägers vom 26. April 1996 keiner angemessenen rechtlichen Würdigung zugeführt habe, habe es zugleich den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt. Denn das Landgericht habe damit tatsächliches und rechtliches Vorbringen der Antragsteller nicht zur Kenntnis genommen.

Der Anspruch der Antragsteller auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei ferner dadurch verletzt, dass das Landgerichtes unterlassen habe, sie auf seine nicht vorhersehbare Auslegung des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 hinzuweisen. Das Gehörsrecht habe schließlich einen Hinweis des Landgerichts erfordert, dass es - anders als das Amtsgericht Offenbach am Main - die Voraussetzungen des § 326 BGB für gegeben erachte. Auch ein solcher Hinweis sei verfassungswidrig unterblieben.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

1. festzustellen, dass das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. September 1998 - 6 S 99/98 - ihr Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt und gegen das Willkürverbot verstößt,

2. das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. September 1998 - 6 S 99/98 - für kraftlos zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

II.

Die Landesregierung hält die Grundrechtsklage im Hinblick auf die Rüge der Verletzung des Gehörsrechts für unzulässig, im übrigen für zumindest unbegründet.

Einen Gehörsverstoß hätten die Antragsteller nicht in einer § 43 Abs. 2 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - genügenden Weise plausibel gemacht. Insbesondere hätten die Antragsteller nicht substantiiert dargetan, was sie vorgetragen hätten, wenn das Landgericht sie darauf hingewiesen hätte; dass es vom Vorliegen der Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach § 326 BGB ausgehe. Eine Verletzung des Willkürverbots durch die angegriffene landgerichtliche Entscheidung sei nicht feststellbar. Die Auffassung des Landgerichts, die Antragsteller hätten die Einzugsrenovierung unstreitig nicht vorgenommen, sei nach dem Inbegriff des Parteivorbringens zumindest vertretbar. Dass das Landgericht in dem Schriftwechsel von Kläger und Antragstellern keinen Erlassvertrag gesehen habe, stelle keine fehlerhafte und damit erst recht keine willkürliche Rechtsanwendung dar.

III.

Die Landesanwaltschaft hat erklärt, sich an dem Verfahren nicht zu beteiligen.

IV.

Dem Kläger als dem durch die angegriffene Entscheidung Begünstigten ist Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.

V.

Die Antragsteller haben das Urteil des Landgerichts Darmstadt außer mit der Grundrechtsklage zum Staatsgerichtshof auch mit der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht angegriffen. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diese Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 3. Februar 1999 - 1 BvR 2108/98 - nicht zur Entscheidung angenommen.

VI.

Die Verfahrensakte des Landgerichts Darmstadt - 6 S 99/98 - ist beigezogen worden und Gegenstand der Beratung gewesen.

B

I.

Die Grundrechtsklage ist unzulässig.

Die Antragsteller haben den Anforderungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGHG nicht genügt. Nach dieser Vorschrift fordert die Zulässigkeit einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Grundrechtsklage, dass der Antragsteller substantiiert einen Sachverhalt schildert, aus dem sich - seine Richtigkeit unterstellt - plausibel die Möglichkeit einer Verletzung der von ihm benannten Grundrechte der Hessischen Verfassung durch die angegriffene Entscheidung ergibt (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Beschluss vom 19.7.1999-P.St. 1409-, ZMR 1999, 682 <684>). An diesem Zulässigkeitserfordernis fehlt es.

Soweit das Landgericht im angegriffenen Urteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, fehlt den Antragstellern die Antragsbefugnis, weil sie durch diesen ihnen günstigen Teil des landgerichtlichen Erkenntnisses nicht beschwert sind. Die Antragsbefugnis fehlt den Antragstellern auch insofern, als das Landgericht sie zur Zahlung eines über die Renovierungskosten in Höhe von DM 3.456,55 hinausgehenden Betrags von DM 1.260,37 (Differenzbetrag zwischen den ausgeurteilten DM 4.716,92 und den Renovierungskosten in Höhe von DM 3.456,55) nebst Zinsen verurteilt hat. Denn die Antragsteller haben Grundrechtsverletzungen des Landgerichts ausschließlich im Hinblick auf ihre Verurteilung zur Zahlung der Renovierungskosten in Höhe von DM 3.456,55 gerügt, die Verurteilung zur Zahlung im übrigen hingegen nicht unter Angabe entsprechender Tatsachen als grundrechtsverletzend beanstandet.

Die plausible Möglichkeit einer Verletzung des in Art. 1 der Verfassung des Landes Hessen (kurz: Hessische Verfassung -HV -) verankerten Willkürverbots durch die Verurteilung der Antragsteller zur Zahlung von DM 3.456,55 Renovierungskosten ist nach dem Vorbringen der Antragsteller gleichfalls auszuschließen. Die Schwelle zur Willkür überschreitet ein Gericht durch die Anwendung und Auslegung einfachen Rechts nur, wenn diese bei verständiger Würdigung der die Verfassung bestimmenden Prinzipien nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, dass die getroffene Entscheidung des Gerichts auf sachfremden Erwägungen beruht (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Urteil vom 09.06.1999-P.St. 1299-, StAnz. 1999, S. 2380). Die fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich, insbesondere ist es nicht Aufgabe des Staatsgerichtshofs als Verfassungsgericht, die einfachgesetzlich zutreffende Interpretation einer Norm den Fachgerichten verbindlich vorzugeben. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Beschluss vom 05.04.2000- P.St. 1316-, StAnz. 2000, S. 2501).

Nach diesem Maßstab scheidet die Möglichkeit einer willkürlichen Rechtsanwendung durch das Landgericht Darmstadt, bei der Verurteilung der Antragsteller zur Zahlung von Renovierungskosten aus. Das Landgericht Darmstadt hat die Verurteilung der Antragsteller insofern auf § 326 BGB gestützt. Als Leistungsverpflichtung, wegen deren Nichterfüllung dem Kläger nach erfolglos gebliebener Fristsetzung und Ablehnungsandrohung ein Schadensersatzanspruch zusteht, hat das Landgericht eine Renovierungspflicht der Antragsteller aus einer in § 15 Nr. 2 des Mietvertrages getroffenen Individualvereinbarung angesehen. Das Schreiben des Klägers vom 26. April 1996 hat das Landgericht als „Verzicht" auf die Durchführung der Endrenovierung unter der Bedingung interpretiert, dass die Antragsteller - entsprechend ihren Ausführungen im Schreiben vom 22. April 1996 - die Wohnung nach ihrem bereits erfolgten Einzug renovieren würden. Als zwischen Kläger und Antragstellern unstreitig gewordenen Tatsachenvortrag hat das Landgericht angesehen, dass die Antragsteller die angebotene Renovierung nicht komplett durchgeführt haben.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, in der fachgerichtlichen Deutung des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 und der Würdigung des Tatsachenvortrags, die Nichtdurchführung der Renovierungsarbeiten sei unstreitig geworden, eine willkürliche Rechtsanwendung des Landgerichts zu sehen. Das vom Landgericht vertretene Verständnis des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 gründet ersichtlich auf der Erwägung, dass für den Kläger eine Aufgabe seines aus dem Mietvertrag herrührenden Anspruchs auf Durchführung einer Endrenovierung nur in Betracht kam, wenn die Antragsteller die von ihnen angebotenen Renovierungsarbeiten zu Beginn des Mietverhältnisses durchführten. Diese Erwägung ist nachvollziehbar und lag bei Berücksichtigung des Schriftwechsels zwischen den Antragstellern und dem Kläger nahe. Damit weist die landgerichtliche Interpretation des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 keine Defizite auf, die eine Rechtsanwendungswillkür auch nur in Betracht kommen lassen könnten.

Auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsteller ist auch auszuschließen, dass das Landgericht willkürlich gegen den Verhandlungsgrundsatz der Zivilprozessordnung verstoßen hat, indem es seiner Entscheidung als „nunmehr zwischen den Parteien unstreitig" zugrunde gelegt hat, dass die Antragsteller die Renovierungsarbeiten nicht vollständig durchgeführt haben. Aus der Wortwahl des Landgerichts („nunmehr") wird deutlich, dass das Landgericht die Durchführung einer Anfangsrenovierung als ursprünglich zwischen den Parteien streitige Frage betrachtet hat, die erst im Prozessverlauf unstreitig geworden ist. Diese Würdigung des von den Parteien beigebrachten Prozessstoffes durch das Landgericht stellt eine vertretbare Anwendung des § 138 ZPO dar, der die Erklärungspflicht der Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens regelt. Die Antragsteller, die sich auf eine nachträgliche Änderung ihrer im Mietvertrag vereinbarten Renovierungspflicht beriefen, trugen im amtsgerichtlichen Verfahren vor, sie hätten die Wohnung nach ihrem Einzug vollständig renoviert, indem sie neue Teppichböden verlegt und die gesamte Wohnung neu tapeziert hätten. Noch im erstinstanzlichen Verfahren legte der Kläger dem gegenüber dar, die Behauptung der Antragsteller, sie hätten bei ihrem Einzug die Wohnung selbst vollständig renoviert, sei unwahr. Insbesondere hätten die Antragsteller nicht neu tapeziert und auch keine neuen Teppichböden verlegt. In allen Räumen seien bei Einzug Kunststoffböden verlegt gewesen, auf die die Antragsteller lediglich ihre eigenen Teppichböden aufgelegt hätten, die sie auch beim Auszug wieder mitgenommen hätten. Die im Schreiben vom 22. April 1996 angekündigten Arbeiten (u.a. Renovierung von Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer durch eine von den Antragstellern beauftragte Fachfirma) seien nicht durchgeführt worden. lm Verfahren vor dem Landgericht ergänzte der Kläger sein Vorbringen. Die Antragsteller hätten vor ihrem Auszug die Tapeten entfernt und auf dem Fußboden hinterlassen; ein Zimmer sei von ihnen tapeziert worden, jedoch so unfachmännisch, dass eine vollständige Erneuerung notwendig gewesen sei. Diesen Ausführungen des Klägers setzten die Antragsteller keinen weiteren Tatsachenvortrag entgegen. Bei dieser Sachlage konnte das Landgericht willkürfrei davon ausgehen, dass das Unterbleiben der von den Antragstellern angekündigten vollständigen Renovierung nicht mehr im Streit stand. Dies gilt umso mehr, als die Erklärungslast einer Partei im Zivilprozess davon abhängt, wie konkret die Gegenpartei vorgetragen hat.

Die Antragsteller haben schließlich auch die Möglichkeit einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf der ihre Verurteilung zur Zahlung von Renovierungskosten beruhen könnte, nicht nachvollziehbar dargelegt. Das durch Art. 3 HV in Verbindung mit dem der Hessischen Verfassung innewohnenden Rechtsstaatsprinzip in gleicher Weise wie durch Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie sich zum Gegenstand des Verfahrens in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht äußern können, und verpflichtet das Gericht, seiner Entscheidung nur solche Tatsachen zugrundezulegen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, und die erfolgten Äußerungen der Beteiligten bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Beschluss vom 19.07.1999-P.St.1409-, ZMR 1999, 682 <684>; Urteil vom 05.04.2000-P.St.1302-, ZMR 2000, 437 <439>). Die von der Garantie rechtlichen Gehörs umfasste Befugnis eines Verfahrensbeteiligten, sich zur Rechtslage zu äußern, begründet allerdings für das Gericht im Grundsatz keine Pflicht, auf seine Rechtsauflassung hinzuweisen oder ein Rechtsgespräch zu führen (vgl. StGH, Urteil vom 05.04.2000-P.St. 1302-, ZMR 2000, 437 <439>). Denn grundsätzlich muss ein Verfahrensbeteiligter - auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist - alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen. Lediglich in dem Ausnahmefall, in dem das Gericht bei seiner Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abzustellen beabsichtigt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, ist verfassungsrechtlich durch die Garantie rechtlichen Gehörs ein rechtlicher Hinweis des Gerichts geboten (vgl. StGH, Urteil vom 05.04.2000-P.St.1302-, ZMR 2000, 437 <439>; ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa BVerfG E 86,133 <144>). Die aus der Garantie rechtlichen Gehörs weiterfolgende Pflicht des Gerichts, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen mit einzubeziehen, bedeutet nicht zugleich, dass ein Gericht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich erwähnen, inhaltlich bescheiden und damit die Tatsache der Gehörsgewährung nachweisbar dokumentieren muss (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Beschluss vom 19.07.1999- P.St.1409-, a.a.0.). Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Gerichte den Vortrag der Beteiligten kennen und würdigen. Insbesondere gewährt das Gehörsrecht keinen Schutz dagegen, dass die Gerichte das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen. Deshalb kann ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör durch Verletzung der Pflicht zur Erwägung von Beteiligtenvorbringen nur in Betracht kommen, wenn sich aus besonderen Umständen des Einzelfalles konkret eine Verletzung der genannten Verpflichtung ergibt (ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. etwa Beschluss vom 19.07.1999 - P.St. 1409 -, a.a.O.).

Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte aufgezeigt, nach denen das Verfahren des Landgerichts, das zur angegriffenen Verurteilung zur Zahlung von Renovierungskosten geführt hat, den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen der Garantie rechtlichen Gehörs nicht genügt Sowohl die vom Landgericht vorgenommene Interpretation des Schreibens des Klägers vom 26. April 1996 als auch seine Würdigung des Parteivortrags, nach der die unterbliebene Renovierung der Wohnung durch die Antragsteller im gerichtlichen Verfahren unstreitig geworden ist, sind rechtlich vertretbar und lassen in keiner Weise den Schluss auf die Nichtberücksichtigung tatsächlichen oder rechtlichen Vorbringens der Antragsteller durch das Landgericht zu. Auch eine verfassungsrechtliche Pflicht des Landgerichts, einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, dass es die Voraussetzungen des § 326 BGB für gegeben erachte, haben die Antragsteller nicht plausibel gemacht. Dass eine Rechtsfrage vom Berufungsgericht als zweiter Tatsacheninstanz anders als vom Ausgangsgericht beurteilt werden kann, ist dem Rechtsmittelverfahren eigen. Hinzu kommt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach § 326 BGB eine der zentralen Fragen des fachgerichtlichen Verfahrens war, zu der die Antragsteller auch ohne gerichtlichen Hinweis hinreichend Anlass hatten, sich umfassend zu äußern.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 28 StGHG.