OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.05.2000 - 16 U 227/99
Fundstelle
openJur 2012, 22387
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. November 1999 - 221 0 6199 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer: DM 4.000,-.

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

I.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil hält einer Überprüfung stand. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung kann weitgehend Bezug genommen werden. Ihnen ist nur wenig hinzuzusetzen.

Dem Kläger steht weder aus eigenem Recht für sich noch aus abgetretenem Recht für seine Ehefrau ein Schmerzensgeld wegen Angstzuständen, die er und seine Ehefrau anlässlich eines Hurrikans auf Antigua erlitten haben wollen, zu.

1. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob diese subjektiven Angstzustände überhaupt eine Gesundheitsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB darstellen, also einen pathologischen Zustand im Sinne einer medizinisch erheblichen Störung der körperlichen oder seelischen Lebensvorgänge in einem Menschen, der aus ärztlicher Sicht behandlungsbedürftig ist, andernfalls eine dauernde gesundheitliche Beeinträchtigung zurückbleiben werde, jedoch über eine bloße Stimmungsbeeinträchtigung hinausgeht (Mertens in MünchKomm-BGB, § 823 RN 74, 75; Staudinger/Hager, BGB, § 823 RN B20, B27; OLG München - 9.2.1995 - NJW 1995, 2422[2423]).

2. In jedem Fall fehlt es an einer unerlaubten Verletzungshandlung der Beklagten.

2.1. Da der Kläger der Beklagten vorwirft, aus Anlass des hereinbrechenden Hurrikans nichts getan zu haben, müsste ihr also ein - rechtswidriges und schuldhaftes - Unterlassen zur Last fallen. Eine unerlaubte Handlung durch Unterlassen liegt aber nur vor, wenn der Schädiger gegen eine Rechtspflicht zum Handeln verstoßen hat und die Vornahme der gebotenen Handlung den Schaden verhindert hätte (Palandt/ Heinrichs, BGB, Vorbem v § 249 RN 84; Palandt/Thomas, § 823 RN 35).

Eine solche Rechtspflicht der Beklagten zum Handeln ist nicht ersichtlich.

Insbesondere ergibt sich eine Rechtspflicht zum Handeln nicht als "ungeschriebene Nebenpflicht" aus dem Reisevertrag, der zwischen den Parteien bestand. Eine Pflicht des Reiseveranstalters, dem Reisenden das allgemeine Lebensrisiko abzunehmen und ihn vor allen Gefahren des Lebens zu bewahren, besteht nicht. Das Auftreten eines Hurrikans gehört aber zum allgemeinen Lebensrisiko. Das gilt umso mehr, wenn der Reisende sich eine Gegend zum Reiseziel aussucht, in der solche Naturkatastrophen - wie allgemein bekannt - öfter auftreten, wie das hinsichtlich der Karibik der Fall ist.

Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurde über den herannahenden Hurrikan auch schon Tage vor dessen Eintreffen auf der Insel gesprochen. Der Kläger kann also nicht geltend machen, er und seine Ehefrau seien mangels Information von dessen Hereinbrechen überrascht worden, ohne sich darauf vorbereiten zu können.

2.2. Der Kläger und seine Ehefrau waren der herannahenden Naturkatastrophe rechtlich auch nicht schutzlos ausgeliefert, sie hätten vielmehr nach § 651j Abs. 1 BGB den Reisevertrag ohne Weiteres kündigen können, wenn ihnen das Verbleiben auf Antigua als zu gefährlich erschien. Alsdann wäre die Beklagte gemäß § 651j Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 651e Abs. 4 Satz 1 BGB verpflichtet gewesen, den Kläger und seine Ehefrau nach Deutschland zurückzubefördern.

Der Kläger hat den Reisevertrag vor dem abzusehenden Eintreffen des Hurrikans jedoch nicht gekündigt. Das behauptet er auch nicht. Soweit er vorträgt, ihm sei diese Kündigungsmöglichkeit nicht bekannt gewesen, kann das nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Diese schuldete keine Rechtsberatung.

Soweit der Kläger behauptet, nach dem Hurrikan verlangt zu haben, von dem zerstörten Hotel weggebracht und gegebenenfalls in einer intakten Anlage untergebracht zu werden, berührt das nur die vertraglichen Ansprüche des Klägers wegen mangelhafter Reiseleistungen. Dafür ist er jedoch durch das angefochtene Urteil, soweit es die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, ausreichend entschädigt worden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Vollstreckungsschutz ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Beschwer war nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festzusetzen.

Für eine Zulassung der Revision (vgl. § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO) bestand kein Anlass.