Hessischer VGH, Beschluss vom 09.07.1999 - 5 TZ 4571/98
Fundstelle
openJur 2012, 22068
  • Rkr:
Gründe

Der Zulassungsantrag ist nach § 146 Abs. 5 VwGO zulässig, kann aber in der Sache keinen Erfolg haben.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts löst entgegen der Auffassung des Antragstellers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 146 Abs. 4 VwGO) aus. Zu dem diesbezüglichen Vorbringen des Antragstellers ist Folgendes auszuführen:

a)  Zu dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass der

Heranziehungsbescheid schon deswegen rechtswidrig sei, weil die Gesamtkosten "nicht hinreichend dargelegt" seien, was insbesondere für die auf 114.472,87 DM bezifferte Kostenposition Entwässerungsanteil gelte:

Ein Beitragsbescheid weist die erforderliche Bestimmtheit bereits dann auf, wenn er hinreichend deutlich erkennen lässt, was von wem für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl. 1999, § 24 Rdnr. 22). Der streitige Bescheid enthält diese Angaben. Soweit darüber hinaus gemäß § 121 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG die der Heranziehung zugrundeliegenden Berechnungsgrundlagen anzugeben sind, bedeutet das nicht, dass der Beitragsbescheid eine erschöpfende Wiedergabe der Aufwandsermittlung und -- verteilung, insbesondere aller Kostenpositionen und sämtlicher Berechnungsgrundlagen für die Aufwandsverteilung enthalten müsste. Es genügt vielmehr, wenn in der Begründung die für den Beitrag unmittelbar erheblichen Parameter -- beitrags- und umlagefähiger Aufwand, insgesamt belastbare Grundstücksfläche, Beitragssatz, im Einzelfall angerechnete Grundstücksfläche -- mitgeteilt werden (so, bezogen auf Erschließungsbeitragsbescheide, Driehaus, a.a.O., Rdnr. 25). Auch unter diesem Aspekt begegnet die Heranziehung des Antragstellers keinen Bedenken. Mit der in dem angefochtenen Bescheid enthaltenen Kostenzusammenstellung geht die Begründung sogar über den unbedingt erforderlichen Inhalt hinaus; denn die Gemeinde darf es an sich bei einer Bezifferung des zu verteilenden Gesamtaufwandes bewenden lassen, ohne diesen nach Kostenpositionen aufschlüsseln zu müssen.

b)  Zu dem Einwand, die streitige Heranziehung lasse sich nicht auf eine

beitragsfähige Verbesserung der ... stützen, weil die Antragsgegnerin selbst eine Verbesserungsmaßnahme nicht beabsichtigt habe, eine Verbesserung objektiv auch nicht vorliege und es überdies an dem erforderlichen Verbesserungsbedürfnis fehle:

Wie sich aus den Unterlagen zur Planung und Ausschreibung der streitigen Straßenbaumaßnahme ergibt, soll die ... verkehrsberuhigt mit verändertem Straßenquerschnitt, stärkerem Unterbau und unterschiedlicher Oberflächenbefestigung für die einzelnen Teilflächen ausgebaut werden. Damit besteht die Maßnahme nicht lediglich in einer Wiederherstellung der alten Straßenlage im Sinne einer abnutzungsbedingten schlichten Erneuerung, sondern in einer baulich umgestaltenden Erneuerung, deren Ziel es ist, die Benutzbarkeit der Straße im Hinblick auf ihre Verkehrsbedeutung und die zugrundegelegte Verkehrskonzeption zu verbessern. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich als Folge der geplanten Veränderungen objektiv eine Verbesserung ergeben wird. Der wesentlich stärkere Unterbau gewährleistet, wie es in dem erstinstanzlichen Beschluss heisst, einen sicheren Frostschutz und ermöglicht es außerdem, die Straßenfläche nach Durchführung von Arbeiten, bei denen die Straße aufgebrochen werden muss, einwandfrei wiederherzustellen. Zu einer Verbesserung führen auch die Veränderungen des Straßenquerschnitts. So lässt z.B. die Anlegung einer eigenen Funktionsfläche für den ruhenden Verkehr die bislang übliche und zulässige Inanspruchnahme von Teilen des Gehweges für parkende Fahrzeuge entfallen. Die für die Gehwege verbleibende Breite erscheint, was die Möglichkeiten des Begegnungsverkehrs und der Benutzung mit Kinderwagen und Rollstühlen angeht, nach wie vor ausreichend. Soweit sich die Fahrbahnbreite von 7,50 m auf 5,50 m reduziert, ist auch das kein Umstand, der den Verbesserungseffekt in Frage stellen kann; insbesondere lässt sich darin -- ausgehend von dem Ziel der Verkehrsberuhigung -- keine die Verbesserung "kompensierende" Verschlechterung sehen. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann in all diesen Punkten beigepflichtet werden. Dass das Verwaltungsgericht ferner das erforderliche Verbesserungsbedürfnis unterstellt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Erforderlichkeit einer Verbesserung wird von der Gemeinde in pflichtgemäßer Ermessensausübung beurteilt. Für eine offensichtlich fehlerhafte Bejahung des Verbesserungsbedürfnisses durch die Beklagte gibt es keinen Anhaltspunkt. Sollten Frostschäden bislang noch nicht aufgetreten sein, so wäre dies -- entgegen der Auffassung des Antragstellers -- kein zwingender Hinderungsgrund dafür, die Verbesserung der Straße durch Einbau eines frostsicheren Unterbaus gleichwohl für erforderlich zu halten. Der aus dem vorgelegten Lichtbildmaterial ersichtliche Zustand der alten Straßenanlage lässt im Übrigen Schäden erkennen, die durchaus auf einen Zusammenhang mit einem zu schwachen -- der Verkehrsbelastung auf Dauer nicht gewachsenen -- Straßenaufbau hindeuten.

c)  Zu den auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Höhe des

beitragsfähigen Aufwandes bezogenen Einwänden des Antragstellers, dass eine aus der Verbindung der Straßenbaumaßnahme mit zuvor durchgeführten Kanalverlegungsarbeiten resultierende Kostenersparnis nicht aufwandsmindernd in Abzug gebracht sei, und dass andererseits Beschilderungskosten in Höhe von 10.000,-- DM fehlerhaft einbezogen worden seien:

Bei der Ermittlung des Aufwands für den verbessernden Um- und Ausbau einer Straße ist eine Ersparnis kostenmindernd zu berücksichtigen, die dadurch entsteht, dass die Straßenbaumaßnahme mit anderen Baumaßnahmen verbunden wird und dadurch Kosten vermieden werden, die bei getrennter Durchführung entstand n wären (OVG Münster, Urteil vom 5.9.1986 -- 2 A 963/84 -- HSGZ 1987, 120). Von dieser Konstellation ist im vorliegenden Fall in der Tat auszugehen. Die Planung zu einem verbessernden Um- und Ausbau der Nibelungenstraße wurde ausgelöst durch eine Generalentwässerungsplanung, die auf eine Untersuchung des Kanalnetzes im Jahre 1987 zurückgeht und die Sanierung und Höherdimensionierung zahlreicher Kanalleitungen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, so auch der Sammelleitung in der ... vorsieht. Da die ... nach dieser Planung ohnehin für die Verlegung eines neuen Kanals aufgebrochen und anschließend wiederhergestellt werden musste, entschied sich die Antragsgegnerin dafür, die Straße nach erfolgter Leitungsverlegung verkehrsberuhigt mit geänderter Querschnittseinteilung, stärkerem Unterbau und unterschiedlicher Oberflächenbefestigung für die einzelnen Teilflächen um- und auszubauen. Dabei sollte, wie in einem Schreiben des Magistrats der Antragsgegnerin an das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Technologie und Europaangelegenheiten vom 26. September 1994 wegen Gewährung einer Landeszuwendung für die Durchführung der Straßenbaumaßnahme zum Ausdruck gebracht ist, der kostensparende "rationelle Arbeitsablauf" ausgenutzt werden, der sich durch eine Ausführung der Straßenbaumaßnahme in unmittelbarem Anschluss an die Kanalerneuerung ergab. Das Verwaltungsgericht hat -- insoweit ist das Vorbringen des Antragstellers berechtigt -- den aufgrund dieses Sachverhalts sich aufdrängenden Gesichtspunkt der durch die Verbindung von Leitungsverlegung und Straßenbau ermöglichten Kostenersparnis bei der Bestimmung des beitragsfähigen Aufwands der Straßenbaumaßnahme ungeprüft gelassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung löst dies indessen -- wenigstens im Ergebnis -- nicht aus. Bei der streitigen Heranziehung handelt es sich um die Heranziehung zu Vorausleistungen auf der Grundlage einer lediglich vorläufigen Kostenermittlung mit geschätzten Baukosten. Um der von ihr selbst gesehenen Möglichkeit niedrigerer Kostenansätze bei der endgültigen Abrechnung mit der Folge einer entsprechend niedrigeren Beitragsbelastung der Anlieger Rechnung zu tragen, hat die Antragsgegnerin -- wie sie bereits in ihrem Schreiben vom 29. Oktober 1996 an den Antragsteller angekündigt und erläutert hatte -- die Vorauszahlung auf 75% des vorläufig errechneten Betrages beschränkt. Der damit verbundene "Abschlag" von immerhin 25% als Ausgleich für zu hohe Kostenansätze deckt bei summarischer Überprüfung auch den zu gewährenden Abzug für die aus der Verbindung von Kanal- und Straßenbau resultierende Kostenersparnis ab. Bei der Berechnung einer solchen Kostenersparnis ist auszugehen von den Mehrkosten, die angefallen wären, wenn die Leitungsarbeiten vor dem streitigen Straßenumbau und Straßenausbau gesondert mit anschließender Wiederherstellung der Straße im alten Ausbauzustand durchgeführt worden wären (fiktive oder hypothetische Wiederherstellungskosten; vgl. dazu: Senatsbeschluss vom 29.6.1999 -- 5 TG 4173/98 --). Die Höhe dieser Kosten wird maßgeblich durch die Größe der "fiktiven" Wiederherstellungsfläche -- im Falle einer Kanalbaumaßnahme also der wiederherzustellenden Straßenaufbruchfläche -- sowie durch den Ausbaustandard bestimmt, den die Straße früher -- vor ihrem Um- und Ausbau -- aufwies und auf den demzufolge die "fiktive" Wiederherstellung zu beziehen ist. Die auf dieser Basis errechnete Gesamtersparnis ist anteilig den beiden miteinander verbundenen Baumaßnahmen gutzuschreiben, wobei mangels sich aufdrängender anderer Aufteilung eine jeweils hälftige Zuordnung in der Regel nicht zu beanstanden ist (OVG Münster, a.a.O., S. 121). Nach den Erfahrungen des Senats bewegt sich die Kostenersparnis in Fällen der vorliegenden Art im Allgemeinen in einer Größenordnung von bis zu 10% des Gesamtaufwandes. Der Abschlag von 25%, den die Antragsgegnerin bei Erhebung der streitigen Vorausleistungen gewährt hat, erweist sich damit, was die gebotene Absetzung der Kostenersparnis für die Wiederherstellung der alten Straßenanlage angeht, als ausreichend. Eine genaue Berechnung dieser Ersparnis kann der endgültigen Abrechnung durch die Antragsgegnerin vorbehalten bleiben.

Bei den Beschilderungskosten, deren Einstellung in den beitragsfähigen Um- und Ausbauaufwand der Antragsteller beanstandet, muss differenziert werden zwischen Kosten, die durch Ausbau, Zwischenlagerung und anschließenden Wiedereinbau weiterverwendeter Straßenschilder entstanden sind, und solchen Kosten, die für die Aufstellung neuer Verkehrsschilder unter Ersetzung abgenutzter alter Schilder angefallen sind. Die erstgenannten Kosten gehören als notwendige Folgekosten unzweifelhaft zu den beitragsfähigen Kosten des Straßenumbaus und Straßenausbaus. Bei den an zweiter Stelle genannten Kosten kann es sich dagegen um straßenbauunabhängige Kosten handeln, weil die ersetzten Schilder abnutzungsbedingt erneuerungsbedürftig waren und deshalb auch unabhängig von der Durchführung des Um- und Ausbaus der Straße "auszurangieren" gewesen wären. In welchem Umfang der für die Position "Straßenbeschilderung" eingestellte pauschale Kostenbetrag von 10.000,-- DM für die jeweilige Schildergruppe angefallen ist, bedarf noch der Aufklärung. Der Antragsteller hat in seiner Antragsbegründung vom 24. Januar 1997 die Ersetzung von Verkehrsschildern durch neue Schilder gänzlich bestritten; seine Bevollmächtigten gehen dagegen im Zulassungsverfahren offensichtlich von einer Ersetzung verrosteter oder anderweitig unbrauchbar gewordener Beschilderungsteile aus und begründen gerade damit die Rechtswidrigkeit der Einbeziehung der dafür angefallenen Kosten. Auch dieser Punkt kann letztlich auf sich beruhen. Das Verwaltungsgericht bezeichnet die beanstandeten Kosten zu Recht als einen "Pauschalbetrag", dessen exakte Größe erst bei der endgültigen Abrechnung der Straßenbaumaßnahme ermittelt werden kann. Der mit der Einstellung dieses Betrages in den vorläufigen Aufwand verbundenen Unsicherheit wird durch den von der Antragsgegnerin gewährten Abschlag bei der Erhebung der streitigen Vorausleistungen angemessen Rechnung getragen. Dieser Abschlag ist so hoch, dass er auch eine ggfs. zu hohe Einschätzung des auf die Straßenbeschilderung entfallenden Kostenanteils auszugleichen vermag. Damit gibt die erstinstanzliche Entscheidung auch in dieser Frage keinen Anlass zu ernstlichen Zweifeln.

Die als weiteren Zulassungsgrund geltend gemachte Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 146 Abs. 4 VwGO) begründet der Antragsteller damit, dass das Verwaltungsgericht die Einbeziehung von Aufwendungen für Anschlussarbeiten im Bereich einmündender Seitenstraßen in den beitragsfähigen Aufwand für den Um- und Ausbau der ... gebilligt habe und insoweit von den Ausführungen im Beschluss des Senats vom 24. Februar 1998 -- 5 TG 3143/97 -- abgewichen sei. Der Antragsteller verkennt damit den Inhalt des vorgenannten Beschlusses. Der Senat hat sich in dieser Entscheidung nicht zur Möglichkeit der Einbeziehung der auf die bauliche Anpassung von Straßeneinmündungen entfallenden Kosten in den beitragsfähigen Aufwand geäußert, sondern im Rahmen einer einzelfallbezogenen Überprüfung beanstandet, dass bei der Berechnung der fiktiven Kosten für die Wiederherstellung der Straßenaufbruchfläche für Kabel- und Kanalleitungsgräben unberücksichtigt geblieben sei, "dass für die Kabelleitungen zusätzliche Fläche in den Bereichen einmündender Querstraßen und als Folge gebündelter Einführung in Unterverteilungskästen bzw. Schalteinrichtungen in Anspruch genommen werden musste"; entsprechendes gelte "für die Beton-Revisionsschächte im Bereich einmündender Nebenstraßen". Mit der Frage der Beitragsfähigkeit von Aufwand für die im Zuge eines Um- und Ausbaus vorgenommene bauliche Anpassung der Anschlüsse einmündender Straßen hat das nichts zu tun.

Der Zulassungsantrag ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertentscheidung für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13, 14 (analog) GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.