Hessisches LSG, Urteil vom 04.03.1998 - L 6 AL 1045/96
Fundstelle
openJur 2012, 21668
  • Rkr:
Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch um die Rechtmäßigkeit der Sperrzeit vom 18. August bis zum 9. November 1994 wegen der Nichtteilnahme an einer Übungsfirma in Korbach.

Die Klägerin, geboren im Jahre 1967, ist gelernte Bürokauffrau. Nach der Geburt ihrer Tochter am war die Klägerin vom 13. November 1991 bis zum 31. März 1994 als kaufmännische Angestellte versicherungspflichtig tätig. Sie meldete sich zum 1. April 1994 arbeitslos und stellte sich für die Vermittlung in eine Vollzeittätigkeit zur Verfügung. Sie wies darauf hin, daß die Betreuung ihrer Tochter jederzeit gewährleistet sei.

Im Rahmen ihres Bewerberangebotes gab die Klägerin an, Kenntnisse im Bereich: "Sachbearbeitung im Verkauf, PC-Kenntnisse, Schreibarbeiten und Korrespondenz" zu besitzen.

Die Klägerin bezog ab dem 1. April 1994 Arbeitslosengeld in Höhe von 301,80 DM wöchentlich (Bescheid vom 20. April 1994).

Die Klägerin lehnte am 17. August 1994 die Teilnahme an einer Übungsfirma in Korbach vom 29. August 1994 bis zum 28. Februar 1995 ab. Dabei sollte es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung der Vermittlungsaussichten durch Anpassung der theoretischen Kenntnisse (Übungsfirma) an die Praxis handeln. Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Maßnahme sei erforderlich, da die Klägerin trotz ihres Bewerberangebotes nunmehr angebe, sie habe keine entsprechenden Fertigkeiten mehr.

Die Beklagte stellte mit zwei Bescheiden vom 22. August 1994 zwei Sperrzeiten fest:

1.      Sperrzeit: vom 27. Juli 1994 bis zum 18. Oktober 1994 wegen des

Nichtzustandekommens eines Arbeitsverhältnisses bei der Klinik,

2.      Sperrzeit: vom 19. Oktober 1994 bis zum 10. Januar 1995 wegen des

Nichtzustandekommens eines Arbeitsverhältnisses in der Klinik am Homberg.

Mit weiterem Bescheid vom 22. August 1994 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 17. August 1994 auf.

Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch.

Die Klägerin meldete sich erneut am 26. September 1994 arbeitslos und lehnte ein weiteres Mal die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme ab dem 27. September 1994 ab. Dazu trug sie vor, sie beabsichtigte ab dem 30. September 1994 an einem Kurs der IHK in Kassel teilzunehmen, der berufsbegleitend freitags von 17.30 Uhr bis 21.30 Uhr stattfände.

Nach einer aushilfsweisen Beschäftigung vom 28. bis zum 30. September 1994 für 14 Arbeitszeitstunden in 3 Tagen und vom 5. bis zum 14. Oktober 1994 für 32 Arbeitsstunden innerhalb von 8 Tagen meldete sich die Klägerin am 24. November 1994 arbeitslos. Dabei stellte sich die Klägerin nunmehr für eine Tätigkeit von 20 Wochenstunden zur Verfügung.

Die Beklagte lehnte die Anträge der Klägerin vom 26. September 1994 und vom 24. November 1994 mit Bescheid vom 14. Dezember 1994 mit der Begründung ab, die Klägerin habe sich geweigert an einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung teilzunehmen. Im übrigen sei ihr Anspruch nach § 119 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erloschen.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, als alleinerziehende Mutter sei ihr die kurzfristige Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme nicht möglich gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1994 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die beiden Sperrzeitbescheide vom 22. August 1994 und den Bewilligungsaufhebungsbescheid vom 22. August 1994 zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Kassel (Az.: S-7/Ar-87/95) erhoben.

Die Klägerin meldete sich im Laufe des Klageverfahrens erneut am 1. April 1995 arbeitslos.

Die Beklagte erließ auf den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1994 den Änderungsbescheid vom 28. April 1995. Darin stellte die Beklagte eine weitere 12-wöchige Sperrzeit vom 11. Januar 1995 bis zum 4. April 1995 fest. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Weigerung der Klägerin, an einer zumutbaren Fortbildungsmaßnahme teilzunehmen.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 1995 als unbegründet zurück.

Gegen den am 6. Juni 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 6. Juli 1995 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben (Az.: S-7/Ar-787/95). Das Sozialgericht hat beide Rechtsstreite zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin hat zu ihrer Ablehnung der Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme vorgetragen, diese sei ihr nicht zumutbar gewesen. Sie hätte um 6.00 Uhr mit dem Zug von Bad Wildungen abfahren müssen, um in Korbach rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme einzutreffen. Abends hätte sie in Bad Wildungen erst gegen 18.00 Uhr eintreffen können. Sie habe ihre 5 Jahre alte Tochter nicht 12 Stunden alleine lassen können.

Die Beklagte hat dem entgegnet, die Klägerin habe die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme grundsätzlich abgelehnt.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Mai 1996 die beiden Sperrzeitbescheide vom 22. August 1994 aufgehoben und den weiteren Sperrzeitbescheid vom 28. April 1995 insoweit abgeändert, als eine Sperrzeit vom 18. August 1994 bis zum 9. November 1994 eingetreten ist. Des weiteren hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 24. November 1994 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Sperrzeit wegen der Nichtteilnahme an der Bildungsmaßnahme in Korbach hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin habe sich ausdrücklich ohne Einschränkungen für eine Vollzeittätigkeit zur Verfügung gestellt. Insoweit habe sie erklärt, nicht auf eine bestimmte Lage oder Verteilung der Arbeitszeit angewiesen zu sein. Zudem habe die Klägerin versichert, daß die Betreuung ihrer Tochter zu jeder Zeit gesichert sei. Im Wohnbereich der Klägerin sei es darüberhinaus üblich, längere Wegezeiten als sonst üblich in Kauf zu nehmen. Dabei sei allein der Bescheid vom 28. April 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1995 insoweit abzuändern gewesen, als eine Sperrzeit vom 18. August 1994 bis zum 9. November 1994 festzustellen sei, da die anderen beiden Sperrzeitbescheide vom 22. August 1994 aufzuheben gewesen seien. Die Klägerin habe jedoch erst ab der erneuten Arbeitslosmeldung am 24. November 1994 Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Gegen das am 11. Juli 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. August 1996 Berufung eingelegt.

Sie ist weiterhin der Auffassung, daß die angebotene Bildungsmaßnahme ihr nicht zumutbar gewesen sei. Da sie in der streitigen Zeit kein Auto besessen habe, sei sie auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß sie nicht direkt in Bad Wildungen, sondern in dem sechs Kilometer entfernten Ort "Wega" wohne. Ihre Mutter habe sich bereit erklärt, die Betreuung ihrer Tochter bis zum späten Nachmittag zu übernehmen. Dazu hat die Klägerin eine Bescheinigung ihrer Mutter, Frau, vom 6. Januar 1997 vorgelegt. Andere Fortbildungsmaßnahmen seien ihr schon deswegen nicht zumutbar gewesen, da sie im Jahre 1995 ein Studium habe aufnehmen wollen. Später hat sie darauf hingewiesen, daß sie seit dem 1. April 1995 wieder als Verkäuferin tätig sei. Auch sei die Übungsfirma nicht erforderlich gewesen, da sie deren Tätigkeiten bereits früher ausgeübt habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 1996 den Bescheid der Beklagten vom 28. April 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld vom 18. August 1994 bis zum 4. Oktober 1994 und ab 24. November 1994 in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung ihres Nebenverdienstes vom 28. bis zum 30. September 1994 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe zutreffend entschieden. Der Klägerin sei die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumutbar gewesen. Es habe sich hierbei um eine Übungsfirma gehandelt, deren Tätigkeit sich auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr erstreckt habe. Die Fahrzeit hätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln für den Hin- und Rückweg insgesamt 2 Stunden und 28 Minuten betragen. Die Klägerin hätte aber auch an der Übungsfirma in Teilzeit von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr teilnehmen können. Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte in diesem Fall ebenfalls 2 Stunden und 28 Minuten betragen. Dazu hat die Beklagte Auszüge aus den entsprechenden Taschenfahrplänen vorgelegt. Im übrigen fehle die subjektive Verfügbarkeit der Klägerin ab 18. August 1994, da sie die Teilnahme an einer zumutbaren Bildungsmaßnahme abgelehnt habe.

Das Gericht hat die Leistungsakte der Beklagten (StammNr.:) beigezogen und die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 4. März 1998 angehört. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und der persönlichen Anhörung der Klägerin wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Akte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1; §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sie ist insoweit begründet, als nur noch der mit der Berufung der Klägerin angegriffene 3. Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 28. April 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1995 aufzuheben war. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 1996 war insoweit abzuändern.

Die Berufung ist jedoch in dem weitergehenden Umfang (Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld ab 18. August 1994) unbegründet. Die Klägerin besitzt keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18. August bis zum 23. November 1994.

Wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, ist der Tatbestand einer Sperrzeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) eingetreten, nachdem sich die Klägerin am 17. August 1994 geweigert hatte, an der Übungsfirma in Korbach teilzunehmen.

Der Senat weist die Berufung insoweit aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück und verweist gem. § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils.

Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren haben den Senat nicht davon überzeugt, daß der Klägerin die Teilnahme an dieser Maßnahme wegen der Wegzeit nicht zumutbar gewesen wäre. Zwar hätte allein die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel von Wega nach Korbach und zurück insgesamt zwei Stunden und 28 Minuten betragen. Es ist damit anzunehmen, daß die Klägerin mehr als 2 1/2 Stunden von ihrer Wohnung bis zur Übungsfirma und zurück unterwegs gewesen wäre.

Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Beklagten über die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung (Zumutbarkeits-Anordnung) vom 16. März 1982 ist für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zurück bei einer Vollzeitarbeit ein zeitlicher Aufwand bis zu insgesamt 2 1/2 Stunden zumutbar. Jedoch ist eine längere Pendelzeit gem. § 3 Abs. 2 Zumutbarkeits-Verordnung zumutbar, soweit sie in der Region bei vergleichbaren Arbeitnehmern üblich ist. Nach Überzeugung des Senats wäre der Klägerin diese Pendelzeit zumutbar gewesen. Da zwei Arbeitsangebote in Bad Wildungen nicht zustande gekommen waren, war es der Klägerin zumutbar, auch eine Tätigkeit in einer weiteren Entfernung von ihrem Wohnort anzunehmen, zumal in der Region, in der die Klägerin lebt, mit längeren Wegzeiten zu rechnen ist, wenn öffentliche Verkehrsmittel zur Arbeit benutzt werden.

Die Klägerin kann sich insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, daß die Betreuung ihres Kindes für diese Zeitspanne nicht gesichert gewesen sei. Da die Klägerin sich für die Vermittlung einer Vollzeitarbeit zur Verfügung gestellt hatte, war die Betreuung ihres Kindes nicht nur im Umfange der Arbeitszeit, sondern zusätzlich auch im Umfang der zumutbaren Wegzeit sicherzustellen.

Auch sieht der Senat in dem Inhalt der Übungsfirma keinen Grund, an der Zumutbarkeit der Teilnahme für die Klägerin zu zweifeln. Durch das Nichtzustandekommen zweier Arbeitsangebote bestand eine Diskrepanz zwischen den Angaben der Klägerin zu ihren Kenntnissen und Fertigkeiten und den Gründen, die zu dem Nichtzustandekommen der angebotenen Arbeitsverhältnisse führten. So führte die Klägerin in ihrem Bewerberangebot gegenüber der Beklagten an, sie habe Kenntnisse in den Bereichen: Sachbearbeitung im Verkauf, PC-Kenntnisse, Schreibarbeiten und Korrespondenz, lehnte jedoch die beiden vorhergehenden Arbeitsangebote wegen fehlender PC- und Schreibmaschinenkenntnisse ab.

Gleichwohl war der Bescheid vom 28. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1994 aufzuheben, mit dem die Beklagte eine Sperrzeit vom 11. Januar 1995 bis zum 4. April 1995 feststellte.

Diese Feststellung war auch bei Erlaß dieser Bescheide zutreffend, da dieser Sperrzeit zwei weitere vorangingen (vom 27. Juli 1994 bis zum 18. Oktober 1994 und vom 19. Oktober 1994 bis zum 10. Januar 1995). Denn gem. § 119 Abs. 1 S. 2 AFG beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende der Sperrzeit. Das Ergebnis in diesem Sinne ist die Ablehnung der Nichtteilnahme an der Übungsfirma der Klägerin am 17. August 1994. Da der Tag danach, der 18. August 1994, jedoch in eine bereits mit Bescheid vom 22. August 1994 festgestellte Sperrzeit vom 27. Juli bis zum 18. Oktober 1994 fiel, und sich an diese eine weitere mit Bescheid vom 22. August 1994 festgestellte Sperrzeit vom 19. Oktober 1994 bis zum 10. Januar 1995 anschloß, stellte die Beklagte bei Erlaß des vorliegend angefochtenen Bescheides vom 28. April 1995 den Beginn der 3. Sperrzeit am 11. Januar 1995 und deren Ende am 4. April 1995 fest.

Diese durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung ist jedoch zwischenzeitlich rechtswidrig geworden. Das Sozialgericht Kassel hat mit Urteil vom 22. Mai 1996 und insoweit unangefochten die Bescheide der 1. und 2. Sperrzeit aufgehoben. Da die Beklagte dagegen nicht Berufung eingelegt hat, steht damit rechtskräftig fest, daß in der Zeit vom 27. Juli 1994 bis zum 10. Januar 1995 keine Sperrzeit eingetreten ist. Damit ist die Lage der 3. Sperrzeit in dem angefochtenen Bescheid durch das Prozeßgeschehen unzutreffend geworden.

Auf diese Prozeßlage hätte die Beklagte durch den Erlaß eines weiteren Bescheides gem. § 48 Sozialgesetzbuch - 10. Buch (SGB X) reagieren müssen indem sie die noch streitige Sperrzeit gem. § 119 Abs. 1 S. 2 AFG auf die Zeit vom 18. August 1994 bis zum 9. November 1994 hätte verlegen müssen. Dieser Bescheid wäre dann gem. § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dieser hätte noch während der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassen und zu Protokoll des Gerichts gegeben werden können.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Senat der Auffassung, daß die Gerichte nicht berechtigt sind, in eigener Kompetenz den Beginn und das Ende einer eingetretenen Sperrzeit durch Urteil abweichend vom streitigen Bescheid festzustellen. Zwar tritt die Sperrzeit bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes ein. So ist die Lage der Sperrzeit gesetzlich durch die Regelungen des § 119 Abs. 1 S. 2 AFG festgelegt. Da es jedoch im Sozialrecht einen Selbstvollzug des Gesetzes nicht gibt, bedarf es zur Umsetzung des Gesetzes eines Verwaltungsaktes (Niesel, Arbeitsförderungsgesetz, 2. Aufl., § 119 Rdnr. 85). Zum Teil wird zwar in der Literatur die Auffassung vertreten, die weitere Sperrzeit verlagere sich im Falle der Aufhebung der vorhergehenden Sperrzeit automatisch nach vorne (Gagel in AuB 1978, S. 257 ff.). Dies hat nach Auffassung des Senats jedoch nur zur Folge, daß durch einen neuen Verwaltungsakt nach § 48 SGB X die Lage der Sperrzeit neu festzustellen ist, der ggfs. ebenfalls Gegenstand der gerichtlichen Prüfung wird.

Die darüber hinausgehende Berufung der Klägerin auf Zahlung von Arbeitslosengeld ab 18. August 1994 war zurückzuweisen, da sie, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, erst ab dem 24. November 1994 einen Zahlungsanspruch besitzt.

Die Klägerin stand der Arbeitsvermittlung vom 18. August 1994 bis zum 23. November 1994 nicht zur Verfügung. Sie weigerte sich, an einer ihr zumutbaren beruflichen Bildungsmaßnahme teilzunehmen. Erst mit der erneuten Arbeitslosmeldung am 24. November 1994 stellte sich die Klägerin der Arbeitsvermittlung, nunmehr für eine Tätigkeit von 20 Wochenstunden, zur Verfügung.

Anspruch auf Arbeitslosengeld hat gem. § 100 Abs. 1 AFG, wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht gem. § 103 Abs. 1 Nr. 2b AFG zur Verfügung, wer u.a. bereit ist, an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung sowie zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen.

Die damit angesprochene subjektive Verfügbarkeit setzt eine umfassende und grundsätzliche Bereitschaft des Arbeitslosen voraus. Der Arbeitslose darf seine Bereitschaft weder von Bedingungen abhängig machen noch sich allein aufgrund subjektiver Wünsche oder Neigungen auf bestimmte Tätigkeiten beschränken. Diese Grundsätze sind auch auf den Fall der Beurteilung der Bildungsbereitschaft anzuwenden. Lehnt ein Arbeitsloser eine bestimmte, für ihn zumutbare berufliche Bildungsmaßnahme generell ab, so beschränkt er dadurch die zur Überwindung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in einer vom Gesetz nicht zulässigen Art. Dies gilt auch im Falle der Ablehnung der Teilnahme an einer Übungsfirma (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Juni 1995, Az.: 11 RAr 47/94 in SozR 3 - 4100, § 103 Nr. 13).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

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