Hessischer VGH, Beschluss vom 24.02.1998 - 5 N 3469/94
Fundstelle
openJur 2012, 21646
  • Rkr:
Tatbestand

Die Antragstellerin betreibt seit geraumer Zeit Werbung in Form des Aushangs von Werbeplakaten an Bauzäunen über Privatgrund sowie über Straßen- und Verkehrsgrund.

Gegenstand des von ihr eingeleiteten Normenkontrollverfahrens ist die Frage der Wirksamkeit einzelner Regelungen des Gebührenverzeichnisses zu der "Satzung der Stadt F. über Sondernutzung an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren" - SNS - vom 20. September 1979 (mit den Änderungen vom 26. Februar 1987 und vom 5. Dezember 1989 insgesamt neu veröffentlicht im ABl. der Antragsgegnerin 1994 S. 207) in der Fassung der Änderungssatzung vom 16. März 1994 (ABl. S. 209). Mit dieser Änderung wurde das Gebührenverzeichnis, das nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SNS als Anlage Bestandteil dieser Satzung ist, neu gefaßt.

Die Satzung der Antragsgegnerin über Sondernutzung an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren regelt die Sondernutzungen an Gemeinde- und Kreisstraßen sowie den Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen, deren Erlaubnispflicht bzw. -freiheit und die Erhebung von Gebühren für die Sondernutzung an diesen Straßen. Das Gebührenverzeichnis legt für bestimmte einzelne Sondernutzungstatbestände die Höhe der Gebühren in DM ("jährlich" und/oder "sonstige") - teils als Rahmengebühren, teils als Festgebühren - fest.

Der Antrag der Antragstellerin richtet sich zum einen gegen den Gebührentatbestand der Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses, der als Unterpunkt unter Nr. 3 "bauliche Anlagen (sofern nicht nach § 4 der Satzung erlaubnisfrei)" steht und wie folgt lautet:

"3.7 Flächenwerbung (Plakatanschlagtafeln, Werbetafeln, Plakatanschlag an Bauzäunen u.ä.) je qm Ansichtsfläche auf Dauer 180

vorübergehend 0,50 je Kalendertag - mindest. 30"

Dabei stehen die 180 unter der Spalte "Gebühr in DM jährlich", die 0,50 je Kalendertag - mindest. 30 unter "Gebühr in DM sonstige".

Daneben legt das Gebührenverzeichnis unter anderem in Nr. 3.2 auch Gebühren für die Aufstellung von Bauzäunen fest, die nach der Dauer der Aufstellung in Monaten und der umschlossenen Grundfläche gestaffelt sind.

Außerdem wendet sich die Antragstellerin gegen den letzten Satz des Abschnitts I des Gebührenverzeichnisses, der wie folgt formuliert ist:

"Die Stadt kann anstelle der zu entrichtenden öffentlichrechtlichen Gebühr nach 3.7 der Satzung auch einen Vom- Hundert-Satz des festgestellten steuerpflichtigen Umsatzes vertraglich vereinbaren, wenn die Stadt das Recht zur allgemeinen Ausnutzung der von ihr freigegebenen Werbemöglichkeiten im Bereich öffentlicher Straßen auf ein Unternehmen überträgt."

Die Antragsgegnerin verlangt aufgrund der geschilderten satzungsrechtlichen Grundlage in Verbindung mit Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses von der Antragstellerin Gebühren für die Anbringung von Plakatwerbung auf Bauzäunen, die im öffentlichen Straßenraum aufgestellt sind und für die bereits - vom Bauherrn oder vom Eigentümer des Bauzauns - Sondernutzungsgebühren aufgrund des Gebührentatbestandes Nr. 3.2 des Gebührenverzeichnisses entrichtet werden oder worden sind. Gegen eine große Zahl von entsprechenden Gebührenbescheiden hat die Antragstellerin Widersprüche eingelegt. Außerdem hat sie in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz begehrt.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 1994 - eingegangen beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 21. Dezember 1994 - hat die Antragstellerin Normenkontrollantrag gestellt mit dem Ziel, die oben genannten Regelungen für unwirksam zu erklären.

Die Antragstellerin macht geltend, daß die Auffassung der Antragsgegnerin rechtsfehlerhaft sei, mit der Anbringung von Werbeplakaten auf Bauzäunen, für die bereits wegen der Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums eine Sondernutzungsgebühr nach Nr. 3.2 des Gebührenverzeichnisses entrichtet worden sei, werde zusätzlich ein weiterer Sondernutzungstatbestand verwirklicht, der einer Gebührenpflicht unterworfen werden könne. Die Antragsgegnerin verkenne die sachenrechtlichen Zusammenhänge. Eine Sondernutzung sei insofern mit einer Dienstbarkeit im zivilrechtlichen Sinne zu vergleichen. Mit dem Begriff "Flächenwerbung" und dem erläuternden Klammerzusatz "Plakatanschlag an Bauzäunen" verwende die Antragsgegnerin mißverständliche Formulierungen. Grundsätzlich sei die Möglichkeit der Werbung bereits im Gemeingebrauch enthalten. Die Straße diene heute nämlich auch der Kommunikation. Eine Sondernutzung, d.h. eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung der öffentlichen Straße, liege - wenn überhaupt - nur dann vor, wenn der Straßenraum unmittelbar durch Werbemittel oder Werbeträger dergestalt in Anspruch genommen werde, daß diese auf dem Straßengrund errichtet würden bzw. in den Luftraum über der Straße hineinragten. In Zusammenhang mit Außenwerbung könne Inhalt einer Sondernutzungserlaubnis nur das Halten einer Anlage zwecks Werbung sein, nicht die Werbung selbst. Das optische und psychische Einwirken auf die Benutzer des Verkehrsraums sei keine Einwirkung auf die und damit kein Gebrauch der Straße, sondern eine Einwirkung auf die Straßenbenutzer. Mit der Anbringung von Plakatwerbung an Bauzäunen, die ihrerseits aufgrund einer gebührenpflichtigen Sondernutzungserlaubnis im öffentlichen Straßenraum errichtet seien, werde nicht die Straße "gebraucht", sondern die Anlage "Bauzaun" bzw. deren Oberfläche "benutzt". Auch bei sonstigen Einrichtungen im öffentlichen Straßenraum - sei es, daß sie in erster Linie der Erfüllung eines sonstigen Hauptzwecks dienten und nur zusätzlich als Werbeträger genutzt würden (z.B. Toilettenhäuschen), sei es, daß ihr Hauptzweck in der Funktion als Träger von Werbung liege (z.B. Litfaßsäule) - knüpfe die Sondernutzungserlaubnisbedürftigkeit an den mit der Errichtung der Anlage notwendig verbundenen Gebrauch der Straße an, nicht an die Ausstrahlung einer Werbeaussage. Werde der Gegenstand, für den bereits eine Sondernutzungserlaubnisgebühr gezahlt worden sei, zusätzlich werblich genutzt, werde damit lediglich von einer durch die erste Sondernutzungserlaubnis vermittelten Chance Gebrauch gemacht, nicht ein neuer, auf die Straße bezogener Sondernutzungstatbestand verwirklicht. Hierfür sei im übrigen auch kein straßenrechtliches Reglementierungsinteresse ersichtlich. Selbst ein aus Werbetafeln im Format 18/1 (Euro-Flächen) bestehender Bauzaun sei weiterhin ein Bauzaun nach Nr. 3.2 des Gebührenverzeichnisses; der in der Baustellenabsicherung liegende Hauptzweck sei entscheidend. Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses sei insgesamt - und nicht nur bezogen auf "Plakatanschlag an Bauzäunen" - auch deswegen rechtswidrig, weil es an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage fehle. Eine solche biete insbesondere die Zweite Ausführungsverordnung zum Hessischen Straßengesetz vom 1. Dezember 1964 - 2. AVHStrG - (GVBl. I S. 204) in der Fassung der letzten Änderung vom 20. Oktober 1995 (GVBl. I S. 494) nicht. Im Ergebnis versuche die Antragsgegnerin, in unzulässiger Weise - nämlich gleichsam durch Auferlegung einer Einzugspflicht an die Plakatierungsunternehmen von wirtschaftlichen Vorteilen der Werbetreibenden zu profitieren. Die Antragsgegnerin gehe offensichtlich von der Annahme aus, daß Werbung grundsätzlich die Einnahmen erhöhe. Außerdem nehme sie, weil sie auf andere Weise die schon früher sichtbar gewordene Absicht, die Monopolstellung der "Deutschen Städtereklame" (DSR) aufrechtzuerhalten, nicht habe durchsetzen können, durch eine Ungleichbehandlung der sonstigen Werbeunternehmen im Vergleich zur DSR und die Höhe der festgesetzten Sondernutzungsgebühren eine Erdrosselung der Werbeunternehmen in Kauf. Die verlangten Gebühren seien über die am Markt erzielbaren Preise nicht auf die Kunden abzuwälzen; sie würden mit ihrer Höhe dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit nicht gerecht. Die Regelung im letzten Satz des Abschnitts I des Gebührenverzeichnisses privilegiere in unzulässiger Weise die DSR, der ohnehin schon zu Unrecht bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen eine Sonderstellung eingeräumt werde. Diese müsse im Ergebnis nur 0,07 DM/Tag pro qm Werbefläche zahlen anstelle von 0,50 DM/Tag pro qm Werbefläche, die bei Anwendung der Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses fällig würden. Außerdem sei sie als Betroffene vor Erlaß der Satzungsänderung nicht gehört worden, was diese ebenfalls rechtswidrig mache.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, daß die Satzung der Stadt F. vom 16. März 1994 (Abl. vom 5. April 1994 S. 209) zur Änderung der "Satzung der Stadt F. über Sondernutzung an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren" vom 20. September 1979 hinsichtlich

a)Nr. 3.7 des Abschnitts I des Gebührenverzeichnisses (Flächenwerbung) undb)des letzten Satzes des Abschnitts I des Gebührenverzeichnissesnichtig ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt ihre Satzung einschließlich der angegriffenen Regelungen im Gebührenverzeichnis, denen die Auffassung zugrundeliege, daß "Plakatwerbung an Bauzäunen" eine eigenständige gebührenpflichtige Sondernutzungsart sei, weil sie über den Gemeingebrauch hinausgehe. Die im Gebührenverzeichnis zur 2. AVHStrG aufgeführte Liste möglicher Sondernutzungen sei nicht abschließend. Das Anbringen von Plakaten an einem Bauzaun werde von der Sondernutzungserlaubnis, diesen Bauzaun - gegen Zahlung der Gebühr - im öffentlichen Straßenraum aufzustellen, nicht erfaßt. Die Geltung des Kostendeckungsprinzips sei durch die Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 2 HStrG modifiziert, wonach bei der Gebührenbemessung auch der wirtschaftliche Vorteil aus der Sondernutzung berücksichtigt werden könne. Der Vorwurf, die DSR erfahre eine sie begünstigende Sonderbehandlung, gehe fehl, denn auch die DSR müsse Gebühren bezahlen, wenn sie Bauzäune für Werbung in Anspruch nehme. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Regelung im letzten Satz des Abschnitts I des Gebührenverzeichnisses wende, fehle ihr die Antragsbefugnis, denn es sei nicht ersichtlich, daß sie durch die Anwendung dieser Vorschrift in ihren rechtlich geschützten Interessen Nachteile erleide oder in Zukunft zu erwarten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren umfangreiches Vorbringen, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens (drei Bände) nebst Anlagen und Behördenakten (ein gehefteter Vorgang) sowie auf die beigezogenen Akten der Beschwerdeverfahren 5 TG 3346/95, 5 TG 3348/95, 5 TG 2950/96 und 5 TG 2951/96 nebst Beiakten verwiesen. Diese Vorgänge sind insgesamt Gegenstand der Beratung gewesen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, soweit er auf die Überprüfung des Gebührentatbestandes Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses zu der Satzung der Stadt F. über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und Sondernutzungsgebühren vom 20. September 1979 in der Fassung der Änderungssatzung vom 16. März 1994 gerichtet ist.

Der Antrag ist in diesem Umfang statthaft, denn er zielt auf die Überprüfung von unter dem Landesrecht stehenden Rechtsvorschriften ab. Dafür sieht § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der ab dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung des 6. VwGOÄndG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung eine Überprüfungsmöglichkeit durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vor. Der Prüfungskompetenz des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs steht dabei auch nicht diejenige des Landesverfassungsgerichts entgegen. Art. 132 der Verfassung des Landes Hessen behält dem Hessischen Staatsgerichtshof nur Entscheidungen über die Vereinbarkeit von Gesetzen und Rechtsverordnungen mit der Hessischen Verfassung vor. Eine Überprüfung von kommunalen Satzungen ist in vollem Umfang zulässig.

Die Antragstellerin ist bezüglich dieses Teils des Normenkontrollantrags auch antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dabei kann hier offen bleiben, ob auf bereits vor dem 1. Januar 1997 anhängig gemachte Verfahren die neue Fassung der Antragsbefugnis durch § 47 Abs. 2 VwGO in der Fassung des 6. VwGOÄndG Anwendung findet, die verlangt, daß die antragstellende Person geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, oder ob noch die alte Rechtslage zugrundezulegen ist, nach der es genügte, wenn die antragstellende Person einen unmittelbaren "Nachteil" erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hatte (für die Anwendung der Neufassung: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Januar 1997 - 7a D 70/93.NE -, DVBl. 1997, 675 = NVwZ 1997, 694; BayVGH, Beschluß vom 4. Juni 1997 - 26 N 96.2963 -, BayVBl. 1997, 591; für die alte Fassung: BayVGH, Beschluß vom 14. Februar 1997 - 20 N 96.2462 -, DVBl. 1997, 663 = NVwZ 1997, 694 = DÖV 1997, 509). Da gegen die Antragstellerin aufgrund des angegriffenen Gebührentatbestandes des Gebührenverzeichnisses fortlaufend Gebührenbescheide für die Sondernutzung öffentlicher Straßen durch das Anbringen von Werbeplakaten an im öffentlichen Straßenraum aufgestellten Bauzäunen erlassen worden sind und werden, liegt nach beiden Gesetzesfassungen die erforderliche Antragsbefugnis vor.

Der Normenkontrollantrag gegen die Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses ist jedoch unbegründet.

Keine Bedenken bestehen in formeller Hinsicht, insbesondere in bezug auf die ordnungsgemäße Beschlußfassung der angegriffenen Satzung durch die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin und die ordnungsgemäße Bekanntmachung. Eine Beteiligungspflicht zugunsten der Antragstellerin im Satzungsgebungsverfahren - wie von dieser gerügt - besteht nicht.

Auch materiell ist der angegriffene Gebührentatbestand nicht zu beanstanden.

Die Regelungsbefugnis der Antragsgegnerin als Gemeinde bezüglich der Gebühren beruht - neben der allgemeinen kommunalen Satzungsgewalt des § 5 Hessische Gemeindeordnung - HGO - hinsichtlich der Gemeinde- und Kreisstraßen sowie der Ortsdurchfahrten der Landesstraßen auf § 18 Abs. 3 Satz 2 Hessisches Straßengesetz - HStrG -. Gemäß § 18 Abs. 1 HStrG können zugunsten des Trägers der Straßenbaulast für Sondernutzungen dieser Straße Gebühren erhoben werden. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 HStrG werden die Erhebung und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung geregelt. Die Regelungsbefugnis der Gemeinden beschränkt sich insofern gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 HStrG auf "ergänzende Vorschriften", soweit sie für die Erteilung der Erlaubnis zuständig sind.

Die Antragsgegnerin ist als kreisfreie Stadt von über 30.000 Einwohnern sowohl für die Gemeinde- und Kreisstraßen als auch für die Ortsdurchfahrten der Landesstraßen Straßenbaubehörde (§ 46 Abs. 5 in Verbindung mit § 41 Absätze 2 und 3 und § 43 HStrG) und damit für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnisse zuständig (§ 16 HStrG). Demnach darf sie "ergänzende Vorschriften" zur landesrechtlichen Regelung der Erhebung und Höhe der Gebühren erlassen. Die landesrechtliche Regelung hat der Landesverordnungsgeber aufgrund der Ermächtigung in § 18 Abs. 3 Satz 1 HStrG in der Zweiten Verordnung zur Ausführung des Hessischen Straßengesetzes (Verordnung über Sondernutzungsgebühren) - 2. AVHStrG - vom 1. Dezember 1964 (GVBl. I S. 204) vorgenommen. In deren Gebührenverzeichnis in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Sondernutzungsgebühren vom 14. Januar 1993 (GVBl. I S. 30) ist der Gebührentatbestand der "Flächenwerbung", wie er in das Gebührenverzeichnis der Antragsgegnerin durch die Änderungssatzung vom 16. März 1994 aufgenommen worden ist, noch nicht enthalten. In die Verordnung wurde er erst später durch die Zweite Änderungsverordnung vom 20. Oktober 1995 (GVBl. I S. 494) aufgenommen und trat erst am 1. Januar 1996 in Kraft. Dennoch hat die Antragsgegnerin beim Erlaß dieses Gebührentatbestandes in der Änderungssatzung vom 16. März 1994 ihre Regelungsbefugnis nicht überschritten, sondern allein eine "ergänzende Vorschrift" im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 2 HStrG erlassen. Dies ergibt sich aus § 2 der 2. AVHStrG. In dieser Norm ist eine Auffangregelung für Sondernutzungsarten getroffen, die nicht in dem zu der Verordnung gehörenden Gebührenverzeichnis enthalten sind. Diese Auffangregelung läßt allerdings gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 der 2. AVHStrG die Befugnis der Gemeinden zum Erlaß "ergänzender Vorschriften" unberührt. Somit konnte die Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt als "ergänzende Vorschrift" in diesem Bereich einen eigenen Gebührentatbestand schaffen. Zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung enthält die jetzige Fassung des Gebührenverzeichnisses der Verordnung in der Nr. 5.5 nunmehr ebenfalls den von der Antragsgegnerin geregelten Gebührentatbestand, allerdings mit - weitergehenden - Rahmengebühren.

Die Regelungsbefugnis für die Antragsgegnerin bezüglich Gebühren für die Sondernutzung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen beruht auf § 8 Abs. 3 Satz 5 in Verbindung mit Satz 2 Bundesfernstraßengesetz - FStrG - (zum Zeitpunkt des Erlasses der Satzung der Antragsgegnerin in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990, BGBl. I S. 1714, heute in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1994, geändert durch Gesetz vom 18. Juni 1997, BGBl. I S. 1452). Danach können die Gemeinden die Gebühren durch Satzung regeln, soweit ihnen diese zustehen, was für Ortsdurchfahrten ausdrücklich in § 8 Abs. 3 Satz 2 FStrG angeordnet ist.

Der angegriffene Gebührentatbestand der "Flächenwerbung" der Nr. 3.7 regelt entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch eine Sondernutzung.

Nach der Legaldefinition sowohl in § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG als auch in § 16 Abs. 1 Satz 1 HStrG ist Sondernutzung die Benutzung bzw. der Gebrauch der öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Dementsprechend definiert auch § 2 SNS die Sondernutzung als jede Straßenbenutzung über den Gemeingebrauch hinaus, sofern dieser dadurch beeinträchtigt wird oder werden kann (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 10. Mai 1996 - 11 B 29/96 -, NVwZ 1996, 1210 = Buchholz 407.4 § 8 FStrG Nr. 24). Gemeingebrauch ist das jedermann zustehende subjektive öffentliche Recht, eine öffentliche Straße im Rahmen der Widmung ohne besondere Zulassung zu Zwecken des Verkehrs zu nutzen (§ 7 FStrG, § 14 HStrG, vgl. auch: Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 7 Rdnr. 1 ff.). Eine Nutzung der Straße zu Zwecken des Verkehrs liegt jedenfalls vor, wenn sie der Ortsveränderung dient. Gerade bei innerörtlichen Straßen ist die Nutzung der Straße darüber hinaus durch ihre Aufenthalts-  und Erschließungsfunktion für die Anliegergeschäfte und ähnliches gekennzeichnet, d.h. dem Verkehr kommt auch eine sogenannte kommunikative Komponente zu (vgl. Marschall u.a., a.a.O., § 7 Rdnr. 11; Grote in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl., Kap. 24 Rdnr. 22, S. 549).

Unter die hier im streitigen Gebührentatbestand Nr. 3.7 geregelte "Flächenwerbung" fallen verschiedene Fallgruppen. Die erste Gruppe erfaßt dabei die Werbung, die auf gesondert zu diesem Zweck im Straßenraum aufgestellten Tafeln, Brettern oder ähnlichem angebracht worden ist. In dem Klammerzusatz des streitigen Gebührentatbestandes sind dafür als Beispiele Plakatanschlag-  und Werbetafeln ausdrücklich genannt. Diese Gegenstände sind bereits deshalb eindeutig Sondernutzung der Straße, weil sie mit ihrer Aufstellung im öffentlichen Straßenraum einen Teil von ihm seiner durch die Widmung bestimmten Funktion - nämlich dem öffentlichen Verkehr zu dienen - entziehen. Sie halten sich auch nicht deshalb noch im Rahmen des durch die Widmung bestimmten Gemeingebrauchs, weil sie als Werbung noch als Teil des oben genannten kommunikativen Verkehrs anzusehen wären. Die Werbung im öffentlichen Straßenraum für wirtschaftliche Zwecke nimmt einen breiten Raum ein. So kann das Anbringen von Firmen- und Reklameschildern der Anliegergeschäfte unter den sogenannten gesteigerten Gemeingebrauch als Anliegergebrauch fallen (vgl. dazu: Grote, a.a.O., Kap. 24 Rdnr. 104, S. 598, Kap. 25 Rdnr. 98, S. 650). Das Aufstellen von Anschlagsäulen, -tafeln und ähnlichem zur Aufnahme von Werbeplakaten und Werbeschriften auf der gewidmeten Straßenfläche entzieht diese jedoch dem fließenden Verkehr und läßt sich - anders als etwa das Verteilen von Werbehandzetteln oder das Befahren der Straße mit Fahrzeugen, an denen Werbung angebracht ist - auch im weiteren Sinne nicht mehr dem Widmungszweck zuordnen (Grote, a.a.O., Kap. 24 Rdnr. 106 f., S. 599; Marschall u.a., a.a.O., § 7 Rdnr. 14).

Aber auch den "Plakatanschlag an Bauzäunen" zu Werbezwecken stuft Nr. 3.7 zu Recht als - gebührenpflichtige - Sondernutzung ein.

Dabei ist - auch zwischen den Beteiligten - unstreitig, daß das Aufstellen eines Bauzaunes im öffentlichen Straßenraum eine Sondernutzung im oben dargelegten Sinn darstellt. Insofern greift der Gebührentatbestand der Nr. 3.2 des Gebührenverzeichnisses der Antragsgegnerin ein, der nach dem Umfang der umschlossenen Grundfläche und der zeitlichen Dauer der Inanspruchnahme die Gebühren differenziert.

Aber auch das Anbringen von Werbeplakaten auf diesen Bauzäunen stellt eine - darüber hinausgehende - Sondernutzung der Straße dar. Insofern folgt der Senat im Ergebnis der Rechtsprechung des 2. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. zuletzt: Beschluß vom 5. Februar 1997 - 2 TG 4027/96 -).

Wie oben bereits dargelegt, hält sich stationäre, kommerzielle Werbung im öffentlichen Straßenraum nicht mehr innerhalb des - durch die Widmung als öffentliche Straße bestimmten - Umfangs des Gemeingebrauchs (so auch: Beschluß des 2. Senats vom 5. Februar 1997, a.a.O., S. 4 des Amtlichen Abdrucks). Der Antragstellerin dürfte zwar insofern zuzustimmen sein, als allein die nichtgegenständliche "psychische Ausstrahlung" derartiger Werbeplakate auf eventuelle Passanten nicht zur Begründung einer Sondernutzung der öffentlichen Straße genügen dürfte, denn sie allein greift nicht in den öffentlichen Verkehr ein (insofern mißverständlich: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1. September 1994 - 5 S 2037/94 -, S. 7 des Amtlichen Abdrucks). Derartige "Ausstrahlungen" gehen auch von auf Privatgrund neben der Straße stehenden Werbeplakaten aus, für die eine Sondernutzung der Straße auf diese Weise wohl kaum annehmbar ist (vgl. dazu: OVG NW, Beschluß vom 21. Februar 1991 - 23 B 1718/90 -, S. 3 des Amtlichen Abdrucks). Eine Sondernutzung der Straße findet allerdings mittels des "werbenden" Bauzauns statt. Dieser befindet sich auf der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßenfläche und verwirklicht den Tatbestand einer Sondernutzung. Dabei läßt sich diese auch nicht - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - dergestalt aufteilen, daß einerseits durch den Bauzaun die Straße über den Gemeingebrauch hinaus genutzt wird, andererseits durch die darauf angebrachten Werbeplakate nur dieser Zaun, nicht aber die Straßenfläche oder der Luftraum über den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Flächen genutzt werden. Zu Recht ist bereits in mehreren gerichtlichen Entscheidungen darauf hingewiesen worden, daß es keinen Unterschied machen kann, ob ein bereits mit Werbung versehener Bauzaun auf der Straße aufgestellt oder ein bisher leerer, bereits aufgestellter Zaun nachträglich mit Plakaten beklebt wird. In beiden Fällen wird mittels des mit Plakaten versehenen Bauzauns der öffentliche Straßenraum gleichermaßen genutzt (Beschluß des 2. Senats vom 5. Februar 1997, a.a.O., S. 6 des Amtlichen Abdrucks; OVG NW, Beschluß vom 21. Februar 1991, a.a.O., S. 4 des Amtlichen Abdrucks).

Bei der Beurteilung der Frage, ob überhaupt eine Sondernutzung vorliegt und welchen Inhalt und welchen Umfang sie hat, darf nicht allein darauf abgestellt werden, ob ein Gegenstand auf die öffentliche Straßenfläche gebracht wird. Entscheidend ist daneben - gewissermaßen als subjektive Komponente -, zu welchem Zweck dies erfolgt. Losgelöst von dieser Frage kann der Charakter einer Sondernutzung nicht bestimmt werden, denn nur auf diese Weise läßt sich feststellen, ob sich die Nutzung im Rahmen des Zwecks der Widmung hält oder ob sie außerhalb dessen liegt. Die Zweckrichtung der Widmung bestimmt nämlich den Umfang des Gemeingebrauchs. Ob eine Nutzung noch innerhalb dieses Zwecks liegt oder darüber hinausgeht, hängt von ihrer eigenen Zweckbestimmung ab. Deshalb ist es z. B. ein Unterschied, ob ein auf der Straßenfläche aufgestelltes Schild dem Verkehr dient - etwa als Verkehrsschild oder Hinweistafel -, denn dann hält es sich im Rahmen des durch die Widmung bestimmten Gemeingebrauchs, oder ob es private Werbung enthält. Diese Differenzierung läßt sich jedoch nur mit Hilfe des Zwecks, dem die Nutzung dient, treffen.

Während mit einem leeren Bauzaun allein der - nicht vom Gemeingebrauch der Straße erfaßte - Zweck verfolgt wird, einen bestimmten Teil der öffentlichen Straßenfläche zur Baustellensicherung abzusperren, dient ein mit Werbung versehener Bauzaun einem weiteren Zweck, der in eine ganz andere Richtung weist und mit der Absperrfunktion nichts zu tun hat. Hier soll der Standort im öffentlichen Straßenraum als Werbeträger nutzbar gemacht werden. Auch dieser auf Werbung ausgerichtete Zweck hält sich - wie bereits mehrfach erwähnt - nicht mehr innerhalb des Gemeingebrauchs. Jede Nutzung zu einem dieser beiden Zwecke ist demnach bereits eine Sondernutzung der Straße. Wird ein Teil der Straßenfläche nunmehr für beide Zwecke in Anspruch genommen, geht die darin liegende Sondernutzung über die Inanspruchnahme nur zu einem Zweck hinaus. Folgerichtig erfaßt die Sondernutzungserlaubnis allein für die Errichtung des Bauzauns zur Abgrenzung der Baustelle die darüber hinausgehende Nutzung der Straße zum Zweck der Werbung nicht. Sie stellt vielmehr von ihrer Zweckbestimmung her eine andere Sondernutzung dar, die einer gesonderten Erlaubnis bedarf und einer gesonderten Gebühr unterworfen werden darf.

In diesem Zusammenhang führt auch die Argumentation des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht weiter, diese nutze mit dem Ankleben der Werbeplakate nicht die Straße, sondern den jeweiligen Bauzaun, durch den wiederum - allerdings allein als Abtrennung der Baustelle - die Straße genutzt werde. Vielmehr lassen sich insofern der Zaun und das darauf haftende Plakat nicht trennen, was die Antragstellerin in anderem Zusammenhang sachenrechtlich auch anschaulich darlegt. Gerade durch den mit Werbung versehenen Bauzaun wird die Straße somit auch zum Zwecke der Werbung genutzt.

Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin verstößt diese Rechtsauffassung auch nicht gegen die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluß vom 10. Mai 1977 (1 BvR 514/68 und 323/69) zum sogenannten "numerus clausus der Sachenrechte" oder gegen die Einheit der Rechtsordnung. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht die Begründung einer öffentlichen Last auf durch den U-Bahnbau betroffenen Grundstücken durch das hamburgische Enteignungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Neben Ausführungen zur Legalenteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz - GG - hatte es u.a. erklärt, daß im Wege der Enteignung nur solche dinglichen Rechte begründet werden könnten, die einer privatrechtlichen Vereinbarung zugänglich seien. Eine Befugnis des Landesgesetzgebers zur Abänderung des numerus clausus der beschränkt dinglichen Sachenrechte bestehe nicht, so daß die Einführung der öffentlichen Last durch den Landesgesetzgeber in jenem Fall gegen die Zuständigkeitsregelung des Art. 74 Nr. 1 GG verstoßen habe, denn der Bundesgesetzgeber habe dies auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung abschließend geregelt.

Zu diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts steht die Annahme einer Sondernutzung im oben genannten Sinn nicht in Widerspruch. Zum einen ist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Straßenrecht gesondert geregelt. Gemäß Art. 74 Nr. 22 GG besteht nämlich nur für den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes. Bezüglich des Straßenrechts beschränkt sie sich demnach auf die Bundesfernstraßen. Von dieser Befugnis hat der Bund im Bundesfernstraßengesetz Gebrauch gemacht. Für die übrigen Straßen liegt die Gesetzgebungsbefugnis jedoch bei den Ländern, die sie in den Landesstraßengesetzen - in Hessen das Hessische Straßengesetz - ausgeübt haben. Zum anderen bleibt das zivilrechtliche Eigentum durch die oben dargelegte Sondernutzung unberührt. Sowohl § 2 Abs. 2 FStrG als auch § 4 Abs. 2 HStrG legen als Voraussetzung für eine straßenrechtliche Widmung fest, daß der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben oder der Träger der Straßenbaulast im Enteignungsverfahren bereits vorläufig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden ist. Damit bleibt das zivilrechtliche Eigentum an den hier betroffenen Straßen jedenfalls bestehen. Beeinträchtigungen des Eigentums oder anderer dinglicher Sachenrechte an Bauzaun oder Werbeplakat sind nicht ersichtlich. Gerade das Eigentum am Bauzaun und die damit verbundene Verfügungsgewalt bleiben unbeeinträchtigt. Der Eigentümer entscheidet selbst, ob er den Zaun für Werbezwecke nutzen will oder nicht. Allerdings entbindet ihn sein Eigentumsrecht am Bauzaun nicht von der Notwendigkeit einer Sondernutzungserlaubnis, wenn er es in einer Art und Weise einsetzen will, die sich nicht im Rahmen des Gemeingebrauchs hält.

Insgesamt ist deshalb der Gebührentatbestand der Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses auch soweit er das Anbringen von Werbeplakaten an Bauzäunen einbezieht, nicht zu beanstanden, denn er erfaßt eine über die reine Abtrennungsfunktion hinausgehende Sondernutzung der Straße. Daß diese gesonderte Nutzung zur Werbung auch gebührenmäßig gesondert erfaßt wird, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

Auch die Bemessung der Gebühren für den angegriffenen Sondernutzungsgebührentatbestand je Quadratmeter Ansichtfläche mit 180,-- DM jährlich bzw. 0,50 DM je Kalendertag, mindestens aber 30,-- DM, begegnet keinen Bedenken. Die gesetzlichen Kriterien zur Festlegung der Gebühren finden sich bezüglich der Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen in § 8 Abs. 3 Satz 6 FStrG. Danach sind bei der Bemessung der Gebühren Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners zu berücksichtigen. Für die nach Landesrecht zu beurteilenden übrigen Straßen regelt § 18 Abs. 1 HStrG, daß bei der Bemessung der Sondernutzungsgebühren auch der wirtschaftliche Vorteil aus der Sondernutzung berücksichtigt werden kann. Die Erhebung und Höhe der Gebühren sind in der Zweiten Ausführungsverordnung zum Hessischen Straßengesetz geregelt. Auch hierbei sind Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch zu berücksichtigen. Dies folgt aus dem Wesen dieser Gebühr und dem Äquivalenzprinzip, dessen Ausprägungen diese Kriterien sind (vgl. Urteil des Senats vom 7. Februar 1990 - 5 UE 2282/86 -, ZKF 1991, 38 = KStZ 1991, 75 = GemHH 1991, 155; Neumeyer, Das Hessische Straßengesetz, Stand: August 1994, § 18 Anm. 2.c). Diese Kriterien hat die Antragsgegnerin in ihrem Gebührenverzeichnis berücksichtigt. So sind die Art der Sondernutzung - nämlich durch Werbung - und ihr Ausmaß - durch das Abstellen auf die Fläche und die zeitliche Inanspruchnahme - in die Gebührenbemessung einbezogen. Das wirtschaftliche Interesse des Sondernutzers findet ebenfalls insofern Berücksichtigung, als davon auszugehen ist, daß es bei größeren Werbeflächen und länger andauernder Nutzung dieser Flächen höher zu bewerten ist (vgl. Urteil des Senats vom 7. Februar 1990, a.a.O.). Die Festsetzung in Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin hält sich auch in dem durch das Gebührenverzeichnis zur Zweiten Ausführungsverordnung zum Hessischen Straßengesetz in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 20. Oktober 1995 in der Nr. 5.5 für "Flächenwerbung" vorgesehenen Rahmen. Dort ist für die jährliche Gebühr ein Rahmen von 60,-- bis 300,-- DM, für die nach Tagen bemessene Gebühr ein solcher von 0,50 bis 1,-- DM je Kalendertag, mindestens aber 30,-- DM, vorgesehen. Die von der Antragsgegnerin in ihrem Gebührenverzeichnis getroffene Regelung konnte sie als "ergänzende Vorschrift" im Sinne von § 18 Abs. 3 Satz 2 HStrG innerhalb dieses Rahmens treffen.

Auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Äquivalenzprinzip ist nicht erkennbar. Dieses besagt, daß die Gebühren in keinem Mißverhältnis zu der von der öffentlichen Hand gebotenen Leistung stehen dürfen. Diese Leistung ist hier die Hinnahme der Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs. Ein Mißverhältnis schließen insofern bereits die oben dargelegten Bemessungskriterien aus, die Konkretisierungen dieses verfassungsrechtlichen Grundsatzes sind (vgl. zum Äquivalenzprinzip bei Sondernutzungsgebühren: BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1988 - 4 C 14.88 -, NVwZ 1989, 557, 559).

Eine "Erdrosselung" des Berufszweigs, dem die Antragstellerin angehört - d.h. Unternehmen, die Plakate an Bauzäunen anbringen - durch die angegriffene Sondernutzungsgebühr ist ebenfalls nicht zu erkennen. Sie scheidet hier schon aus, da grundsätzlich die Gebühren an die Kunden weitergegeben werden können. Daß die Gebühren derartig hoch sind, daß sie eine derartige "Abwälzung" ausschlössen, ist weder ersichtlich, noch liegt es nach der Höhe der Gebühren nahe (vgl. zur Erdrosselung: Beschluß des Senats vom 7. November 1995 - 5 N 1410/92 -, ZKF 1996, 109 = GemHH 1997, 17 = NVwZ-RR 1997, 116).

Insgesamt ist somit der angefochtene Gebührentatbestand Nr. 3.7 des Gebührenverzeichnisses der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin rechtmäßig.

Soweit sich der Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen die Regelung im letzten Satz des Gebührenverzeichnisses richtet, ist er bereits unzulässig, weil die Antragstellerin insofern nicht antragsbefugt nach § 47 Abs. 2 VwGO ist. Dies gilt sowohl nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung, die verlangte, daß die antragstellende Person einen unmittelbaren "Nachteil" erlitten hatte oder in naher Zukunft zu erleiden drohte, als auch nach der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung des 6. VwGOÄndG, die das Erfordernis einer erlittenen oder in absehbarer Zeit bevorstehenden Rechtsverletzung aufstellt. Nach der angegriffenen Norm kann die Antragsgegnerin anstelle der zu entrichtenden öffentlich-rechtlichen Gebühr nach Nr. 3.7 der Satzung auch einen Vom-Hundert-Satz des festgestellten steuerpflichtigen Umsatzes vertraglich vereinbaren, wenn die Antragsgegnerin das Recht zur allgemeinen Ausnutzung der von ihr freigegebenen Werbemöglichkeiten im Bereich öffentlicher Straßen auf ein Unternehmen überträgt. Einen derartigen Vertrag hat die Antragstellerin mit der Antragsgegnerin nicht geschlossen. Selbst wenn die Regelung - wie die Antragstellerin vorträgt - rechtswidrig wäre, würde sie der Antragstellerin weder einen unmittelbaren Nachteil zufügen, noch sie in ihren Rechten verletzen. Sie bliebe weiterhin nach dem oben erörterten Gebührentatbestand der Nr. 3.7 sondernutzungsgebührenpflichtig. Eine eventuell rechtswidrige Bevorteilung eines Konkurrenten, der mit der Antragsgegnerin aufgrund eines Vertrages abrechnen würde, würde die Antragstellerin nur mittelbar betreffen.

Im übrigen dürfte diese Regelung im Bereich der sogenannten "Flächenwerbung" durch Anbringen von Plakaten auf im öffentlichen Straßenraum stehenden Bauzäunen auch bereits deshalb nicht einschlägig sein, weil diese Werbemöglichkeit von der Antragsgegnerin zur Zeit nicht allgemein auf ein Unternehmen übertragen ist und wohl auch nicht dergestalt übertragen werden darf, daß die Antragsgegnerin über die Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen in den Wettbewerb zwischen privaten Wirtschaftsunternehmen eingreift (vgl. Beschluß des 2. Senats vom 19. Oktober 1993 - 2 TG 1044/93 -, Seite 7 des Amtlichen Abdrucks). Die Antragsgegnerin hat insoweit dargelegt, daß auch die von der Antragstellerin genannte Deutsche Städtereklame GmbH für diese Fälle Sondernutzungsgenehmigungen benötige und gebührenpflichtig sei. Rechtliche Bedenken gegen diese Satzungsregelung müßten demnach von der Rechtsaufsicht über die Antragsgegnerin zur Geltung gebracht werden, wenn ihnen die Antragsgegnerin nicht von sich aus nachkommt.

Der Senat weist aus Anlaß der vorliegenden Entscheidung allerdings darauf hin, daß Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Regelung im letzten Satz des Gebührenverzeichnisses aus verschiedenen Gründen bestehen können. So sieht die Regelung eine Wahlmöglichkeit zwischen öffentlich-rechtlicher Gebühr und vertraglich vereinbartem Entgelt vor, obwohl die gesetzlichen Ermächtigungen in den zugrundeliegenden Straßengesetzen allein die Möglichkeit der Erhebung von Gebühren vorsehen. Hinzu kommt, daß sich die Höhe des Entgelts, das an die Stelle der Gebühr treten soll, aus der Satzung nicht ergibt. Inwieweit eine derartige Regelung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren ist, unterliegt ebenfalls Zweifeln.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz - GKG -. Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie müsse nach dem Gebührentatbestand der Nr. 3.7 mit Sondernutzungsgebühren von 540.000,-- DM bis 648.000,-- DM jährlich rechnen. Der Senat hat in Fällen wiederkehrender Gebühren nach § 173 VwGO in entsprechender Anwendung des § 9 Zivilprozeßordnung den dreieinhalbfachen Jahresbetrag zugrundegelegt (vgl. Beschlüsse vom 3. Juli 1996 - 5 UE 4078/95 - und vom 13. Mai 1996 - 5 N 1664/92 -). Angesichts des hinter dem Normenkontrollverfahren stehenden, auf Dauer ausgerichteten wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin erscheint dies auch hier angemessen. Der Senat geht dabei nach ihren eigenen Angaben von einem mittleren Jahresbetrag von 600.000,-- DM Sondernutzungsgebühren zu Lasten der Antragstellerin aus.