Hessischer VGH, Urteil vom 28.10.1996 - 12 UE 628/96
Fundstelle
openJur 2012, 21110
  • Rkr:
Tatbestand

Der am ... geborene Kläger begehrt die Befristung seiner Ausweisung. Er ist türkischer Staatsangehöriger und lebt derzeit in LincidereKöyu/Türkei. Der Kläger reiste im Jahre 1971 zu seinen Eltern nach Deutschland ein und wohnte bis zu seiner Inhaftierung 1987 ohne Unterbrechung in Butzbach im Wetteraukreis, wohin er auch nach Haftentlassung wieder zurückkehrte. Nach dem Abgang aus der Hauptschule im Jahre 1976 ohne Schulabschluss begann er zunächst eine Lehre, brach diese jedoch bald ab und arbeitete danach in verschiedenen Betrieben sowie als Schaustellergehilfe. Der Kläger ist seit 1980 mit der 1965 geborenen türkischen Staatsangehörigen ... verheiratet und hat zwei Kinder, ..., geboren am ..., und ..., geboren am .... Bis zur Heirat führten die Kinder den früheren Mädchennamen der Mutter als Familiennamen. Die Familie des Klägers wohnt seit der Geburt der Kinder in Butzbach. Seine Ehefrau ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und hat eine Einbürgerungszusage erhalten, beide Söhne haben eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Der Kläger besaß vom 7. September 1978 bis zum 4. August 1981 eine vom Wetteraukreis ausgestellte Aufenthaltserlaubnis. Auf einen weiteren Verlängerungsantrag hin teilte die Ausländerbehörde ihm mit, dass wegen strafrechtlicher Verfehlungen eine Ablehnung der Verlängerung beabsichtigt sei. Im Juni 1984 erklärte sich der Kläger dann auf Vorschlag der Ausländerbehörde des Wetteraukreises damit einverstanden, dass unter Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis die Abschiebung auf die Dauer von drei Jahren ausgesetzt wird, sofern er den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern nachkommt und sich straffrei führt. In der Folgezeit wurden dem Kläger Duldungen erteilt.

Im Februar 1987 begann der Kläger damit, Rauschgiftgeschäfte zu tätigen, und wurde in diesem Zusammenhang im August 1987 festgenommen. Der Kläger war in dieser Zeit auch selbst rauschgiftsüchtig. Durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 1. März 1988 wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Eigenen Angaben zufolge war der Kläger bereits bei der Verurteilung am 1. März 1988 nicht mehr drogenabhängig. Er verbüßte die Haftstrafe vollständig bis zum 14. September 1990 in der Justizvollzugsanstalt Kassel, die Führungsaufsicht endete am 14. September 1992.

Mit Verfügung vom 25. Januar 1989 wies die Beigeladene den Kläger unbefristet aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Ein hiergegen eingeleitetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren blieb erfolglos (Hess. VGH, 22.05.1990 - 12 TH 2337/89 -). Die Verfügung wurde bestandskräftig, nachdem die hiergegen gerichtete Hauptsacheklage am 24. September 1990 abgewiesen war (VG Kassel - 4/3 E 1378/89 -). Eine am 15. Januar 1990 eingereichte Petition zugunsten des Antragstellers führte ebenfalls zu keinem für ihn günstigen Ergebnis (Mitteilung des Hessischen Ministeriums des Innern und für Europaangelegenheiten vom 29. August 1991). Ein am 22. Juli 1991 vom Kläger gestellter Asylantrag wurde durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 1. Juni 1992 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und mit Ausreiseaufforderung des Landrats des Wetteraukreises am 19. Juli 1993 zugestellt. Dieser Bescheid wurde ohne Klageerhebung bestandskräftig. Am 9. September 1993 reiste der Kläger aus Deutschland aus und leistete vom 11. September 1993 bis 11. März 1995 seinen Wehrdienst in der Türkei ab.

Nach Erlass der Ausweisungsverfügung war der Kläger in folgender Weise strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1. Durch Urteil des Amtsgerichts Butzbach vom 21. Mai 1992 wurde er wegen einer am 10. November 1991 begangenen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt.

2. Durch Urteil des Amtsgerichts Friedberg vom 8. Juli 1992 wurde er wegen Trunkenheit im Verkehr am 26. April 1992 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Diese und die erste Verurteilung wurden durch Beschluss des Amtsgerichts Butzbach vom 17. November 1992 zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zusammengefasst.

3. Durch Urteil vom 3. September 1992 des Amtsgerichts Friedberg wurde der Kläger wegen Beleidigung und vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt.

4. Durch Urteil des Amtsgerichts Friedberg vom 15. Dezember 1992 wurde er wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hierbei lagen die Tatzeiträume zwischen dem 4. März und dem 16. März 1992. Die beiden letztgenannten Verurteilungen wurden durch Berufungsurteil des Landgerichts Gießen vom 17. Juni 1993 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat zusammengefasst, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Am 7. Februar 1995 beantragten die damaligen Bevollmächtigten des Klägers bei der Ausländerbehörde des Wetteraukreises die nachträgliche Befristung der Ausweisungsverfügung auf den 11. März 1995. Zur Begründung wurde vorgetragen, es würde für die Familie des Klägers eine Härte darstellen, wenn er auch nach Ableistung seines Militärdienstes weiterhin in der Türkei verbleiben müsste. Er habe seinen weiteren Lebensweg inzwischen erkennbar in ordentliche Bahnen gelenkt. Seine Ehefrau habe bereits einen Antrag auf Einbürgerung gestellt und habe auch einen Anspruch auf Vollzug der Einbürgerung. Außerdem sei von der Ausländerbehörde bei der freiwilligen Ausreise ausdrücklich zugesichert worden, dass prinzipiell die Wiedereinreise nach Ableistung des Wehrdienstes ermöglicht werden solle; hierdurch habe sich die Behörde auch bezüglich der Dauer der Befristung bereits festgelegt. Die Beklagte übersandte den Befristungsantrag unter dem 9. Februar 1995 zur Entscheidung an die Beigeladene unter Hinweis auf die von dort verfügte Ausweisung und teilte die Abgabe der Klägerbevollmächtigten mit. Nachdem diese zunächst mit Schriftsatz vom 15. Juni 1995 eine Bescheidung des Antrags angemahnt hatte, wurde am 15. September 1995 beim Verwaltungsgericht Kassel Untätigkeitsklage gegen die Stadt Kassel erhoben.

Durch Verfügung vom 27. September 1995 lehnte die Beigeladene die begehrte Befristung ab. Zur Begründung hieß es, es liege ein Ausnahmefall vor, weshalb entgegen der in § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG normierten Regel von der Befristung abzusehen sei. Das Vorliegen eines Regelfalles sei zu verneinen, wenn der Ausländer wegen besonderer Gefährlichkeit nach § 47 Abs. 1 oder Abs. 2 AuslG ausgewiesen worden sei und auch nachträglich eingetretene Umstände erheblich gegen einen erneuten Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sprächen. Der Gesetzgeber gehe nämlich in § 47 Abs. 1 und 2 AuslG davon aus, dass der Aufenthalt solcher Ausländer grundsätzlich nicht hingenommen werden könne. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei auch im Befristungsverfahren zu beachten. Der Kläger habe nach jetzt geltendem Recht den Tatbestand einer Ist-Ausweisung im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erfüllt. Zu seinen Ungunsten sei weiter zu würdigen, dass er nach seiner Haftentlassung erneut straffällig geworden sei und in erheblichem Maße die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt habe. Das Verhalten des Klägers zeige, dass er weiterhin nicht gewillt sei, sich in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland einzufügen. Es habe sich bestätigt, dass die unter anderem auf spezialpräventive Gründe gestützte Ausweisung geboten gewesen sei. Die weitere Fernhaltung des Klägers aus dem Bundesgebiet sei erforderlich, um neuen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei einer Rückkehr ins Bundesgebiet vorzubeugen. Die vom Kläger dargelegten Umstände - unter anderem der Schutz von Ehe und Familie - hätten hinter dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung weiterer Rechtsverstöße zurückzutreten. Der Ausweisungszweck erfordere es, die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG für unbefristete Zeit fortbestehen zu lassen.

Zur Klagebegründung hat der Kläger daraufhin vorgetragen, durch die mündliche Zusicherung habe sich die Beigeladene hinsichtlich einer Befristung bereits festgelegt. Auch sei die Klage im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK begründet. Seine Bestrafung, die zur Ausweisung geführt habe, sei in einer Zeit erfolgt, als er körperlich krank, weil heroinabhängig, gewesen sei. Er habe - in dieser Reihenfolge - aus eigener Kraft zuerst seine Drogensucht überwunden, dann seine Strafe verbüßt und schließlich Deutschland verlassen. Nun wolle er wieder zu seiner Familie zurückkehren. Seiner Ehefrau und den Kindern, die sich außer im Urlaub nie in der Türkei aufgehalten hätten, könne es nicht zugemutet werden, ihm in die Türkei zu folgen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass seine Ehefrau bereits einen Einbürgerungsantrag gestellt und nach dem Ausländergesetz auch einen Anspruch auf Einbürgerung habe. Wegen der langen Trennung von seiner Familie habe er bereits einen Selbstmordversuch unternommen.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

die Stadt Kassel unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27. September 1995 zu verpflichten, die Wirkung der Ausweisungsverfügung vom 25. Januar 1989 nachträglich zum 1. Oktober 1995 zu befristen,

hilfsweise,

die Stadt Kassel zu verpflichten, nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag auf Befristung der Ausweisungsverfügung zu entscheiden.

Die jetzige Beigeladene und damalige Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich im wesentlichen auf den Inhalt des angegriffenen Bescheides bezogen.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 1996 hat das Verwaltungsgericht Kassel die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es, ein Anspruch auf Befristung ergebe sich mangels Schriftform zunächst nicht aus einer Zusicherung der Stadt Kassel und im übrigen auch nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG. Bei der Entscheidung, ob ein Regelfall im Sinne dieser Vorschrift vorliege, stehe der Ausländerbehörde kein Ermessen zu. Eine Befristung dürfe nur dann unterbleiben, wenn im konkreten Fall besondere Umstände vorlägen, die es rechtfertigten, das Einreiseverbot unbefristet bestehen zu lassen. Dies sei dann der Fall, wenn die Interessen der Bundesrepublik Deutschland die persönlichen Interessen des Ausländers an einem erneuten Aufenthalt im Bundesgebiet weiterhin überwiegen würden. Dabei müsse, sofern über die Befristung nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausweisung entschieden worden sei, die nachträgliche Entwicklung nach Erlass der Ausweisungsverfügung berücksichtigt werden. Das Vorliegen eines Regelfalles sei zu verneinen, wenn der Ausländer - wie vorliegend - wegen besonderer Gefährlichkeit nach § 47 Abs. 1 oder 2 AuslG ausgewiesen worden sei und nachträglich eingetretene Umstände erheblich gegen einen erneuten Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sprächen. Die Verurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten erfordere nicht nur wirksame spezialpräventive, sondern auch strenge generalpräventive Maßnahmen und stehe deshalb grundsätzlich einer Befristung entgegen. Der Kläger habe auch nach der Entlassung aus der Haft erneut Straftaten begangen. Somit habe zum Zeitpunkt der Ausreise eine gesteigerte Wiederholungsgefahr bestanden, denn der Kläger habe nicht allein wegen seiner Drogensucht Straftaten begangen. Es könne nicht festgestellt werden, dass diese gesteigerte Wiederholungsgefahr inzwischen geringer geworden sei. Der Kläger habe sich bislang weder im Bundesgebiet noch in der Türkei bewähren können. Deutschland habe er wenige Monate nach der letzten Verurteilung verlassen, und in der Türkei sei er nahezu während des gesamten Zeitraums bei der Armee gewesen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich seine persönlichen Verhältnisse in der Zwischenzeit wesentlich geändert hätten. Allein der Zeitablauf seit der Ausreise sei kein Grund, einen Ausnahmefall zu verneinen. Auch Art. 6 GG fordere nicht, unter den gegebenen Umständen einen Regelfall anzunehmen. Bei einem ausländischen Ehepartner könne davon ausgegangen werden, dass ihm die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft im gemeinsamen Heimatland zumutbar sei, dies gelte vorliegend trotz des Umstandes, dass sich die Kinder im Bundesgebiet eingelebt hätten. Schließlich gebiete auch Art. 8 EMRK nicht die Befristung der Ausweisung. Liege somit ein hinreichender Grund für ein Abweichen vom Regelfall des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG vor, so habe der Kläger auch nicht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Befristung.

Gegen die am 13. Februar 1996 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 20. Februar 1996 beim Verwaltungsgericht Berufung eingelegt. Er beanstandet, dass das Verwaltungsgericht den Ausnahmefall zum Regelfall gemacht habe. Der Gerichtsbescheid verkenne weiterhin den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Außerdem habe seine Ehefrau inzwischen eine Einbürgerungszusicherung erhalten.

Im Laufe des Berufungsverfahrens ist ein Widerspruchsbescheid ergangen, in dem das Regierungspräsidium Kassel den Widerspruch des Klägers gegen die Verfügung vom 27. September 1995 in Anlehnung an die Gründe des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen hat. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 1996 hat der Kläger die Klage gegen das Land Hessen, vertreten durch den Landrat des Wetteraukreises, gerichtet. Nachdem der Senat durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 1996 die Klageänderung für sachdienlich erklärt hat, ist die ausgeschiedene Beklagte, die Stadt Kassel, durch Beschluss des Senats ebenfalls vom 28. Oktober 1996 dem Verfahren beigeladen worden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angegriffenen Gerichtsbescheides die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 1995 in der Form des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 22. April 1996 zu verpflichten, die Wirkung der Ausweisungsverfügung vom 25. Januar 1989 nachträglich zum 1. Oktober 1995 zu befristen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, nach pflichtgemäßem Ermessen über seinen Antrag auf Befristung der Ausweisungsverfügung vom 25. Januar 1989 zu entscheiden.

Die Beklagte, die in erster Linie die Stadt Kassel zuständig für die Befristungsentscheidung hält, ist zwar der Auffassung, dass eine Befristung dem Grunde nach geboten sei, beantragt jedoch,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die den Kläger betreffenden ausländerrechtliche Vorgänge der Beklagten (1 Ordner) sowie die Ausländerakten der Ehefrau und der Söhne (3 Bände) Bezug genommen; diese sind ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen wie die in der Verhandlungsniederschrift in Bezug genommenen Erlasse des Hessischen Ministeriums des Innern.

Gründe

Die Berufung ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen gemäß § 124 VwGO zulässig. Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im übrigen zurückzuweisen. Die Behörden haben es zu Unrecht abgelehnt, die Wirkungen der Ausweisung des Klägers zu befristen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), und der Kläger hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Festsetzung einer Frist unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf den 1. Oktober 1995, seinen dahingehenden Antrag haben die Behörden ohne Rechtsfehler abgelehnt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist - wie regelmäßig bei Verpflichtungsklagen - der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

1. Die Beklagte ist für die Entscheidung über die Befristung gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG örtlich zuständig, weil der Kläger sich bei Einreise voraussichtlich in den Wetteraukreis begeben wird. Die örtliche Zuständigkeit für Entscheidungen über die nachträgliche Befristung einer Ausweisung richtet sich nach § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG (a.; so auch VG Darmstadt, 25.02.1994 - 5 G 1669/93 -, NVwZ-RR 1994, 417; Rumpf in: Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, B 100, § 63 AuslG Rdnr. 89). Der Senat hält jedoch eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörden in Hessen durch Gesetz oder Verordnung auf anderer Grundlage als der des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung für dringend geboten (b.). Bei Anwendung der Regelung des § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG auf den Fall des Klägers ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Wetteraukreises (c.).

a. Unter der Geltung des Ausländergesetzes 1965 wurde im Hinblick auf die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 3 AuslG (vom 28. April 1965 - BGBl. I S. 353) die Zuständigkeit derjenigen Ausländerbehörde für die Befristung angenommen, die die Ausweisung verfügt hat (BVerwG, 05.04.1984 - 1 C 57.81 -, EZAR 125 Nr. 4; Kanein, AuslR, 4. Aufl., 1988, § 15 AuslG Rdnr. 1). Soweit diese Zuständigkeitsverteilung auch für das geltende Recht bejaht wird (Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, 3. Aufl., § 8 AuslG Rdnr. 41), ist für diese nicht näher begründete Auffassung keine Rechtsgrundlage ersichtlich (so auch OVG Hamburg, 06.05.1993 - Bf VII 10/93 -, EZAR 039 Nr. 1 = InfAuslR 1994, 229).

Anders als noch § 20 Abs. 2 AuslG 1965 enthält das Ausländergesetz 1990 keine Regelungen mehr über die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde (Hess. VGH, 08.05.1995 - 12 UE 3336/94 -; Kanein/Renner, AuslR, 6. Aufl., 1993, § 63 AuslG Rdnr. 2). Der Gesetzgeber wollte im Hinblick auf Art. 83 GG die Regelung der örtlichen Zuständigkeit bewusst den Ländern überlassen (BT-Drs. 11/6321, S. 78). Die Bestimmungen des § 63 AuslG betreffen daher nur die sachliche und nicht mehr die örtliche und funktionelle Zuständigkeit der Ausländerbehörde (Hess. VGH, 08.05.1995, a.a.O.; Kanein/Renner, a.a.O.; VG Darmstadt, 25.02.1994, a.a.O.). Auch § 64 Abs. 2 AuslG enthält keine Regelung über die örtliche Zuständigkeit für die in der Vorschrift genannten Maßnahmen (OVG Hamburg, 06.05.1993, a.a.O.; Jakober/Jehle/Schwab, Aktuelles Ausländerrecht, § 64 AuslG Rdnr. 6). Aufgrund dieser Vorschrift ist auch auszuschließen, dass das Ausländergesetz die Entscheidung über die nachträgliche Befristung der ausweisenden Behörde als Annexzuständigkeit zuweisen will. Denn in § 64 Abs. 2 AuslG geht der Gesetzgeber von der Möglichkeit des Wechsels der Zuständigkeit zwischen der die Ausweisung verfügenden und der über die Befristung entscheidenden Behörde aus (Jakober/Jehle/Schwab, a.a.O. sowie § 63 AuslG Rdnr. 8; OVG Hamburg, 06.05.1993, a.a.O.), wenn er anordnet, dass Befristungen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde geändert oder aufgehoben werden dürfen, die die Maßnahme angeordnet hat.

Mangels einer bundesrechtlichen Zuständigkeitsregelung richtet sich daher die örtliche Zuständigkeit nach dem Verfahrensrecht der Länder, die das Ausländergesetz gemäß Art. 83 GG als eigene Angelegenheit ausführen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a HVwVfG ist örtlich zuständig in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Die Regelungen des HVwVfG kommen jedoch nur zur Anwendung, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten (§ 1 Abs. 1 HVwVfG). Zwar fehlt es in Hessen an gesetzlichen Vorschriften, mit denen ausdrücklich die örtliche Zuständigkeit der Behörden zur Ausführung des Ausländergesetzes bestimmt wird (Hess. VGH, 08.05.1995, a.a.O.); denn weder die Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben der Gefahrenabwehr an die allgemeinen Polizeibehörden vom 18. Juli 1972 (GVBl. I S. 255; zuletzt geändert durch Verordnung vom 07.04.1992, GVBl. I S. 135 - Zuweisungsverordnung -) noch die Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden vom 21. Juni 1993 (GVBl. I S. 260, geändert durch Verordnung vom 23.09.1994, GVBl. I S. 428) befassen sich mit der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörde. Als nach § 1 Abs. 1 HVwVfG vorrangig anzuwendende Zuständigkeitsregelung ist jedoch § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG anzusehen. § 100 HSOG regelt die örtliche Zuständigkeit der Gefahrenabwehrbehörden. Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG ist zuständig diejenige Behörde, in deren Amtsbereich eine Aufgabe der Gefahrenabwehr wahrzunehmen ist. Durch § 1 Nr. 1 Zuweisungsverordnung (a.a.O.) werden die Aufgaben im Ausländerwesen rechtssystematisch der Gefahrenabwehr und organisatorisch den allgemeinen Ordnungsbehörden zugewiesen. Damit hat der Gesetzgeber sich nach Auffassung des Senats eindeutig dafür entschieden, das gesamte Ausländerrecht dem Recht der Gefahrenabwehr zuzuordnen. Der dahingehende Wille des Gesetzgebers kommt nochmals zum Ausdruck in § 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden (a.a.O.), wo die Wahrnehmung der Aufgaben der Ausländerbehörde durch die Kreisordnungsbehörde bzw. die örtliche Ordnungsbehörde festgelegt wird. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 1 Zuweisungsverordnung (a.a.O.) hält der Senat die Zuordnung zum Gefahrenabwehrrecht und damit die Anwendung von § 100 HSOG nunmehr hinsichtlich des gesamten Ausländerrechts nach geltendem Recht für zwingend (zurückhaltender noch Senat, 08.05.1995, a.a.O.).

b. Der Senat hält es aus den folgenden Erwägungen jedoch für dringend geboten, die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörden in Hessen durch Gesetz oder Rechtsverordnung auf andere Weise zu regeln. Mit der rechtssystematischen Zuordnung des gesamten Ausländerrechts zum Recht der Gefahrenabwehr bleibt der Hessische Landesgesetzgeber der Sichtweise der Ausländerpolizeiverordnung von 1938 (RGBl. S. 1053) verhaftet, die die Anwesenheit von Ausländern - wie sich bereits aus dem Titel dieser Verordnung ergibt - vor allem unter dem Gesichtspunkt einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sah (krit. betr. Gefahrenabwehr schon Zuleeg, ZAR 1982, 120; ähnlich betr. "Störenfriede" ders; DÖV 1973, 361). Dies mag für einzelne ausländerrechtliche Maßnahmen wie Ausweisungen im Ansatz noch angebracht sein, es ist aber sachlich kaum gerechtfertigt, zum Beispiel Entscheidungen über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) nach langjährigem Aufenthalt als Arbeitnehmer, einer Aufenthaltserlaubnis für Angehörige von in zweiter Generation in Deutschland lebenden Ausländern (§§ 20 Abs. 5, 26, 18 Abs. 1 Nr. 4 AuslG) oder einer Aufenthaltserlaubnis an neugeborene Kinder schon länger in Deutschland lebender Mütter (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AuslG) rechtssystematisch als Entscheidungen über die Abwehr einer Gefahr anzusehen. Das durch Behörden des Landes Hessen anzuwendende Ausländergesetz des Bundes (Art. 83 GG) hat als eine wesentliche Zielrichtung die Sicherung der Integration seit langem in Deutschland lebender Ausländer und die Förderung grenzüberschreitender Beziehungen durch eine weltoffene und liberale Ausländerpolitik (siehe BT-Drs. 11/6321, S. 40). Dementsprechend können ausländerrechtliche Entscheidungen nicht (mehr) allein unter dem Gesichtspunkt, dass sie der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dienen (§§ 1 Abs. 1, 11 HSOG), gesehen werden. Die Anwesenheit von Ausländern stellt nicht in vorderster Linie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, sie ist vielmehr ein Teil der gemeinsamen Daseinsvorsorge für alle in Deutschland lebenden Menschen.

Die sachliche Unangemessenheit der Anwendung von Vorschriften des HSOG für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit im Bereich der Ausländerbehörden führt zu vielfältigen praktischen Schwierigkeiten bei der Gesetzesanwendung und - auslegung (siehe bereits Hess. VGH, 08.05.1995, a.a.O.). § 100 Abs. 1 Satz 1 HSOG enthält zunächst die nicht weiterführende Bestimmung, dass die örtliche Zuständigkeit der Gefahrenabwehrbehörden auf deren Amtsbereich beschränkt ist. Da die meisten ausländerrechtlichen Maßnahmen Wirkungen für das gesamte Bundesgebiet entfalten, bleibt danach die Frage offen, in welchem Amtsbezirk sich ein Anlass für eine Tätigkeit der Ausländerbehörde ergibt. Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG ist zwar die Behörde zuständig, in deren Amtsbereich eine Aufgabe der Gefahrenabwehr wahrzunehmen ist. Daraus lässt sich aber ebenfalls nicht unmittelbar entnehmen, welches Kriterium dafür ausschlaggebend sein soll, an welchem Ort ausländerrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind. Als mögliche Anknüpfungspunkte kommen nämlich insbesondere der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt, der vorübergehende Aufenthaltsort und die Verwirklichung eines Ausweisungstatbestandes in Betracht. Dies führt dazu, dass die örtliche Zuständigkeit bei der Gesetzesanwendung oft unklar erscheint. In der Vergangenheit hat der Senat mehrfach feststellen müssen, dass wegen fraglicher örtlicher Zuständigkeit Ausländerakten zwischen den Ausländerbehörden in Hessen hin- und hergeschoben wurden mit dem Ergebnis, dass keine oder eine von Gerichten aufzuhebende Maßnahme ergriffen wurde. Des Weiteren macht die Unklarheit der gesetzlichen Regelung zahlreiche Entscheidungshilfen der obersten Landesbehörde erforderlich, was zu der unten noch anzusprechenden Vielzahl von Erlassen des Hessischen Ministeriums des Innern hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörden insbesondere in Haftfällen geführt hat. Für die einzelne Ausländerbehörde erscheint es kaum mehr möglich, den Überblick über die Vielzahl der einschlägigen Erlasse zu gewinnen. Ganz abgesehen davon ist es für den rechtssuchenden Bürger und antragstellenden Ausländer schon lange nicht mehr in zumutbarer Weise möglich, die örtlich zuständige Ausländerbehörde zutreffend zu ermitteln. Wie der vorliegende Fall zeigt, führt auch die Antragstellung bei der richtigen Behörde zu Schwierigkeiten, wenn die zutreffende Gesetzesauslegung durch den Ausländer nicht der Erlasslage entspricht.

Eine rechtsförmliche Regelung, die den Anforderungen an Klarheit, Bestimmtheit und Bekanntmachung des Textes entspricht, erscheint daher dringend geboten. Sofern nicht die durchaus sachgerechten Regelungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3a i.V.m. Abs. 2 bis 4 HVwVfG ausdrücklich für anwendbar erklärt werden sollen, bietet sich eine Regelung an, wie sie etwa in § 4 der Ausländer- und Asylzuständigkeitsverordnung des Landes Baden-Württemberg (i.d.F. vom 19.07.1995, bad.-württ. GBl. S. 586 - AAZuVO) enthalten ist (vgl. z. B. auch bayer. AVAuslG vom 03.12.1990, bayer. GVBl. S. 531; § 3 sächs. AAZuVO vom 13.07.1993, sächs. GVBl. S. 590, ber. S. 829). § 4 bad.-württ. AAZuVO hat folgenden Wortlaut:

(1) Ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, für die keine andere Ausländerbehörde zuständig ist, trifft die Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich die Notwendigkeit der Anordnung ergibt.

(2) Über die Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung, die Bestimmung der Frist nach § 44 Abs. 3 AuslG, die Anordnung und Aufhebung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen zur Aufenthaltsgenehmigung anlässlich deren Erteilung und Verlängerung, die zeitweise Aussetzung der Abschiebung (Duldung) sowie die Ausstellung eines Ausweisersatzes oder Passersatzes entscheidet die Ausländerbehörde, in deren Dienstbezirk sich der Ausländer gewöhnlich aufhält oder sich aufzuhalten beabsichtigt. Sie entscheidet auch über die Aufhebung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt des Ausländers nicht bekannt, ist die Ausländerbehörde zur Entscheidung der bei ihr gestellten Anträge zuständig. Hat eine andere Ausländerbehörde die Abschiebung angedroht oder angeordnet, bedarf die Erteilung einer Duldung der Zustimmung der anderen Ausländerbehörde.

(3) Befindet sich der Ausländer auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigen öffentlichem Gewahrsam, bleibt die Ausländerbehörde zuständig, in deren Dienstbezirk sich der Ausländer vor der Hafteinweisung oder der Ingewahrsamnahme gewöhnlich aufgehalten hat. Ist der vorherige gewöhnliche Aufenthalt nicht bekannt, ist die Ausländerbehörde, in deren Dienstbezirk sich der Ausländer in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet, zuständig. Eine nach Satz 2 begründete Zuständigkeit bleibt erhalten, wenn der Ausländer während der Haft in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde verlegt wird. Befindet sich der Ausländer in Abschiebungshaft, ist abweichend von den Sätzen 2 und 3 die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer bei der Beantragung der Abschiebungshaft aufgehalten hat. Bei Asylbewerbern und abgelehnten Asylbewerbern, die sich in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befinden, sowie bei deren Familienangehörigen ist abweichend von den Sätzen 1 bis 4 die Ausländerbehörde zuständig, in deren Dienstbezirk der Ausländer nach Maßgabe des Asylverfahrensgesetzes oder auf Grund einer Verfügung der Ausländerbehörde zu wohnen verpflichtet ist. Absatz 1 bleibt unberührt.

(4) Über Anträge nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG entscheidet die Ausländerbehörde, die die Ausweisung verfügt oder die Abschiebung angedroht oder angeordnet hat. Über Anträge abgelehnter Asylbewerber einschließlich ihrer Familienangehörigen auf Befristung der Wirkung der Abschiebung entscheidet die Ausländerbehörde, in deren Dienstbezirk sich der Ausländer zuletzt aufzuhalten hatte. Absatz 1 bleibt unberührt. Beantragt der Ausländer im Falle des Satzes 1 oder 2 gleichzeitig ein Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung, entscheidet die nach § 11 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes zu beteiligende Behörde auch über den Antrag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG.

(5) Über die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 9 Abs. 3 AuslG entscheidet die Ausländerbehörde, in deren Dienstbezirk der Ausländer sich aufzuhalten beabsichtigt.

(6) Zur Entgegennahme von Anzeigen nach § 42 Abs. 5 AuslG ist die Ausländerbehörde zuständig, in deren Dienstbezirk sich der Ausländer gewöhnlich aufhält. Ist der Aufenthalt des Ausländers auf den Dienstbezirk einer bestimmten Ausländerbehörde beschränkt, ist diese zuständig.

(7) § 64 Abs. 1 und 2 AuslG bleibt unberührt.

c. Bei Anwendung des § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten und nicht die der Beigeladenen. Die Bestimmung, dass diejenige Behörde örtlich zuständig ist, in deren Amtsbereich eine Aufgabe der Gefahrenabwehr wahrzunehmen ist, soll nichts anderes bedeuten als die Anknüpfung an den Ort, an dem die dem polizeilichen Schutz unterstellten Interessen verletzt oder gefährdet werden (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1985, S. 107; Reiff/Wöhrle, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 54 Rdnr. 6; Meixner, HSOG, 5. Aufl., § 100 Rdnr. 1). Bezogen auf das als Polizeirecht verstandene Ausländerrecht liegt der Vorschrift der Gedanke zugrunde, dass dort über den Aufenthalt eines Ausländers entschieden werden soll, wo der Ausländer sich voraussichtlich tatsächlich aufhält bzw. aufhalten will oder aufhalten wird und wo deshalb Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit anzusiedeln wären. Bei einer erneuten Einreise wäre davon auszugehen, dass der Kläger sich sogleich in den Wetteraukreis begeben und sich dort aufhalten wird, da seine Familie dort weiterhin wohnhaft ist. Die ausländerbehördlich zu schützenden Interessen würden also potentiell dort verletzt oder gefährdet, und die Aufgabe der Gefahrenabwehr im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG wäre im Wetteraukreis wahrzunehmen (für örtliche Zuständigkeit hinsichtlich der Befristungsentscheidung derjenigen Behörde, in deren Bezirk der Ausländer sich künftig aufhalten will, auch: Rumpf, a.a.O., Rdnr. 131). Ein Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit der Beigeladenen fehlt dagegen. Für die zukunftsgerichtete Einschätzung der Folgen der Befristung der Ausweisung besteht kein Bezug zum Bezirk der Beigeladenen. Insbesondere erlaubt § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG eine Erstreckung einer einmal für die Ausweisung gegebenen Zuständigkeit auf die Befristung der Wirkungen der Ausweisungen und sonstige Folgeentscheidungen nicht. Im übrigen würde auch die Anwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 3a HVwVfG zur örtlichen Zuständigkeit der Beklagten führen. Nach dieser Vorschrift ist die Ausländerbehörde des Wetteraukreises örtlich zuständig, weil der Kläger vor seiner Ausreise seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Butzbach im Wetteraukreis hatte. Er hatte dort nach der Entlassung aus der Haft im September 1990 bei seiner Familie seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen und diesen bis zu seiner Ausreise im September 1993 beibehalten.

2. Der von der Beklagten und der Beigeladenen in Bezug genommenen Nr. 63.2.1. der "Vorläufigen Anwendungshinweise zum Ausländergesetz" kommt demgegenüber keine rechtliche Bedeutung zu. Diese Texte stellen keine von den Gerichten zu beachtenden Rechtsquellen dar. Sie sind für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörden in Hessen bereits deshalb unbeachtlich, weil - wie dargelegt - die örtliche Zuständigkeit abschließend und ohne Regelungslücke (siehe zum Fall einer Regelungslücke Ossenbühl in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., § 7 IV 4 bei Fn. 96 m.w.N.) im Gesetz, nämlich in § 100 Abs. 1 Satz 2 HSOG, geregelt ist. Der Umstand, dass diese Vorschrift kaum handhabbar ist (s. o.) und daher für eine sichere Gesetzesanwendung vielfältiger Anwendungshilfen bedarf, nötigt - wie ebenfalls bereits ausgeführt - zu einer speziellen Regelung der örtlichen Zuständigkeit durch Gesetz oder Verordnung, kann aber nicht dazu führen, dass die Gerichte an Anwendungshandreichungen oberster Landesbehörden gebunden sind. Die Auslegung des Gesetzes und damit hier die Zuständigkeitsbestimmung in jedem Einzelfall unterliegt voller gerichtlicher Kontrolle.

Im übrigen handelt es sich bei den "Vorläufigen Anwendungshinweisen" insgesamt nicht um Verwaltungsvorschriften, denen im Wege der Bindung an gleichmäßige Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) in Fällen der Ermessensausfüllung rechtliche Bedeutung zuwachsen könnte. Ohne dass es für die Entscheidung des vorliegenden Falles darauf ankäme, weist der Senat zur Vermeidung und Ausräumung von Missverständnissen darauf hin, dass die "Vorläufigen Anwendungshinweise" (vollständig abgedruckt in: GK-AuslR unter VII 1 und 2) zunächst nicht die bereits seit fünf Jahren ausstehenden Verwaltungsvorschriften des Bundes zum Ausländergesetz gemäß § 104 AuslG darstellen. Die Texte sind nicht gemäß § 104 AuslG mit Zustimmung des Bundesrates erlassen und sind auch nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden. Im übrigen sind sie - soweit ersichtlich - nicht von dem Bundesministerium des Innern autorisiert (mißverständlich BVerwG, 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313 = EZAR 012 Nr. 2 unter 3.b.), und es fehlt außerdem an einem Anwendungsbefehl (anders z. B. betr. §§ 85 ff. AuslG die vom Hessischen Ministerium des Innern erlassenen und veröffentlichten - Hess. StAnz. 1990 S. 2517 - Ausführungsbestimmungen). Soweit die zweite Fassung der Texte von 1995 (abgedruckt in: GK-AuslR unter VII 2) erstmals auch Hinweise zu § 63 AuslG enthält und in diesem Zusammenhang Regelungen über die örtliche Zuständigkeit von Ausländerbehörden treffen will, würde dem Bund - sollten die Hinweise als Vorarbeiten für Verwaltungsvorschriften nach § 104 AuslG gedacht sein - insoweit auch die Kompetenz gemäß Art. 83 GG fehlen. Wie bereits dargelegt, hat der Gesetzgeber des Ausländergesetzes vor dem Hintergrund des Art. 83 GG ausdrücklich von bundesrechtlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörden absehen wollen (s. o.) und solche Normierungen den Ländern überantwortet. Durch die von der Beklagten und der Beigeladenen in Bezug genommenen Erlasse vom 4. 5., 6. April sowie 11. Mai 1995 (Az. jeweils: II A 42 (P) - 23 d) werden die als "Vorläufige Anwendungshinweise" bezeichneten Texte aber auch nicht als Verwaltungsvorschriften des Landes Hessen zur Bindung der Behörde in Ermessensfällen bei der Anwendung des Ausländergesetzes erlassen. Vielmehr handelt es sich insoweit jeweils um Erlasse der obersten Ausländerbehörde des Landes zur Lösung von Einzelfällen. Dies zeigt sich daran, dass in den Erlassen vom 4. und 6. April 1995 auf Berichte nachgeordneter Behörden verwiesen wird, im Erlass vom 6. April 1995 wird ausdrücklich auf die zugrundeliegenden Einzelfälle verwiesen. In den Erlassen vom 5. April und 11. Mai 1995 werden die "Vorläufigen Anwendungshinweise" den Ausländerbehörden jeweils zur Kenntnis übersandt, ohne dass ein Anwendungsbefehl gegeben wird. Weiter fehlt es auch an einer Veröffentlichung im Staatsanzeiger. Wenn die oberste Landesbehörde mit bindender Wirkung für die nachgeordneten Behörden die "Vorläufigen Anwendungshinweise" zum Ausländergesetz generell als Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen wollte, spricht vieles dafür, dass hierzu - im Hinblick auf die rechtsnormgleichen Wirkungen gegenüber den rechtsunterworfenen Bürgern - eine Veröffentlichung erforderlich ist (siehe ähnlich zu Erlassen nach § 32 AuslG OVG Nordrhein-Westfalen, 13.07.1994 - 17 B 2830/93 -, EZAR 015 Nr. 5 und zu Abschiebungstopps nach § 54 AuslG Hess. VGH, 27.07.1995 - 12 TG 2342/95 -, EZAR 046 Nr. 5). Soweit der 10. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil (des Berichterstatters) vom 12. August 1996 (- 10 UE 3744/95 -) von Ermessensbindung durch die "Vorläufigen Anwendungshinweise" spricht, dürfte ein Missverständnis vorliegen. Denn bei dem dort in Bezug genommenen "Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern vom 18. April 1991", durch den das Ermessen der Behörden gebunden worden sein soll, handelt es sich lediglich um das Übersendungsschreiben, mit dem das Ministerium dem Verwaltungsgerichtshof "gem. tel. Rücksprache vom 18.4.1991" die Anwendungshinweise übermittelt hat. Das Schreiben war weder an die nachgeordneten Behörden adressiert, noch enthielt es einen Anwendungsbefehl für die Auslegungshinweise.

3. Die vom Kläger vorgenommene Klageänderung war als sachdienlich auch ohne Einwilligung der übrigen Beteiligten zuzulassen (§ 91 Abs. 1 VwGO). Eine Klageänderung ist allgemein sachdienlich, wenn sie dazu beiträgt, einen Streit ohne Rücksicht auf seine bisherige prozessuale Einkleidung endgültig auszuräumen und einem weiteren sonst zu erwartenden Rechtsstreit vorzubeugen (siehe Redeker/von Oertzen, VwGO, 11. Aufl., 1994, § 91 VwGO Rdnr. 7 m.w.N.). Sachdienlichkeit ist auch anzunehmen, wenn eine unzuständige Behörde über einen Verpflichtungsantrag entschieden hat und die Klage im Laufe des Verfahrens gegen die zuständige Behörde gerichtet wird (BVerwG, 27.08.1962 - VII C 415.59 -, BVerwGE 14, 356; Redeker/von Oertzen, a.a.O.). Zwar sind wegen des Verlusts einer Tatsacheninstanz an die Sachdienlichkeit einer Klageänderung im Berufungsverfahren strengere Maßstäbe anzulegen, vorliegend ist die Sachdienlichkeit jedoch vor allem unter dem Gesichtspunkt zu bejahen, dass der Kläger einen Antrag auf Befristung bereits bei der zuständigen Behörde der Beklagten gestellt hatte und die ungeklärte Rechtslage hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeiten nicht zu seinen Lasten gehen kann. Dem Kläger kann nicht zugemutet werden, ein neues Verwaltungsverfahren beim Wetteraukreis einzuleiten. Ein weiteres Vorverfahren bzw. weitere vorherige Befassung der Beklagten mit der Sache war in der gegebenen Konstellation nicht erforderlich, weil nämlich im Grunde seit Antragstellung des Klägers gegenüber der Ausländerbehörde des Wetteraukreises die Situation einer Untätigkeitsklage vorliegt. Im übrigen ist auch die Annahme der Ausländerbehörde des Wetteraukreises im Zusammenhang mit der Abgabe des Verfahrens an die Stadt Kassel, der Kläger habe sich nach der durch die Stadt Kassel verfügten Ausweisung lediglich noch im Rahmen seines Asylverfahrens in Deutschland aufgehalten, unzutreffend. Der Kläger wurde bereits am 14. September 1990 ausdrücklich mit der Entlassungsanschrift "G. Straße, B." aus der Haft entlassen (Bö. 502, 505 Verwaltungsakte) und hatte erst am 22. Juli 1991 einen Asylantrag gestellt.

Die Stadt Kassel war dem Verfahren sodann notwendig beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO), weil deren Ausländerbehörde die Ausweisung verfügt hat und daher die Befristung der Ausweisung gemäß § 64 Abs. 2 AuslG nur im Einvernehmen mit der Stadt Kassel erfolgen kann. Nach § 64 Abs. 2 AuslG dürfen "Befristungen nach § 8 Abs. 2 Satz 2" von einer anderen Ausländerbehörde nur im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Die Vorschrift ist in zweifacher Weise missverständlich formuliert. Zum einen liegt ein Redaktionsversehen vor, soweit auf § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG Bezug genommen wird. Mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I, S. 3186) wurde § 8 Abs. 2 AuslG nämlich redaktionell abgeändert. Der zweite Halbsatz des vormalig ersten Satzes wurde zu einem selbständigen zweiten Satz ausgestaltet. Die Befristung ist nunmehr in § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG geregelt, ohne dass § 64 Abs. 2 AuslG an diese redaktionelle Änderung angepasst worden wäre. Zum anderen ist § 64 Abs. 2 AuslG so zu verstehen, dass auch die erstmalige Befristung einer Ausweisung im Einvernehmen mit der ausweisenden Behörde zu erfolgen hat. Bei der Formulierung "Befristungen nach § 8 Abs. 2 Satz 2..., dürfen von einer anderen Ausländerbehörde nur... geändert oder aufgehoben werden", handelt es sich um eine Ungenauigkeit des Gesetzgebers. Die Vorschrift kann zwar bei wörtlicher Auslegung dahin verstanden werden (so Hailbronner, AuslR, § 64 AuslG Rdnr. 9), dass sich § 64 Abs. 2 AuslG nur auf die Abänderung einer bereits erfolgten Befristung der Sperrwirkung bezieht, nicht aber auf die erstmalige Befristung der Sperrwirkung. Hiernach wäre im vorliegenden Fall kein Einvernehmen mit der Ausländerbehörde der Stadt Kassel erforderlich. Bei zweckgerichteter Auslegung stellt sich die Verwendung des Wortes "Befristung" anstatt der Worte "Wirkungen der Ausweisung" indes lediglich als eine sprachliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers dar. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG werden die "in den Sätzen 1 und 2 bezeichneten Wirkungen" auf Antrag in der Regel befristet. Nach dem Zweck des Einvernehmenserfordernisses müssen Entscheidungen über alle in § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslG bezeichneten Wirkungen einer Ausweisung im Einvernehmen mit der ausweisenden Behörde getroffen werden. Durch § 64 Abs. 2 AuslG soll nämlich verhindert werden, dass Entscheidungen einer Ausländerbehörde durch gegenläufige Entscheidungen einer anderen Behörde in ihrer Wirksamkeit aufgehoben werden. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn auch die Entscheidung über eine erstmalige Befristung im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde der Ausweisung getroffen wird. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Wirkungen einer Ausweisung, die von der ausweisenden Behörde bereits befristet worden waren, von der anderen Ausländerbehörde hinsichtlich der Frist abgeändert werden oder ob die andere Ausländerbehörde eine Befristung erst neu erlässt (für Einvernehmen hinsichtlich aller Entscheidungen über eine Befristung auch Jakober/Jehle/Schwab, a.a.O., § 64 AuslG Rdnr. 7). Das "Einvernehmen" schließlich erfordert eine möglichst einverständliche Regelung; in der Sache bedeutet es jedoch Zustimmung der anderen Ausländerbehörde (Kanein/Renner, AuslR, 6. Aufl., § 64 AuslG Rdnr. 2). Die Erteilung des Einvernehmens ist nicht selbständig einklagbar (Kanein/Renner, a.a.O., Rdnr. 7), da insoweit eine unselbständige Verfahrenshandlung vorliegt, die nicht gesondert mit Rechtsbehelfen angegriffen werden kann (§ 44a VwGO). Vielmehr unterliegt die Entscheidungsfindung der nach § 64 AuslG zu beteiligenden Behörde im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die von der anderen Ausländerbehörde verfügten Maßnahme gerichtlicher Überprüfung (Jakober/Jehle/Schwab, a.a.O., § 64 AuslG Rdnr. 3). Durch die gerichtliche Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Befristung wird auch ein erforderliches Einvernehmen ersetzt, so dass die beklagte Behörde durch § 64 Abs. 2 AuslG nicht mehr gehindert ist, dem Verpflichtungsausspruch nachzukommen.

4. Die Klage hat insoweit keinen vollständigen Erfolg, als die Verpflichtung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) begehrt wird, die Wirkungen der Ausweisung auf den 1. Oktober 1995 zu befristen.

a. Allerdings hat der Kläger auf seinen Antrag hin einen Anspruch auf Befristung der Ausweisung dem Grunde nach, weil kein Ausnahmefall vorliegt. Nach § 8 Abs. 2 AuslG darf ein Ausländer, der ausgewiesen oder abgeschoben worden ist, nicht erneut ins Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Diese Wirkungen werden jedoch nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG auf Antrag in der Regel befristet. Mit der Befristung der Wirkungen der Ausweisung wird demnach nicht über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entschieden, sondern es wird lediglich die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung beseitigt. Die im Rahmen der Entscheidung über die Befristung vorzunehmende Prüfung erstreckt sich nicht auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung vorliegen (so bereits zu § 15 AuslG 1965 BVerwG, 05.04.1984 - 1 C 57.81 -, EZAR 125 Nr. 4). Die Entscheidung über die Befristung präjudiziert die Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch nicht (Kanein/Renner, a.a.O., § 8 AuslG Rdnr. 15). Ohne Antrag liegt die Befristung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (Renner, Einreise und Aufenthalt von Ausländern nach dem in Deutschland geltenden Recht, Diss. Regensburg, 1996, S. 132). Auf einen entsprechenden Antrag hin steht die Befristung hingegen nicht mehr wie nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 im Ermessen der Behörde, sondern ist in der Regel auszusprechen (OVG Hamburg, 26.03.1992 - Bf VII 71/91 -, EZAR 047 Nr. 1 = NVwZ 1992, 1115; VGH Baden-Württemberg, 16.12.1992 - 11 S 1457/92 -; VG Berlin, 28.04.1995 - 35 A 340/94 -, InfAuslR 1995, 319; Kanein/Renner, a.a.O., § 8 AuslG Rdnr. 18; GK-AuslG, § 8 AuslG Rdnr. 25; Hailbronner, AuslR, § 8 AuslG Rdnr. 39; a. A. OVG Rheinland-Pfalz, 04.12.1991 - 13 A 11580/91 -). Das Vorliegen eines Ausnahmefalles unterliegt voller gerichtlicher Kontrolle. Dies ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG als auch aus der Entstehungsgeschichte. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Wirkungen der Ausweisung nicht mehr nur nach Ermessen, sondern in der Regel befristet werden (BT-Drs. 11/6321, S. 57 und 11/4541, S. 10). Dieser gesetzgeberische Wille würde unterlaufen, wenn die Ausländerbehörde im Ermessenswege bestimmen könnte, ob ein Regel- oder ein Ausnahmefall im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG vorliegt (so aber OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Von der Befristung dem Grunde nach ist zu unterscheiden die Bestimmung der Länge der Frist. Letztere Festlegung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde (dazu siehe unten 4.b.).

Die Bestimmung über die Befristung der Wirkungen einer Ausweisung bietet der Ausländerbehörde ein geeignetes rechtsstaatliches Mittel dafür, die einschneidenden Folgen einer Ausweisung für die persönliche Lebensführung des Ausländers einzuschränken und insbesondere bei generalpräventiv motiviert gewesenen Ausweisungen zu verhindern, dass sich die ausländerrechtliche Maßnahme im Verhältnis zu der beabsichtigten Abschreckung anderer Ausländer als unverhältnismäßiger Eingriff erweist (BVerfG, 18.07.1979 - 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386 = EZAR 123 Nr. 2). Die Ausländerbehörde kann hiermit dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung eines straffällig gewordenen und verurteilten Ausländers mit einer zeitlich abgestuften Reaktion gerecht werden, die gleichzeitig seinen privaten Belangen, insbesondere auch dem gebotenen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG, hinreichend Rechnung trägt (BVerfG, a.a.O.).

Anders als in § 47 Abs. 2 AuslG für die Ausweisung gibt das Gesetz bei der Befristung keine direkten Hinweise darauf, wann ein Regelfall vorliegt. Für die Abgrenzung der Regelfälle von den Ausnahmefällen ergeben sich bei Auslegung des Gesetzes folgende Grundsätze: Ein Ausnahmefall liegt nur dann vor, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalls (siehe OVG Hamburg, 06.05.1993 - Bf VII 10/93 -, EZAR 039 Nr. 1) von dem gesetzlich angenommenen Normalfall so signifikant abweichen, dass ein gänzliches Absehen von der Befristung geboten ist. Derartige atypische Verhältnisse sind anzunehmen, wenn eine Befristung im Hinblick auf den Zweck der Ausweisung oder Abschiebung nicht zu vertreten wäre (Renner, Einreise und Aufenthalt, a.a.O., S. 134). Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Ausländer in so hohem Maße eine Gefährdung öffentlicher Interessen darstellt, dass eine dauernde Fernhaltung vom Bundesgebiet geboten ist (Hailbronner, a.a.O., § 8 AuslG Rdnr. 41). Ein Ausnahmefall kann so insbesondere in Betracht gezogen werden (siehe dazu Renner, Einreise und Aufenthalt, a.a.O.), wenn wegen einer außerordentlichen Gefährlichkeit des Ausländers dessen dauernde Fernhaltung vom Bundesgebiet geboten ist, wenn ein abgeschobener Ausländer sich besonders hartnäckig der Abschiebung widersetzt hat und mehrmals abgeschoben werden musste (OVG Hamburg, 26.03.1992, a.a.O.), wenn ein abgeschobener Ausländer anschließend illegal wieder einreist (OVG Hamburg, 15.08.1991 - Bs VII 67/91 -, EZAR 017 Nr. 2 = InfAuslR 1992, 250), solange der Ausländer die Kosten einer Abschiebung nicht bezahlt hat oder wenn der Ausländer erneut straffällig geworden ist. Aus dem Regel-Ausnahmeverhältnis ist zu folgern, dass der Behörde die Darlegungslast für das Vorliegen eines Ausnahmefalls obliegt.

Umstände, die einer Ausweisung oder Abschiebung üblicherweise zugrunde liegen, können jedoch nicht schon die Anwendung der Regel und damit die Befristung ausschließen (Renner, Einreise und Aufenthalt, a.a.O.). Auch eine aufgrund von § 47 AuslG erfolgte Ausweisung genügt allein nicht, um einen Ausnahmefall anzunehmen (VGH Baden-Württemberg, 16.12.1992, a.a.O.; Renner, a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., § 8 AuslG Rdnr. 42). Denn § 8 Abs. 2 AuslG enthält keine derartige Differenzierung nach bestimmten Ausweisungstatbeständen. Es ist unzulässig, allein wegen einer nach § 47 AuslG erfolgten Ausweisung das in § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG festgelegte Regel-Ausnahmeverhältnis umzukehren. Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung des Einzelfalls kann jedoch der Umstand einer Ausweisung wegen besonderer Gefährlichkeit hingegen durchaus Berücksichtigung finden. Dies gilt namentlich für die Rauschgiftkriminalität, deren besondere Gefährlichkeit der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 47 Abs. 1 Nr. 3 AuslG mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. November 1994 (BGBl. I S. 3186) erneut betont hat.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass vorliegend jedenfalls zum maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt ein Regelfall gegeben ist. Soweit die angegriffenen Bescheide in Anlehnung an Ziffer 8.2.3. der "Vorläufigen Anwendungshinweise" (dazu siehe oben 2.) das Vorliegen eines Regelfalles allein mit der Begründung verneinen, dass der Kläger wegen besonderer Gefährlichkeit ausgewiesen worden sei, ist diese Begründung - wie dargelegt - rechtsfehlerhaft. Gleichwohl fallen bei der gebotenen Gesamtbeurteilung zunächst zu Ungunsten des Klägers seine Ausweisung im Zusammenhang mit der als besonders gefährlich zu bewertenden Rauschgiftkriminalität sowie der Umstand, dass der Kläger nach verfügter Ausweisung noch mehrere nicht ganz unerhebliche Straftaten begangen hat, ins Gewicht. Den nach der Ausweisung begangenen Straftaten kommt auch deswegen eigenständige wesentliche Bedeutung zu, da es sich nicht um Beschaffungskriminalität im Gefolge von Drogenabhängigkeit gehandelt hat. Unter Berücksichtigung dieser Umstände durfte die Ausgangsbehörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung im Ergebnis durchaus zu Recht angenommen haben, dass der Gesichtspunkte der Verhinderung weiterer Straftaten eine noch zeitlich unabsehbare Fernhaltung des Klägers vom Bundesgebiet erforderte. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich eine - angesichts der nach der Ausweisung begangenen Straftaten in besonderem Maße erforderliche - für den Kläger günstige Prognose hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten nicht möglich, weil der Kläger bis dahin in der Türkei im wesentlichen seinen Wehrdienst abgeleistet und noch nicht die Gelegenheit gehabt hatte, sich im Zivilleben straffrei zu bewähren. Das Interesse am Zusammenleben mit ausländischen Familienangehörigen im Bundesgebiet konnte unter derartigen Umständen nachrangig zu bewerten sein.

Anders stellt sich die Situation hingegen zum Entscheidungszeitpunkt des Senats dar. Es ist derzeit nicht anzunehmen, dass vom Kläger noch auf unabsehbare Zeit erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere durch die Begehung weiterer Straftaten ausgehen, der Ausweisungszweck noch nicht in absehbarer Zeit erfüllt sein kann und der Kläger weiterhin unbefristet vom Bundesgebiet ferngehalten werden muss. Der Fall des Klägers weicht auch nicht sonstwie so signifikant vom Normalfall einer Ausweisung ab, dass ein Absehen von der Befristung weiterhin zwingend geboten wäre. Über Straftaten des Klägers seit seiner Ausreise ist nichts bekannt, insbesondere ergibt sich keine Straffälligkeit in der Türkei aus dem vorgelegten Führungszeugnis der Staatsanwaltschaft Kayseri vom 24. September 1996. Weitere für den Kläger sich ungünstig auswirkende Umstände haben die Behörden nicht dargelegt. Daher ist davon auszugehen, dass der Kläger sich seit seiner Entlassung aus dem Wehrdienst der Türkei im März 1995 - mithin seit rund eineinhalb Jahren - straffrei bewähren konnte. Außerdem dürfte die Trennung von seiner Familie - die der Kläger auch spürte, weil er ausweislich der vorgelegten Korrespondenz sehr daran interessiert war, den Kontakt zu seiner Familie aufrecht zu erhalten - über einen Zeitraum von nunmehr drei Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit bei ihm die Einsicht bewirkt haben, dass nur straffreies Verhalten das gewünschte Zusammenleben mit seiner Familie in Deutschland sichern kann.

b. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf den 1. Oktober 1995. Hierbei kann offen bleiben, ob einem Ausländer für ein Begehren, die Wirkungen der Ausweisung bezogen auf einen zurückliegenden Zeitpunkt zu befristen, auch dann ein Rechtsschutzinteresse zur Seite steht, wenn er - wie hier der Kläger - nicht zumindest gleichzeitig einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Denn jedenfalls ist das dahingehende Begehren des Klägers in der Sache unbegründet.

Die Bemessung der Länge der Frist steht im gesetzlich nicht weiter gebundenen pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde (OVG Hamburg, 26.03.1992, a.a.O.; OVG Hamburg, 06.05.1993, a.a.O.; Renner, Einreise und Aufenthalt, a.a.O., S. 135; GK-AuslR, § 8 AuslG Rdnr. 41), und es lässt sich nicht feststellen, dass eine Befristung zum 1. Oktober 1995 die einzig ermessensgerechte Entscheidung darstellt.

Für die Kriterien der Ermessensausübung kann auf die Maßstäbe des § 45 Abs. 1 und Abs. 2 AuslG zurückgegriffen werden. Danach ist bei der Bemessung der Frist jedenfalls bei - wie hier - auch spezialpräventiv motiviert gewesenen Ausweisungen entsprechend § 45 Abs. 1 AuslG eine Prognose über die weitere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Ausländer zu erstellen. Ist zu erwarten, dass der Ausländer zum Entscheidungszeitpunkt keine weiteren Straftaten mehr begehen wird und auch sonst eine Beeinträchtigung erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu besorgen ist, spricht dies tendenziell dafür, die Wirkungen der Ausweisung auf den Entscheidungszeitpunkt der Behörde oder des Gerichts zu befristen (siehe GK-AuslR, § 8 AuslG Rdnr. 45). Ist der Zweck - insbesondere generalpräventiv motiviert gewesener Ausweisungen - noch nicht erfüllt, ist jedoch das Bedürfnis an der Fernhaltung des Ausländers wegen des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums geringer als ursprünglich, ist dem durch Anordnung einer an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierten Frist Ausdruck zu verleihen (GK-AuslR, § 8 AuslG Rdnr. 46). Darüber hinaus sind für die Bemessung der Frist aber auch die persönlichen Belange (siehe § 45 Abs. 2 AuslG) des Ausländers maßgeblich. Die Befristung der Ausweisung ermöglicht es - wie bereits dargelegt -, die einschneidenden Folgen einer Ausweisung für die persönliche Lebensführung des Ausländers einzuschränken und - dies insbesondere bei generalpräventiv motiviert gewesenen Ausweisungen - zu verhindern, dass sich die Ausweisung im Verhältnis zu der beabsichtigten Abschreckung anderer Ausländer als unverhältnismäßiger Eingriff erweist (BVerfG, a.a.O.). Art. 6 GG erfordert bei der Fristbemessung insbesondere die Berücksichtigung einer Ehe oder Eheschließung mit einem Deutschen oder in Deutschland lebendem ausländischen Partner (BVerwG, 03.06.1982 - 1 C 241/79 -, EZAR 125 Nr. 3; BVerwG, 07.06.1979 - 1 CB 5.78 -, EZAR 125 Nr. 1; Renner, Einreise und Aufenthalt, a.a.O., S. 135; GK-AuslR, § 8 AuslG Rdnr. 48 f.). Weiter kann bei der Bemessung der Frist auch die frühere Integration des Ausländers im Bundesgebiet Berücksichtigung finden (siehe § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG). Schließlich können auch die Tilgungsfristen nach dem Bundeszentralregistergesetz herangezogen werden. Hieraus kann zumindest entnommen werden, dass bei Ausweisungen wegen einer Straftat die jeweilige Tilgungsfrist für die Tat die Obergrenze für eine Befristung darstellt (BVerwG, 05.04.1984, a.a.O.; GK-AuslR, a.a.O., Rdnr. 56).

Vorliegend war auf den 1. Oktober 1995 bezogen noch nicht die erforderliche gesicherte Prognose möglich, dass der Kläger sich bei Rückkehr in die Bundesrepublik von weiteren Straftaten fernhalten wird (s. oben). Die Schutzwirkungen des Art. 6 GG gebieten ebenfalls nicht, die Ausweisungswirkungen bereits zum 1. Oktober 1995 zu befristen. Denn den Großteil der bis dahin verstrichenen Zeit der Trennung von Frau und Kindern beruhte auf der Ableistung des Militärdienstes, mithin eines Umstandes, der bei allen in Deutschland lebenden wehrpflichtigen türkischen Männern eine zeitweilige Trennung von der Familie mit sich bringt. Es lässt sich daher für den Zeitpunkt 1. Oktober 1995 nicht feststellen, dass ein weiteres Fernhalten des Klägers vom Bundesgebiet im Hinblick auf den fortbestehenden Ausweisungszweck bereits unverhältnismäßig hart gewesen ist.

5. Die Klage hat jedoch mit dem Bescheidungsantrag Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, bei der Bescheidung des Befristungsantrages nach pflichtgemäßem Ermessen eine Frist festzusetzen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG), wobei der Senat die Obergrenze bei einer Festsetzung von vier Jahren ab Ausreise sieht und ferner der Auffassung ist, dass sich im Falle des Vollzugs der Einbürgerung der Ehefrau des Klägers diese Obergrenze um sechs Monate verkürzt.

Dies ergibt sich für den Senat aus folgenden Erwägungen: Bei Berücksichtigung der recht erheblichen und nicht als Beschaffungskriminalität eines Drogenabhängigen zu qualifizierenden Straftaten des Klägers nach der Ausweisung und des Umstandes, dass die Bewährungsfrist von vier Jahren für die am 15. Dezember 1992 abgeurteilten Straftaten nach der Ausweisung derzeit noch nicht abgelaufen ist, lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte ermessensfehlerfrei nur zu einer Befristung auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung kommen kann; daher konnte ein Urteil zur Verpflichtung der Befristung auf den Entscheidungszeitpunkt des Senats nicht ergehen, insoweit unterliegt der Kläger auch nicht nur ganz unwesentlich (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, dazu siehe unten).

Auf der anderen Seite hat die im Laufe des Berufungsverfahrens erteilte Einbürgerungszusicherung an die Ehefrau die Gewichte zugunsten des Klägers verschoben. Lag der Schwerpunkt seiner persönlichen Belange und der Belange seiner Angehörigen (§ 45 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AuslG) anfangs noch eher auf der Wiederherstellung der Familiengemeinschaft, so tritt zwar dieser Gesichtspunkt - weil sich beide Söhne dem Alter der Volljährigkeit nähern - in seiner Bedeutung zurück, es hat auf der anderen Seite jedoch die Führung der Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau in Deutschland durch die Einbürgerungszusicherung eine noch verstärkte Bedeutung gewonnen, die den Ermessensspielraum der Beklagten weiter reduziert, weil die Einbürgerung danach nur noch von der mit großer Sicherheit zu erwartenden Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit abhängt. Angesichts der günstigen strafrechtlichen Prognose des Klägers kann der Verzicht auf die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland ohne Verletzung der Verhältnismäßigkeit nicht mehr lange zugemutet werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Ehe bereits seit 16 Jahren Bestand hat und - wie der Kläger im Verfahren nachgewiesen hat - nach wie vor als eheliche Lebensgemeinschaft aufrechterhalten wird. Nach Auffassung des Senats liegt die Obergrenze für die Befristung - auch unter Berücksichtigung der ihm in anderen Befristungsfällen bekannt gewordenen Verwaltungspraxis - hier bei vier Jahren seit Ausreise, also im September 1997. Weil die persönlichen Belange des Klägers und seiner Ehefrau bei Vollzug der Einbürgerung noch weiter verstärkt werden und unter den dann gegebenen Umständen die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Deutschen im Ausland nicht zumutbar erscheint, hält der Senat eine Verkürzung der Obergrenze in diesem Fall um sechs Monate auf März 1997 für angebracht.

Soweit schließlich der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Ausweisung im Jahre 1989 aus heutiger Sicht sich als rechtswidrig darstelle, weil sie - im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 unzulässigerweise - allein generalpräventiv begründet worden sei, so ist sein Ausgangspunkt unzutreffend. Die Ausweisung ist auch selbständig tragend auf spezialpräventive Gesichtspunkte gestützt gewesen (siehe S. 5 der Verfügung der Stadt Kassel vom 25.01.1989, S. 6 des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 30.08.1989 sowie S. 7 und 9 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Kassel vom 28.06.1989 - 4/3 H 644/89 - und S. 4 des Beschlusses des Hess. VGH vom 22.05.1990 - 12 TH 2337/89 -). Im übrigen konnte sich der Kläger damals bereits deshalb nicht auf eine ihm günstige Rechtsposition aus dem ARB 1/80 berufen, weil er zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung bereits seit fast eineinhalb Jahren in Untersuchungs- bzw. Strafhaft saß und damit nicht dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland zur Verfügung stand (Hess. VGH, 15.12.1993 - 12 TH 2030/93 -, EZAR 025 Nr. 8 = NVwZ-RR 1994, 356; vgl. auch BVerwG, 08.05.1996 - 1 B 136.95 -, EZAR 035 Nr. 14).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO; die vorgenommene Kostenteilung berücksichtigt, dass der Kläger im Wesentlichen rechtlich und tatsächlich obsiegt hat. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, § 167 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor, insbesondere betreffen die Ausführungen zur örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörde allein das Landesrecht.