Hessischer VGH, Urteil vom 19.09.1996 - 5 UE 3355/94
Fundstelle
openJur 2012, 21084
  • Rkr:
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der Beklagten, mit dem sie für das Kalenderjahr 1988 als damalige Inhaberin einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zu Abwassergebühren für die Einleitung des betrieblichen Abwassers in die städtische Entwässerungseinrichtung herangezogen worden ist.

Die Versorgung des Betriebs der Klägerin mit Trink- und Brauchwasser erfolgte zum überwiegenden Teil auf der Grundlage eines Bewilligungsbescheides des Regierungspräsidenten in Kassel vom 30. Mai 1969 durch Entnahme von Grundwasser aus zwei privaten Schachtbrunnen. Später trat - ebenfalls auf der Grundlage einer entsprechenden Bewilligung - die Entnahme von Wasser aus der Eder hinzu. Wasserzähler zur Messung der entnommenen Wassermengen waren nicht installiert. Die Beklagte berechnete die anfallenden Abwassergebühren deshalb nicht nach dem in ihrer Abwasserbeitrags- und -gebührensatzung vom 14. Dezember 1981 (im folgenden: AbwBGS) grundsätzlich vorgesehenen Frischwassermaßstab, sondern nach den tatsächlichen Abwassermengen, wobei sie sich zu deren Bestimmung bis 1987 eines Abwasserzählers bediente, den die Klägerin selbst auf dem Betriebsgelände hatte einbauen lassen. Wegen bei ihr aufgekommener Zweifel an der Meßgenauigkeit dieses - nicht geeichten - Abwasserzählers ließ die Beklagte im August 1987 ein geeichtes und beglaubigtes Abwassermengenmeßgerät in ihrer Kläranlage installieren, um so die - über eine eigene Zuleitung vom Betriebsgrundstück direkt in die Kläranlage gelangenden - Abwassermengen der Tierkörperbeseitigungsanstalt messen zu können. Für das Kalenderjahr 1988 wies dieses Meßgerät eine Gesamteinleitungsmenge von 21.546 cbm aus. Die durch den Abwasserzähler der Klägerin auf deren Betriebsgrundstück gemessene Abwassermenge betrug demgegenüber nur 14.865 cbm.

Mit Bescheid vom 14. März 1989 an die Firma "Anneliese Waage, Tierkörperbeseitigungsanstalt" setzte die Beklagte die Abwassergebühr 1988 für die Einleitung der betrieblichen Abwässer der Tierkörperbeseitigungsanstalt unter Zugrundelegung der von dem Meßgerät im Kläranlagenbereich gemessenen Einleitungsmenge von 21.546 cbm und eines in Anwendung der Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 10 AbwBGS für die CSB-Konzentration des Abwassers erhöhten Gebührensatzes von 10,05 DM/cbm auf insgesamt 216.537,30 DM fest; den nach Abzug einer erbrachten Vorausleistung von 114.000,-- DM noch zahlbaren Gebührenbetrag bezifferte sie demgemäß auf 102.537,30 DM. Die Klägerin erhob hiergegen am 21. März 1989 unter Hinweis auf die durch ihren eigenen Abwasserzähler gemessene geringere Abwassermenge Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 1991 zurück. Zur Begründung gab sie an, daß der Klägerin gestattet worden sei, einen geeichten und beglaubigten Abwasserzähler zur Erfassung aller vom Betriebsgrundstück abgeleiteten Abwässer zu installieren. Bei dem von der Klägerin eingebauten Zähler hätten sich dann jedoch Defekte und Ausfälle - teilweise über mehrere Jahre hinweg - ergeben. Die Gebührenhöhe habe deswegen in der vergangenen Jahren überwiegend geschätzt bzw. nach Durchschnittswerten und Mengenangaben für andere Zeiträume berechnet werden müssen. Um dem abzuhelfen, habe die Stadt einen Abwasserzähler eingebaut, der dem neuesten technischen Stand entspreche, geeicht sei und von der Herstellerfirma jährlich gewartet und überprüft werde. Die Abwassergebühr werde nunmehr zu Recht unter Zugrundelegung der Meßergebnisse dieses Geräts berechnet.

Am 5. November 1991 erhob daraufhin die Klägerin gegen die Veranlagung zur Abwassergebühr für 1988 Klage. Sie erklärte, die Gebührenforderung lediglich in Höhe des Betrages von 149.393,25 DM anzuerkennen, der sich bei Zugrundelegung der von ihrem eigenen Abwasserzähler ermittelten geringeren Abwassermenge ergebe. Demgemäß beantragte sie,

den Bescheid der Beklagten vom 14. März 1989 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 9. Oktober 1991 aufzuheben, soweit von ihr - der Klägerin - die Zahlung eines über den anerkannten Betrag in Höhe von 149.393,25 DM festgesetzten Betrages in Höhe von 67.144,05 DM gefordert wird.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie führte in ihrer Klageerwiderung aus, daß der von der Klägerin eingebaute Abwasserzähler nicht den Anforderungen entsprochen hätte, die an eine - gemäß § 8 Abs. 5 AbwBGS gestattete - Messung der tatsächlich eingeleiteten Abwassermenge zu stellen seien. Der Zähler der Klägerin sei nicht geeicht. Außerdem arbeite er netzstromabhängig und funktioniere daher nur dann, wenn die Stromversorgung sichergestellt sei. Bei Stromausfällen in der Vergangenheit habe die Abwassermenge nicht gemessen werden können. Da die Messung durch ein solches Gerät nicht anzuerkennen sei, andererseits aber die Klägerin auch der grundsätzlichen Verpflichtung zur Installierung besonderer Wasserzähler für die Wasserentnahme aus anderen Anlagen zwecks Bemessung der Gebühr nach dem Frischwassermaßstab nicht nachgekommen sei, stelle sich die Einleitung des Abwassers vom Betriebsgrundstück der Klägerin in die Kläranlage als unerlaubte Einleitung dar. In einem solchen Falle dürfe gemäß § 8 Abs. 7 AbwBGS die Abwassermenge geschätzt werden. Diese Schätzung habe sie - die Beklagte - auf der Grundlage des von ihr installierten Mengenzählers, der den Anforderungen des § 8 Abs. 5 AbwBGS genüge und ordnungsgemäß arbeite, vorgenommen. Der fragliche Mengenzähler sei an diejenige Abwasserleitung angebracht, die direkt vom Grundstück der Klägerin in die benachbarte Kläranlage führe; ein Zulauf betriebsfremder Abwässer vor der Meßstelle scheide somit aus.

Mit Beschluß vom 4. März 1992 lud das Verwaltungsgericht den Zweckverband Tierkörperbeseitigung Hessen Nord, der den streitigen Gebührenbetrag im Rahmen des ungedeckten Betriebsaufwandes der Tierkörperbeseitigungsanstalt gezahlt hat und ausweislich eines Schreibens seines Vorsitzenden vom 30. Oktober 1989 an die Stadt im Falle des Obsiegens der Klägerin Rückerstattung verlangen wird, gemäß § 65 VwGO zum Verfahren bei. Der beigeladene Zweckverband stellte keinen eigenen Antrag, trat aber in einer eigenen Stellungnahme der Rechtsauffassung der Klägerin bei, daß der streitige Gebührenbescheid rechtswidrig sei. Er führte aus, daß Grundlage für die Berechnung der Abwassergebühr für die Tierkörperbeseitigungsanstalt der Klägerin nur der Frischwassermaßstab sein könne, da die in § 8 Abs. 5 AbwBGS geregelten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Berechnung nach der durch besonderen Abwasserzähler gemessenen tatsächlichen Abwassermenge nicht vorlägen. Es fehle bereits an dem erforderlichen Antrag des Gebührenpflichtigen, ihm auf seine Kosten den Einbau eines gültig geeichten oder beglaubigten Abwasserzählers zur Erfassung der eingeleiteten Grundstücksabwässer zu gestatten. Im übrigen arbeite der von der Klägerin installierte Abwasserzähler korrekt. Die von diesem Zähler gemessenen Abwassermengen entsprächen den bei Tierkörperbeseitigungsanstalten vergleichbarer Größenordnung festgestellten Abwassermengen. Mit dem von der Beklagten installierten Meßgerät würden dagegen möglicherweise Zuläufe erfaßt, die gar kein Abwasser darstellten oder nicht vom Grundstück der Klägerin abgeleitet würden. Im Betrieb der Klägerin fielen in erheblichem Umfang Körperflüssigkeiten von verarbeiteten toten Tieren oder von Tierkörperteilen an; diese seien aber kein "Abwasser" im Sinne des satzungsmäßigen Abwasserbegriffs, weil es an der vorausgesetzten Entnahme aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage oder aus anderen Anlagen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AbwBGS) fehle.

Mit klagestattgebendem Urteil vom 25. Oktober 1994 - 6 E 1463/91 (2) - hob das Verwaltungsgericht die streitige Veranlagung in dem angefochtenen Umfang auf. Zur Begründung heißt es in den Entscheidungsgründen: Gegen die formelle und materielle Gültigkeit der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung der Beklagten in der Fassung, die sie zuletzt durch die 7. Änderungssatzung vom 14. Dezember 1987 erhalten habe, bestünden keine Bedenken. Dieses Satzungsrecht könne jedoch die Heranziehung der Klägerin zu einer Abwassergebühr in Höhe von 216.537,30 DM für 1988 unter Zugrundelegung der von dem Meßgerät der Beklagten für dieses Kalenderjahr angezeigten Abwassermenge nicht rechtfertigen. Die Bemessung der Abwassergebühr habe gemäß § 8 Abs. 2 AbwBGS grundsätzlich nach dem Frischwassermaßstab zu erfolgen. Die Voraussetzungen für die in § 8 Abs. 5 AbwBGS ausnahmsweise vorgesehene Bemessung nach dem durch besonderen Abwasserzähler gemessenen tatsächlichen Abwasseranfall lägen nicht vor, denn diese Vorschrift sei nach ihrem Wortlaut nur dann anwendbar, wenn der Gebührenpflichtige gemäß § 8 Abs. 3 und 4 AbwBGS wegen nachweislicher Nichtableitung bezogenen Frischwassers in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einen im Verhältnis zur bezogenen Wassermenge nicht nur unwesentlich geringeren Abwasseranfall geltend mache und aus diesem Grunde eine Bemessung der Abwassergebühr nach der durch einen besonderen Abwasserzähler angezeigten tatsächlichen Abwassermenge wünsche. § 8 Abs. 5 AbwBGS setze im übrigen auch einen Antrag des Gebührenpflichtigen voraus; diesen habe die Klägerin bei Einbau ihres Abwasserzählers unstreitig nicht gestellt. Eine Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlichen Abwassermenge in anderen als den von § 8 Abs. 5 AbwBGS geregelten Fallkonstellationen sehe die Satzung nicht vor. Die Beklagte könne die Zugrundelegung der von ihrem Meßgerät gemessenen tatsächlichen Abwassermenge auch nicht mit der Schätzungsbefugnis bei unerlaubter Abwassereinleitung gemäß § 8 Abs. 7 AbwBGS begründen. Eine unerlaubte Abwassereinleitung liege deshalb nicht vor, weil der Klägerin gestattet worden sei, das Abwasser direkt in die Kläranlage einzuleiten und die Abwassermenge mittels Abwasserzählers zu messen. Als Grundlage für eine Schätzung scheide auch § 8 Abs. 6 AbwBGS aus, denn es gehe im vorliegenden Falle nicht um die - in dieser Vorschrift geregelte - Gebührenbemessung nach der Wasserverbrauchsmenge eines anderen Ablesungszeitraums bei nicht richtiger oder überhaupt unterbliebener Wasserzähleranzeige für den tatsächlichen Abrechnungszeitraum. Eine über die in der Satzung selbst geregelten Möglichkeiten hinausgehende Schätzungsbefugnis unmittelbar auf der Grundlage des § 162 Abs. 1 AO i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 b des Hessischen Kommunalabgabengesetzes (HAG) könne nicht anerkannt werden. Die von der Satzung nicht gedeckte Gebührenbemessung im Falle der Klägerin lasse sich schließlich auch nicht unmittelbar auf eine von der Satzung abweichende vertragliche Vereinbarung stützen. Zum einen habe die Beklagte den Abschluß einer solchen Vereinbarung nicht hinreichend dargetan. Zum anderen stehe der Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen die tendenzielle Dispositionsfeindlichkeit des Abgabenrechts entgegen, auf die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. August 1991 (8 C 91.90 - KStZ 1992, 29) hingewiesen habe.

Gegen dieses ihr am 4. November 1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Dezember 1994 Berufung eingelegt. Sie bringt im Berufungsverfahren vor: Eine nicht korrekte Anwendung ihrer Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung im vorliegenden Fall könne nicht zur Folge haben, daß die Klägerin trotz tatsächlicher Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung von ihrer Zahlungsverpflichtung befreit sei. Die Stadt und die Klägerin hätten sich auf eine Berechnung der Abwassergebühr nach der durch Abwasserzähler ermittelten tatsächlichen Einleitungsmenge geeinigt, wie sich schon daraus ergebe, daß mit Einverständnis der Klägerin die Abwassergebühr jahrelang unter Zugrundelegung des von der Klägerin installierten Abwasserzählers erhoben worden sei. Beide Beteiligte seien davon ausgegangen, daß dieses Berechnungsverfahren durch das Satzungsrecht gedeckt sei. Es könne nicht bestritten werden, daß der von der Klägerin installierte Abwasserzähler mehrfach defekt gewesen sei und deshalb die Notwendigkeit der Installierung eines korrekt arbeitenden geeichten Abwasserzählers bestanden habe. Der sodann von der Stadt installierte Abwasserzähler sei geeicht und arbeite korrekt. Dies werde durch einen Überprüfungsvermerk der Firma X... vom 12. September 1988 sowie einen Vermerk des Stadtbauamts vom 15. Juni 1993 belegt. Der Verzicht auf die Bemessung der Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab im Falle der Klägerin sei ein Entgegenkommen der Stadt gewesen, denn hierdurch sei es der Klägerin erspart geblieben, zur Messung des aus anderen Anlagen entnommenen Wassers Mengenzähler anbringen zu müssen. Behandele man im Wege der "Umdeutung" die Abwassereinleitung der Klägerin im Jahre 1988 als "unzulässige Einleitung", so ergebe sich daraus die Möglichkeit der Stadt, die Abwassermenge für dieses Kalenderjahr zu schätzen. Bei einer Abrechnung nach dem Frischwassermaßstab hätte nämlich die Stadt eine Einleitung der betrieblichen Abwässer in ihre Entwässerungsanlage ohne Installation besonderer Wasserzähler nicht gestattet. Im übrigen führe die Nichterhebung von Gebühren für tatsächlich eingeleitete Abwassermengen in die städtische Entwässerungseinrichtung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin, so daß § 812 BGB Anwendung finde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 25. Oktober 1994 - 6 E 1463/91 (2) - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie macht im Berufungsverfahren geltend: Die Beklagte räume selbst ein, ihr Satzungsrecht nicht richtig angewendet zu haben. Die Dispositionsfeindlichkeit des Abgabenrechts und das Bestimmtheitsgebot schlössen es aus, eine von der Satzung abweichende Berechnung zu wählen. Eine unzulässige Einleitung der Abwässer habe, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, nicht vorgelegen.

Der Beigeladene hat im Berufungsverfahren keinen Antrag abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge - 2 Hefter - Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die - zulässige - Klage der Klägerin gegen die Heranziehung zur Abwassergebühr für 1988, soweit der festgesetzte Gebührenbetrag 149.393,25 DM übersteigt, ist abzuweisen, denn die Heranziehung ist insgesamt rechtmäßig.

Die Rechtsgrundlage für diese Heranziehung ergibt sich aus § 10 des Hessischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) in Verbindung mit der Abwasserbeitrags- und -gebührensatzung der Beklagten vom 14. Dezember 1981 (AbwBGS), die hier in der Fassung, die sie durch die siebte Änderungssatzung vom 14. Dezember 1987 erhalten hat, anzuwenden ist.

Das in formeller Hinsicht bedenkenfreie Satzungsrecht enthält auch inhaltlich keine Mängel, die seiner Anwendung als Rechtsgrundlage für die streitige Veranlagung entgegenstehen. Der in § 8 Abs. 2 AbwBGS grundsätzlich vorgesehene Frischwassermaßstab ist als für die Bemessung der Abwassergebühr geeigneter und damit nach § 10 KAG zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab anerkannt. Soweit die Satzung den Frischwassermaßstab einheitlich für Schmutzwasser u n d Niederschlagswasser verwendet, ist das hinzunehmen, weil bei der Siedlungsstruktur der Beklagten davon ausgegangen werden kann, daß zwischen den Mengen des von den einzelnen Grundstücken abgeleiteten Schmutz- und Niederschlagswassers wenigstens im Regelfall eine ungefähr gleichbleibende Relation besteht. Soweit diese Annahme bei "Wassergroßverbrauchern" auf im Verhältnis zur Höhe des Wasserverbrauchs relativ kleinen Grundstücken im Stadtgebiet nicht zutrifft, trägt dem die Satzung durch eine Gebührendegression bei zunehmender Frischwassermenge (§ 8 Abs. 8 Satz 1 AbwBGS) ausreichend Rechnung; sie entspricht damit in diesem Punkt den in Literatur und Rechtsprechung gestellten rechtlichen Anforderungen (vgl. etwa Senatsurteil vom 28.07.1977 - V OE 34/70 - HSGZ 1979, 84, 86 f., OVG Münster, Urteil vom 22.03.1982 - 2 A 1584/79 - GemHH 1983, 69, VG Darmstadt, Beschluß vom 31.07.1978 - IV H 31/78 - HSGZ 1980, 97; Hinsen in KStZ 1986, 181). Die Satzung sieht in ihrem § 8 Abs. 3 auch den gebotenen Abzug für nachweislich nicht in die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage eingeleitete Wassermengen vor. Zweifel bestehen allerdings daran, ob die in § 8 Abs. 3 geregelte "Bagatellgrenze" von - seit Inkrafttreten der vierten Änderungssatzung vom 4. Dezember 1984 - 40 Kubikmetern jährlich, bis zu der ein Wasserabzug unterbleibt, gültig ist. Für den Grenzwert von 60 Kubikmetern jährlich, den die ursprüngliche Satzungsfassung auswies und der von den Gemeinden aufgrund der früheren Rechtsprechung vorwiegend gewählt wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 28. März 1995 (BVerwG - 8 N 3.93 -, abgedruckt in NVwZ-RR 1995, 594 = ZKF 1995, 205 = HSGZ 1995, 358) entschieden, daß dieser Wert im Hinblick auf die erheblich gestiegenen Abwassergebühren keine unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität vernachlässigungsfähige Bagatellgrenze mehr beschreibt. Eine definitive Aussage dazu, welcher niedrigere Grenzwert gegebenenfalls mit dem allgemeinen Gleichheitssatz noch vereinbar ist, gibt es in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bislang nicht. Es spricht allerdings einiges dafür, daß auch ein Grenzwert von 40 Kubikmetern zu hoch ist und damit als zulässige Bagatellgrenze nicht in Betracht kommt. Das OVG Lüneburg hat in einem Urteil vom 13. Februar 1996 (9 K 1853/94 - DNG 1996, 167) einen Grenzwert von sogar nur 20 Kubikmetern jährlich wegen Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz und dem landesrechtlichen Grundsatz der leistungsbezogenen Gebührenbemessung verworfen. Der letztgenannten Entscheidung läßt sich die Tendenz entnehmen, Grenzwerten bei der Frischwassermengenabsetzung im Rahmen der Bemessung der Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab gänzlich die Berechtigung abzusprechen. Letztlich braucht diese Problematik aber nicht weiter vertieft zu werden. Die - einmal unterstellte - Ungültigkeit der Bagatellgrenze von 40 Kubikmetern jährlich in § 8 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AbwBGS hat nämlich nicht etwa zur Folge, daß die gesamte Maßstabsregelung - und damit wiederum die Eignung der Abwasserbeitrags- und -gebührensatzung der Beklagten als Rechtsgrundlage für die Erhebung von Abwassergebühren - hinfällig würde. Vielmehr bleibt die Gesamtregelung mit der Maßgabe gültig, daß die Absetzung nachweislich nicht der Kanalisation zugeführter Wassermengen nunmehr in vollem Umfang - d. h. ohne jede Bagatellgrenze - zu gewähren ist. Voraussetzung für den Mengenabzug ist dann lediglich, daß der Grundstückseigentümer den erforderlichen Absetzungsantrag (§ 80 Abs. 3 Satz 1 AbwBGS) stellt und die Menge des nicht der öffentlichen Kanalisation zugeführten Wassers durch einen auf seine Kosten anzubringenden Sonderwasserzähler nachweist (§ 80 Abs. 3 Satz 3 AbwBGS).

Die Maßstabsregelung für die Abwassergebühr ist auch insoweit gültig, als nach § 8 Abs. 5 AbwBGS die Stadt "anstelle der Regelungen in den Absätzen 3 und 4... auf Antrag des Gebührenpflichtigen gestatten" kann, daß gültig geeichte oder beglaubigte Abwasserzähler auf Kosten des Gebührenpflichtigen eingebaut werden, durch die alle vom Grundstück abgenommenen Abwässer zu leiten sind. Diese Regelung ermöglicht die Bemessung der Abwassergebühr nach dem (Wirklichkeits-)Maßstab der tatsächlich eingeleiteten - durch besonderen Zähler gemessenen - Abwassermenge. Dem Gebührenpflichtigen wird hierdurch eine Alternative zu der sonst stattfindenden Gebührenbemessung nach der Menge des bezogenen Frischwassers (Wahrscheinlichkeitsmaßstab) unter Absetzung der gemäß § 8 Abs. 3 AbwBGS durch Sonderwasserzähler gemessenen oder gemäß § 8 Abs. 4 ABwBGS auf andere Weise nachgewiesenen Wassermengen eröffnet. Der mit § 8 Abs. 5 AbwBGS verbundene "Maßstabswechsel" ist wegen Vorliegens von Gründen, die das ausnahmsweise Abweichen von einer maßstabseinheitlichen Gebührenbemessung rechtfertigen, unbedenklich. Die Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlich eingeleiteten Abwassermenge ist genauer als die Bemessung nach dem Frischwassermaßstab, denn sie knüpft an die wirkliche und nicht nur an die wahrscheinliche Leistungsmenge an. Die grundsätzliche Entscheidung des Satzungsgebers für den Frischwassermaßstab als Regelmaßstab beruht auf der Überlegung, daß der Frischwasserbezug ohnehin gemessen wird und eine hieran anknüpfende Bemessung auch der Abwassergebühr die Messung des tatsächlichen Abwasseranfalls, die einen nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwand verursachen würde, erübrigt. Dieses Praktikabilitätsargument verliert jedoch dann an Gewicht, wenn durch die Geltendmachung von Absetzungsmengen auch beim Frischwassermaßstab besonderer Aufwand durch die Notwendigkeit einer weiteren Messung (Einbau eines Sonderwasserzählers zur Erfassung der Absetzungsmengen) oder eines anderweitigen Nachweises entsteht. In diesen Fällen erscheint es gerechtfertigt, dem Gebührenpflichtigen als Alternative die Messung des genauen Abwasseranfalls anzubieten. Dem Gebührenpflichtigen wird diese Messung nicht etwa aufgezwungen, sondern er selbst kann unter Abwägung der jeweiligen Auswirkungen entscheiden, ob er eine Gebührenbemessung nach dem tatsächlichen Abwasseranfall unter Inkaufnahme des Aufwandes für den dann erforderlichen Einbau eines besonderen Abwasserzählers vorzieht und demgemäß einen entsprechenden Antrag stellt.

Von einer insgesamt gültigen Maßstabsregelung für die Erhebung von Abwassergebühren ausgehend stellt sich die Frage, ob die Beklagte diese Regelung im Einzelfall der Klägerin richtig angewendet hat. Der Festsetzung der streitigen Abwassergebühr für 1988 liegt eine Gebührenbemessung nach der Menge des Abwassers zugrunde, die das von der Beklagten installierte Meßgerät im Bereich der Kläranlage für dieses Jahr auswies. Dies hat das Verwaltungsgericht als rechtswidrig beanstandet. Nach seiner Auffassung hätte die auf die Klägerin entfallende Abwassergebühr wegen der grundsätzlichen Geltung des Frischwassermaßstabs und wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen für eine Berechnung nach der tatsächlichen Abwassermenge - sei es in Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 5 AbwBGS, sei es im Rahmen einer nach § 8 Abs. 6 und 7 AbwBGS oder nach § 162 Abs. 1 AO zulässigen Schätzung - nur nach der Menge des aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogenen Frischwassers und etwaigen gesondert gemessenen Wassermengen aus anderen Anlagen berechnet werden dürfen. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Die Beklagte war vielmehr nach § 8 Abs. 5 AbwBGS befugt, die Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge, so wie sie durch das in der Kläranlage installierte - geeichte und beglaubigte - Meßgerät für das Kalenderjahr 1988 ausgewiesen worden ist, festzusetzen.

Dem Wortlaut nach beschränkt sich die durch § 8 Abs. 5 AbwBGS eröffnete Abrechnungsalternative auf die Fallgestaltungen der Absätze 3 und 4, also auf Fälle, in denen es um die Bestimmung der abzusetzenden Frischwassermengen bei Anwendung des Frischwassermaßstabs geht. Das schließt es indessen nicht aus, die Vorschrift in den Fällen e n t s p r e c h e n d anzuwenden, in denen - wie hier - die Messung der tatsächlichen Einleitungsmenge eine Alternative sein soll zu der auch bei Anwendung des Frischwassermaßstabs notwendigen Messung mittels besonderen - gültig geeichten oder beglaubigten - Wasserzählers, wenn Wasser "aus anderen Anlagen (z.B. Quellen, Brunnen, Wasserläufen, Grundwasser)" entnommen wird. Die Regelung in § 8 Abs. 5 AbwBGS beruht auf der Überlegung, daß der mit dem Frischwassermaßstab bezweckte Praktikabilitätsgewinn nicht oder jedenfalls nicht vollständig erreichbar ist, wenn ohnehin eine besondere - zusätzliche - Messung erfolgen muß, und daß deshalb auch gleich zur Messung der tatsächlichen Einleitungsmenge als der w i r k l i c h e n Leistungsmenge übergegangen werden kann, wenn der Gebührenpflichtige dies wünscht. Diese Überlegung trifft aber nicht nur in den Fällen des § 8 Absätze 3 und 4, sondern immer dann zu, wenn trotz des Frischwassermaßstabs die Notwendigkeit besonderer - zusätzlicher - Messung besteht, somit gerade auch in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b) AbwBGS. Eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 5 AbwBGS, die dazu führt, daß der Gebührenpflichtige auch in den letztgenannten Fällen eine Gebührenbemessung nach der tatsächlichen Einleitungsmenge unter Inkaufnahme des Aufwandes für den Einbau eines besonderen Abwasserzählers beantragen kann, erscheint somit gerechtfertigt. Rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Grenzen, die der Analogie im Abgabenrecht gezogen sind, bestehen insoweit nicht. Die analoge Anwendung des § 8 Abs. 5 AbwBGS in den vom Wortlaut nicht erfaßten, von der Interessenlage her aber gleichgelagerten Fällen wirkt ausschließlich begünstigend, da dem Gebührenpflichtigen mit der Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge eine Alternative zur Verfügung gestellt wird, von der Gebrauch zu machen seiner eigenen Entscheidung überlassen bleibt.

Soweit das Verwaltungsgericht seine Auffassung, § 8 Abs. 5 AbwBGS lasse sich im vorliegenden Fall nicht anwenden, damit begründet, daß (nur) demjenigen Gebührenpflichtigen, der w e n i g e r Abwasser einleite als es der bezogenen Frischwassermenge entspreche, eine Abrechnung nach der tatsächlichen Einleitungsmenge ermöglicht werden solle, überzeugt das nicht. Entscheidend für die Regelung in § 8 Abs. 5 AbwBGS ist nicht das nachweisliche Zurückbleiben der tatsächlichen Einleitungsmenge hinter der bezogenen Frischwassermenge, sondern die Notwendigkeit einer besonderen Messung auch bei Anwendung des Frischwassermaßstabs. Dem Zurückbleiben der Einleitungsmenge hinter dem Frischwasserbezug wird durch die Möglichkeit der Absetzung des nicht eingeleiteten Frischwassers gemäß § 8 Abs. 3 AbwBGS ohnehin Rechnung getragen. § 8 Abs. 5 AbwBGS schafft insoweit keine weitergehende Vergünstigung für den Abgabepflichtigen. Der Vorteil, den dieser durch die Vorschrift erlangt, liegt lediglich darin, daß er sich statt der Messung von Frischwassermengen durch Sonderwasserzähler für eine Messung der tatsächlichen Einleitungsmenge und damit für einen genaueren Gebührenmaßstab entscheiden kann. Ob der Übergang vom Wahrscheinlichkeitsmaßstab zum Wirklichkeitsmaßstab für ihn im Hinblick auf die gemessene Menge wirklich günstiger ist, hängt vom Einzelfall ab. Wählt der Gebührenpflichtige die Messung der tatsächlichen Einleitungsmenge durch besonderen Abwasserzähler, so geht er durchaus das Risiko ein, daß diese Messung womöglich zu einer höheren Gebührenbelastung führt als eine Gebührenbemessung nach dem Frischwassermaßstab mit Absetzung tatsächlich nicht eingeleiteter Frischwassermengen.

Die entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 5 AbwBGS im vorliegenden Fall scheitert auch nicht an den in dieser Vorschrift geregelten Erfordernissen des Antrags des Gebührenpflichtigen und der dem Antrag entsprechenden "Gestattung". Die Klägerin hat nach dem unstreitigen Sachverhalt in den 70er Jahren in offensichtlichem Einverständnis mit der Beklagten einen Abwasserzähler zur Messung der tatsächlichen Einleitungsmengen installiert, und seit dieser Zeit wurden die Abwassergebühren unter Zugrundelegung eben dieser Messung von der Beklagten berechnet und festgesetzt. Soweit die Beklagte dann im August 1987 eine eigene Meßvorrichtung eingebaut hat, beruht das auf aufgekommenen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Meßgenauigkeit des Abwasserzählers der Klägerin; das grundsätzliche Einverständnis darüber, daß - auch weiterhin - die Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge bemessen werden solle, blieb davon unberührt. Somit ist von einer zumindest konkludenten Vereinbarung der Messung des tatsächlichen Abwasseranfalls als Grundlage für die Festsetzung der Abwassergebühren auszugehen. Eine solche Vereinbarung aber deckt sowohl den "Antrag" des Gebührenpflichtigen als auch die "Gestattung" der Stadt ab.

In entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 5 AbwBGS durfte die Beklagte bei der Bemessung der Abwassergebühr für 1988 auch auf die tatsächliche Einleitungsmenge abstellen, die das von ihr selbst installierte Meßgerät in der Kläranlage auswies. § 8 Abs. 5 AbwBGS schreibt die Messung durch einen gültig geeichten oder beglaubigten Abwasserzähler vor, und diesen Anforderungen genügte der Abwasserzähler, den die Klägerin installiert hatte, unstreitig nicht. Mit dem Einbau einer geeichten und beglaubigten Meßvorrichtung in der Kläranlage wurde für eine ordnungsgemäße Messung der tatsächlichen Einleitungsmengen entsprechend der - zumindest konkludenten - Vereinbarung zwischen den Beteiligten gesorgt. Dem § 8 Abs. 5 AbwBGS ist nicht zu entnehmen, daß der Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge zwingend ein von dem Gebührenpflichtigen selbst eingebauter Abwasserzähler zugrundezulegen ist. In der Vorschrift ist lediglich von einem Einbau des Abwasserzählers "auf Kosten des Gebührenpflichtigen" die Rede. Soweit es die Stadt im Rahmen der Gestattung nach § 8 Abs. 5 AbwBGS zuläßt, daß der Gebührenpflichtige selbst den Abwasserzähler einbaut, bleibt es ihr unbenommen, für den Fall, daß der vom Gebührenpflichtigen eingebaute Wasserzähler den Anforderungen des § 8 Abs. 5 AbwBGS nicht entspricht und berechtigten Anlaß zu Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit und Meßgenauigkeit gibt, von sich aus einen anderen - den Anforderungen entsprechenden und ordnungsgemäß arbeitenden - Zähler einzubauen. Insoweit gilt - unbeschadet dessen, daß beim Abwasserzähler eine ausdrückliche Regelung fehlt - nichts anderes als für die Wasserzähler, die gemäß § 12 Abs. 7 der allgemeinen Wasserversorgungssatzung der Beklagten vom 14. Dezember 1981 - "in bestimmten Zeitabständen von der Stadt überprüft und - soweit erforderlich - instandgesetzt oder durch andere Zähler ersetzt" werden. Die Ersetzung eines Abwasserzählers nach § 8 Abs. 5 AbwBGS unter den vorgenannten Voraussetzungen hat der Gebührenpflichtige hinzunehmen, denn Voraussetzung für die von ihm gewünschte Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge ist nun einmal ein ordnungsgemäßer Zähler. Sollte er aus Anlaß der Beanstandung und der Ersetzung des von ihm selbst eingebauten Abwasserzählers kein Interesse mehr an der Bemessung der Abwassergebühr nach der tatsächlichen Einleitungsmenge haben, so müßte er dies der Stadt gegenüber eindeutig zum Ausdruck bringen. Daß die Klägerin dies getan hätte, ist nicht ersichtlich. Da sie weiterhin von einer Messung der aus anderen Anlagen entnommenen Wassermengen durch einen besonderen Wasserzähler gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b) AbwBGS absah, mußte angenommen werden, daß sie das Verfahren der Messung der tatsächlichen Einleitungsmenge gemäß § 8 Abs. 5 AbwBGS als solches beibehalten wollte.

Die deutlich niedrigere Messung durch den - von der Beklagten beanstandeten - Abwasserzähler der Klägerin für das Kalenderjahr 1988 löst keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit des Meßergebnisses des von der Beklagten eingebauten Abwasserzählers aus. Aus dem Überprüfungsvermerk der Firma X... vom 12. September 1988 und aus einem Vermerk des Stadtbauamts vom 15. Juni 1993 über einen Probedurchlauf mit der Feststellung einer Meßgenauigkeit von +/- 0,3 % ergibt sich, daß der Abwasserzähler der Beklagten ordnungsgemäß und zuverlässig arbeitete. Demgegenüber waren bei dem Abwasserzähler der Klägerin seit 1978 mehrfach Ausfälle und Defekte zu verzeichnen, die dazu führten, daß die jährlichen Einleitungsmengen überwiegend geschätzt werden mußten.

Der Einwand der Klägerin und der Beigeladenen, in der von dem Abwasserzähler der Beklagten gemessenen Abwassermenge sei Tierkörperflüssigkeit enthalten, die als solche kein "Abwasser" darstelle und deshalb nicht als "Einleitungsmenge" berücksichtigungsfähig sei, ist ebenfalls unbegründet. Jede Flüssigkeit, die in die Kanalisation eingeleitet und der Abwasserbehandlung in der Kläranlage zugeführt wird, wird spätestens durch den Vorgang der Vermischung mit dem in der öffentlichen Entwässerungseinrichtung befindlichen Abwasser ihrerseits zu Abwasser. Davon abgesehen dürfte bei den hier in Rede stehenden Tierkörperflüssigkeiten auch schon vor der Einleitung Abwasser vorliegen, denn durch die Zuführung von Wasser bei der Verarbeitung der Tierkörper entsteht ein Gemisch, welches insgesamt als "Schmutzwasser" zu bezeichnen ist. Daß die Tierkörperflüssigkeit keine Flüssigkeit ist, die aus dem Bezug von Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage oder anderen Anlagen herrührt, hindert nicht die Behandlung als "Abwasser". Die fiktive Gleichsetzung von Frischwasser und Abwasser bei Anwendung des Frischwassermaßstabs dient allein der Gewinnung eines geeigneten Indikators für die wahrscheinliche Abwassermenge, die der Gebührenbemessung zugrundezulegen ist; das aber bedeutet nicht, daß Abwasser nur sein könnte, was früher irgendwann einmal Frischwasser gewesen ist.

Anlaß, an der Richtigkeit der Abwassermessung durch den von der Beklagten eingebauten Abwasserzähler für das Kalenderjahr 1988 zu zweifeln, gibt auch nicht der von dem Vertreter des Beigeladenen vorgelegte Aufsatz zur Abwassersituation der Tierkörperbeseitigungsanstalten und Spezialbetriebe in Deutschland, der in der Zeitschrift "Die Fleischmehlindustrie" 7/1996 veröffentlicht wurde. Verglichen mit der Orientierung an statistischen Erfahrungswerten für die Abwassermengen beiTierkörperbeseitungsanstaltenstellt die Messung der Abwassermenge eines bestimmten Betriebes durch einen Abwasserzähler eine ungleich genauere und zuverlässigere Methode dar. Weicht das Ergebnis einer solchen Messung von statistisch gewonnenen Erfahrungswerten ab, so läßt sich daraus allenfalls der Schluß ziehen, daß im konkreten Einzelfall die Erfahrungswerte nicht zutreffen, nicht aber der umgekehrte Schluß, das durch den Abwasserzähler ausgewiesene Meßergebnis müsse falsch sein.

Die streitige Gebührenfestsetzung läßt sich im übrigen auch rechnerisch nicht beanstanden. Die Beklagte ist fehlerfrei - dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten - von einem infolge der Zuschlagsregelung für erhöhte CSB-Konzentration (§ 8 Abs. 10 AbwBGS) erhöhten Gebührensatz von 10,05 DM je Kubikmeter Abwasser ausgegangen. Die Vervielfältigung dieses Gebührensatzes mit der durch die Meßvorrichtung der Beklagten gemessenen Abwassermenge 1988 (21.456 cbm) führt zu dem festgesetzten Gebührenbetrag von 216.537,30 DM.

Der Berufung der Beklagten ist nach allem stattzugeben. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin die Kosten des gesamten Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Da der Beigeladene im Berufungsverfahren keinen eigenen Antrag gestellt hat, sind schon aus diesem Grunde seine Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt findet seine Grundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).