OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.12.1994 - 6 U 164/93
Fundstelle
openJur 2012, 20549
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. April verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,– DM, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, in bezug auf Verträge "zur Nutzung der Einrichtungen im folgende Allgemeine Geschäftsbedingung zu verwenden, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes:

"Krankheit, Wohnungswechsel und ähnliches entbinden das Mitglied nicht von den Verpflichtungen aus diesem Vertrag."

Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten des Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.

Im übrigen wird – soweit der Kläger die Verurteilung auf andere Vertragstypen erstrecken will – die Berufung zurückgewiesen. Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 35/36 der ersten Instanz und 5/6 der zweiten Instanz. Der Kläger hat 1/36 der ersten Instanz und 1/6 der zweiten Instanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,– DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge anerkannten inländischen Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer der Beklagten: 5.300,– DM, Beschwer des Klägers: 1.000,– DM.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Beklagte auf die Berufung verurteilt worden ist.

Tatbestand

Der Kläger nimmt nach seiner Satzung die Interessen der Verbraucher wahr und verfolgt insbesondere das Ziel, gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen vorzugehen.

Die Beklagte betreibt ein sogenanntes "Sport- und Fitness Center". Sie schließt mit ihren Kunden formularmäßige Verträge "zur Nutzung der Einrichtungen im ..., die u. a. die im nachfolgenden Klageantrag wiedergegebenen Klauseln enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf die überreichte Kopie eines solchen Formularvertrages (Bl. 11, 12 d. A.) Bezug genommen.

Mit seiner Klage hat der Kläger insgesamt zwölf Klauseln beanstandet. Er hat u. a. ausgeführt, die Klausel gemäß Klageantrag zu 8. verstoße gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Bei dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis handele es sich im Hinblick auf die Anleitungs- und Betreuungspflichten des Beklagten um einen Dienstvertrag. Das demnach gesetzlich vorgesehene Recht zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) werde durch die Klausel ausgeschlossen.

Der Kläger hat beantragt, wie folgt zu erkennen:

I.

Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in bezug auf Fitness-, Freizeit- und Sportstudioverträge folgende Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes:

1.

Hiermit ermächtige ich das ... unwiderruflich die von mir zu entrichtenden Zahlungen für die Mindestvertragsdauer zu Lasten meines Kontos mittels Lastschrift einzuziehen.

2.

Vertragskopie habe ich erhalten.

3.

Der Betrag wird jeweils am 1. Tag des Monats abgebucht.

4.

Kosten, die das ... durch Mahnungen hat: Diese Kosten werden aufgrund des mit den Mahnungen verbundenen Mehraufwands an Personal- und Sachkosten für jede Mahnung pauschal auf DM 5,– festgesetzt.

5.

Kommt das Mitglied mit der Zahlung ganz oder teilweise mehr als 30 Tage in Rückstand, so wird der gesamte noch offene Betrag zur Zahlung fällig.

6.

Durch seine Unterschrift bestätigt das Mitglied, daß es auf eigenes Risiko und Gefahr im ... trainiert.

7.

Gegen das Training bestehen keine ärztlichen Bedenken.

8.

Krankheiten, Wohnungswechsel u. ä. entbinden das Mitglied nicht von den Verpflichtungen aus diesem Vertrag.

9.

Die Mitgliedschaft verlängert sich stillschweigend immer wieder um die erstmals vereinbarte Mitgliedschaftsdauer, falls nicht jeweils drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.

10.

Den ... steht es frei, die Öffnungszeiten zu ändern.

11.

Der Gerichtsstand richtet sich nach dem Sitz des Studios.

12.

Für Kleidung, Wertgegenstände u. ä. wird keine Haftung übernommen.

II.

Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten des Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat Verstöße gegen das AGB-Gesetz in Abrede gestellt und u. a. geltend gemacht, bei dem Vertragsverhältnis handele es sich um einen Mietvertrag, so daß die Klausel gemäß Klageantrag zu 8. der gesetzlichen Regelung (§ 552 BGB) entspreche.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 26. April 1993, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der Ordnungsmittel nach § 890 ZPO zu unterlassen, in bezug auf Freizeit-, Fitness- und Sportstudioverträge die Klauseln gemäß den Klageanträgen zu 1. – 7., 9. – 12., ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes, zu verwenden. Weiter hat es dem Kläger antragsgemäß die Befugnis zur Bekanntmachung der Urteilsformel zugesprochen. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren gemäß dem Klageantrag zu 8. weiter. Die Beklagte wendet sich mit der unselbständigen Anschlußberufung gegen die Anordnung der Veröffentlichungsbefugnis.

Zur Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:

Der Beklagten wird in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 26. 04. 1993 – 2/24 O 43/93 – bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in bezug auf Fitness-, Freizeit- und Sportstudioverträge folgende Allgemeine Geschäftsbedingung zu verwenden, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes:

Krankheiten, Wohnungswechsel u. ä. entbinden das Mitglied nicht von den Verpflichtungen aus diesem Vertrag.

Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten des Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt insoweit das angefochtene Urteil.

Zur Anschlußberufung trägt die Beklagte vor, der Kläger habe den Antrag nach § 18 AGBG nicht hinreichend begründet. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger sei auch nicht geeignet, eventuell eingetretene Störungen zu beseitigen. Die Befugnis zur Veröffentlichung in anderer Form ergebe sich ohne weiteres aus § 18 AGBG, so daß für einen entsprechenden Ausspruch ein Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. April 1993 – 2/24 O 43/93 – abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit gemäß Ziff. II des Tenors dem Kläger die Befugnis zugesprochen wurde, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlußberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Die ebenfalls zulässige Anschlußberufung des Beklagten bleibt insgesamt erfolglos.

I. Berufung

1.

Dem Kläger steht der mit dem Antrag zu 8. geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Das Landgericht hat allerdings zu Recht einen Verstoß der beanstandeten Klausel gegen §§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG i. V. m. § 626 BGB verneint, weil das mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelte Vertragsverhältnis den dienstrechtlichen Vorschriften der §§ 611 f. BGB nicht unterfällt. Die Hauptpflicht der Beklagten besteht nach dem Vertragsinhalt darin, dem Kunden die Räume und die Übungsgeräte zur Verfügung zu stellen. Die Erbringung von Unterrichts- oder sonstigen Dienstleistungen durch die Beklagte wird im Vertrag selbst nicht angesprochen. Soweit die Beklagte unabhängig vom Inhalt des Vertragstextes verpflichtet ist, den Kunden in den Gebrauch der Geräte einzuweisen, zu beraten und zu beaufsichtigen, handelt es sich um reine Nebenpflichten, die trotz ihrer dienstrechtlichen Elemente nichts daran ändern, daß die reine Gebrauchsüberlassung das Vertragsverhältnis maßgeblich prägt (so bereits der erkennende Senat im Urteil vom 20. März 1986 – 6 U 40/85 –, S. 7; ebenso: OLG Karlsruhe NJW-RR 89, 243, 244; OLG Düsseldorf NJW-RR 92, 55; anderer Ansicht: OLG Hamm NJW-RR 92, 242, 243).

Die streitgegenständliche Klausel, wonach der Vertragspartner zur Zahlung der Vergütung bei persönlicher Verhinderung, insbesondere auch aus gesundheitlichen Gründen, verpflichtet bleibt, führt jedoch zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG.

Dem steht zunächst nicht entgegen, daß der Inhalt der Klausel der gesetzlichen Regelung des § 552 Satz 1 BGB entspricht, was gemäß § 8 AGBG jede Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG ausschließen würde. Nach Auffassung des erkennenden Senats findet die Vorschrift des § 552 BGB auf Vertragsverhältnisse der vorliegenden Art keine Anwendung.

Zwar sind langfristige Verträge über die Benutzung eines Sportstudios dem Vertragstyp der Miete sehr stark angenähert, da – wie bereits ausgeführt – die entgeltliche Gebrauchsüberlassung der Räume und Sportgeräte im Vordergrund steht. Eine Besonderheit besteht jedoch darin, daß dem Kunden die Einrichtungen für die vereinbarte Vertragszeit nicht zur alleinigen, sondern nur zur gleichzeitigen Benutzung neben anderen Kunden zur Verfügung stehen, die hierfür ihrerseits eine weitere Vergütung zahlen. Demgegenüber beruhen die Vorschriften des BGB über die Miete erkennbar auf der Annahme, die Mietsache werde einem einzigen Mieter oder einer einzigen Mietergemeinschaft gegen Entrichtung eines einheitlichen Mietzinses zum ausschließlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt. So hat der Vermieter dem Mieter nach § 536 BGB "die Mietsache ... zu überlassen". Weiter ergeben die Vorschriften über die Lasten der Mietsache (§ 546 BGB), den Ersatz von Verwendungen (§ 547 BGB), die Wegnahme von Einrichtungen (§ 547 a BGB) sowie die Untermiete (§ 549 BGB) nur dann Sinn, wenn dem Mieter die Mietsache alleine zur Verfügung steht. Schließlich zeigen die Regelungen in § 552 Satz 2 und 3 BGB über die anderweitige Gebrauchsüberlassung, die ein Korrektiv zur grundsätzlichen Risikoverteilung in § 552 Satz 1 BGB darstellen, daß der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, der Gebrauch der Mietsache könne jeweils nur einem Mieter eingeräumt werden, wobei der Vermieter während dieser Zeit von der anderweitigen Verwertung ausgeschlossen ist. Wird demgegenüber – wie hier – eine Sache lediglich zur Mitbenutzung überlassen, handelt es sich zwar um ein mietähnliches Vertragsverhältnis, auf das mietrechtliche Vorschriften – etwa über die Haftung – weitgehend entsprechend angewendet werden können (so für den Vertrag über die Benutzung einer Badeanstalt BGH VersR 75, 766). Jedoch gilt dies nicht für solche Vorschriften, die gerade auf die alleinige Gebrauchsüberlassung an den Mieter zugeschnitten sind und der abweichenden Interessenlage der Parteien im Falle der bloßen Mitbenutzung nicht gerecht werden. Hierzu gehört auch die Regelung in § 552 BGB.

In Satz 1 der Vorschrift wird dem Mieter das Risiko der eigenen persönlichen Verhinderung in vollem Umfang auferlegt. Dies ist für den Fall der Alleinbenutzung der Mietsache durch den Mieter folgerichtig, da der Vermieter infolge der vollständigen Überlassung der Mietsache gehindert ist, diese selbst zu benutzen oder anderweitig zu verwerten. Eine solche Situation tritt bei Mitbenutzungsverträgen der vorliegenden Art gerade nicht ein, da der Betreiber des Sportstudios ohnehin einer sich ständig ändernden und nach oben nicht fest begrenzten Vielzahl von Kunden den gleichzeitigen Gebrauch derselben Einrichtungen ermöglicht. Aus diesem besonderen Bild der Leistungserbringung folgt zugleich, daß es dem an der Teilnahme gehinderten Kunden auf der anderen Seite praktisch verwehrt wäre, jemals von den Möglichkeiten nach § 552 Satz 2 und 3 BGB zu profitieren, die – wie bereits erwähnt – ein gewisses Korrektiv zur Risikoverteilung in § 552 Satz 1 BGB bilden sollen. Wie das Landgericht im Anschluß an Schlosser (EWiR § 9 AGBG 13/85, 425) zutreffend ausgeführt hat, erspart der Betreiber des Studios keine Aufwendungen (§ 552 Satz 2 BGB), wenn einer der vielen Kunden zum Training nicht erscheint. Ebensowenig ist denkbar, daß der Betreiber durch Gebrauchsüberlassung "an einen Dritten" außerstande gerät, dem einzelnen Kunden die vertraglich geschuldete (Mit-) Benutzung zu gewähren (§ 552 Satz 3 BGB). Die Regelung des § 552 BGB kann daher insgesamt auf langfristige Verträge über die Mitbenutzung eines Sportstudios nicht angewendet werden, da sie der besonderen Interessenlage der Parteien eines solchen Vertragsverhältnisses nicht gerecht wird.

Die demnach unmittelbar an § 9 Abs. 1 AGBG zu messende Klausel stellt insoweit eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, als dieser nach deren Wortlaut im Falle der persönlichen Verhinderung einschränkungslos, also auch bei dauernder Erkrankung, zur weiteren Vergütungszahlung verpflichtet bleibt.

Nutzt der Kunde die Einrichtungen der Beklagten über einen längeren Zeitraum nicht, erhält er für die weiter zu entrichtende Vergütung keinerlei Gegenleistung. Auf der anderen Seite ist die Beklagte aus den bereits genannten Gründen nicht gehindert, ihr Sportstudio weiterhin durch entgeltliche Überlassung an andere Kunden wirtschaftlich in vollem Umfang zu verwerten. Die darin liegende Äquivalenzstörung im Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann hingenommen werden, soweit sie auf einer lediglich zeitlich begrenzten Verhinderung des Kunden, etwa durch Urlaub oder vorübergehender Erkrankung, beruht. Daß derartige Verhinderungen eintreten können, ist selbstverständlich und für den Kunden ohne weiteres vorhersehbar. Dem Nachteil, die Vergütung in einem solchen Fall weiter entrichten zu müssen, steht jedoch der Vorteil gegenüber, daß der Kunde generell die Möglichkeit hat, die Einrichtungen – so er persönlich dazu in der Lage ist – beliebig oft und beliebig lang zu benutzen. Damit können eingetretene kurzfristige Ausfallzeiten durch intensivere Nutzung in der übrigen Zeit ausgeglichen werden. In diesem Umfang führt die Verlagerung des Risikos der persönlichen Verhinderung auf den Kunden, wie sie etwa auch mit der Ausgabe von "Dauerkarten" für die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen im allgemeinen verbunden ist, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG.

Etwas anderes gilt nach Auffassung des Senats jedoch, wenn – wie mit der streitgegenständlichen Klausel – der Kunde infolge der persönlichen Verhinderung an der Vergütungspflicht ohne jede Einschränkung festgehalten werden soll. Dies kann im äußersten Fall dazu führen, daß der Kunde beispielsweise kurz nach Vertragsschluß dauerhaft erkrankt, die Trainingseinrichtungen praktisch während der gesamten Vertragslaufzeit nicht benutzen kann und gleichwohl die volle Vergütung entrichten muß. Darin liegt eine derart krasse Äquivalenzstörung im Verhältnis der gegenseitigen Leistungen, daß eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine solche Rechtsfolge zuläßt, einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht standhält.

Dabei ist es für die Beurteilung ohne Bedeutung, ob die Beklagte in einem Fall der geschilderten Art tatsächlich auf der vollständigen Vertragserfüllung durch die Kunden besteht oder bereit ist, etwa eine außerordentliche Kündigung zu akzeptieren. Selbst wenn letzteres der Fall sein sollte, wird der Kunde durch die Formulierung der streitgegenständlichen Klausel, die die Möglichkeit vorzeitiger Kündigung gerade nicht nahelegt, davon abgehalten, eine Kündigung aus wichtigem Grund überhaupt erst in Betracht zu ziehen. Dies reicht nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung aus, um die Verwendung einer Klausel im Rahmen der abstrakten Inhaltskontrolle zu untersagen (vgl. hierzu Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., Rz. 31 zu § 9 m. w. N.).

Für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens bedarf es keiner abschließenden Überlegungen dazu, wann im Einzelfall von einer dauerhaften Verhinderung im oben genannten Sinn gesprochen werden kann und welche Möglichkeiten – etwa durch Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für bestimmte Fälle – der Beklagten offenstehen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Einklang mit den Anforderungen des § 9 Abs. 1 AGBG zu gestalten. Jedenfalls wird die streitgegenständliche Klausel in der konkret verwendeten Form diesen Anforderungen nicht gerecht.

2.

Der Unterlassungstenor war abweichend vom Antrag des Klägers jedoch auf die konkrete Art des Rechtsgeschäfts zu beschränken.

Nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 AGBG muß die Art der Rechtsgeschäfte, für die die Bestimmungen beanstandet werden, im Klageantrag bezeichnet werden. Diesem besonderen Bestimmtheitserfordernis wird der Klageantrag nicht gerecht, weil "Fitness-, Freizeit- und Sportstudioverträge" gerade unterschiedliche Arten von Geschäften, insbesondere die reine Gebrauchsüberlassung, aber auch Unterrichtsleistungen, zum Gegenstand haben können. Im übrigen besteht hinsichtlich der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel für andere als die im Tenor bezeichnete Art von Geschäften keine Wiederholungs- oder Begehungsgefahr. Der konkrete Vertragstext ist im vorliegenden Fall alleine auf reine Benutzungsverträge zugeschnitten. Daß die Beklagte die darin enthaltenen Klauseln auch für Unterrichtsverträge verwendet, hat der Kläger nicht dargetan.

Der auf das konkrete Rechtsgeschäft beschränkte Unterlassungstenor stellt gegenüber dem Klage- und Berufungsantrag, der nach seinem Wortlaut auch andere Arten von Rechtsgeschäften erfassen würde, ein sachliches minus dar. Die Berufung war daher im Umfang des weitergehenden Unterlassungsbegehrens zurückzuweisen.

3.

Der Ausspruch über die Veröffentlichungsbefugnis beruht auf § 18 AGBG. Der Senat hält dabei auch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger für sachgerecht, da dies – zumindest auf dem mittelbaren Weg über die journalistische Berichterstattung – ebenfalls dazu beitragen kann, die interessierte Öffentlichkeit über die Entscheidung zu informieren. Soweit die Beklagte meint, für die Veröffentlichungsbefugnis in anderer Form bedürfe es keines gerichtlichen Ausspruchs, steht dem der Wortlaut des § 18 AGBG entgegen.

II. Anschlußberufung

Aus den Ausführungen zu I. 3. ergibt sich zugleich, daß die Anschlußberufung keinen Erfolg haben kann.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die vorgenommenen Kostenquotelungen entsprechen dem jeweiligen Anteil der Zuvielforderungen am Gesamtstreitwert. Dabei bewertet der Senat die mit der Beschränkung auf das konkrete Rechtsgeschäft verbundene Teilabweisung mit jeweils 1/3 der Klageanträge.

Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit die Beklagte auf die Berufung verurteilt worden ist. Die Rechtssache hat in diesem Punkt grundsätzliche Bedeutung (§ 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), da die rechtliche Einordnung der in Rede stehenden Benutzungsverträge noch nicht abschließend geklärt ist und insoweit auch nicht unerhebliche Vermögensinteressen der Beteiligten berührt sind.

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