VG Gießen, Beschluss vom 15.09.1994 - 7 G 679/94
Fundstelle
openJur 2012, 20502
  • Rkr:
Tatbestand

Der am. 1971 in Gießen geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger und in Deutschland aufgewachsen.

Nach Vollendung seines 16. Lebensjahres erhielt der Antragsteller erstmals am 20.01.1988 eine Aufenthaltserlaubnis. Diese wurde zuletzt am 12.12.1990 bis zum 11.12.1992 verlängert (vgl. Bl. 213 der Behördenakte).

Der Antragsteller ist mehrmals strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zuletzt wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 19.05.1992 unter Einbeziehung seiner vorherigen drei Verurteilungen zu einer Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Wegen der Einzelheiten der Verurteilungen wird auf die Darstellung in dem angefochtenen Bescheid vom 02.11.1993 (Bl. 6 bis 11 der Gerichtsakte) sowie auf die sich in den Behördenakten befindenden Urteile verwiesen (Bl. 60 -63, 131-136, 178-193, 263-279 der Behördenakte). Aufgrund der letzten Verurteilung befand sich der Antragsteller vom 27.05.1992 bis zum 22.12.1993 in Strafhaft.

Nach Anhörung des Antragstellers wies der Oberbürgermeister der Stadt Gießen den Antragsteller mit Bescheid vom 02.11.1993 für dauernd aus der Bundesrepublik Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei aus der Haft heraus an. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet. Auf den Wortlaut der Verfügung (Bl. 6-11 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Nach der Entlassung des Antragsteller aus der Haft im Dezember 1993 setzte der Oberbürgermeister der Stadt Gießen dem Antragsteller mit Bescheid vom 03.02.1994 eine Ausreisefrist bis zum 17.05.1994.

Gegen beide Verfügungen hat der Antragsteller jeweils Widerspruch eingelegt. Über diese ist noch nicht entschieden.

Am 18.02.1994 beantragte der Antragsteller beim Oberbürgermeister der Stadt Gießen die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (vgl. Bl. 333, 334 der Behördenakte).

Mit bei Gericht am 18.04.1994 eingegangenem Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 15.04.1994 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Auffassung, die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung seien ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. Die Abwägung sei nicht korrekt erfolgt, da der Antragsteller seit seiner letzten in dem Bescheid berücksichtigten Straftat keinerlei Unrecht mehr begangen habe. Die gewichtige Tatsache, daß der Antragsteller in Deutschland geboren worden sei und als Gastarbeiterkind der dritten Generation keinerlei kulturelle Bindungen an den ihm völlig fremden Kulturkreis in der Türkei habe, hätte berücksichtigt werden müssen. Der Antragsteller habe inzwischen eine deutsche Lebensgefährtin; die sofortige Vollziehung der Bescheide gefährde die wirtschaftliche und persönliche Existenz des Antragstellers, der zudem eine Stelle als Schlosser in Aussicht habe.

Der Antragsteller beantragt,

1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 06.12.1993 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.11.1993 wiederherzustellen,

2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 24.02.1994 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.02.1994 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre angefochtenen Verfügungen.

Beigezogen und zum Gegenstand der Beratung gemacht wurden die Behördenvorgänge der Antragsgegnerin (2 Hefter). Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist teilweise unzulässig, soweit er zulässig ist jedoch unbegründet.

Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung vom 02.11.1993 begehrt, ist sein Antrag bereits unzulässig. Für dieses Rechtsschutzziel fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis, das auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrages ist und sich gerade auf die vorläufige Entscheidung beziehen muß (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch. Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 7. Auflage, § 57 Rdnr. 20). Durch die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches kann der Antragsteller nicht die Verbesserung seiner ausländerrechtlichen Position erreichen, weil er unabhängig von der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung schon kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist. Er hat nach Ablauf seiner letzten Aufenthaltserlaubnis am 11.12.1992 nicht rechtzeitig deren Verlängerung beantragt, was indes gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG erforderlich gewesen wäre; dieses Erfordernis entfiel auch nicht etwa, weil der Antragsteller sich zum fraglichen Zeitpunkt in Strafhaft befand. Damit war der Antragsteller bereits gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG vollziehbar ausreisepflichtig, als die Behörde am 02.11.1993 gegen ihn die Ausweisung verfügte. Hieran hat auch der am 18.02.1994 gestellte Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nichts ändern können. Denn § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG kann nicht dahin verstanden werden, allein die - verspätete - Antragstellung könne die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht beenden, ohne daß es auf einen über § 69 Abs. 2 oder Abs. 3 AuslG vermittelten Aufenthaltsstatus ankäme. Vielmehr muß das Verhältnis zwischen § 42 Abs. 2 und § 69 Abs. 2 und 3 AuslG so verstanden werden, daß sich die Frage, ob durch die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfallen kann, allein aufgrund § 69 Abs. 2 und 3 AuslG beantwortet (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 31.08.1992, 13 S 1638/92, EZAR 040 Nr. 2, S. 6). Andernfalls würde neben der beabsichtigten abschließenden Regelung aller denkbaren Aufenthaltstitel im neuen Ausländergesetz (VGH Baden- Württemberg vom 31.08.1992, aaO.) eine faktische Duldung entstehen, weil dann vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer allein durch die Antragstellung diese Vollziehbarkeit beseitigen könnten, selbst wenn die Voraussetzungen der §§ 69 Abs. 2 oder Abs. 3 AuslG nicht vorlägen. Die so "geduldeten" Ausländer wären gegenüber den nach § 69 Abs. 2 AuslG fiktiv geduldeten Ausländern sogar noch privilegiert, da ihr Aufenthalt noch nicht einmal auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt wäre, wie es § 69 Abs.

2 Satz 1 AuslG vorsieht. Dies widerspräche dem Sinn und der Konzeption des Ausländergesetzes.

Somit kommt es für die Frage, ob durch die verspätete Antragstellung die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht des Antragstellers entfallen konnte, entscheidend darauf an, ob die Antragstellung ihm einen Aufenthaltsstatus nach § 69 Abs. 2 oder Abs. 3 AuslG vermitteln konnte. Dies ist nicht der Fall. Eine fiktive Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 AuslG scheidet von vorneherein aus, weil die Voraussetzungen des allein in Frage kommenden § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG nicht vorliegen. Hierfür ist nämlich das Andauern des rechtmäßigen Aufenthalts des Ausländers zum Zeitpunkt der Antragstellung erforderlich (vgl. Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, S. 22; Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Auflage, § 69 AuslG Rdnr. 9). Dies war beim Antragsteller ersichtlich nicht der Fall, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung seine Aufenthaltserlaubnis bereits über 1 Jahr und 2 Monate abgelaufen war. Auch eine fiktive Duldung gem. § 69 Abs. 2 Satz 1 AuslG scheidet aus. Zwar ist über § 13 Abs. 1 AuslG auch der Verlängerungsantrag grundsätzlich geeignet, den vorläufigen Aufenthaltsstatus nach § 69 Abs. 2 Satz 1 AuslG zu vermitteln. Vorliegend steht dem jedoch gem. § 69 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AuslG die gegen den Antragsteller verfügte Ausweisung entgegen, da diese jedenfalls nicht nichtig ist. Für diese Wirkung der Ausweisung kommt es gem. § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG nicht darauf an, ob diese bestandskräftig oder sofort vollziehbar ist. § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG bestimmt, daß Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung unberührt lassen. Diese Vorschrift bedeutet nach Überzeugung der Kammer, daß die an eine Ausweisung geknüpften Rechtsfolgen - wie die Wirkung des § 69 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AuslG, die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG oder der Ausschlußgrund des § 100 Abs. 3 AuslG - unabhängig von der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs solange bestehen bleiben sollen, bis rechtskräftig in einem Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung entschieden ist. (Vgl. Fraenkel, aaO., S. 219; Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Auflage, § 72 AuslG Rdnr. 6; Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, 1993, § 8 AuslG Rdnr. 35; a.A.: Otte ZAR 1994, 67 (75)). Insoweit liegt hierin eine zulässige Verkürzung des vorläufigen Rechtsschutzes, weil dadurch der Ausländerbehörde die Möglichkeit gegeben wird, aus der Ausweisung rechtliche Konsequenzen zu ziehen, selbst wenn die Verfügung weder bestandskräftig noch sofort vollziehbar ist (a.A.: Schleswig-Holsteinisches OVG vom 09.02.1993, 4 M 146/92, InfAuslR 1993, 128 (129)). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung wird insofern dem Ausländer lediglich im Hinblick auf die Vollziehbarkeit der durch die Ausweisung entstehenden Ausreisepflicht Vorteile bringen können. Insofern muß ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aber konsequenterweise immer dann ins Leere gehen, wenn bereits aus einem anderen Rechtsgrund eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht. Denn in diesen Fällen kann eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dem Antragsteller keinen Vorteil bringen, da er ohnehin vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist (a.A. - unter Modifizierung seiner bisherigen Rechtsprechung - nunmehr VHG Baden-Württemberg, 22.12.1993 - 11 S 2132/93 -, für den Fall, daß zusammen mit der für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wurde). Aufgrund dieser Reichweite des § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG kommt ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers folgerichtig auch nicht im Hinblick auf die durch die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG für ihn nachteiligen Folgen der Ausweisung in Betracht (so aber: Schleswig-Holsteinisches OVG vom 09.02.1993, 4 M 146/92, InfAuslR 1993, 128 (129)); Hess. VGH vom 19.08.1993, 12 TH 1660/93; Otte, ZAR 1994, 67 (75)), weil die Ausländerbehörde dem Antragsteller diese Wirkungen ohnehin und unabhängig von der Vollziehbarkeit der Ausweisung entgegenhalten kann. Dem Ausländer wird in diesen Fällen zugemutet, die endgültige Klärung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Aufgrund dieser rechtlichen Erwägungen war zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde nicht notwendig, sie ist jedoch unschädlich.

Da somit der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung unzulässig ist, kam es auf die Frage nach den Erfolgsaussichten seines Rechtsbehelfs gegen die Ausweisung nicht an. Es konnte daher insbesondere offen bleiben, wie sich die Unterlassung der gebotenen Beiziehung der Strafvollstreckungsakten (Vollstreckungsheft, Bewährungsheft) durch die Behörde auf die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung auswirkt.

Soweit sich der Antragsteller gegen die sofortige Vollziehung der in dem Bescheid vom 02.11.1993 enthaltenen Abschiebungsandrohung sowie der in dem Bescheid vom 03.02.1994 gesetzten Ausreisefrist wendet, ist sein Antrag zulässig, insbesondere gem. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.

Soweit der Antrag sich gegen die sofortige Vollziehung der Abschiebungsandrohung wendet, ist er bei sachgerechter Auslegung auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichtet, weil die Abschiebungsandrohung - ebenso wie die Setzung der Ausreisefrist - als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes (§§ 80 Abs. 2 Nr. 3, 187 Abs. 3 VwGO, § 12 Hess. AG VwGO) sofort vollziehbar ist. Dem Antragsteller steht für die Anträge ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite, weil er sich insoweit gegen Vollstreckungsmaßnahmen wendet, die auf seiner bestehenden Ausreisepflicht beruhen, auch wenn die Behörde den Erlaß der Abschiebungsandrohung rechtlich allein auf die Ausweisung gestützt hat. Dies ist jedoch insofern unschädlich, als das Gericht bei seiner summarischen Überprüfung im Eilverfahren die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im vollen Umfang überprüft.

Der insofern zulässige Antrag ist indes unbegründet. Im Hinblick auf die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung und der Ausreisefristsetzung, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nur in Betracht kommen, wenn im konkreten Fall das Interesse des Ausländers am vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände höher einzuschätzen ist als das grundsätzlich anzunehmende öffentliche Interesse an seiner unverzüglichen Ausreise. Umgekehrt kann das Interesse des Ausländers die öffentlichen Interessen in aller Regel dann nicht überwiegen, wenn der Rechtsbehelf keine Aussicht auf Erfolg hat, weil sich die angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig erweist.

Ein solches überwiegendes Interesse des Antragstellers ist indes im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Dies ergibt sich bereits daraus, daß sich die Abschiebungsandrohung bei summarischer Überprüfung des Sachstandes als offensichtlich rechtmäßig erweist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Zeitpunkt dieser gerichtlichen Entscheidung, weil noch kein Widerspruchsbescheid ergangen ist. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und der Ausreisefrist ist das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 AuslG, also das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht.

Der Antragsteller ist derzeit vollziehbar ausreisepflichtig, weil sein verspäteter Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ihm keinen Aufenthaltsstatus gem. § 69 Abs. 2 oder Abs. 3 AuslG vermitteln kann. Dies ergibt sich aus den bereits oben zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses dargelegten rechtlichen Erwägungen, auf die insoweit verwiesen wird. Daher besteht nach wie vor kraft Gesetzes gem. § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG die vollziehbare Ausreisepflicht des Antragstellers. Die Behörde hat auch gem. § 50 Abs. 2 AuslG den Staat - die Türkei - zutreffend bezeichnet, in den die Abschiebung des Antragstellers erfolgen soll. Zudem bestehen keine rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die dem Antragsteller gesetzte Ausreisefrist in dem Bescheid vom 03.02.1994, die am 17.05.1994 ablief. Da der Antragsteller am 22.12.1993 aus der Haft entlassen worden war, mußte die Behörde die Setzung einer Ausreisefrist nachschieben, weil dadurch die Voraussetzungen der §§ 49 Abs. 2 Satz 1, 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG entfallen waren. Diese Frist von mindestens 3 Monaten war ausreichend bemessen, um dem Antragsteller die nötigen Vorbereitungen für die Ausreise zu ermöglichen. Im übrigen hat der Antragsteller diese Frist auch nicht angegriffen.

Es sind auch sonst keine besonderen schützenswerten Interessen des Antragstellers ersichtlich, die trotz der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung ausnahmsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gebieten könnten. Zwar ist der Antragsteller im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen; dieser Gesichtspunkt kann indes nicht entscheidend ins Gewicht fallen, weil nach der Konzeption des Ausländergesetzes auch diese Personen einer Aufenthaltsgenehmigung bedürfen und jedenfalls dann, wenn sie deren Verlängerung nicht rechtzeitig beantragen, vor den Konsequenzen der Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthalts ebensowenig Schutz genießen wie Ausländer, die sich erst seit kurzer Zeit in Deutschland aufhalten. Das Ausländergesetz hat hier gleichmäßig anzuwendende Regelungen getroffen, die gewiß teilweise streng anmuten, im Hinblick auf die Notwendigkeit einer umfassenden Reglementierung von Einreise und Aufenthalt von Ausländern jedoch der Grundkonzeption des Ausländergesetzes entsprechen. Der Antragsteller muß sich entgegenhalten lassen, daß ihm diese strenge Regelung nur deswegen trifft, weil er nicht rechtzeitig die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt hat und durch sein Verhalten den Erlaß der Ausweisungsverfügung veranlaßt hat, die über § 69 Abs. 2 Satz 2 AuslG das Entstehen eines fiktiven Aufenthaltsrecht verhindert und damit den Wegfall der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht gem. § 42 Abs. 2 AuslG unmöglich macht.

Auch die vom Antragsteller behauptete Gefährdung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Existenz in Deutschland kann nicht zur Annahme von ausnahmsweise überwiegenden besonderen privaten Interessen führen. Insbesondere hat der Antragsteller trotz Aufforderung des Gerichts keine Details zu seinen jetzigen wirtschaftlichen Lebensgrundlagen vorgetragen oder mitgeteilt, wo er die Schlosserstelle in Aussicht hat. Soweit der Antragsteller seine persönliche Existenz wegen des Zusammenlebens mit seiner deutschen Lebensgefährtin sieht, ist hierin ebenfalls kein besonders privates Interesse zu sehen, da die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterfällt. Auch die behauptete fehlende Bindung an den Kulturkreis in der Türkei führt zu keiner anderen Beurteilung, da allein gewisse Integrationsschwierigkeiten im Heimatland, die nach sehr langem Aufenthalt im Ausland normal sind, nicht so gewichtig sind, daß sie das grundsätzlich bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Ausreise des Ausländers zu beseitigen imstande wären. Nach alledem konnte der Antrag des Antragstellers insgesamt keinen Erfolg haben. Aus den gleichen Gründen war auch der Prozeßkostenhilfeantrag abzulehnen, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aufgrund der dargelegten Erwägungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Die Kosten des Verfahrens waren dem Antragsteller aufzuerlegen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte für das Interesse des Antragstellers im Verfahren hat das Gericht den Auffangstreitwert gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG (6.000,00 DM) zugrunde gelegt und diesen im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung halbiert.

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