Hessischer VGH, Beschluss vom 15.07.1993 - 6 TH 1230/93
Fundstelle
openJur 2012, 20171
  • Rkr:
Gründe

Die Beschwerden, die sich gegen die Verpflichtung durch das Verwaltungsgericht richten, der beigeladenen Kabelanlagenbetreiberin (Beigeladene zu 2) vorläufig zu untersagen, an den Breitbandverteilstellen Frankfurt am Main und Friedberg ihrer Kabelanlage das Programm der beigeladenen Fernsehgesellschaft (Beigeladene zu 1) auf Kanal 6 einzuspeisen, führen zwar zu einer Umformulierung des erstinstanzlichen Entscheidungsausspruchs, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Fernsehgesellschaft macht geltend, die Beigeladene zu 2 habe ihr mündlich zugesichert, den bisher von dem Antragsteller genutzten Kanal 6 nach einer Übergangsfrist mit ihrem Programm zu belegen. Daraus erwachse ihr ein Rechtsanspruch auf Zuteilung des Kanals 6, sobald dieser von dem Programm des Antragstellers freigemacht worden sei. An der Erfüllung ihrer zivilrechtlichen Zusage sei die Beigeladene zu 2 durch die dem Antragsteller günstige erstinstanzliche Entscheidung gehindert.

Damit ist eine Beschwer geltend gemacht, wobei allerdings unklar ist, ob die behauptete "Zusage" der Beigeladenen zu 2 nur eine Absichtserklärung darstellen oder einen - bedingten - Anspruch der beigeladenen Fernsehgesellschaft begründen sollte. Jedenfalls besteht die Möglichkeit, daß die gerichtliche Entscheidung auf rechtliche Interessen der beigeladenen Fernsehgesellschaft einwirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 1 und 2.81 - DVBl. 1982, 73 <74>).

Ob die beigeladene Fernsehgesellschaft letztlich in eigenen subjektiven Rechten durch die erstinstanzliche Entscheidung verletzt ist (entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1987 - 3 C 2.86 - BVerwGE 77, 103 <105> = NVwZ 1987, 970 m.w.N.), kann letztlich offenbleiben. Selbst wenn man davon ausgeht, daß Kanalumbelegungen durch die beigeladene Kabelbetreiberin keine medienrechtliche Unbedenklichkeitsfeststellung der Antragsgegnerin voraussetzen, so daß die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin insoweit unerheblich ist, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Belegung des Kanals 6 mit dem Programm der beigeladenen Fernsehgesellschaft medienrechtlich bedenklich ist, wie unter Nr. 2 ausgeführt wird.

2. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk, ist unbegründet.

Der Antrag des Antragstellers ist, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO zulässig. Die Feststellung der Antragsgegnerin, die Veränderungen der Kanalbelegung (u.a. Einspeisung von HR 3 auf Kanal 4 anstatt bisher Kanal 5 oder Kanal 6), stellt einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung (vgl. zum Begriff § 80 a Abs. 1 und 2 VwGO) dar. Durch ihn wird zugunsten der Beigeladenen zu 2, auf deren Veranlassung er erlassen wurde, die öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeit der von ihr beabsichtigten Kanalbelegungsänderungen festgestellt. Er betrifft zugleich den Antragsteller, denn durch den Verwaltungsakt wird festgestellt, daß der Verbreitung des Programms HR 3 auf Kanal 4 anstatt Kanal 6 rundfunkrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen. Damit wird inhaltlich der rundfunkrechtliche Anspruch des Antragstellers auf Verbreitung dieses Programms über die Kabelanlage der Beigeladenen zu 2 geregelt.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe sich nicht gegen diesen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gewandt, sondern ein eigenständiges Verwaltungsverfahren einleiten wollen mit dem Ziel, die Antragsgegnerin Vorsorge dafür treffen zu lassen, daß eine Kanalumbelegung zu Lasten des Antragstellers unterbleibe, vermag der Senat nicht zu teilen. Die Zielrichtung des Antrags richtet sich eindeutig gegen die Feststellung der Antragsgegnerin, mit der uno actu die öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeit der Kanalumbelegung durch die Antragsgegnerin zu Gunsten der Beigeladenen zu 2 und zu Lasten des Antragstellers festgestellt wurde. Würde diese Feststellung gegenüber dem Antragsteller bestandskräftig, wäre Ansprüchen, mit denen er sich wie in der Klage gegen die "Kanalumlegungsentscheidung" der Antragsgegnerin wendete, überdies die Grundlage entzogen.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 1 VwGO) die auch für Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte mit Doppelwirkung gilt, ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, denn der Antragsteller hat gegen die seinen Antrag insoweit ablehnende Entscheidung keine Beschwerde eingelegt. Daher ist allein über den Antrag zu entscheiden anzuordnen, daß die Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die weitere Verbreitung des Programms Hessen 3 auf dem Kanal 6 neben dem neuen Kanal 4 in den Bereichen der Breitbandverteilstellen Frankfurt und Friedberg sicherstellt. Dieser Antrag ist nach § 123 Abs. 5 VwGO, nicht als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, sondern nur gemäß § 80 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO, zulässig, wonach einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des durch einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung betroffenen Dritten getroffen werden können. Da beabsichtigt war, die Verbreitung des Programms HR 3 über den Kanal 6 in den Bereichen der beiden genannten Breitbandverteilstellen Ende Mai 1993 einzustellen, und da die Antragsgegnerin nicht den Ausgang des Hauptverfahrens abwarten will, wie sich schon aus ihrer Beschwerde ergibt, hat der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag, dem das Verwaltungsgericht sinngemäß auch stattgegeben hat, indem es die Antragsgegnerin verpflichtete, der Beigeladenen zu 2 vorläufig zu untersagen, in den Bereichen der beiden Breitbandverteilstellen Frankfurt am Main und Friedberg ihrer Kabelanlage das Programm der Beigeladenen zu 1 auf Kanal 6 einzuspeisen. Die Zielrichtung der Sicherungsmaßnahmen nach § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO richtet sich jedoch auf die Sicherung der Rechte des von dem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung Belasteten. Dementsprechend ändert der Senat den Tenor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dahin, daß der Beigeladenen zu 2 bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben wird, die Einspeisung des Programms HR 3 auf Kanal 6 in den Breitbandverteilstellen Frankfurt und Friedberg fortzusetzen. Darin ist nach Auffassung des Senat lediglich eine redaktionelle Änderung zu sehen.

Der Antrag des Antragstellers ist insoweit begründet, weil seine Anfechtungsklage nach dem derzeitigen Stand voraussichtlich Erfolg haben wird. Die angefochtene Feststellung der Antragsgegnerin erscheint rechtsfehlerhaft (a.), der Antragsteller wird dadurch in seinen Rechten verletzt (b.) und die Sicherungsmaßnahme ist zulässig (c.).

a. Der mit Verfügung der Antragsgegnerin an die Beigeladene zu 2 vom 01. Oktober 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides an den Antragsteller vom 18. Februar 1993 erlassene Verwaltungsakt kann verfahrensrechtlich nicht beanstandet werden. Der Umstand, daß die Feststellung der medienrechtlichen Unbedenklichkeit durch die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 1. Oktober 1992 an die Beigeladene zu 2 ohne Anhörung (§ 28 HVwVfG) des Antragstellers erfolgte, ist unbeachtlich, weil die Anhörung vor Erlaß des Widerspruchsbescheides nachgeholt wurde (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 HVwVfG). Unschädlich ist auch, daß die "Bekräftigung" der Feststellung der medienrechtlichen Unbedenklichkeit mündlich erfolgte (Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1993 Seite 3 Abs. 3 am Ende), denn Verwaltungsakte können auch mündlich erlassen werden (§ 37 Abs. 2 Satz 1 HVwVfG).

Wie bei beabsichtigten Kanalumbelegungen zu verfahren ist, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG - läßt sich kein Anspruch einer Rundfunkanstalt herleiten, einmal zugewiesene Frequenzen oder Kanäle auf Dauer nutzen zu dürfen. Das Gebot in § 32 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den privaten Rundfunk in Hessen (Hessisches Privatrundfunkgesetz - HPRG-) vom 30. November 1988 (GVBl. I Seite 385, zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 13. Dezember 1991, GVBl. I Seite 368), Kabelanlagen so einzurichten, daß jeder Inhaber eines Anschlusses in der Lage ist, zunächst die in Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Programme zu empfangen, zu denen das Programm HR 3 gehört, begründen jedoch nicht nur eine bevorzugte Stellung dieser Programme, sondern verbieten auch Maßnahmen in der Kabelanlage, die den Empfang dieser Programme unangemessen erschweren. Nur eine solche verfassungskonforme Auslegung wird dem Gebot des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht, das den Staat verpflichtet, die Grundversorgung der Bevölkerung durch die Gewährleistung der erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sichern (vgl. BVerfG, Urteile vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <158> = DVBl. 1987, 30, und vom 5. Februar 1991 - 1 BvF 1/85, 1/88 - BVerfGE 83, 238 = DVBl. 1991, 310). Dementsprechend enthält auch der Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (GVBl. 1991, 370), in dessen § 33 geregelt ist, daß die Länder nach Maßgabe des Staatsvertrages und des jeweiligen Landesrechts über die Zuordnung und Nutzung der Übertragungskapazitäten entscheiden, in Abs. 4 seiner Präambel das Gebot: "Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind Bestand und Entwicklung zu gewährleisten." Darin ist auch das Gebot enthalten, die Verbreitungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Da durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 13. Dezember 1991 (GVBl. S. 367) § 47 des Hessischen Privatrundfunkgesetzes geändert worden ist (vgl. Art. 6 des Gesetzes), ist davon auszugehen, daß der Hessische Landesgesetzgeber zusätzlichen Änderungsbedarf nicht sah, sondern davon ausging, daß das Hessische Privatrundfunkgesetz im übrigen den Anforderungen des Staatsvertrages entspreche. Dementsprechend sind die Regelungen des Hessischen Privatrundfunkgesetzes staatsvertragskonform auszulegen.

In Bezug auf § 32 Abs. 3 Satz 1 HPRG bedeutet das, daß Kabelanlagen nicht nur so einzurichten sind, daß die Programme des Hessischen Rundfunks von jedem Inhaber eines Anschlusses empfangen werden können, sondern daß es auch dabei zu bleiben hat, Änderungen der Kabelanlage also nichts daran ändern dürfen, daß jeder Inhaber eines Anschlusses die Programme empfangen kann. Das ergibt sich auch aus dem Sinn der Regelung, die darauf abzielt, eine dauernde Empfangsmöglichkeit zu sichern und nicht nur eine anfängliche.

Das Gebot, Kabelanlagen so einzurichten, daß jeder Inhaber eines Anschlusses die Programme empfangen kann, bezieht sich auch nicht auf eine nur abstrakte Empfangsmöglichkeit, die beispielsweise dadurch geschaffen werden kann, daß eine nicht allgemein übliche Empfangseinrichtung installiert wird. Maßgeblich sind vielmehr die durchweg vorhandenen Empfangsmöglichkeiten. Bei der Neueinrichtung von Kabelanlagen kommt es bei der Kanalbelegung entscheidend darauf an, daß die Programme, deren bevorzugter Empfang nach § 32 Abs. 3 Satz 1 HPRG zu gewährleisten ist, auf Kanälen übertragen werden, auf denen sie mit allgemein vorhandenen Geräten empfangen werden können.

Nachdem Kabelanlagen eingerichtet worden sind, sind Kanalumbelegungen gesetzlich allerdings nicht ausgeschlossen. Wenn insoweit gesetzliche Regelungen fehlen, insbesondere Kanalumbelegungen in § 32 Abs. 3 HPRG nicht erwähnt werden, mag das damit zusammenhängen, daß dafür kein Regelungsbedarf gesehen wurde. Schon im Hinblick auf den technischen Fortschritt kann jedoch nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber Änderungen generell habe ausschließen wollen. Vielmehr ist § 32 Abs. 3 Satz 1 HPRG nach dem Sinn des Gesetzes dahin auszulegen, daß die für die Einrichtung der Kabelanlage vorgeschriebenen Empfangsmöglichkeiten auf Dauer gewährleistet bleiben müssen und Empfangsbehinderungen auf das durch überwiegende sachliche Gründe gerechtfertigte Maß beschränkt sein müssen. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen für eine Programmumlegung vorliegen, sind hinsichtlich der Empfangsbehinderungen alle mehr als unwesentlichen Beeinträchtigungen einschließlich etwaiger Aufwendungen zur Wiederherstellung der Empfangsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Ob sachliche Gründe überwiegen, ist aufgrund einer Abwägung aller erheblichen Belange zu beurteilen. Zu diesen gehören auch die Interessen des Kabelanlagenbetreibers, die Gesichtspunkte, die sich hinsichtlich der Empfangsbehinderungen ergeben, und die damit korrespondierenden Interessen des betroffenen Rundfunkveranstalters an der unbehinderten Verbreitung seines Programms.

Bei ihrer dem Anliegen der beigeladenen Kabelanlagenbetreiberin Rechnung tragenden Feststellung hat die Antragsgegnerin zu Unrecht die Belange der Anschlußinhaber und jener Kunden der Kabelanlagenbetreiberin für unbeachtlich gehalten, die eine Unterverteilung vornehmen. Dies geschah, obwohl offensichtlich war, daß diesem Personenkreis infolge der Kanalumbelegung teilweise Kosten entstehen würden, die der Antragsteller im Bereich der Breitbandverteilstellen Frankfurt und Friedberg auf etwa 6,4 Millionen DM schätzt. Kosten waren es jedoch gerade, die die Beigeladene zu 2 zu der Kanalumbelegung bewogen hatten. Sie wollte durch die Kanalumbelegungen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Kapazität ihrer Kabelanlage für sie kostengünstig erweitert wurde, indem sie ein solches Programm auf Kanal 4 verlegte, das sich von einem terrestrischen Sender empfangen ließ. Nach ihrer Darstellung hätte die Installation von Satellitenempfangsanlagen an den einzelnen Verteilerstellen, um von Satelliten abgestrahlte Programme in Kanal 4 einspeisen zu können, für sie Kosten in Höhe von 600.000,00 - 800.000,00 DM verursacht. Es ist zwar richtig, daß die Antragsgegnerin Kabelanlagenbetreiber nicht zu Kapazitätserweiterungen ihrer Anlagen veranlassen kann, die sie selbst im Interesse einer dem Programmangebot entsprechenden Rundfunkversorgung für wünschenswert hält. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, bei der Prüfung der Frage, ob eine Kanalumbelegung im Interesse einer Kapazitätserweiterung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, maßgeblich auf das Interesse des Kabelanlagenbetreibers abzustellen und Empfangsschwierigkeiten für die Anschlußinhaber außer Acht zu lassen.

Es war Aufgabe der Antragsgegnerin, bei der rundfunkrechtlichen Überprüfung der Kanalumbelegung gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 HPRG alle die Empfangsmöglichkeiten des Programms HR 3 betreffenden Gesichtspunkte zu ermitteln und inhaltlich aufzuklären. Sie hätte unter anderem auch die Kosten ermitteln müssen, die anderen als der Beigeladenen zu 2 infolge der Kanalumbelegung entstehen würden, um die Empfangsmöglichkeit zu gewährleisten. Dazu gehörte der Aufwand, der nach der überzeugenden Darstellung des Antragstellers einem gewissen Prozentsatz der Bevölkerung dadurch entsteht, daß für die Umprogrammierung von Fernsehgeräten und Videorecordern Fachhandwerker hinzugezogen werden müssen und bei Kabelunterverteilungen Sperrfilter ausgewechselt werden müssen für Anschlußinhaber, die aus finanziellen oder anderen Gründen nur einen Teil der ins Kabelnetz der Beigeladenen zu 2 eingespeisten Programme, darunter aber HR 3, zu empfangen wünschen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß ein Kabelfernsehanschlußinhaber seine Empfangseinrichtungen bei dem erstmaligen Anschluß für den Empfang der von ihm gewünschten Programme einzurichten hat. Das gleiche gilt für neu hinzukommende Programme, die er zu empfangen wünscht und die auf bisher nicht von ihm in Anspruch genommenen Kanälen übermittelt werden. Anders verhält es sich, wenn die Einrichtung nicht in seiner Sphäre liegt, sondern durch Änderungen des Kabelanlagenbetreibers veranlaßt wird. Der Aufwand für dann etwa nötige Anpassungen wird von dem Kabelanlagenbetreiber verursacht und ist bei der medienrechtlichen Überprüfung als Belang des Anschlußinhabers mit zu berücksichtigen.

In die Abwägung einzustellen sind weiter die Nachteile, die dem Antragsteller infolge der Kanalumbelegung hinsichtlich der Durchführung seines Grundversorgungsauftrages erwachsen. Weiter erscheint nicht hinreichend geklärt, ob der Kanal 4 störanfälliger als der Kanal 6 ist. Der Antragsteller hat dazu in seinem Schreiben vom 26. November 1992 an die Antragsgegnerin vorgetragen, insbesondere nichtpostalische drahtlose Telefone arbeiteten häufig in diesem Bereich und verursachten zum Teil starke Moiréstörungen. Dem Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin läßt sich weder eine substantiierte eigene Stellungnahme dazu noch eine entsprechende der Beigeladenen zu 2 entnehmen. Soweit die Beigeladene zu 2 in ihrem Schriftsatz vom 5. Juli 1993 auf Ausführungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen in einem Erlaß vom 27. April 1989 (222-1 A 3885-2.3) verweist, wonach grundsätzlich alle belegbaren TV-Kanäle im Breitbandverteilnetz gleichrangig seien, wird auf den speziellen Einwand des Antragstellers gerade nicht eingegangen. Es hätte jedoch einer ins Einzelne gehenden Stellungnahme zu diesem Punkt bedurft. Nach allem hat die Antragsgegnerin die gegen die Kanalumbelegung sprechenden Gesichtspunkte nicht im einzelnen ermittelt, gewichtet und bei ihrer Prüfung berücksichtigt, so daß ihre Entscheidung schon unter diesem Gesichtspunkt zu beanstanden ist. Nach dem derzeitigen Stand spricht auch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß sie rechtsfehlerhaft ist.

b. Der Antragsteller ist durch den angefochtenen Verwaltungsakt auch in seiner eigenen Rechtsstellung betroffen, denn angesichts der Rundfunkfreiheit, die die Möglichkeit der Verbreitung seiner Programme erfordert, und des Gebots in der Präambel des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland, daß für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Bestand und Entwicklung zu gewährleisten seien, sind die Rangfolge- und Konfliktregelungen im Rundfunkrecht als Schutznormen zugunsten der Programmveranstalter anzusehen. Da eine Kanalumbelegung die Verbreitungsmöglichkeiten modifiziert und insoweit beschränkt, als sie voraussetzt, daß die Kunden des Kabelanlagenbetreibers (hier der Beigeladenen zu 2) Vorkehrungen treffen, um ihre Empfangsanlagen so einzurichten, daß sie das Programm, soweit es auf einem bisher von ihnen nicht in Anspruch genommenen Kanal gesendet wird, auch künftig empfangen können, wird der Antragsteller auch tatsächlich betroffen, denn wenn die Anpassung nicht oder nur teilweise erfolgt, hat eine Kanalumbelegung zur Folge, daß die Empfangsmöglichkeiten seines Programms eingeschränkt werden.

c. Die einstweilige Maßnahme zur Sicherung der Rechte des Antragstellers (§ 80 a Abs. 1 Nr. 2) ist in der im Tenor ausgesprochenen Fassung auch rechtlich zulässig und angemessen, um zu sichern, daß die Kanalumbelegung nicht ebenso wie schon in den Bereichen anderer Breitbandverteilstellen in Hessen erfolgt.

Die angeordnete Maßnahme hält sich im Rahmen des § 36 Abs. 3 Satz 2 HPRG. Nach dieser Bestimmung fordert die Antragsgegnerin "bei Verstößen gegen die Rangfolge nach § 32" den Betreiber der Kabelanlage auf, die Rangfolge zu beachten. § 32 HPRG ist mit dem Begriff "Rangfolge" überschrieben, was dafür spricht, daß der Gesetzgeber alle die Kanalbelegung betreffenden Regelungen in § 32 HPRG als Rangfolgeregelungen angesehen hat. Auch der Sinn der Vorschriften in § 36 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 2 HPRG spricht dafür, daß der Antragsgegnerin die Möglichkeit eröffnet werden sollte, in allen Fällen, in denen Programme in Kabelanlagen nicht entsprechend ihrem Rang eingespeist, sondern in ihrer Verbreitung unter Verstoß gegen § 32 HPRG beschränkt werden, für die Einhaltung der Bestimmungen zu sorgen. Infolgedessen ist es rechtlich zulässig, ihr aufzugeben, die beigeladene Anlagenbetreiberin vorläufig bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache aufzufordern, die Einspeisung des Programms HR 3 auf Kanal 6 in den Breitbandverteilstellen Frankfurt und Friedberg fortzuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO, i.V.m. § 100 ZPO. Die Kosten der Beigeladenen zu 2 sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, erstattungsfähig. Die Streitwertentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 14 i.V.m. §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.