Hessischer VGH, Urteil vom 17.09.1992 - 7 UE 1791/87
Fundstelle
openJur 2012, 19881
  • Rkr:
Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Grabenparzelle in der Gemarkung, Flur, Flurstück. Im Osten grenzt hieran das landwirtschaftlich genutzte Grundstück Flur, Flurstück, des Beklagten, im Westen das in gleicher Weise genutzte Grundstück Flur, Flurstück des Landwirts. Sämtliche Vorgenannten sind Mitglieder des Beigeladenen, in dessen Verbandsgebiet ihre Grundstücke liegen.

Anläßlich eines Ortstermins am 12. März 1984 wurde festgestellt, daß der Graben auf dem Grundstück der Klägerin, welcher eine wichtige Entwässerungsfunktion für den betreffenden Gemarkungsbereich erfüllt, eingeebnet war. Daraufhin veranlaßte die Klägerin, die im Einklang mit dem Beigeladenen davon ausging, daß ihr die Unterhaltungspflicht bezüglich des Grabens obliege, das Fräsen der Parzelle durch einen ihrer Bediensteten. Außerdem beauftragte die Klägerin den Beigeladenen, den Graben auf ihre Kosten auszubaggern. Nach Wiederherstellung des Grabens stellte der Beigeladene der Klägerin hierfür 825,75 DM in Rechnung; die Klägerin wies diesen Betrag unter dem 10. Oktober 1984 zur Zahlung an den Beigeladenen an.

Entsprechend einer vorherigen Ankündigung stellte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Oktober 1984 den vorgenannten Betrag dem Beklagten in Rechnung, weil er den Graben zugepflügt habe und insofern Verursacher sei; gleichzeitig bat die Klägerin um Überweisung an sie binnen 14 Tagen. Dem kam der Beklagte ebensowenig nach wie einer weiteren Zahlungsaufforderung vom 14. Februar 1985.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 1986, der am selben Tage einging, erhob die Klägerin gegen den Beklagten Klage.

Sie machte geltend, der Beklagte sei zur Erstattung der ihr entstandenen Aufwendungen gemäß § 50 Satz 2 HWG 1981 verpflichtet. Seitdem er nämlich den Graben um die Jahreswende 1983/84 eingeebnet habe, sei der Wasserabfluß - insbesondere die Entwässerung der angrenzenden Grundstücke - vor allem bei starkem Regen oder Hochwasser des Rheins erheblich gestört.

Die Klägerin beantragte sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 825,75 DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er trug vor: Den Graben, welcher bei Hochwasser auch für die Entwässerung seines eigenen Grundstücks dringend benötigt werde, habe er nicht zugepflügt. Vielmehr sei der fragliche Graben, ebenso wie andere seiner Zu- und Ableitung dienende Gräben, seit jeher vom Beigeladenen nicht ordnungsgemäß geräumt worden. Infolgedessen habe er - der Beklagte - bereits mehrfach bei Hochwasser umfangreiche eigene Arbeiten verrichten müssen, um sein Grundstück zu entwässern. Die nunmehr erfolgte Wiederherstellung des Grabensystems müsse aus dem Beitragsaufkommen des Beigeladenen bestritten werden.

Das Verwaltungsgericht erhob Beweis darüber, ob der Beklagte den Graben vor 1984 eingeebnet habe, durch uneidliche Vernehmung des Landwirts, des Bediensteten der Klägerin, des Ortslandwirts L und des damaligen Verbandsvorstehers des Beigeladenen als Zeugen.

Durch Urteil vom 14. Mai 1987 - zugestellt am 4. Juni 1987 - verurteilte das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 825,75 DM an die Klägerin. Die von ihr erhobene Klage sei als Leistungsklage zulässig und auch - nämlich nach § 50 HWG 1981 - begründet. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß der Beklagte den fraglichen Graben dergestalt verfüllt habe, daß dieser seine Entwässerungsfunktion nicht mehr habe erfüllen können. Die Klägerin als Unterhaltungspflichtige habe daher gegen den Beklagten Anspruch auf Erstattung der ihr durch die Wiederherstellung entstandenen Aufwendungen. Es wäre unbillig, diese Kosten aus dem Beitragsaufkommen des Beigeladenen zu bestreiten, da die Beiträge für die allgemeine Unterhaltung erhoben würden, nicht jedoch für darüber hinausgehende Störungen, deren Verursacher bekannt sei.

Hiergegen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Juni 1987 - eingegangen am 2. Juli 1987 - Berufung eingelegt.

Zur Begründung vertieft er sein erstinstanzlichen Vorbringen, bestreitet insbesondere die Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugen xxx und die Höhe des von ihm verlangten Betrages.

Einen ausdrücklichen Antrag zu seiner Berufung stellt der Beklagte nicht.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt mit näherer Begründung das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend: Der streitbefangene Graben, der in ihrem, der Klägerin, Eigentum stehe, sei von ihr zu unterhalten, da sich aus der Satzung des Beigeladenen nichts Abweichendes ergebe. Allerdings werde die normale Räumung und Reinigung aller Gräben innerhalb des Verbandsgebiets des Beigeladenen - und zwar ungeachtet der Eigentumsverhältnisse - vom Beigeladenen auf dessen Kosten durchgeführt; diese Arbeiten umfaßten das Ausmähen, das Wegräumen des Mähguts und das Beseitigen von Anlandungen. Für Sonderräumungen wie im vorliegenden Fall werde dagegen vom jeweiligen Grabeneigentümer Kostenerstattung verlangt. Diese Verfahrensweise stehe auch mit den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der Wasser- und Bodenverhältnisse des Rieds im Kreise vom 11. Juni 1923 in Einklang.

Der - erst in der Berufungsinstanz - Beigeladene stellt zu der Berufung keinen Antrag; in der Sache schließt er sich dem Vorbringen der Klägerin an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze und auf den von der Klägerin geführten einschlägigen Verwaltungsvorgang verwiesen, die allesamt Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Gründe

In Anbetracht des Einverständnisses der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Insbesondere genügt die Berufungsschrift vom 29. Juni 1987 den Anforderungen des § 124 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar enthält sie Keinen ausdrücklichen Antrag, und ein solcher wurde auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Die Tatsache der Einlegung des Rechtsmittels läßt aber aus sich heraus das Ziel der Berufung - nämlich das angegriffenen Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen - deutlich werden. Dies reicht aus, da an einen hinreichend bestimmten Antrag keine strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Kopp, VwGO, 9. Aufl. 1992, § 124, Rdnr. 5 (m.w.N.), sowie BVerwG, U. v. 21. September 1979 - 7 C 7.78 -, BVerwGE 58, 299, ferner Hess. VGH, U. v. 18. Oktober 1985 - 7 UE 1094/84 -, B. v. 12. November 1986 - 7 UE 1085/85 - u. U. v. 18. September 1989 - 12 UE 2865/86-).

Die Berufung ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht zur Zahlung von 825,75 DM an die Klägerin verurteilt. Maßgebend für die gerichtliche Beurteilung ist, obgleich bei allgemeinen Leistungsklagen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist (vgl. Kopp, a.a.O., Vorb. § 40, Rdnr. 42), das im Jahre 1984 geltende Recht. Denn hier geht es um die Erstattung von Aufwendungen, die der Klägerin damals entstanden sind, mithin um die Überprüfung eines seinerzeit abgeschlossenen Sachverhalts (vgl. Hess. VGH, U. v. 15. November 1991 - 7 UE 3372/88 -, DÖV 1992, 752).

Allerdings ist das Verwaltungsgericht - ohne freilich insoweit nähere Ausführungen zu machen - zu Recht von der Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Klage ausgegangen.

Insbesondere ist nämlich für den von der Klägerin aus § 50 Satz 2 HWG 1981 hergeleiteten Aufwendungserstattungsanspruch gegen den Beklagten der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Denn vorliegend handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil die von der Klägerin herangezogene Anspruchsgrundlage dem öffentlichen Wasserrecht angehört (Feldt/Becker, HWG, 2. Aufl. 1983, § 50, Anm. 4, a.A. Bickel, HWG 1987, § 50, Rdnr. 10). Dies ergibt sich vor allem daraus, daß § 50 Satz 2 HWG 1981 eine Spezialregelung für die Heranziehung des eigentlich nach § 74 Abs. 3 und 4 HWG 1981 i.V.m. § 12 HSOG 1972 verantwortlichen Störers darstellt. Der von der Klägerin verfolgte Anspruch ist auch kein Schadensersatzanspruch aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten und schon deshalb nicht gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO kraft ausdrücklicher Zuweisung im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen.

Ebensowenig kann der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die von ihr gegen den Beklagten erhobene allgemeine Leistungsklage abgesprochen werden. Es mag in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Klägerin der grundsätzlich einfachere Weg des Erlasses eines Leistungsbescheids hier überhaupt eröffnet war (dagegen Feldt/Becker, a.a.O., weil der Unterhaltungspflichtige und der Störer nicht notwendig in einem Subordinationsverhältnis zueinander stünden), denn ungeachtet dessen darf jedenfalls dann - wahlweise - Leistungsklage erhoben werden, wenn ohnehin mit einer gegen einen Leistungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage gerechnet werden muß, eine gerichtliche Austragung des Streits also sowieso nicht vermieden werden kann (vgl. Hess. VGH, U. v. 15. November 1991 - 7 UE 3372/88 -, a.a.O., ferner die Nachweise aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Kopp, a.a.O., Vorb. § 40, Rdnr. 32a). So verhielt es sich im vorliegenden Fall, nachdem der Beklagte seit einer mit ihm bereits am 15. Februar 1984 geführten Unterredung ständig erklärt hatte, daß die Wiederherstellung des Grabens allein Sache der Klägerin oder des Beigeladenen sei.

Die Klage ist indessen nicht begründet, weil der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 825,75 DM gegen den Beklagten unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.

Einen solchen Anspruch kann die Klägerin - entgegen dem Verwaltungsgericht - insbesondere nicht aus § 50 Satz 2 HWG 1981 herleiten, und zwar weder aus eigenem noch aus übergegangenem oder abgetretenem Recht.

Nach § 50 Satz 2 HWG 1981 hat der Unterhaltungspflichtige, der ein von einem anderen verursachtes und den Wasserabfluß beeinträchtigendes Hindernis beseitigt hat, Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen gegenüber diesem anderen.

Ein derartiger Anspruch kann der Klägerin gegen den Beklagten aus eigenem Recht schon deshalb nicht zustehen, weil nicht ihr, sondern dem Beigeladenen die Unterhaltung des in ihrem Eigentum stehenden Grabens obliegt, sie also nicht Unterhaltungspflichtige im Sinne des § 50 Satz 2 HWG 1981 ist. Bei dem fraglichen Graben handelt es sich, da in seinem Bett mindestens zeitweilig - nämlich dem im wesentlichen übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten zufolge nach starken Regenfällen und bei Hochwasserführung des Rheins - Wasser vorhanden ist, um ein Gewässer (vgl. § 1 Nr. 1 WHG und Giesecke/Wiedemann/Czychowski, WHG, 6. Aufl. 1992, § 1, Rdnr. 17); dementsprechend ist der Graben als Gewässer in dem von der Klägerin vorgelegten Ausschnitt der Topographischen Karte im Maßstab 1:25.000 (Bl. 120 d.A.) eingezeichnet. Der Graben ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 a) oder b) HWG 1981 von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen, denn er dient der Vorflut der Grundstücke mehrerer Eigentümer - und zwar mindestens derjenigen des Beklagten und des Zeugen R. - und darüber hinaus der Ent- und nicht der Bewässerung. Da in Anbetracht des künstlichen Bettes des Grabens darüber hinaus nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HWG 1981 ein künstliches Gewässer anzunehmen ist, haben die Klägerin, der Beigeladene und auch das Verwaltungsgericht offenbar aus § 47 Abs. 4 HWG 1981 entnommen, daß die Unterhaltung des fraglichen Grabens der Klägerin als der Eigentümerin der betreffenden Grabenparzelle obliege. Dabei wurde indessen außer Betracht gelassen, daß nach § 47 Abs. 5 HWG 1981 besondere Verpflichtungen zur Unterhaltung von Gewässern unberührt bleiben. Diese Vorschrift trägt § 29 Abs. 1 Satz 3 WHG Rechnung und stellt klar, daß noch aus früherer Zeit herrührende Unterhaltungspflichten fortgelten, soweit sie nicht durch allgemeines Gesetz begründet worden sind, sondern auf einer besonderen Rechtsgrundlage beruhen (vgl. Hess. VGH, U. v. 11. Oktober 1963 - OS IV 160/60 -, DVBl. 1965, 38; Feldt/Becker, a.a.O., § 47, Anm. 5; Bickel, a.a.O., § 47, Rdnr. 12; Giesecke/Wiedemann/ Czychowski, a.a.O., § 29, Rdnrn. 19 f.). Besondere Rechtsgrundlage im vorstehenden Sinne kann auch die Satzung eines Wasser- und Bodenverbandes aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes und des Hessischen Wassergesetzes sein (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 10. August 1972 - III A 55/71 -, OVGE 29 (1976), 378; Giesecke/Wiedemann/Czychowski, a.a.O., § 29, Rdnr. 19; Bickel, a.a.O., § 47, Rdnr. 12), im vorliegenden Fall also die Satzung des Beigeladenen vom 26. September 1941, die dessen und der Klägerin Angaben zufolge bis zum Erlaß der neuen Satzung des Beigeladenen vom Februar 1990 unverändert gültig war. Nach § 3 Satzung 1941 hat der Beigeladene zur Aufgabe, Grundstücke zu entwässern, und nach § 4 Abs. 1 Satzung 1941 hat er zur Durchführung seiner Aufgaben die nötigen Arbeiten an den Entwässerungsanlagen vorzunehmen, Gräben, Pumpwerke, Stauanlagen zu erhalten und zu betreiben sowie Brücken zu erhalten; das so definierte Verbandunternehmen ergibt sich nach § 4 Abs. 2 Satzung 1941 "aus dem Plane des Wasserwirtschaftsamtes in Darmstadt vom Januar 1941". Eine sachgerechte Auslegung dieser Satzungsbestimmungen, in denen per Klammerzusatz auf §§ 2 und 17 WVVO hingewiesen ist, ergibt, daß dem Beigeladenen die Unterhaltung aller im Verbandsgebiet gelegenen Gräben jedenfalls bis zum Inkrafttreten der neuen Satzung oblag. Denn die Pflicht zum Erhalten und Betreiben der Gräben im Sinne des § 4 Abs. 1 Satzung 1941 kann mit Blick auf § 28 Abs. 1 Satz 1 WHG - danach umfaßt die Unterhaltung eines Gewässers u.a. die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands für den Wasserabfluß - und mit Blick auf § 46 Abs. 1 Satz 2 HWG 1981 - danach gehören zur Unterhaltung u.a. die Reinigung, Räumung und Festlegung des Gewässerbettes - nur so verstanden werden, daß die Gräben in ordnungsgemäßen Zustand zu halten, d.h. zu unterhalten sind. Eine inhaltliche Beschränkung dieser Unterhaltungspflicht des Beigeladenen (vgl. dessen Schreiben an die Klägerin vom 7. Mai 1992, Bl. 121 d.A.) auf "die normale Räumung und Reinigung", während "Sonderräumungen" dem jeweiligen Eigentümer obliegen sollen, vermag der Senat den hier einschlägigen Satzungsbestimmungen von 1941 nicht zu entnehmen. Ebensowenig nahmen diese Vorschriften diejenigen Gräben, die nicht im Eigentum des Beigeladenen standen, ganz oder teilweise von dessen Unterhaltungspflicht aus. Hierfür spricht zunächst, daß § 4 Abs. 1 Satzung 1941 den Beigeladenen zur Vornahme der "nötigen Arbeiten an den Entwässerungsanlagen" verpflichtete, nicht lediglich - wie jetzt § 5 Abs. 1 Satz 1 Satzung 1990 - "an den verbandseigenen Entwässerungsanlagen". Auch dem von der Klägerin vorgelegten Übersichtsplan des Wasserwirtschaftsamts Darmstadt vom 14. Mai 1958 (Hülle Bl. 124 d.A.) ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, daß nur die dort blau markierten Gräben seinerzeit Gegenstand des Verbandunternehmens des Beigeladenen waren. Abgesehen davon, daß nicht ohne weiteres erkennbar ist, daß es sich bei dem vorgelegten Übersichtsplan überhaupt um den Plan im Sinne des § 4 Abs. 2 und 3 Satzung 1941 handelt, geht aus der beigegebenen Zeichenerklärung die Bedeutung der blauen Markierung von einigen der in dem Plan enthaltenen Gräben nämlich nicht hervor. Dies gilt um so mehr, als die übrigen Entwässerungsanlagen nicht in gleicher Weise gekennzeichnet sind und als mit den in der Topographischen Karte im Maßstab 1:50.000 (Hülle Bl. 124 d.A.) als verbandseigene markierten Gräben nicht in jeder Hinsicht Übereinstimmung besteht. Hinzu kommt noch, daß der Beigeladene mit Schreiben an die Klägerin vom 29. November 1991 (Bl. 119 d.A.) und vom 7. Mai 1992 (Bl. 122 d.A.) ausdrücklich erklärt hat, daß "auch die im Verbandsgebiet liegenden Gräben der Gemeinden Bestandteil der Verbandsanlagen" seien und daß "die normale Räumung und Reinigung aller Gräben innerhalb des Verbandsgebiets" - unbeschadet der Eigentumsverhältnisse - von ihm vorgenommen werde. Gegen die demnach durch § 4 Abs. 1 Satzung 1941 begründete Unterhaltungspflicht des Beigeladenen auch für die hier interessierende Grabenparzelle der Klägerin läßt sich aus dem Gesetz zur Verbesserung der Wasser- und Bodenverhältnisse des Rieds im Kreise vom 11. Juni 1923 im übrigen schon deshalb nichts herleiten, weil dieses Gesetz gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 WVVO bereits am 1. Januar 1938 außer Kraft getreten ist.

Kann mithin der Klägerin aus eigenem Recht ein Aufwendungserstattungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 50 Abs. 2 HWG 1981 schon deshalb nicht zustehen, weil nicht sie, sondern der Beigeladene Unterhaltungspflichtiger im Sinne dieser Vorschrift ist, so steht ihr ein derartiger Anspruch auch nicht aus übergegangenem oder abgetretenem Recht zu, denn weder ist ein gesetzlicher Forderungsübergang noch eine Abtretung erfolgt. In diesem Zusammenhang kann unentschieden bleiben, ob die Klägerin, indem sie unter dem 10. Oktober 1984 den für das Ausbaggern in Rechnung gestellten Betrag zur Zahlung an den Beigeladenen anwies, analog § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB als Dritter für den Beklagten eine von diesem dem Beigeladenen geschuldete Leistung bewirkte. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätte es keinen gesetzlichen Forderungsübergang zur Folge gehabt, weil ein solcher für diesen Fall gerade nicht normiert ist (Palandt- Heinrichs, BGB, 50. Aufl. 1991, § 267, Rdnr. 7). Es ist auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, daß der Beigeladene einen ihm gegen den Beklagten möglicherweise zustehenden Aufwendungserstattungsanspruch gemäß § 50 Satz 2 HWG 1981 an die Klägerin abgetreten hat. Zwar können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Forderungen abgetreten werden, und hierfür gelten, soweit Sonderbestimmungen fehlen, die §§ 398 ff. BGB analog (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 398, Rdnr. 2). Indessen fehlt es hier an der für den Abtretungsvertrag notwendigen Einigung hinsichtlich der Übertragung der Gläubigerstellung (vgl. Palandt- Heinrichs, a.a.O., § 398, Rdnr. 6) vom Beigeladenen auf die Klägerin. Beide gingen und gehen vielmehr davon aus, daß der - nach ihrer Auffassung unterhaltungspflichtigen - Klägerin bereits aus eigenem Recht ein Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 50 Satz 2 HWG 1981 zusteht. Die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen beschränkten sich deshalb darauf, daß der Beigeladene die Ausbaggerung des Grabens für die Klägerin auf deren Kosten vornehmen sollte; und anläßlich der Zahlungsanweisung vom 10. Oktober 1984 ging es der Klägerin ersichtlich allein darum, eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Beigeladenen zu erfüllen. Bei dieser Gelegenheit wurde ebensowenig wie zu einem späteren Zeitpunkt eine Abtretung vereinbart, obgleich der Berichterstatter des Senats mit gerichtlichen Verfügungen vom 10. Januar und 9. Juni 1992 darauf hingewiesen hatte, daß fraglich sei, ob der Klägerin oder dem Beigeladenen die Unterhaltungspflicht obliege und infolgedessen ein eventueller Anspruch nach § 50 Satz 2 HWG 1981 zustehe.

Steht demnach jedenfalls der Klägerin weder aus eigenem noch aus übergegangenem oder abgetretenem Recht ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 50 Satz 2 HWG 1981 zu, so mag dahinstehen, ob die (übrigen) tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift im vorliegenden Fall erfüllt sind. Insbesondere bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme feststeht, daß der Beklagte den Graben seinerzeit zugepflügt und dadurch ein den Wasserabfluß beeinträchtigendes Hindernis verursacht hat, oder ob - wie der Beklagte geltend macht und wofür die Aussage des Zeugen R. sprechen könnte - der Graben über mehrere Jahre hin allmählich zugewachsen ist, nachdem der Beigeladene ihn nicht ordnungsgemäß geräumt und gereinigt hat. Eine eingehende Beweiswürdigung ist daher ebenso entbehrlich wie eine ansonsten möglicherweise erforderliche erneute Beweiserhebung.

Die Klägerin kann den eingeklagten Betrag vom Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs verlangen. Kennzeichnend für einen solchen Anspruch ist - ungeachtet seiner rechtlichen Fundierung - ein Vermögenszustand, der ohne rechtfertigenden Grund eingetreten ist und durch die Erstattung wieder rückgängig gemacht werden soll (Ossenbühl, Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, NVwZ 1991, 513). Indessen hat der Beklagte dadurch, daß die Klägerin den streitigen Betrag an den Beigeladenen zur Zahlung angewiesen hat, gar nichts erlangt. Insbesondere ist der Beklagte dadurch nicht von einer etwaigen Verbindlichkeit gegenüber dem Beigeladenen befreit worden. Die Klägerin wollte nämlich ausschließlich eine eigene Schuld gegenüber dem Beigeladenen erfüllen, weil sie irrtümlich annahm, selbst unterhaltungspflichtig zu sein. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten kommt daher in Ermangelung einer Vermögensverschiebung ein Ausgleich von vornherein nicht in Betracht (vgl. Palandt-Thomas, a.a.O., § 812, Rdnr. 62). Ob der Klägerin das Recht einzuräumen ist, noch nachträglich zu erklären, sie wolle ihre damalige Zahlung für den Beklagten erbracht haben, mit der Folge, daß dadurch die (mögliche) Schuld des Beklagten gegenüber dem Beigeladenen erfüllt und infolgedessen ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten begründet würde (vgl. hierzu BGH, U. v. 15. Mai 1986 - VII ZR 274/85 -, NJW 1986, 2700, u. Palandt- Thomas, a.a.O., § 812, Rdnr. 62), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Eine solche nachträgliche Tilgungsbestimmung hat die Klägerin nämlich bis heute nicht erklärt, und zwar auch nicht nach den bereits erwähnten Hinweisen des Berichterstatters auf die Problematik hinsichtlich der Person des Unterhaltungspflichtigen.