Hessischer VGH, Beschluss vom 18.11.1991 - 2 TH 2280/91
Fundstelle
openJur 2012, 19608
  • Rkr:
Tatbestand

Der Antragsteller ist - nach der Stadt O am Main - Eigentümer des 1977/78 mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in H, Gweg 23 (Flur 3, Flurstück 570/25). Dieses Grundstück wird seither verkehrsmäßig durch einen in südlicher Richtung zum Gweg führenden Privatweg erschlossen, der über das ebenfalls im Eigentum des Antragstellers stehende, mit einer Doppelgarage bebaute Flurstück 570/28 verläuft. Die für die Anlage dieser Grundstückszufahrt und die spätere Errichtung des Garagengebäudes benötigten Flächen waren speziell zu diesem Zweck aus einer ursprünglich ebenfalls der Stadt O am Main allein gehörenden Parzelle herausgemessen worden, deren größeres Reststück mit der gegenwärtigen Flurstücksbezeichnung 570/26 der Antragsteller langfristig gepachtet hat.

Das Wohngrundstück des Antragstellers verfügt weiterhin in östlicher Richtung über einen Zugang zu einem als Fußgängerweg mit seitlicher Pflanzenrabatte ausgebauten Teilstück der Straße; diese mit Wirkung vom 15. April 1967 für den öffentlichen Verkehr gewidmete Gemeindestraße endet vor den Grundstücken Nr. 32 und 34 (Wohnhaus der Beigeladenen) in einem Wendehammer, dessen westliche Begrenzung durch eine Garagenzeile gebildet wird. Das Grundeigentum des Antragstellers liegt in vollem Umfang unmittelbar außerhalb, das vorgenannte Teilstück der S Straße noch innerhalb des vorgesehenen Geltungsbereichs eines 1968 überarbeiteten Entwurfs des Bebauungsplans Nr. 1 der Antragsgegnerin, der zu keinem Zeitpunkt rechtswirksam geworden ist. Die Bebauung des betreffenden Gebiets ("Neue Wohnstadt") erfolgte gleichwohl im wesentlichen auf der Grundlage der dort beabsichtigten Festsetzungen; diese sahen eine kleinere "öffentliche Grünfläche" zwischen der Plangebietsgrenze und der den Wendehammer nach Westen abschließenden Garagenzeile vor. Abweichend hiervon wurden die Garagen jedoch unmittelbar an dieser Grenze zum heutigen Flurstück 570/25 - mit einem verbleibenden Abstand von etwa 2,5 m zu dem südlich angrenzenden Grundstück der Beigeladenen - errichtet.

Im Jahre 1989 entschloß sich der Antragsteller, das Flurstück 570/25 mit dem Wohngebäude - jedoch ohne die Grundstückszufahrt und die Doppelgarage auf der Parzelle 570/28 - in absehbarer Zeit zu verkaufen. Deshalb beantragte er unter dem 22. September 1989 bei dem Tiefbauamt der Antragsgegnerin, ihm die Erlaubnis zur Schaffung einer Pkw-Zufahrt zu diesem Grundstück auf der für eine Benutzung durch Fußgänger hergerichteten, zwischen der Garagenzeile und dem Grundstück der Beigeladenen liegenden Fläche der S Straße zu erteilen. Diesem Antrag wurde durch Bescheid vom 12. Oktober 1989 unter bestimmten, vom Antragsteller noch zu erfüllenden Voraussetzungen entsprochen. Nachdem sich der Antragsteller mit den Einzelheiten der von der Antragsgegnerin geforderten Bauausführung einverstanden erklärt und das Angebot einer auf seine Kosten zu beauftragenden Straßenbaufirma vorgelegt hatte, stimmte der Leiter des Bauamtes der Antragsgegnerin unter dem 29. Januar 1990 der Herstellung der Zufahrt endgültig zu.

Im Frühsommer 1990 äußerte der Antragsteller gegenüber den Beigeladenen erstmals ausdrücklich seine Absicht, eine Pkw-Zufahrt von der S Straße zu seinem Wohnhaus anzulegen; im Herbst 1990 forderte er sie schriftlich zur Entfernung von Pflanzen aus der den Zugang seitlich begrenzenden Rabatte auf. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16. Januar 1991 erhoben die Beigeladenen daraufhin bei der Antragsgegnerin Einwendungen gegen das Vorhaben des Antragstellers und baten um Aufschluß darüber, ob dieser tatsächlich eine Voranfrage auf Gestattung einer Zufahrt gestellt habe. Unter dem 29. Januar 1991 setzte die Antragsgegnerin unter Hinweis auf von der örtlichen Polizeibehörde inzwischen erhobene verkehrstechnische Bedenken die dem Antragsteller erteilte Genehmigung bis zum Abschluß einer weiteren Prüfung aus; am 31. Januar 1991 widerrief sie diese Genehmigung vorsorglich mit Rücksicht auf eine neue Situation, die aufgrund vorhandener Einsprüche entstanden sei.

Durch Bescheid vom 18. Februar 1991 widerrief die Antragsgegnerin schließlich die Genehmigung für die Anlegung einer zusätzlichen Pkw-Zufahrt zum Grundstück des Antragstellers endgültig, weil diese offensichtlich rechtswidrig gewesen und die angemessene Zufahrt aufgrund des bestehenden tatsächlichen Zustandes hinreichend gewährleistet sei. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Februar 1991 näher begründeten Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Am 7. März 1991 legten die Beigeladenen Widerspruch gegen die dem Antragsteller erteilte Genehmigung mit der Begründung ein, sie würden durch die Herstellung der streitigen Grundstückszufahrt in ihren Nachbarrechten verletzt. Diesem Widerspruch half die Antragsgegnerin am 8. April 1991 ab, indem sie den Bescheid vom 12. Oktober 1989 aus den in der Verfügung vom 18. Februar 1991 dargelegten Gründen aufhob.

Mit Schriftsatz vom 12. Mai 1991, der am 17. Mai 1991 bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt eingegangen ist, hat der Antragsteller Klage erhoben und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 a Abs. 3 VwGO nachgesucht. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Antragsgegnerin am 22. August 1991 mit näherer Begründung die sofortige Vollziehung ihres Widerrufsbescheids vom 18. Februar 1991 angeordnet. Gleichwohl hat der Antragsteller weiterhin ausdrücklich beantragt,

die sofortige Vollziehung der ihm am 12. Oktober 1989 für den Ausbau der Grundstückszufahrt erteilten Genehmigung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat die von ihr erlassenen Bescheide verteidigt und - ebenso wie die Beigeladenen - beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Durch am 10. September 1991 beratenen Beschluß hat das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, für ihn fehle (derzeit) das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Drittwiderspruch der Beigeladenen gegen die streitige Genehmigung gehe nämlich nunmehr ins Leere, nachdem der Widerrufsbescheid vom 18. Februar 1991 gegenüber dem Antragsteller für sofort vollziehbar erklärt worden sei und dieser die aufschiebende Wirkung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs bislang nicht erreicht habe; damit sei auch kein Raum mehr für eine gerichtliche Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 a Abs. 3 VwGO.

Gegen diesen am 17. September 1991 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 30. September 1991 Beschwerde eingelegt. Er beantragt nunmehr, unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung

1. gegenüber der Sofortvollzugsanordnung der Antragsgegnerin vom 22. August 1991 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 27. Februar 1991 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen, 2. gemäß § 80 a Abs. 3 VwGO die sofortige Vollziehung der Genehmigung der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 1989 zum Ausbau der Zufahrt anzuordnen, 3. hinsichtlich des Antrags zu 1) die Erweiterung des Antrags im zweiten Rechtszug gemäß § 91 Abs. 1 VwGO als sachdienlich zuzulassen, hilfsweise, die Sache an das Verwaltungsgericht Darmstadt zurückzuverweisen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen - ebenfalls sinngemäß -

die Zurückweisung der Beschwerde auch mit den jetzt gestellten Anträgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der beigezogenen und zum Gegenstand der Beratung gemachten Verwaltungsvorgänge (sechs Hefte, ein Plan) verwiesen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den im ersten Rechtszug allein gestellten Antrag, gemäß § 80 a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 VwGO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991, BGBl. I S. 686) die sofortige Vollziehung der den Antragsteller begünstigenden Genehmigung anzuordnen, jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Auch die in zweiter Instanz erstmals - zusätzlich - beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 4 VwGO kommt nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Überprüfung nicht in Betracht. Vielmehr liegt nach derzeitigem Stand der Erkenntnis die sofortige Vollziehung des (Rücknahme-)Bescheids vom 18. Februar 1991 im - die Interessen des Antragstellers an einer verzögerungsfreien Ausnutzung der Sondernutzungserlaubnis vom 12. Oktober 1989 überwiegenden - öffentlichen Interesse und zugleich im ebenfalls überwiegenden privaten Interesse der Beigeladenen. Hierfür sind im einzelnen die nachstehenden Erwägungen maßgeblich:

Allerdings erweist sich die mit der Beschwerde vorgenommene, nach den §§ 44 und 91 VwGO zu beurteilende Antragserweiterung als zulässig. Abgesehen davon, daß ihr die Beigeladenen und die Antragsgegnerin mit Schriftsätzen vom 28. und 29. Oktober 1991 ausdrücklich zugestimmt haben, ist sie auch im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Denn der Streitstoff für den erweiterten Rechtsschutzantrag bleibt im wesentlichen unverändert und die jetzt gewählte Form der Antragstellung fördert ersichtlich die baldige Beilegung des Streits zwischen den Beteiligten (vgl. hierzu Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl. 1989, § 91 RZ. 19 m. w. N.).

Der entsprechend der zweitinstanzlichen Antragstellung vorrangig zu behandelnde Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27. Februar 1991 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Februar 1991 wiederherzustellen, ist jedoch nicht begründet. Dessen durch besonderen Bescheid vom 22. August 1991 angeordnete sofortige Vollziehung ist von der Antragsgegnerin entsprechend der (formellen) Anforderung des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in ausreichendem Umfang schriftlich begründet worden. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die von der Antragsgegnerin im einzelnen dargelegten Sofortvollzugsgründe liegen tatsächlich vor; sie ergeben auch nach Auffassung des Senats ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts, welches das Interesse des Antragstellers am Fortbestand der ihm erteilten Genehmigung bis zum endgültigen Abschluß des Hauptsacheverfahrens vor allem deshalb überwiegt, weil sein Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben wird. Ein gegenüber den entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen gewichtigeres Interesse des Antragstellers daran, zumindest bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung von der ihm zuteil gewordenen - wie zu zeigen sein wird: rechtswidrigen - Begünstigung noch Gebrauch machen zu können, ist nicht zu erkennen; insbesondere benötigt der Antragsteller eine zusätzliche Zufahrt von der S Straße nicht für die angemessene verkehrsmäßige Erschließung seines Wohngrundstücks, sondern nach eigenen Angaben lediglich zu dessen günstigerer wirtschaftlicher Verwertung ohne die seit jeher über die Parzelle 570/28 verlaufende Zufahrt zum Gr-weg. Dieses spezielle Verwertungsinteresse ist unter den hier gegebenen Umständen nicht schutzwürdig, jedenfalls aber muß es hinter das öffentliche Interesse sowie das private Interesse der Beigeladenen an der Beibehaltung des gegenwärtigen Erschließungszustands zurücktreten. Hierzu ist im einzelnen auszuführen:

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen - jedenfalls bei summarischer Überprüfung - keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des von ihm angefochtenen Bescheids. Ungeachtet der von der Antragsgegnerin verwendeten Terminologie handelt es sich bei dem "Widerruf der Gestattung einer weiteren Pkw-Auffahrt" vom 18. Februar 1991 um die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts, die mangels einer wegerechtlichen Spezialregelung nach § 48 HVwVfG zu beurteilen ist. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ein begünstigender Verwaltungsakt darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Von dieser Rücknahmebefugnis hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der dem Antragsteller durch Bescheid vom 12. Oktober 1989 gewährten Begünstigung ohne derzeit erkennbaren Ermessensfehler Gebrauch gemacht.

Die "Genehmigung zur Herstellung einer Pkw-Zufahrt zum Grundstück Gweg von der öffentlichen Verkehrsfläche der S Straße" war entgegen der Ansicht des Antragstellers ebensowenig Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung wie die nach Erfüllung gewisser Voraussetzungen am 29. Januar 1990 schließlich erteilte "Zustimmung" zur Bauausführung durch eine bestimmte Straßenbaufirma. Auch um eine Zusicherung (- auf deren Rücknahme übrigens gemäß § 38 Abs. 2 HVwVfG die Vorschriften des § 48 HVwVfG entsprechend anzuwenden wären -) handelte es sich nicht. Vielmehr wurde die zuständige Behörde aufgrund des Antrags vom 22. September 1989 ersichtlich in der Handlungsform des Verwaltungsakts nach § 35 HVwVfG tätig; daran ändert sich nichts dadurch, daß die Antragsgegnerin den Antragsteller im Genehmigungsbescheid vom 12. Oktober 1989 aufgefordert hatte, durch Leistung seiner Unterschrift sein Einverständnis mit den dort im einzelnen aufgeführten "Bedingungen" zu erklären. Der Abschluß eines privat-rechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrags ist hierin nicht zu erblicken. Vielmehr sollte auf diese Weise nur eine baldige Klarstellung dahin erreicht werden, ob der Antragsteller die der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen zu erfüllen bereit sei oder nicht. Die Erteilung der vom Antragsteller begehrten Genehmigung durch Verwaltungsakt entspricht auch allein der sich aus den §§ 16, 19 und 20 HStrG hinsichtlich der Schaffung von Grundstückszufahrten ergebenden materiellen Rechtslage:

Nach bürgerlichem Vertragsrecht richtet sich nämlich gemäß § 20 Abs. 1 HStrG nur die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums an öffentlichen Straßen, wenn diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt; dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein nicht dem (Fußgänger- oder Fahr-) Verkehr dienender Straßenteil, beispielsweise eine Böschung oder ein Straßengraben, genutzt werden soll (vgl. Neumeyer, Das Hessische Straßengesetz, Kommentar, Stand: Juni 1991, § 20 Erläuterung lb; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 4. Aufl. 1985, Kapitel 5 RZ. 19 sowie Kapitel 27 RZ. 1 ff.).

Beeinträchtigt hingegen die begehrte Gebrauchsart - hier die notwendigerweise mit einem baulichen Eingriff in die Straßensubstanz verbundene Schaffung einer Zufahrt an Stelle eines vorhandenen Zugangs - den Gemeingebrauch, bedarf sie nach den neueren Landesstraßengesetzen, die insoweit im wesentlichen dem Bundesfernstraßengesetz folgen, einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis des Baulastträgers (vgl. Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 26 RZ. 8). Eine derartige "Sondernutzungserlaubnis", die gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 HStrG nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf, ist für die Schaffung einer (zweiten) Zufahrt zum Wohngrundstück des Antragstellers erforderlich.

Zwar sieht § 19 Abs. 1 Satz 2 HStrG lediglich für Zufahrten zu Landesstraßen und Kreisstraßen außerhalb der geschlossenen Ortslage vor, daß sie nur mit Erlaubnis der Straßenbaubehörde errichtet oder geändert werden dürfen. Für die Zufahrten zu Gemeindestraßen innerhalb der geschlossenen Ortslage kann deshalb nur im Wege des Umkehrschlusses - in Übereinstimmung mit der allgemeinen Auffassung und dem Herkommen - gefolgert werden, daß sie zu den Straßennutzungen im Rahmen des grundsätzlich erlaubnisfreien Gemeingebrauchs rechnen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1972 - 4 C 112.68 -, DVBl. 1973 S. 496 ff. = DÖV 1973 S. 238 ff.). Dies bedeutet allerdings noch nicht, daß der Antragsteller aufgrund des an der S Straße bestehenden Gemeingebrauchs oder des sogenannten Anliegergebrauchs - mithin ohne Sondernutzungserlaubnis - die streitige Zufahrt über den bislang nur für den Fußgängerverkehr hergerichteten Teil der öffentlichen Verkehrsfläche zu seinem Wohngrundstück in Anspruch nehmen kann. Denn für die Anlage und die Benutzung von Zufahrten gelten rechtliche Besonderheiten, die ihren Grund und ihre Rechtfertigung in der spezifischen Beziehung zwischen der Zufahrt und der durch sie in Anspruch genommenen Straße finden (vgl. hierzu und zum folgenden das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1972, a. a. O.). Aus der Begriffsbestimmung der "Zufahrten" als den für die Benutzung mit Fahrzeugen bestimmten oder geeigneten Verbindungen von anliegenden Grundstücken oder von nichtöffentlichen Wegen mit einer Straße (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 HStrG) ergibt sich nämlich, daß jede Straßenbenutzung durch eine Zufahrt nach der objektiven Seite hin eine besondere räumliche Beziehung zwischen der Straße und dem durch die Zufahrt mit ihr verbundenen Grundstück voraussetzt. In subjektiver Hinsicht folgt aus ihr, daß die Inanspruchnahme der Straße für eine Zufahrt nur von demjenigen gefordert werden kann, der über ein für den Anschluß an die Straße in Betracht kommendes Grundstück verfügt. Daher ist auch innerhalb der geschlossenen Ortslage nicht schlechthin jedermann unter Berufung auf den Gemeingebrauch berechtigt, eine Zufahrt zu einer Gemeindestraße anzulegen, zu verändern oder dauernd zu benutzen, sondern nur derjenige, der ihrer bedarf, um sein der Straße benachbartes Grundstück von dieser Straße aus zu erschließen. Die durch vorstehende Einschränkungen geprägte Eigenart des durch Zufahrten verwirklichten Gemeingebrauchs wird durch den Begriff des "Anliegergebrauchs" umschrieben, der eine zwar erlaubnisfreie, dennoch aber über den schlichten Gemeingebrauch hinausgehende und eben darum nicht jedermann ohne weiteres zustehende Straßenbenutzung bezeichnet. Dabei ist kennzeichnend - und zugleich Voraussetzung - für den Anliegergebrauch, daß das Grundeigentum in besonderer Weise auf das Vorhandensein und die Benutzung der Straße angewiesen sein muß (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 1977 - IV C 15.75 -, BVerwGE 54 S. 1, 3).

Das ist bei dem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück des Antragstellers hinsichtlich der S Straße offenkundig nicht der Fall; denn das Flurstück 570/25 verfügt seit seiner Bebauung vor annähernd 15 Jahren über eine ausreichende verkehrsmäßige Erschließung, die nach wie vor durch den eigens zu diesem Zweck auf der Parzelle 570/28 angelegten Privatweg zum Gweg gewährleistet ist; mehr als einen nur für Fußgänger ausgebauten Zugang zum Wendehammer der S Straße hat dieses Grundstück - unstreitig - niemals besessen und sollte es nach dem Inhalt der beigezogenen Baugenehmigungsunterlagen, die insoweit jeden vernünftigen Zweifel ausschließen, auch zukünftig nicht erhalten. Auf eine für die Benutzung mit Kraftfahrzeugen geeignete Verbindung zur S Straße ist der Antragsteller demnach zur angemessenen Nutzung seines Wohngrundstücks in dem hier maßgebenden straßenrechtlichen Sinn nicht angewiesen. Daß für ihn eine solche Verbindung vorteilhaft wäre, namentlich im Hinblick auf eine getrennte wirtschaftliche Verwertung der Parzellen 570/25 und 570/28, ist unter diesen Umständen nicht rechtserheblich. Dies kann er - ebenso wie der Kläger des vom Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 15. Dezember 1972 entschiedenen Streitverfahrens - im übrigen umso weniger mit Erfolg geltend machen, als er sein Grundstück von vornherein in Kenntnis seiner Lage und seiner ausschließlichen Befahrbarkeit über den Gr-weg und einen zusätzlich anzulegenden Privatweg bebaut hat.

Kann der Antragsteller demzufolge ein Zufahrtsrecht nicht auf den Anliegergebrauch stützen, bedurfte er ungeachtet des Umstandes, daß sein Grundeigentum auf eine Länge von etwa 2,5 m an den Wendehammer der S Straße angrenzt, zur Herstellung und dauernden Benutzung der begehrten Zufahrt einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HStrG, die ihm durch Bescheid vom 12. Oktober 1989 auch erteilt wurde.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß er dieser Erlaubnis übrigens auch bedürfte, falls er sich entsprechend der von ihm vertretenen Auffassung auf eine Rechtsstellung als Anlieger der S Straße berufen könnte. Die Überfahrt des Anliegers über den Gehweg ist zwar grundsätzlich erlaubnisfrei. Vom Anliegergebrauch wird jedoch nicht das Recht umfaßt, ohne Rücksicht auf den Straßenzustand über einen hierfür nicht ausgebauten Gehweg in ein Grundstück einzufahren (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 1968 - 4 C 232.65 -, DÖV 1968 S. 736 f.). Ein Befahren der in Rede stehenden Teilfläche der S Straße ist auch nach der eigenen Einschätzung des Antragstellers nur nach einer erheblichen baulichen Veränderung möglich. Insbesondere müßten der vor dem Grundstück der Beigeladenen verlaufende Gehweg teilweise entfernt und der bisherige Zugang zum Grundstück des Antragstellers erst für eine Benutzung durch Kraftfahrzeuge ausgebaut werden. Diese Veränderungen der Straßensubstanz fallen nicht unter die erlaubnisfreie Benutzung der Straße, sondern setzen die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis voraus (vgl. Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 25 RZ. 43 und 44).

Die dem Antragsteller daher in der richtigen Form eines Verwaltungsakts erteilte "Genehmigung zur Herstellung einer Pkw-Auffahrt" stellt sich bei der hier vorzunehmenden summarischen Überprüfung als rechtswidrige Sondernutzungserlaubnis dar mit der Folge, daß sie gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG - freilich unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 - zurückgenommen werden konnte.

Entsprechend dem von der Antragsgegnerin nunmehr selbst gegebenen Hinweis leidet die Erlaubnis vom 12. Oktober 1989 bereits deshalb an einem objektiven Rechtsfehler, weil sie entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 HStrG weder auf Zeit noch auf Widerruf, sondern völlig uneingeschränkt erteilt wurde. Allein dieser Mangel rechtfertigt allerdings nach Auffassung des Senats nicht eine Rücknahme, sondern - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nur die nachträgliche Beifügung einer entsprechenden Nebenbestimmung. Die von Neumeyer (a. a. O., § 16 Erläuterung ld, S. 208 unten) sowie Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech (Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Kommentar, Stand: Mai 1990, Art. 18 RZ. 21 m. w. N.) vertretene Gegenmeinung legt zugrunde, in einem derartigen Fall sei von vornherein das Vertrauen des Erlaubnisnehmers auf den Bestand der Sondernutzungserlaubnis geringer zu bewerten als das öffentliche Interesse daran, daß die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht durch den dauernden Bestand fremder Anlagen beeinträchtigt werde. Diesem öffentlichen Interesse könnte aber - zumindest in Fällen der vorliegenden Art - durch das gegenüber einer Rücknahme mildere Mittel der Nachholung einer Nebenbestimmung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 HStrG noch ausreichend Rechnung getragen werden.

Auf der anderen Seite kommt dem Umstand, daß keiner der mit der Erteilung der streitigen Zufahrtsgenehmigung befaßten Amtswalter der Antragsgegnerin das zwingende Gebot dieser Vorschrift beachtet hat, eine gewisse - durch weitere Umstände verstärkte - Indizwirkung dafür zu, daß diese sich auch im übrigen hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen der vom Antragsteller begehrten Erlaubnis im Unklaren waren.

Allerdings enthalten die Vorschriften des § 16 HStrG unmittelbar keine Aussage über die sachlichen Voraussetzungen, unter denen eine Sondernutzung allgemein oder in der besonderen Form einer Zufahrt zu gewähren bzw. zu versagen ist. Die Erteilung der Erlaubnis liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde; sie hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 40 HVwVfG). Wenn sich auch Ermächtigungszweck und Ermessensgrenzen bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Schaffung und dauernden Benutzung einer Grundstückszufahrt nicht unmittelbar dem Gesetz entnehmen lassen, besagt dies entgegen der Auffassung des Antragstellers noch nicht, daß eine von der zuständigen Behörde - aufgrund welcher Erwägungen auch immer - gewährte Erlaubnis deshalb auch stets als rechtmäßig anzusehen sei. Richtig ist hieran nur, daß allein das Ergebnis einer Ermessensbetätigung keinen verläßlichen Aufschluß über Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der getroffenen Ermessensentscheidung verschafft; insoweit trifft zu, daß auch in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden die Erteilung der Erlaubnis für eine - zweite - Grundstückszufahrt rechtmäßig sein kann. Dies setzt jedoch voraus, daß sich die Behörde überhaupt bewußt war, eine abwägende Ermessensentscheidung treffen zu müssen, sowie daß sie die nach Lage der Dinge abwägungsrelevanten Umstände fehlerfrei ermittelt und bei ihrer Entscheidung entsprechend dem ihnen objektiv zukommenden Gewicht berücksichtigt hat (vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1986, § 40 RZ. 14 und 15; Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1983, § 40 RZ. 28, jeweils m. w. N.). Hieran bestehen nach derzeitigem Erkenntnisstand so erhebliche Zweifel, daß zumindest für das vorläufige Rechtsschutzverfahren von der Rechtswidrigkeit der dem Antragsteller - unbefristet und unwiderruflich - erteilten Sondernutzungserlaubnis ausgegangen werden muß.

Diese Zweifel beruhen zunächst darauf, daß die mit der Angelegenheit befaßten Amtswalter der Antragsgegnerin ursprünglich offenbar nicht erkannt haben, daß es sich bei der vom Antragsteller begehrten Erlaubnis um mehr als eine Genehmigung für Straßenbauarbeiten handelte. Sie ergeben sich ferner - verstärkt - daraus, daß diese Amtswalter ersichtlich in der Annahme gehandelt haben, bei Erfüllung der straßenbautechnischen Anforderungen durch die auf Kosten des Antragstellers zu beauftragende Fachfirma seien weitere (rechtliche) Anforderungen etwa im Hinblick auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder hinsichtlich der Belange betroffener Anlieger nicht zu stellen. Nur so ist es nämlich zu erklären, daß nur mit dem Antragsteller selbst verhandelt, jedoch weder die Straßenverkehrsbehörde eingeschaltet noch den Beigeladenen als den durch die begehrte Zufahrt unmittelbar betroffenen Anliegern der Stettiner Straße Gelegenheit zu einer Äußerung eingeräumt wurde. Dies hätte aber im Sinne eines rechtlich einwandfreien Entscheidungsfindungsprozesses jedenfalls angesichts der offenkundig problematischen örtlichen Verhältnisse geschehen müssen. Außer der Wahrung eines einwandfreien Straßenzustandes sind nämlich regelmäßig die Belange des Verkehrs Versagungs- oder Einschränkungsgründe (vgl. Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 26 RZ. 14); insbesondere ist nach der wiederholt zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (DVBl. 1973 S. 498 = DÖV 1973 S. 239) eine Sondernutzungserlaubnis zu versagen, soweit die Versagung aus Gründen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs nötig ist. Diese Voraussetzung wurde vor Erlaß des Bescheids vom 12. Oktober 1989 nicht geprüft. Weiterhin ist auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis, zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer auszugleichen, Schutzzweck der Erlaubnis für die Sondernutzung und deshalb bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen (Kodal/Krämer, a. a. O.); auch dieser Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis ist hier ersichtlich nicht Rechnung getragen worden, obwohl sich der Antragsgegnerin die Notwendigkeit einer auch die Interessen der Beigeladenen einbeziehenden Abwägungsentscheidung nach der Örtlichkeit geradezu hätte aufdrängen müssen. Diese Mängel im Abwägungsvorgang führen - ungeachtet des als solchen rechtlich nicht unbedingt zu beanstandenden Ergebnisses - zur Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides vom 12. Oktober 1989 mit der Folge der Rücknehmbarkeit unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 HVwVfG (vgl. Neumeyer, a. a. O., S. 207).

Die durch Bescheid vom 18. Februar 1991 gegenüber dem Antragsteller erklärte Rücknahme scheitert nicht bereits, wie dieser meint, an der gemäß Abs. 4 Satz 1 dieser Vorschrift einzuhaltenden Jahresfrist. Dies träfe hier (nur dann) zu, wenn die Frist von einem Jahr seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, bereits ab Erlaß des zurückzunehmenden Verwaltungsakts liefe. Dies ist indessen unabhängig davon, ob der Behörde ein zu dessen Rechtswidrigkeit führender "Tatsachenirrtum" oder aber ein "Rechtsirrtum" unterlaufen ist, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß des Großen Senats vom 19. Dezember 1984, BVerwGE 70 S. 356), der der Senat folgt, nicht der Fall. Der mit der hier anzuwendenden landesrechtlichen Vorschrift wörtlich übereinstimmende § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet danach nämlich auch dann Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, daß sie den beim Erlaß eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt lediglich unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Bei unvollständig oder fehlerhaft ermitteltem Sachverhalt gilt dies ohnehin. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwGE 70 S. 356, 358 ff., 361 ff.); dabei erlangt die Behörde positive Erkenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erst dann, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt. Daraus folgt, daß die Jahresfrist nicht schon mit dem Erlaß des Verwaltungsakts zu laufen beginnt, und zwar selbst dann nicht, wenn eine bewußte oder gewollte Fehlentscheidung vorliegt, mit der dem Begünstigten ein rechtswidriger Vorteil zugewendet werden soll (BVerwGE 70 S. 364 f.). Eine andere Auffassung, wie sie auch der Antragsteller vertritt, würde dazu führen, daß ein Verwaltungsakt in der Regel nur innerhalb eines Jahres seit seinem Erlaß zurückgenommen werden dürfte; dies wäre auch nach Auffassung des Senats mit der Konzeption des § 48 HVwVfG nicht vereinbar.

Hat die Jahresfrist demzufolge nicht bereits mit dem Erlaß des Bescheids vom 12. Oktober 1989 zu laufen begonnen, kann sie im Zeitpunkt seiner Rücknahme am 18. Februar 1991 nicht abgelaufen gewesen sein; denn an der maßgeblichen Erkenntnissituation hat sich für die Antragsgegnerin frühestens aufgrund der Intervention der Beigeladenen vom 16. Januar 1991 eine Änderung ergeben. Erst zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls aber nicht bereits vor dem 18. Februar 1990, haben die für die rechtliche Überprüfung zuständigen Amtswalter der Antragsgegnerin Kenntnis von den die Rechtswidrigkeit der dem Antragsteller erteilten Genehmigung begründenden Umständen erlangt. Dem Ergebnis der daraufhin veranlaßten rechtlichen Überprüfung hat die Antragsgegnerin sodann alsbald - etwa innerhalb eines Monats - durch die Rücknahme Rechnung getragen.

Schließlich stehen auch die aus § 48 Abs. 2 und 3 HVwVfG folgenden Einschränkungen der unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips grundsätzlich eröffneten Rücknahmemöglichkeit nicht der von der Antragsgegnerin am 18. Februar 1991 getroffenen Entscheidung entgegen. Das Gesetz unterscheidet insoweit zwischen Verwaltungsakten, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewähren oder hierfür Voraussetzung sind (Abs. 2) und sonstigen Verwaltungsakten (Abs. 3). Bei einer rechtswidrigen Sondernutzungserlaubnis handelt es sich jedenfalls dann, wenn sie entgegen § 16 Abs. 2 Satz 1 HStrG weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt wurde, um einen nicht unter Abs. 2 fallenden Verwaltungsakt mit der Folge, daß sie - anders als der auf eine Geld- oder teilbare Sachleistung gerichtete Verwaltungsakt - ohne Abwägung des Vertrauens des Betroffenen mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme zurückgenommen werden kann und dieser in der Regel nur einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Ausgleich der durch die Rücknahme verursachten Vermögensnachteile geltend machen kann (vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 48 RZ. 83 und 84; Stelkens/Bonk/Leonhardt, a. a. O., § 48 RZ. 42, 43 ff.). Soweit die Auffassung vertreten wird, die Rücknahme einer fehlerhaft erteilten Erlaubnis auf Zeit bestimme sich nach § 48 VwVfG und im Sinne dieser Vorschrift handele es sich bei einer Sondernutzung um die Gewährung einer (nach Zeiteinheiten) teilbaren Sachleistung gemäß Abs. 2 (Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 26 RZ. 24), könnte sich der Senat ihr jedenfalls dann nicht anschließen, wenn damit zugleich gesagt sein sollte, daß eine - gesetzwidrig - unwiderruflich und unbefristet erteilte Sondernutzungserlaubnis nur nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 HVwVfG rücknehmbar wäre. Denn zumindest eine derartige unbefristete Erlaubnis berührt nicht oder nicht vorrangig bloße fiskalische Interessen, sondern wichtige sonstige öffentliche Interessen und ist deshalb - ebenso wie andere Erlaubnisse oder Genehmigungen (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Leonhardt, a. a. O., RZ. 42) - dem Anwendungsbereich des Abs. 3 zuzuordnen.

Gleichwohl sei - lediglich ergänzend - angemerkt, daß die dem Antragsteller erteilte Genehmigung wohl auch unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 HVwVfG rücknehmbar wäre. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kommt die Rücknahme nicht in Betracht, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Jedenfalls an der zuletzt genannten Voraussetzung dürfte es hier fehlen, weil der Antragsteller noch keine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Ohne Erfolg wendet er insoweit ein, er habe (freilich erst am 16. Januar 1991) den Auftrag zur Ausführung der erforderlichen Straßenbauarbeiten bereits erteilt. Denn dieser Auftrag ist unstreitig bislang nicht ausgeführt worden; der Antragsteller hat selbst auch nicht vorgetragen, daß er etwa bereits Zahlungen an den beauftragten Unternehmer hätte leisten müssen. Unter diesen Umständen ist auf seiten des Antragstellers ein schutzwürdiges Vertrauen schon im Ansatz nicht zu erkennen. Deshalb kann offen bleiben, ob der Antragsteller - wie die Antragsgegnerin sinngemäß ausführt - die Genehmigung vom 12. Oktober 1989 durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung, nämlich hinsichtlich der baurechtlichen Verkehrserschließung seines Wohngrundstücks, unrichtig bzw. unvollständig waren (Satz 3 Nr. 2) oder ob er - als Volljurist - die Rechtswidrigkeit dieser Genehmigung kannte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Satz 3 Nr. 3).

Die wiederum nach Ermessensgrundsätzen zu treffende Rücknahmeentscheidung vom 18. Februar 1991 erweist sich bei gerichtlicher Nachprüfung gemäß § 114 VwGO als fehlerfrei. Die Antragsgegnerin hat nunmehr alle wesentlichen Gesichtspunkte - einschließlich der Verkehrssicherheit auf dem Wendehammer der Stettiner Straße und der tatsächlichen nachteiligen Betroffenheit der Beigeladenen - bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, die sie schon vor Erlaß des den Antragsteller begünstigenden Bescheids hätte berücksichtigen müssen. Auch im Ergebnis ist ihre Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit fällt vor allem ins Gewicht, daß die Anlegung einer (zweiten) Zufahrt zum Grundstück des Antragstellers, der auf sie nicht im Sinne des straßenrechtlichen Anliegergebrauchs angewiesen ist, zu einer nicht unerheblichen Gefahrensituation führen würde, die durch die Art der dem Bebauungsplanentwurf der Antragsgegnerin weitgehend folgenden Straßenanlage und Bebauung gerade hatte verhindert werden sollen. Denn bliebe die dem Antragsteller erteilte Sondernutzungserlaubnis bestehen, würde dies auf Dauer insbesondere dazu führen, daß Kraftfahrzeugverkehr auf einer bisher dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen Fläche der S Straße stattfinden würde und die Beigeladenen beim Betreten bzw. Verlassen ihres Grundstücks diesen Verkehr ohne Sicherheitszone in Form eines Gehwegs kreuzen müßten. Eine derartige Verkehrsführung ist bei der Bebauung des Geländes aus guten Gründen, nicht zuletzt wegen der eingeschränkten Sichtverhältnisse, nie in Erwägung gezogen worden; ihre Verhinderung auch für die Zukunft ist das rechtmäßige Ergebnis einer verfahrensrechtlich einwandfreien Ermessensbetätigung durch die Antragsgegnerin.

Nach allem überwiegen unter Berücksichtigung der - geringen - Erfolgsaussichten des Widerspruchs vom 27. Februar 1991 das öffentliche (Verkehrssicherheits-)Interesse sowie das private Interesse der Beigeladenen an der Beibehaltung des bestehenden Zustands, die zusammen ein hinreichendes Sofortvollzugsinteresse ergeben. Das angesichts langjähriger anderweitiger Verkehrserschließung seines Grundstücks sachlich kaum nachvollziehbare Interesse des Antragstellers, jedenfalls bis zu einer endgültigen Entscheidung von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch machen zu können, wiegt gering, zumal mit erheblichem Kostenaufwand in die Straßensubstanz eingegriffen werden muß und nicht damit zu rechnen ist, daß es mit diesen Arbeiten auf Dauer sein Bewenden hat. Soweit der Antragsteller mit Herstellung und Benutzung der zweiten Grundstückszufahrt ein erhebliches finanzielles Interesse - im Hinblick auf eine beabsichtigte getrennte Veräußerung der Parzellen 570/25 und 570/28 - verbindet, ist dieses Interesse nicht schutzwürdig; denn das insoweit einschlägige Straßenrecht schützt den Einzelnen nur, soweit dieser für die Erschließung seines Grundstücks einer angemessenen Zufahrt tatsächlich bedarf (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1975 - II OG 13/75 -). Dies ist hier aber hinsichtlich der S Straße, wie dargelegt, seit annähernd fünfzehn Jahren unverändert nicht der Fall.

Zwar gibt es außer der wegerechtlichen auch eine baurechtliche Zulässigkeit von Zufahrt und Zugang. Insbesondere können in Bebauungsplänen Festsetzungen über den Anschluß der Grundstücke an die Verkehrsflächen getroffen werden. Ist umgekehrt bebauungsrechtlich ein Anschluß eines Grundstücks an die Straße ausgeschlossen, so kann er nicht unter Berufung auf wegerechtliche Zulässigkeit geschaffen werden (vgl. Kodal/Krämer, a. a. O., Kapitel 28 RZ. 40).

Aus diesen Grundsätzen folgt aber kein Gesichtspunkt, der die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers beeinflussen könnte. Vielmehr ist auch und gerade bei einer baurechtlichen Würdigung davon auszugehen, daß dessen Wohngrundstück verkehrsmäßig - abgesehen von einem Zugang - bewußt nicht von der S Straße, sondern ausschließlich vom Gweg erschlossen wird. Dies läßt sich nicht nur dem der tatsächlichen Bebauung zugrundeliegenden Entwurf eines Bebauungsplans Nr. 1 der Antragsgegnerin, sondern - eindeutig - vor allem auch den eine Bauvoranfrage für die jetzige Parzelle 570/25 betreffenden Vorgängen, den - lediglich einen Zugang zur S Straße vorsehenden - Baugenehmigungsunterlagen selbst sowie schließlich der räumlichen Anordnung der an das Wohnhaus unmittelbar anschließenden Garage mit hinreichender Sicherheit entnehmen.

Muß demzufolge der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Rücknahmebescheid vom 18. Februar 1991 abgelehnt werden, kann auch der vom Antragsteller im zweiten Rechtszug außerdem weiterverfolgte Antrag, gemäß § 80 a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 VwGO die sofortige Vollziehung der ihm erteilten Genehmigung gerichtlich anzuordnen, nicht zum Erfolg führen. Denn unabhängig von der hier nicht näher zu vertiefenden Frage eines etwaigen Vorrangs einer dieser beiden Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der jeweils anderen kommt jedenfalls, sofern das Gericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht entsprochen hat, aus denselben Gründen eine Stattgabe nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO bereits deshalb nicht in Betracht, weil auch insoweit die Vorschriften des § 80 Abs. 5 bis 8 VwGO entsprechend gelten (Satz 2) und sich das Gericht nicht in Widerspruch zu seiner eigenen Entscheidung setzen kann.