Hessischer VGH, Urteil vom 09.04.1984 - 11 UE 149/84
Fundstelle
openJur 2012, 17794
  • Rkr:
Tatbestand

Der Kläger sucht die Feststellung zu erreichen, daß die Beklagte verpflichtet war, ihre Entscheidung in einem Widerspruchsverfahren ihm als Prozeßbevollmächtigten des Widerspruchsführers mitzuteilen.

Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 22. Mai 1981 Widerspruch gegen die Pfändung eines Fernsehgerätes im Namen von dessen Eigentümer, Herrn Ludwig W., und dessen Schwester, Frau Ursula S., die das Gerät mitbenutzte, eingelegt. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 1981, der am 2. Juni 1981 bei dem Fernmeldeamt in Fulda einging, legte er die Vollmacht beider Widerspruchsführer vor.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten enthalten aus der Zeit seit dem 22. Mai 1981 folgende Vermerke:

"Lt. fmdl. Rückspr. mit RA Becker wurde klargestellt, daß eine Beauftragung durch Ludwig W. (angebl. Eigentümer) bisher fehlt. RA will Vollmacht und entsprechende Erklärung bis Anfang Juni vorlegen. Sollte das nicht möglich sein, will er den Widerspruch zurückziehen. Eine Erklärung durch Ludwig W. über sein noch vorhandenes Eigentumsrecht ist erforderlich, da vermutet werden kann, daß Frau S. in den vergangenen 5 Jahren Eigentum an dem Gerät erworben hat (durch Schenkung oder Vergütung für Betreuung), zumal sich das Gerät eindeutig in ihrem Gewahrsam (Küche befand.

(Namenszeichen unleserlich) FAm 25/5.81"

"Lt. fmdl. Rückspr. mit Herrn W. erklärt dieser, daß das FS-Gerät nach wie vor sein Eigentum sei. W. versicherte außerdem, auf seine Schwester zwecks Aufnahme der ständigen Zahlungsversprechen einzuwirken. Demnächst 1. Zahlung = 100,-- DM angekündigt, die Schwester warte noch auf das Kindergeld. Das FS-Gerät wolle er wieder haben und abholen. Wohlwollende Prüfung zugesagt.

(Namenszeichen unleserlich) 11/6."

Die Worte " Wohlwollende Prüfung" in dem Vermerk vom 11.6. ersetzen das ursprünglich an dieser Stelle stehende Wort " Herausgabe ", das durchgestrichen wurde.

Auf die vorstehenden Vermerke folgen noch die drei nachfolgenden:

"Bei einer erneuten fmdl. Rücksprache bestand Herr W. auf einer baldigen Abholung bzw. Herausgabe seines Gerätes.

(Namenszeichen unleserlich) 9/7.81 "

"Frau S. erschien am 21.07.81 etwa um 16 Uhr bei BZ und zahlte 100,-- DM.

Fröhlich, 21.07.81"

"Bei persönlicher Vorsprache des Herrn W. am 23.07.81 wurde ihm das FS-Gerät ausgehändigt. Siehe Vermerk auf der Rückseite der Pfändungsverhandlung. W. erklärte, daß Frau S. nächste Woche eine weitere Rate zahlen will.

Fröhlich, 23.07.81

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 1981 - eingegangen beim Verwaltungsgericht am 28. Juli 1981 - hat der Kläger als Bevollmächtigter des Herrn W. Klage mit dem Antrag erhoben:

"Die Pfändung des Farbfernsehgerätes Sanyo nova color 2000 des Klägers vom 20. Mai 1981 in Gestalt des mündlich erteilten Abhilfe- bzw. Widerspruchsbescheides von Anfang Juni 1981 wird aufgehoben". Dieser Rechtsstreit ist in der Hauptsache für erledigt erklärt worden.

Weiter hat der Kläger im eigenen Namen am gleichen Tage Feststellungsklage erhoben, mit der er die Rechtswidrigkeit der Verfahrensweise der Beklagten festgestellt wissen wollte. Er hat gerügt, die Beklagte habe durch ihre Verfahrensweise ihn als Prozeßbevollmächtigten seiner Mandanten dauernd und nachhaltig umgangen. Ein Bediensteter der Beklagten habe sich nur einmal vor der Einreichung der Vollmacht telefonisch an ihn gewandt. Im übrigen sei mit seinen Mandanten unmittelbar verhandelt worden. Dazu hat der Kläger im einzelnen vorgetragen, der Bedienstete M. der Beklagten habe zwischen dem 11. Juni und 21. Juli 1981 mehrmals bei Herrn W. angerufen und ihm angeboten, er könne das Gerät gegen Zahlung von 100,00 DM in Fulda abholen. Die 100,00 DM könnten entweder er oder seine Schwester zahlen. Diese Anrufe seien die eigentliche Entscheidung über den Widerspruch vom 22. Mai 1981 gewesen. Seine Mandantin, Frau S., habe dann die 100,00 DM bezahlt, weil sie nicht gewollt habe, daß Herr W. aufgrund Ihrer Gebührenrückstände das Gerät weiter habe entbehren müssen.

Der Kläger hat unter Berufung auf das Urteil des VGH München vom 17. Oktober 1975 - Nr. 52 VI 71 - NJW 1976 S. 1117, beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet war, die Entscheidung über den Widerspruch der Ursula S. und des Ludwig W. vom 22. Mai 1981 gegen die Pfändung des Farbfernsehgeräts Sanyo nova color 2000 des Ludwig W. durch das Fernmeldeamt - Beitreibungsstelle in Fulda - vom 20. Mai 1981 dem Kläger mitzuteilen (zuzustellen),

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, die Entscheidung über den Widerspruch dem Kläger mitzuteilen (zuzustellen).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, Herr W. habe sich am 11. Juni 1981 fernmündlich bei der Beklagten gemeldet und. seine Eigentumsrechte an dem Fernsehgerät geltend gemacht. Am 21. Juli 1981 habe dann Frau S. 100,00 DM bezahlt. Die Zahlung sei unabhängig von der Regelung der Eigentumsrechte an dem Fernsehgerät geleistet worden. Am 23. Juli 1981 sei dann die Pfändung aufgehoben und dem Eigentümer das Farbfernsehgerät übergeben worden. Damit sei dem Widerspruch in vollem Umfang abgeholfen worden. Ein Widerspruchsbescheid habe nicht ergehen müssen. Sie sei auch davon ausgegangen, daß zwischen dem Kläger und seinem Mandanten die Verfahrensweise im Hinblick auf die Erledigung des Widerspruchsverfahrens abgesprochen gewesen sei. Hätte sich der Kläger wegen Mitteilung der Entscheidung über den Widerspruch an sie gewandt, so wäre sie einem solchen Ersuchen auf jeden Fall nachgekommen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch am 4. August 1982 beratenen Gerichtsbescheid mit der Begründung abgewiesen, sie sei unzulässig, weil ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihm die Abhilfeentscheidung mitzuteilen, nicht dargetan sei. Als Rechtsanwalt habe er keinen Anspruch auf Zustellung bzw. Mitteilung aller Verfahrenshandlungen der Behörde gegenüber dem Mandanten. Nach § 73 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO- sei im Widerspruchsverfahren nur der Widerspruchsbescheid bei Vorliegen einer schriftlichen Prozeßvollmacht an den Bevollmächtigten zuzustellen ( § 8 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG - ). Ein Widerspruchsbescheid sei jedoch nicht ergangen. Vielmehr habe die Behörde dem Widerspruch abgeholfen. Die Abhilfeentscheidung habe aber nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - dem Bevollmächtigten weder zugestellt noch mitgeteilt werden müssen. Die nach dieser Bestimmung bestehende Informationspflicht bezwecke, daß ein Rechtsanwalt der ihm obliegenden Aufgabe nachkommen könne. Die Aufgabenstellung des Klägers sei jedoch durch die Verhaltensweise der Beklagten nicht beeinträchtigt worden. Es habe sich zur zweckmäßigen Erledigung des Vorverfahrens angeboten, dem vorsprechenden Widerspruchsführer die Abhilfeentscheidung bekanntzugeben und das Gerät zurückzugeben. Außerdem habe die Behörde davon ausgehen dürfen, daß der Widerspruchsführer seinen Bevollmächtigten über die ergangene Entscheidung informieren werde.

Gegen den am 1. September 1982 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. September 1982 Berufung eingelegt. Er rügt, das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, daß sich sein Mandant an die Beklagte gewendet hätte. Die Initiative sei von der Beklagten ausgegangen, die sich unmittelbar an seinen Mandanten mit dem Angebot gewandt habe, er könne das Gerät gegen Zahlung von 100,00 DM in Fulda abholen.

Er meint, er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, daß die Beklagte zu seinen Ungunsten verfahrensfehlerhaft vorgegangen sei, weil er jederzeit wieder zur Wahrung der Rechte von Mandanten darauf bestehen müsse, daß er über unmittelbare Verhandlungen zwischen der Beklagten und Mandanten sowie etwa ergehende Entscheidungen informiert werde. Selbst wenn im Einzelfall die unmittelbare Verhandlung einmal zweckmäßig sei, wäre es rechtswidrig, wenn er von jeder Mitwirkungsmöglichkeit ausgeschlossen werde.

Der Kläger beantragt,

den am 4. August 1982 beratenen Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main aufzuheben und festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet war, den Kläger von Inhalt und Ergebnis der Verhandlungen mit seinen Mandanten im Widerspruchsverfahren und den getroffenen Maßnahmen zu verständigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, zunächst sei es nicht zu beanstanden, wenn sie unmittelbar mit anwaltlich Vertretenen verhandele. Die direkte Verhandlung sei zweckmäßig, weil sie eher zu einer Einigung führe. Ob der Bevollmächtigte von den Verhandlungen unterrichtet werde, liege in ihrem Ermessen. Die von dem Kläger begehrte Feststellung käme nur in Betracht, wenn ihr Ermessen auf Null reduziert sei, wovon sich jedoch nicht ausgehen lasse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Rechtsstreits VI/1 E 3368/81 - VG Frankfurt am Main - und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten ( 1 Heft) verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat einen Rechtsanspruch auf die begehrte Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet war, ihn von Inhalt und Ergebnis der Verhandlungen mit seinen Mandanten im Widerspruchsverfahren sowie den getroffenen Maßnahmen zu verständigen.

Der Wortlaut dieses im zweiten Rechtszug gestellten Antrags geht zwar über das hinaus, was der Kläger bei dem Verwaltungsgericht beantragt hat, bei dem er begehrt hat, ihn, die "Entscheidung über den Widerspruch mitzuteilen (zuzustellen)". Im Berufungsverfahren ist jedoch klargestellt worden, daß der Kläger festgestellt wissen will, daß es rechtswidrig war, wenn er von Verhandlungen mit seinen Mandanten und der darauf beruhenden Freigabe des Pfandstückes nicht durch die Beklagte informiert wurde. Ob sich dieses Begehren schon hinreichend deutlich aus dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers ergibt oder insoweit eine - zulässige - Klageerweiterung vorliegt, kann dahingestellt bleiben.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Sie zielt auf die Klärung. der rechtlichen Beziehungen ab, die sich zwischen der Beklagten und dem Kläger aufgrund des von ihm für seine Mandanten eingelegten Widerspruchs gegen eine Entscheidung der Beklagten ergaben und hat eine feststellungsfähige Berechtigung zum Gegenstand. Die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ) dient der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses und damit der gerichtlichen Klärung der rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander ergeben (BVerwG, Urteil vom 28. November 1975 - VII C 47.73 - BVerwGE 50, 11 [19]).

Obwohl das Widerspruchsverfahren beendet ist, hat der Kläger auch noch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Als Rechtsanwalt, der geschäftsmäßig die Rechtsberatung und die Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten betreibt, muß er jederzeit damit rechnen, daß die Beklagte ihre Verfahrensweise ihm gegenüber wiederholt, wenn er Mandanten ihr gegenüber zu vertreten hat. Diese Wiederholungsgefahr begründet ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3. Dezember 1958 - III A 356/58 - OVGE 14, 247; VGH München, Urteil vom 17. Oktober 1975 - Nr. 52 VI 71 - NJW 1976 S. 1117; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl. 1981, Rdnr. 21 zu § 43; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 6. Aufl. 1984, Rdnr. 25 zu § 43). Das berechtigte Interesse hinsichtlich der Feststellung eines Rechtsverhältnisses wird zwar häufig entfallen, wenn das Rechtsverhältnis endet. Das gilt jedoch nicht für die Fälle, in denen es auch fortdauernde Wirkungen hat, zu denen auch präjudizielle gehören, das heißt solche, die für die spätere Behandlung gleichartiger Vorgänge bedeutsam sind. Beharrt eine Behörde auf einer von einem Rechtsanwalt beanstandeten Verfahrensweise, dann besteht auch nach Abschluß des Verfahrens in Hinblick auf das in gleichartigen Fällen zu erwartende künftige Verhalten der Behörde ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, daß diese Verfahrensweise fehlerhaft gewesen sei.

Die Feststellungsklage ist begründet, denn der Kläger konnte gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - verlangen, daß die Beklagte ihn unaufgefordert davon verständigte, daß sie sich an Mandanten selbst gewandt hatte. Diese Verständigung schließt die Information über Art und Ergebnis der Verhandlung ein. Wenn die Beklagte - wie hier - mehrfach unmittelbar mit einem anwaltlich vertretenen Widerspruchsführer verhandelte, dann hatte sie den Verfahrensbevollmächtigten zu informieren, falls nicht ein Ausnahmefall vorlag. Dies ergibt sich aus der Formulierung als Sollvorschrift ("wendet sich die Behörde an den Beteiligten, so soll der Bevollmächtigte verständigt werden"). Entgegen der Ansicht des Beklagten räumt eine "Sollvorschrift" den Behörden nicht schlechthin einen Ermessensspielraum ein mit der Folge, daß ein gegen die Behörde geltend gemachter Anspruch nur in Fällen der sogenannten Ermessensreduzierung auf Null bestände. Vielmehr gehören "Sollvorschriften." grundsätzlich zum "zwingenden" Recht, das strikt zu beachten ist und von dem abzuweichen, im Regelfalle keine Möglichkeit besteht. Im Gegensatz zu Vorschriften, in, denen das imperative "muß " steht, sind die Rechtsfolgen bei Verletzung einer "Sollvorschrift" allerdings weniger schwerwiegend. So sind im Falle des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ("die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten") die Angaben, die gemacht werden müssen, notwendiger Inhalt der Klage, deren Fehlen anders als das der Angaben, die gemacht werden "sollen", zur Unzulässigkeit der Klage führt. Die Verbindlichkeit des Gebots wird, wie auch der allgemeine Sprachgebrauch erkennen läßt (Beispiel: "Du sollst nicht töten") dadurch nicht in Frage gestellt.

Daneben kann die Verwendung des Imperativs "soll" darauf hindeuten, daß das Gebot zwar für den Regelfall zu gelten hat, in Ausnahmefällen aber in einer zweckentsprechenden Weise abgewichen werden darf (vgl. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1974, § 31 IIb; Hans Schneider, Gesetzgebung, 1982, Rdnr. 622). Ein Beispiel dafür ergibt sich aus den Sätzen 1 und 2 des § 14 Abs. 3 VwVfG. Nach diesen Bestimmungen soll sich die Behörde an den Bevollmächtigten wenden, kann sich jedoch an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist.

Da Fallgestaltungen denkbar sind, in denen sich eine Behörde auf Anregung des Bevollmächtigten an seinen Mandanten wendet und abgesprochen wird, daß die Information des Bevollmächtigten durch den Mandanten erfolgt, gebietet auch eine sachgerechte Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 3 VwVfG, das imperative "soll" als Gebot für den Regelfall und Räumung eines Ermessensspielraums für atypische Ausnahmefälle aufzufassen (ebenso Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. 1983, Rdnr. 21 i.V.m. Rdnr. 19 zu § 18).

Ein atypischer Ausnahmefall, der es gerechtfertigt hätte, daß die Beklagte den Kläger von ihren Verhandlungen mit seinen Mandanten nicht informierte, lag nicht vor. Wenn die Beklagte meint, die Information sei entbehrlich gewesen, weil die Pfandfreigabe den Mandanten begünstigt habe, ändert dies nichts daran, daß der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 14 Abs. 3 VwVfG grundsätzlich festgelegt hat, daß der Bevollmächtigte der Verhandlungs- und Gesprächspartner der Behörde ist und nicht der Beteiligte (Mandant), so daß selbst dann, wenn ausnahmsweise mit dem Beteiligten selbst verhandelt wird, der Bevollmächtigte schon deshalb informiert werden muß, damit er über den Verfahrensstand vollständig unterrichtet ist. Abgesehen davon ist nach der Darstellung des durch den Beteiligten informierten Klägers die in der Pfandfreigabe liegende Begünstigung nur deshalb erfolgt, weil zuvor 100,00 DM gezahlt wurden. Die Darstellungen, wie es dazu gekommen ist, gehen auseinander. Es wäre aber zumindest möglich, daß es zu dieser Zahlung nicht gekommen wäre, wenn die Beklagte mit dem Kläger als Prozessbevollmächtigten und nicht mit seinen Mandanten verhandelt hätte.

Die von der Beklagten für ihre Verfahrensweise angeführte Begründung, es sei im Verwaltungsinteresse zweckmäßig gewesen, mit dem Beteiligten zu verhandeln und den Kläger nicht zu informieren, läßt erkennen, daß die Beklagte, die generell einen Ermessensspielraum für sich in Anspruch nimmt, selbst nicht von einem Ausnahmefall ausgeht, sondern die Ausnahmevoraussetzungen regelmäßig für sich in Anspruch nehmen möchte, was sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren läßt.

Auch der Begründung des Verwaltungsgerichts, das in dem angefochtenen Gerichtsbescheid eine Informationspflicht der Beklagten verneint hat, ist nicht zu folgen. Es ist zwar richtig, daß die in § 14 Abs. 3 Satz 3 VwVfG festgelegte Informationspflicht bezweckt, daß ein Rechtsanwalt den ihm nach Maßgabe der Gesetze obliegenden Aufgaben nachkommen kann. Wenn es weiter heißt, die Aufgabenstellung des Klägers sei "in concreto durch die Verhaltensweise der Beklagten nicht beeinträchtigt" worden, so läßt sich dem nicht folgen. Es wurde bereits oben ausgeführt, daß ein Bevollmächtigter stets über den Verfahrensstand informiert sein muß, um beurteilen zu können, ob, wann und wie er weitere Schritte unternehmen muß. Dazu gehört auch die Information über eine Beendigung des Verfahrens. - Im übrigen obliegt die Beurteilung der Frage, ob und welche Schritte für den Beteiligten zu unternehmen sind, dem Bevollmächtigten als Wahrer der Interessen seines Mandanten und nicht der Behörde.

Auch die Erwägung, die Behörde habe davon ausgehen dürfen, daß der Widerspruchsführer seinen Bevollmächtigten informieren werde, entband die Beklagte nicht von ihrer Informationspflicht, denn die Möglichkeit, daß Mandanten ihre Bevollmächtigten von unmittelbaren Verhandlungen zwischen Behörden und ihnen in Kenntnis setzen, besteht allgemein. Dennoch hat der Gesetzgeber die Information der Bevollmächtigten durch die Behörden vorgeschrieben. Da unter keinem Gesichtspunkt ein Ausnahmefall vorliegt, hatte die Beklagte den Kläger über die Verhandlungen mit seinen Mandanten zu informieren.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 und 711 Zivilprozeßordnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.