OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012 - OVG 12 B 26.10
Fundstelle
openJur 2012, 16777
  • Rkr:

Ein unterhalb der Überschrift "Rechtsanwaltssozietät" auf dem Sozietätsbriefbogen unter dem Namen eines Sozius angeführter Hinweis auf zusätzliche berufliche Qualifikationen als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer kann im Rechtsverkehr den Rechtsschein einer gemischten Außensozietät begründen. Ein vereidigter Buchprüfer, der tatsächlich als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer eine Einzelpraxis unterhält, unterliegt bei Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung in der Sozietät der erweiterten Versicherungspflicht des § 44b Abs. 4 WPO. Bei fehlendem Nachweis des vorgeschriebenen Versicherungsschutzes für den Fall gesamtschuldnerischer Haftung ist der Widerrufstatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 130 Abs. 1 WPO erfüllt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das den Verfahrensbeteiligten am 5. November 2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt und Steuerberater und seit 1992 auch als vereidigter Buchprüfer bestellt. Er wendet sich gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Widerruf seiner Bestellung als vereidigter Buchprüfer.

Der Kläger betreibt als Rechtsanwalt zusammen mit Rechtsanwalt J...S... eine Anwaltssozietät in K.... Daneben unterhält er unter der gleichen Anschrift eine eigene Praxis als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer. In den seit September 2007 für die Anwaltskanzlei verwendeten Briefbögen wird auf die Qualifikationen des Klägers mit folgendem Briefkopf hingewiesen:

„Rechtsanwaltssozietät

C... K...                  J... S...SteuerberaterVereidigter Buchprüfer        K... & S..., A..., K...“Mit Schreiben vom 17. September und 16. Oktober 2007 teilte die Beklagte, die bereits die vorherige Fassung der Sozietätsbriefbögen beanstandet hatte, dem Kläger mit, dass auch gegen die jetzt verwendete Fassung rechtliche Bedenken bestünden. Aus der neu aufgenommenen Bezeichnung „Rechtsanwaltssozietät“ in der Kopfzeile werde für potentielle Mandanten nicht hinreichend deutlich, dass sich das Angebot der Sozietät auf Rechtsdienstleistungen beschränke. Die Gestaltung der Briefbögen erwecke im Rechts- und Geschäftsverkehr vielmehr den Eindruck, dass der Kläger der Sozietät auch als vereidigter Buchprüfer angehöre. Nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Rechtslage müsse der Kläger auch im Falle der Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten, die bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme den vorgeschriebenen Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt abdecke.

Nachdem der Kläger eine ihm vorgeschlagene Änderung der Briefbögen - etwa in Form eines Zusatzes zu der hervorgehobenen Qualifikation als vereidigter Buchprüfer „nur in eigener Praxis tätig“ - abgelehnt hatte, widerrief die Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 26. Oktober 2007 seine Bestellung als vereidigter Buchprüfer. Nach §§ 130 Abs. 1, 20 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 44b Abs. 4 und 6 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) sei die Bestellung eines vereidigten Buchprüfers zwingend zu widerrufen, wenn er eine Sozietät mit einem nicht als Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer bestellten Angehörigen eines freien Berufes kundmache, ohne den erforderlichen Nachweis zu erbringen, dass ihm auch bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der als vereidigter Buchprüfer vorgeschriebene Versicherungsschutz uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Von der Kundmachung einer derartigen Außensozietät sei vorliegend auszugehen; die verwendeten Briefbögen erweckten nach außen den Eindruck, dass der Kläger in der Sozietät auch als vereidigter Buchprüfer tätig sei. Den danach erforderlichen Versicherungsschutz habe er nicht nachgewiesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf ein vorangegangenes berufsgerichtliches Verfahren im Wesentlichen geltend gemacht, dass mit den beanstandeten Briefbögen keine gemeinsame Berufsausübung als vereidigter Buchprüfer kundgemacht werde. Mit der Angabe „vereidigter Buchprüfer“ werde lediglich auf seine entsprechende zusätzliche Qualifikation hingewiesen. Ein derartiger Hinweis zu Werbezwecken könne ihm im Geschäftsverkehr nicht verwehrt werden. Im Übrigen seien die Anwaltssozietät und seine Einzelpraxis in jeder Hinsicht getrennt. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, die die Gefahr einer gesamtschuldnerischen Haftung bei gemeinsamer Berufsausübung abdecke, könne von ihm daher nicht verlangt werden. Eine eventuelle Haftung im Rahmen der Sozietät sei bereits durch die von ihm als Rechtsanwalt unterhaltene Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt.

Mit den Verfahrensbeteiligten am 5. November 2008 zugestelltem Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerrufsgrund des § 130 Abs. 1, § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO nicht vorliege. Der Kläger unterhalte als vereidigter Buchprüfer unstreitig die nach § 54 WPO vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung. Er sei darüber hinaus nicht zum Nachweis eines erweiterten Versicherungsschutzes nach § 44b Abs. 4 WPO verpflichtet. Soweit die Vorschrift gemäß § 44b Abs. 6 WPO im Falle der Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung entsprechende Anwendung finde, erwecke der vom Kläger bei seiner Sozietätstätigkeit verwendete Briefbogen nicht den Rechtsschein, dass er auch als vereidigter Buchprüfer in der Anwaltssozietät tätig sei. Die deutlich ins Auge fallende und inhaltlich unmissverständliche Bezeichnung „Rechtsanwaltssozietät“ im Briefkopf mache hinreichend klar, dass sich der Kläger und Rechtsanwalt S... nicht zu einer interprofessionellen Berufsausübung, sondern nur mit Blick auf die anwaltliche Berufsausübung zu einer Sozietät zusammengeschlossen hätten. Die nach dem Namen des Klägers aufgeführte Qualifikation als vereidigter Buchprüfer könne bei verständiger Betrachtung im Rechtsverkehr nur als werbender Hinweis auf besonderes wirtschaftliches und steuerliches Hintergrundwissen des Klägers in seiner Funktion als Rechtsanwalt aufgefasst werden. Sie erwecke dagegen nicht den Eindruck, dass er in der Sozietät auch buchprüferisch tätig sei, zumal gemischte Sozietäten zwischen Rechtsanwalt und Buchprüfer schon wegen der geringen fachlichen Überschneidungen eher selten sein dürften. Der Begriff der Kundmachung einer Außensozietät sei mit Blick auf die damit verbundenen Rechtsfolgen eher restriktiv auszulegen. Auch wenn die von der Beklagten unterbreiteten Gestaltungsvorschläge möglicherweise besser geeignet seien, den Anschein einer interprofessionellen Sozietät zu vermeiden, reiche danach der bloße Umstand, dass die Gestaltung des in Rede stehenden Briefkopfes auf einzelne Teilnehmer des Rechtsverkehrs missverständlich wirken könne, zur Begründung eines allgemeinen Rechtsscheins nicht aus.

Gegen die vorgenannte Entscheidung richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung verneint habe. Mit dem Auftreten als vereidigter Buchprüfer auf dem Briefbogen der Anwaltssozietät vermittle der Kläger den Eindruck, dass er in der Sozietät auch die Dienstleistungen eines vereidigten Buchprüfers anbiete. Soweit damit im Rechtsverkehr der Eindruck einer Scheinsozietät begründet werde, unterliege der Kläger der erweiterten Versicherungspflicht. Mit der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Neuregelung des § 44b Abs. 4 und 6 WPO habe der Gesetzgeber dem Verbraucherschutz Rechnung getragen und die für die Berufsausübung in einer gemischten Sozietät vorgeschriebene Versicherungspflicht auch auf nach außen kundgemachte Scheinsozietäten erstreckt. Für eine vom Verwaltungsgericht vorgenommene restriktive Auslegung sei insofern kein Raum. Sie führe zu einer Benachteiligung potentieller Mandanten, denen trotz der kundgemachten Außensozietät im Haftungsfall nicht der für die Tätigkeit als vereidigter Buchprüfer vorgeschriebene Mindestversicherungsschutz zur Verfügung stehe. Nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Haftpflichtversicherer werde bei unterschiedlichen Deckungssummen der Mitglieder der (Außen-)Sozietät eine Durchschnittsversicherungssumme gebildet, bis zu der der Versicherer maximal eintrete. Da die Mindestversicherungssumme bei Rechtsanwälten und Steuerberatern nur 250 000 Euro, bei vereidigten Buchprüfern dagegen 1 Million Euro betrage, müsse der Kläger nachweisen, dass ihm auch im Falle einer gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der Mindestversicherungsschutz vollständig zur Verfügung stehe. Da der Kläger diesen Nachweis nicht erbracht habe, seien die Voraussetzungen für den Widerruf seiner Bestellung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfüllt.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

das den Verfahrensbeteiligten am 5. November 2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Kundmachung einer interprofessionellen Sozietät verneint. Durch die Überschrift „Rechtsanwaltssozietät“ werde in dem beanstandeten Briefbogen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Sozietätsverbindung ausschließlich als Rechtsanwalt, nicht aber als vereidigter Buchprüfer bestehe. Unabhängig davon sei die Beklagte nicht berechtigt, einen weiteren Versicherungsnachweis zu verlangen. Selbst bei Annahme einer nach außen kundgemachten gemeinsamen Berufsausübung sei eine etwaige gesamtschuldnerische Haftung durch seine Berufshaftpflichtversicherung als Rechtsanwalt bzw. als Steuerberater ausreichend abgedeckt. Auf eine vorrangige Geltung der Vorgaben des § 44b Abs. 4 und 6 WPO könne sich die Beklagte insoweit nicht berufen. Im Übrigen beziehe sich der Widerrufstatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO nur auf die nach §§ 44b Abs. 4, 54 WPO vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung, nicht aber auch auf die Berufsausübung in einer interprofessionellen Scheinsozietät im Sinne des § 44b Abs. 6 WPO.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Akte des gegen den Kläger gerichteten berufsgerichtlichen Verfahrens (WiV 22.00/WiL 6/00) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

Gründe

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Widerrufsbescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; für eine Aufhebung des Bescheides ist danach kein Raum (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Widerruf der Bestellung des Klägers als vereidigter Buchprüfer ist § 130 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO. Danach ist die Bestellung zu widerrufen, wenn der vereidigte Buchprüfer nicht die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung (§ 44b Abs. 4, § 54) unterhält. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 WPO sind vereidigte Buchprüfer, die selbständig tätig sind, verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer ihrer Bestellung oder Anerkennung aufrecht zu erhalten. Die Mindestversicherungssumme für den einzelnen Versicherungsfall muss den in § 323 Abs. 2 Satz 1 HGB bezeichneten Umfang (1 Million Euro) betragen (Satz 2). § 44b Abs. 4 WPO sieht vor, dass vereidigte Buchprüfer ihren Beruf in Sozietäten mit natürlichen und juristischen Personen, die nicht selbst Berufsangehörige sind oder als vereidigte Buchprüfer bestellt oder als Wirtschaftsprüfungs- oder Buchprüfungsgesellschaft anerkannt sind (sog. gemischte oder interprofessionelle Sozietäten) nur dann ausüben dürfen, wenn sie der Wirtschaftsprüferkammer bei Aufnahme einer solchen Tätigkeit nachweisen, dass ihnen auch bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der nach § 54 vorgeschriebene Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt zur Verfügung steht. Eine entsprechende Nachweispflicht besteht nach § 44b Abs. 6 WPO, wenn eine gemeinsame Berufsausübung in einer gemischten Sozietät kundgemacht wird.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die vorgenannten Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung vorliegend erfüllt. Der Kläger unterhält als vereidigter Buchprüfer zwar unstreitig einen Versicherungsschutz, der den Anforderungen des § 54 WPO entspricht. Er hat jedoch weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen, dass ihm dieser Versicherungsschutz auch in dem von § 44b Abs. 4 WPO gesetzlich vorgeschriebenen Umfang uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Nach den zutreffenden erstinstanzlichen Feststellungen ist die Vorschrift des § 44b Abs. 4 WPO im Falle des Klägers zwar nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der von ihm und Rechtsanwalt Stolle gebildeten Sozietät um eine reine Anwaltssozietät handelt. Dass der Kläger seinen Beruf als vereidigter Buchprüfer nicht in der Sozietät ausübt und eine gemischte Sozietät im Sinne des § 44b Abs. 4 WPO damit tatsächlich nicht besteht, wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Der Kläger unterliegt jedoch über die Verweisung in § 44b Abs. 6 WPO der erweiterten Versicherungspflicht. Für die Annahme, dass sich der Widerrufsgrund des § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO allein auf die Fälle bezieht, in denen tatsächlich eine gemischte Sozietät im Sinne des § 44b Abs. 4 WPO vorliegt, bestehen entgegen dem Vorbringen des Klägers keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte.

Der bloße Hinweis auf den Wortlaut des § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO, der allein auf § 44b Abs. 4 WPO verweist, vermag eine derartige einschränkende Auslegung nicht zu tragen. Über die Verweisungsvorschrift des § 44b Abs. 6 WPO besteht auch dann eine Versicherungspflicht in dem in § 44b Abs. 4 WPO vorgeschriebenen Umfang, wenn eine gemeinsame Berufsausübung in einer gemischten Sozietät kundgemacht wird. Auch bei sogenannten Außensozietäten richtet sich der vorgeschriebene Versicherungsschutz mithin nach § 44 b Abs. 4 WPO; das Gesetz enthält insoweit keine Regelungslücke. Mit der Einfügung des § 44b Abs. 6 WPO hat der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2000 - WpSt 1/00 - BGHSt 46, 154) und Außensozietäten im Interesse des Mandantenschutzes ausdrücklich auch hinsichtlich der Pflicht zum Nachweis des Versicherungsschutzes gemischten Sozietäten im Sinne des § 44b Abs. 1 WPO gleichgestellt (vgl. BT-Drs. 15/1241, S. 36 f.). Da auch bei Außensozietäten die Gefahr gesamtschuldnerischer Haftung besteht, greift nach seinem Sinn und Zweck auch in diesen Fällen der Widerrufsgrund des fehlenden oder nicht ausreichenden Versicherungsschutzes ein, soweit ein entsprechender Nachweis nicht erbracht wird. Andernfalls bliebe die Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung, die nicht den Anforderungen des § 44b Abs. 4 WPO genügt, bei reinen Außensozietäten sanktionslos. Dies entspricht ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesmaterialien dient der in § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO neu aufgenommene Verweis auf die Regelung des § 44b Abs. 4 WPO gerade der Klarstellung, dass der Widerrufstatbestand auch den Fall einer zwar bestehenden, aber nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Haftpflichtversicherung umfasst (BT-Drs. 15/1241, S. 34). Für eine Differenzierung, ob die Berufsausübung in einer gemischten Sozietät oder in einer kundgemachten Außensozietät erfolgt, ist danach kein Raum. Vielmehr fehlt es auch dann an der Unterhaltung der vorgeschriebenen Berufshaftpflichtversicherung, wenn bei Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung ein den Anforderungen des § 44b Abs. 4 und 6 WPO entsprechender Versicherungsnachweis nicht erbracht wird (vgl. Uhlmann, in: Hense/Ulrich, WPO, Stand 2008, § 20 Rn. 42, 46).

So liegt der Fall hier. Zu Recht ist die Beklagte in dem angefochtenen Widerrufsbescheid davon ausgegangen, dass durch die vom Kläger verwendeten Sozietätsbriefbögen eine gemeinsame Berufsausübung auch als vereidigter Buchprüfer im Sinne des § 44b Abs. 6 WPO kundgemacht wird.

Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die für eine gemischte Sozietät geltenden berufsrechtlichen Vorgaben auch dann eingehalten werden, wenn eine solche zwar nicht vorliegt, über die Kundmachung nach außen aber ein dahingehender Rechtsschein gesetzt wird (Schnepel, in: Hense/Ulrich, a.a.O., § 44b Rn. 33). Hinsichtlich des Umfangs der Versicherungspflicht werden gemischten Sozietäten ausdrücklich auch sogenannte Außen- und Scheinsozietäten gleichgestellt, in denen über das Auftreten nach außen dem Rechtsverkehr der Eindruck vermittelt wird, dass sich die kundgemachten Personen zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät verbunden haben (BT-Drs. 15/1241, S. 36). Mit der Verwendung des von der Beklagten beanstandeten Briefbogens hat der Kläger einen solchen Anschein einer Sozietät hervorgerufen. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung erweckt der Briefbogen den Rechtsschein, dass der Kläger der Sozietät auch als vereidigter Buchprüfer angehört und entsprechende Dienstleistungen in der Sozietät angeboten werden. Dass sich der Kläger nur in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt zu einer Sozietät mit Rechtsanwalt S... verbunden hat, wird durch die in der Kopfzeile enthaltene Überschrift „Rechtsanwaltssozietät“ nicht hinreichend deutlich. Für juristisch nicht vorgebildete Rechtskreise liegt eine Beschränkung der Sozietät auf die ausschließliche Betreuung von Rechtsanwaltsmandaten nicht auf der Hand. Vielmehr besteht aufgrund des unmittelbar an den Namen des Klägers anschließenden Hinweises auf seine Qualifikationen als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer bei verständiger Würdigung die Gefahr, dass potentielle Mandanten irrtümlich annehmen, diese Leistungen würden neben den anwaltlichen Tätigkeiten angeboten und gehörten gleichfalls zum Leistungsumfang der Sozietät. Ein Hinweis, dass der Kläger seinen Beruf als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer in Einzelpraxis ausübt, lässt sich dem Briefbogen an keiner Stelle entnehmen. Im Gegenteil unterstreicht der in kleinerer Schrift abgesetzte Kanzleiname „K... & S...“ mit der beigefügten Anschrift der Sozietät den Eindruck, dass eine gemeinsame Berufsausübung auch mit Blick auf die angeführten Zusatzqualifikationen des Klägers vorliegt. Der Einwand des Klägers, dass ihm die Angabe dieser Qualifikationen zu Werbezwecken nicht verwehrt werden dürfe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er vermag schon angesichts der von der Beklagten aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten, die die Gefahr einer Irreführung vermeiden, ohne dem Kläger die Möglichkeit der Angabe seiner zusätzlichen Qualifikationen zu nehmen, nicht zu überzeugen.

Aufgrund der Kundmachung einer gemeinsamen Berufsausübung ist der Kläger danach verpflichtet, eine den Anforderungen des § 44b Abs. 4 WPO entsprechende Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten. Da er nicht nachgewiesen hat, dass ihm auch bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der nach § 54 WPO vorgeschriebene Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt zur Verfügung steht, hat die Beklagte seine Bestellung als vereidigter Buchprüfer zu Recht widerrufen. § 130 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 4 WPO sieht einen Widerruf bei fehlendem Nachweis des vorgeschriebenen Versicherungsschutzes zwingend vor und räumt der Beklagten kein Ermessen ein. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers sind weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Soweit es dem Kläger, wie bereits vorstehend dargelegt, ohne weiteres möglich und zumutbar ist, seine beruflichen Qualifikationen auch durch eine andere Gestaltung der Briefbögen hervorzuheben, begegnet die angefochtene Verfügung mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen durchgreifenden Bedenken. Ebenso wenig kann sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, dass das Haftungsrisiko im Falle der gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme bereits durch seine Berufshaftpflichtversicherungen, die er als Rechtsanwalt und Steuerberater unterhalte, abgedeckt sei. Unabhängig davon, dass die für diese Berufe geltenden Mindestversicherungssummen - wie von der Beklagten angeführt - niedriger sind als der Mindestumfang des Versicherungsschutzes eines vereidigten Buchprüfers (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 1 BRAO, §§ 67 Satz 1, 158 Nr. 6 StBerG i.V.m. § 52 Abs. 1 DVStB), hat der Kläger weder dargetan noch belegt, dass ihm ein anderweitiger Versicherungsschutz auch im Falle gesamtschuldnerischer Haftung in dem von § 44b Abs. 4 WPO vorgeschriebenen Umfang zur Verfügung steht. Für die Annahme, er sei aufgrund seiner zusätzlichen Berufsqualifikationen von der Einhaltung des für vereidigte Buchprüfer geltenden Berufsrechts befreit, ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 14.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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