KG, Beschluss vom 21.11.2011 - 1 W 652/11
Fundstelle
openJur 2012, 16333
  • Rkr:

Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters kann die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Bestellungsurkunde ausreichend sein, wenn ein Notar zeitnah zu einer beantragten Grundbucheintragung bestätigt, dass die Urschrift bei Abgabe der zur Eintragung erforderlichen Grundbucherklärung - hier Bewilligung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung - vorgelegen hat. Eine bei Eingang des ansonsten vollzugsreifen Eintragungsantrags zwölf Tage alte notarielle Bescheinigung genügt zum Nachweis der Verfügungsbefugnis, wenn der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Vorlage der Urschrift bei dem Notar bereits mehr als ein Jahr im Amt gewesen ist.

Tenor

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1. ist zu ½ als Eigentümerin in dem im Beschlusseingang näher bezeichneten Wohnungsgrundbuch eingetragen. Zur anderen Hälfte ist ihr verstorbener Ehemann gebucht. Über dessen Nachlass wurde am 26. August 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit dem 28. Januar 2011 ist in Abt. II lfd. Nr. 4 insoweit ein Insolvenzvermerk eingetragen.

Zur UR-Nr. 147/2011 des Notars Dr. ... in Berlin veräußerte die Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum an die Beteiligten zu 3 und 4. Dabei gab sie die erforderlichen Erklärungen nicht nur im eigenen, sondern auch als vollmachtlose Vertreterin des Beteiligten zu 2 in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter über den Nachlass ihres verstorbenen Ehemanns ab. Der Beteiligte zu 2 genehmigte die Erklärungen der Beteiligten zu 1 am 7. September 2011 – UR-Nr. ... des Notars Dr. ... in Berlin. Der Notar bestätigte zugleich, dass der Beteiligte zu 2 die Urschrift der Bestellungsurkunde des Insolvenzgerichts vorgelegt habe, wovon der Notar eine beglaubigte Abschrift seiner Urkunde beifügte.

Mit Schreiben vom 16. September 2011, das am 20. September 2011 bei dem Grundbuchamt einging, hat Notar... unter Vorlage u.a. der zuvor aufgeführten Urkunden beantragt, zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 21. September 2011 u.a. den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2 erfordert durch Vorlage der Bestallungsurkunde im Original oder durch notarielle Bestätigung, dass die Bestallungsurkunde am 20. September 2011 vorgelegen habe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2 vom 25. Oktober 2011, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 28. Oktober 2011 nicht abgeholfen hat.

Am 9. November 2011 ging bei dem Grundbuchamt die Erklärung des Notars Dr. ... ein, er habe durch Einsichtnahme in die Insolvenzakten festgestellt, der Beteiligte zu 2 sei auch am 20. September 2011 noch als Insolvenzverwalter bestellt gewesen.

II.

Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.

Die Eintragung einer Vormerkung, § 883 Abs. 1 BGB, erfolgt auf Antrag, § 13 GBO, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird, § 19 GBO. Das ist bei der Auflassungsvormerkung regelmäßig der eingetragene Eigentümer. Fehlt ihm jedoch wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis, vgl. § 80 Abs. 1 InsO, ist allein der Insolvenzverwalter befugt, die grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung zu erteilen. Diese gibt der Insolvenzverwalter aber nicht in Vertretung des Schuldners, sondern kraft des ihm übertragenen Amtes im eigenen Namen ab (vgl. BGH, NJW 1984, 739). Insofern kam es entgegen der angefochtenen Zwischenverfügung bei Antragstellung nicht auf die Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 2 an.

Allerdings hat das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis als Grundlage der formellen Bewilligungsbefugnis von Amts wegen zu prüfen (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 19, Rdn. 59). Den im Anschluss an die Zwischenverfügung ergangen Hinweisen des Grundbuchamts ist zu entnehmen, dass es tatsächlich diesen Nachweis für nicht erbracht erachtet hat. Aber auch insoweit besteht kein Eintragungshindernis.

Entscheidend für die Beurteilung der Verfügungsbefugnis als Grundlage der Bewilligungsbefugnis ist der Zeitpunkt der Eintragung, weil sich erst dann die verfahrensrechtliche Verfügung über das betroffene Recht verwirklicht (Demharter, a.a.O., Rdn. 60; Böttcher, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 19, Rdn. 57). Der Insolvenzverwalter hat also dem Grunde nach seine Bestellung zu diesem Zeitpunkt nachzuweisen. Der (formelle) Nachweis wird durch die dem Insolvenzverwalter von dem Insolvenzgericht erteilte Bestellungsurkunde erbracht, § 56 Abs. 2 S. 1 InsO. Da die Urkunde nach Beendigung des Amts an das Insolvenzgericht zurückzugeben ist, § 56 Abs. 2 S. 2 InsO, ist grundsätzlich die Urschrift vorzulegen. Es wird aber auch die Ansicht vertreten, die Vorlage einer beglaubigten Abschrift genüge, wenn ein Notar bestätige, dass die Urschrift bei Abgabe der betreffenden Grundbucherklärung oder jedenfalls zeitnah zu der beantragten Eintragung vorgelegen habe (LG Berlin, Beschluss vom 9. September 2003 – 86 T 856/03 – Juris; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 3138; Hertel, in: Meikel, a.a.O., § 29, Rdn. 98). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Zwar erfordert die Sicherheit des Grundbuchverkehrs möglichst zuverlässige Nachweise, andererseits ist aber auch zu beachten, dass der Grundbuchverkehr nicht über Gebühr erschwert wird. Es ist deshalb etwa anerkannt, dass die Nachweisfunktion der Vertretungsbescheinigung eines Notars, §§ 21 BNotO, 32 Abs. 1 S. 1 GBO, nicht auf den Tag der Registereinsicht beschränkt ist, wobei es bei der Frage, ob die Vertretungsmacht noch als nachgewiesen angesehen werden kann, auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (OLG Frankfurt, OLG-Report 1995, 95, zitiert nach Juris; Demharter, a.a.O., § 32, Rdn. 12 und 15). Das Grundbuchamt hat die Vertretungsmacht selbständig zu prüfen (Demharter, a.a.O., § 19, Rdn. 74). Insofern gilt nichts anderes wie beim Nachweis der Verfügungsbefugnis. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, an die zeitlichen Grenzen der zu führenden Nachweise keine unterschiedlichen Anforderungen zu stellen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass zwar durch die nunmehr vorliegende Bescheinigung des Notars Dr. ... vom 8. November 2011 die Verfügungsbefugnis des Beteiligten zu 2 im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Eintragung einer Vormerkung nachgewiesen ist, was im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist, vgl. § 74 GBO. Jedoch kommt es hierauf nicht an, weil bereits zuvor der Nachweis erbracht worden war. Die Bescheinigung des Notars Dr. ... , dass ihm die Urschrift der Bestellungsurkunde bei Beglaubigung der Unterschrift des Beteiligten zu 2 am 7. September 2011 vorgelegen hat in Verbindung mit der durch den Notar gefertigten beglaubigten Abschrift, war im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Eintragung der Auflassungsvormerkung am 20. September 2011 noch nicht so alt, dass Anlass bestanden hätte, an der weiteren Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Insolvenzverwalter zu zweifeln (vgl. auch LG Berlin, a.a.O., das einen Zeitraum von 24 Tagen nicht beanstandet hat). Der Zeitpunkt des Antragseingangs ist hier maßgebend, weil das Grundbuchamt ansonsten keine Eintragungshindernisse gesehen hat und die Vormerkung also ohne seine hier nicht gerechtfertigen Bedenken eingetragen hätte. Der Beteiligte zu 2 war ausweislich der Bestellungsurkunde sowie dem Ersuchen des Insolvenzgerichts auf Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 26. August 2010 zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Zuvor war er bereits seit dem 28. Juni 2010 als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig gewesen, wie dem bei den Grundakten befindlichen Ersuchen des Insolvenzgerichts vom 1. Juli 2010 entnommen werden kann. Im Zeitpunkt der Bestätigung durch den Notar Dr. ... war der Beteiligte zu 2 danach bereits seit über einem Jahr als Insolvenzverwalter in diesem Verfahren tätig. Dass das Amt ausgerechnet innerhalb von zwölf Tagen zwischen der notariellen Beglaubigung und dem Eingang des Eintragungsantrags geendet haben sollte, ist deshalb so wenig wahrscheinlich, dass diese Möglichkeit hier außer Acht gelassen werden kann.