VG Berlin, Urteil vom 24.11.2011 - 16 K 31.10
Fundstelle
openJur 2012, 16266
  • Rkr:

Zur Frage, ob bauliche Änderungen an Gebäuden, die den "bedingten Anforderungen" nach den Energieeinsparverordnungen zugerechnet werden (hier insbes.: Fassadendämmung gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. Anlage 3 Nr. 1 EnEV 2007/2009), auf Umständen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 beruhen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat - und die deshalb zur Mieterhöhung ohne Zustimmung der Bewilligungsstelle berechtigen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Befugnis der Klägerin zur Mieterhöhung für ihre Sozialwohnungen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks S. Straße 2 c-h in Berlin-Charlottenburg, auf dem 1981 im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau ein Gebäude mit 82 Wohneinheiten errichtet wurde. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2009 teilte die Klägerin der Investitionsbank Berlin (IBB) mit, man beabsichtige, bauliche Maßnahmen zur Energieeinsparung, u.a. an den Fassadenflächen, durchzuführen. Da die Fassade einen Schadensgrad von mehr als 20 % aufweise, sei nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) die Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems erforderlich. Zudem solle ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage einschließlich Einbau von Thermostatventilen erfolgen. Die um die Instandsetzungsanteile bereinigten mietumlagefähigen Kosten würden zu einer Mieterhöhung von rund 0,57 €/m²/mtl. führen. Da eine bloße Instandsetzung der Fassade aus den genannten Gründen ausscheide, handele es sich um eine bauliche Maßnahme, die sie nicht zu vertreten habe. Hierzu bitte sie um Stellungnahme.

Die IBB besichtigte daraufhin das Objekt und vermerkte, ein entsprechender Bauantrag sei am 29. September 2009 gestellt worden, weshalb die Maßnahme noch den Vorschriften der EnEV 2007 unterliege; es handele sich aber nicht um eine zwingend vorgeschriebene Maßnahme, die der Bauherr nicht zu vertreten habe.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 stimmte die IBB namens und im Auftrag des Bewilligungsausschusses folgenden baulichen Änderungen als Modernisierung zu:

- Wärmedämmung der Fassade und- hydraulischer Abgleich der Heizungsanlagesowie Folgemaßnahmen. Die Zustimmung ergehe unter der Bedingung, dass die Miete nach Modernisierung das allgemein zumutbare Mietniveau gleichwertiger Sozialwohnungen von derzeit 5,75 €/m² Wohnfläche monatlich nicht übersteige. Sofern eine Überschreitung vorliege, sei für den übersteigenden Betrag eine Mieterhöhungsverzichtserklärung abzugeben. Sofern aber nachvollziehbar dargelegt werden könne, dass die baulichen Änderungen zu einer Senkung der Betriebskosten führten, dürfe die Mietobergrenze um diesen eingesparten Betrag (also mietenneutral) überschritten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 18. Januar 2010, einem Montag, bei Gericht eingegangene Klage, mit der die Klägerin ein Feststellungsbegehren, hilfsweise ein Gestaltungsbegehren verfolgt. Sie trägt dazu vor:

Unter Berücksichtigung der Modernisierungskosten würde die Kostenmiete für das Streitobjekt den Betrag von 5,75 €/m² überschreiten. Deshalb könnten die der Zustimmung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Neubaumietenverordnung 1970 (NMV 1970) beigefügten Nebenbestimmungen nicht akzeptiert werden, nämlich die Bedingung, die Mietobergrenze einzuhalten und eine Mieterhöhungsverzichtserklärung abzugeben; dagegen richte sich die hilfsweise erhobene Bescheidungsklage. Primär begehre sie aber die Feststellung, dass es sich bei Fassadendämmung und hydraulischem Abgleich um bauliche Maßnahmen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 handele, die der Bauherr nicht zu vertreten habe und die deshalb auch ohne Zustimmung der IBB in der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt werden könnten.

Das Feststellungsinteresse folge daraus, dass der Beklagte die Maßnahmen fehlerhaft den Modernisierungsmaßnahmen zugeordnet habe. Bauliche Änderungen, die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ausgeführt werden müssten, seien aber nicht vom Bauherrn zu vertreten. Nach der EnEV 2009 genügten schon Instandsetzungsarbeiten an 10 % der Fassaden, um die Pflicht zur Anbringung einer Wärmedämmung zu begründen, nach der EnEV 2007 führten Arbeiten an 20 % der Fassaden gleicher Orientierung zu dieser Verpflichtung. Da hier Arbeiten an über 20 % der Fassade erforderlich seien, sei die Feststellungsklage begründet.

Nach dem Gutachten des Architekten S. vom 19. April 2010 betrage der Schadensgrad an den fünf Fassaden des Objekts durchschnittlich 31 % (44, 48, 22, 19 und 13 %) mit der Folge, dass die Arbeiten eine Pflicht zur Dämmung nach der EnEV 2007 auslösten. Ohnehin sei hier aber die EnEV 2009 anzuwenden. Zwar komme es nach § 28 Abs. 1 EnEV 2009 auf den Zeitpunkt des Bauantrags oder der Bauanzeige an. Die geplante Instandhaltungsmaßnahme sei aber im September 2009 verfahrensfrei gewesen mit der Folge, dass der nur vorsorglich gestellte Bauantrag unerheblich sei. Maßgeblich sei vielmehr gemäß § 28 Abs. 3 EnEV 2009 der Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung, hier im August 2010. Die 10 %-Bagatellgrenze der damit einschlägigen EnEV 2009 sei für alle fünf Bauteile überschritten, die Maßnahmen mithin gesetzlich vorgeschrieben, deshalb von ihr nicht zu vertreten und eine Zustimmung der IBB nicht erforderlich. Es habe auch kein Instandhaltungsrückstau bestanden, vielmehr sei aktenkundig, dass die Fassade noch 2004 keine nennenswerten Schäden aufgewiesen habe. Im Übrigen könne der Beklagte durch regelmäßige Kontrollen ohne weiteres nachprüfen, ob im Einzelfall ein provozierter Instandsetzungsrückstau bestehe. Der von ihm hervorgehobene Schutzzweck - zu verhindern, dass es der Eigentümer in der Hand habe, wann er die Bagatellgrenze überschreite - bestehe also gar nicht.

Wolle man hier gleichwohl nur Modernisierungsmaßnahmen annehmen, müsse die Bescheidungsklage erfolgreich sein, denn die Beschränkung der Zustimmung sei rechtswidrig und verletze sie jedenfalls in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG. Zwar dürften der Zustimmung grundsätzlich Nebenbestimmungen beigefügt werden. Unverhältnismäßig und mit dem Eigentumsgrundrecht nicht vereinbar sei es jedoch, wenn der Beklagte seine Zustimmung dauerhaft von der heute geltenden Mietobergrenze abhängig mache und sogar einen festen, irreversiblen Mieterhöhungsverzicht in Höhe der durch die Modernisierung entstandenen Differenz verlange. Denn dadurch sei sie unabdingbar gehindert, die Modernisierungskosten jemals mietsteigernd anzusetzen, selbst wenn die Mietobergrenze in einigen Jahren weit höher liegen sollte. Allenfalls könne ein solcher Verzicht für einen begrenzten Zeitraum gefordert werden. Der dauerhafte Ausschluss einer Mieterhöhung wegen der Wärmedämmmaßnahmen sei daher ermessensfehlerhaft.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die in ihrem Schreiben vom 2. Oktober 2009 beschrie-benen Baumaßnahmen auf dem Grundstück S. Straße 2 c-h in Berlin-Charlottenburg als bauliche Veränderungen aufgrund von Umständen, die der Bauherr nicht zu vertreten hat, im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Neubaumietenverordnung 1970 zu beurteilen sind,

hilfsweise,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der Investitionsbank Berlin vom 16. Dezember 2009 zu verpflichten, über den Antrag vom 2. Oktober 2009 auf Zustimmung zur baulichen Änderung als Modernisierung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Mietobergrenze von 5,75 €/m² und macht geltend: Die fragliche Bedingung solle sicherstellen, dass das Streitobjekt als preisgünstiger Wohnraum erhalten bleibe.

Einschlägig sei vorliegend die EnEV 2007 mit der Bagatellgrenze von 20 %, denn bis zum Sommer 2010 habe für energetische Fassadendämmungen die Notwendigkeit eines Genehmigungsfreistellungsverfahrens bestanden; den erforderlichen Antrag habe die Klägerin auch vor Inkrafttreten der EnEV 2009 am 1. Oktober 2009, nämlich im September 2009 gestellt. Nach § 9 Abs. 4 EnEV 2007 würden an die Putzerneuerung keine besonderen Anforderungen gestellt, sofern die betroffenen Flächen kleiner als 20 % seien. Das sei nach Einschätzung der IBB an mindestens 3 Fassadenteilen der Fall. Daraus folge, dass hier eine Instandsetzung im normalen Erneuerungszyklus mit geringem Mehraufwand durchführbar sei. Es sei weder belegt, dass eine bloße Putzreparatur nicht möglich sei, noch dass die Putzschäden trotz ordnungsgemäßer Instandhaltung entstanden seien. Es sei auch nicht zwingend, dass stets sämtliche Fassaden eines Gebäudes gedämmt werden müssten.

Indessen komme es hier weniger auf die maßgebliche Fassung der EnEV an. Entscheidend sei vielmehr, ob es sich um eine Modernisierung oder eine vom Eigentümer nicht zu vertretene Maßnahme handele. Hier sei der Eigentümer durch die genannte Verordnung nicht gezwungen gewesen, die fraglichen Maßnahmen durchzuführen. Insofern sei zwischen echten „Nachrüstungspflichten“ und sogenannten bedingten Anforderungen zu unterscheiden. Letztere seien nur dann zu erfüllen, wenn der Eigentümer bestimmte Maßnahmen am Objekt ohnehin durchführen wolle, sei es bei Verschleiß oder zur Beseitigung von Mängeln. Hierzu zähle auch die Putzerneuerung, die der Instandsetzung zuzurechnen sei. Wolle der Eigentümer solche Maßnahmen durchführen, komme er seiner allgemeinen Instandhaltungspflicht nach. Da diese Arbeiten aber zu einer energetischen Modernisierung führten, sei die Anerkennung als Modernisierung erfolgt. Ob und wann der Eigentümer solche Maßnahmen durchführe, bleibe aber seine freie Entscheidung, eine gesetzliche Verpflichtung dazu habe nicht bestanden.

Wolle man dies anders sehen, so könne der Eigentümer die Erforderlichkeit der Maßnahmen selber steuern, indem er die Instandhaltungsmaßnahme so terminiere, dass die Bagatellgrenze überschritten sei, was praktisch nicht kontrollierbar sei. Nicht zu vertretene Maßnahmen seien deshalb nur solche aufgrund gesetzlicher Nachrüstungspflichten, denen sich der Bauherr nicht entziehen könne, wie z.B. der Einbau von Fahrkorbinnentüren an Aufzügen.

Dies gelte auch für den hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage nebst Einbau von Thermostatventilen, der nur dann zwingend vorgeschrieben sei, wenn eine neue Heizungsanlage eingebaut werde. Da es sich offenbar auch nicht um den erstmaligen Einbau von Thermostatventilen handele, könne die Maßnahme nur als Modernisierung anerkannt werden.

Verfassungsrecht sei nicht verletzt. Die Klägerin habe sich den aus der öffentlichen Förderung folgenden Bindungen freiwillig unterworfen und könne zudem, sofern sie nachweise, dass die baulichen Änderungen eine Senkung der Betriebskosten bewirkt hätten, die Mietobergrenze um eben diesen Betrag überschreiten. Ferner bleibe ihr auch nach Durchführung der Maßnahmen eine Eigenkapitalverzinsung erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und, soweit erheblich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Klage, die in erster Linie auf die Feststellung der Zustimmungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 und lediglich hilfsweise auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zustimmung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV 1970 gerichtet ist, hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

1. Die Klage ist allerdings mit dem Hauptantrag - festzustellen, dass die fraglichen Maßnahmen als bauliche Änderungen aufgrund von Umständen, die der Bauherr nicht zu vertreten hat, im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 zu beurteilen sind - als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Zur Entscheidung der Kammer gestellt ist die nähere Ausprägung eines Rechtsverhältnisses im Sinne der genannten Vorschrift, denn zu klären sind die aus einem konkreten Sachverhalt - dem Förderverhältnis - aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts - § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 - sich ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der angestrebten Klärung. Als Feststellungsinteresse ist jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art anerkannt, z.B. das Interesse an der Feststellung der Genehmigungsfreiheit des eigenen Handelns (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 43 Rnr. 23 f., m.w.N.). So liegt der Fall hier, denn die Klägerin begehrt in der Sache die Feststellung, dass sie bestimmte Mieterhöhungen unabhängig von der Zustimmung des Beklagten vornehmen darf. Unstreitig unterliegt das Objekt auch noch der förderungsrechtlichen Mietpreisbindung mit der Folge, dass die Neubaumietenverordnung 1970 (vgl. deren § 1 Abs. 1) weiterhin Anwendung findet.

Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) steht ihrer Zulässigkeit hier nicht entgegen. Die Klägerin kann die fragliche Klärung nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen, denn die Genehmigungsfreiheit, auf die sie sich beruft, ergibt sich aus dem Gesetz und bedarf deshalb keiner behördlichen Entscheidung, die die Klägerin zu erstreiten hätte. Es ist ihr auch nicht zuzumuten, mögliche Sanktionen, etwa wegen Verstößen gegen die Mietpreisbindung, abzuwarten für den Fall, dass sie eigenständig Mieterhöhungen ohne vorherige Überprüfung vornimmt, um die Klärung erst nachträglich, etwa in einem sachferneren Ordnungswidrigkeitenverfahren, herbeizuführen.

Die Feststellungsklage ist aber unbegründet. Die im Schreiben vom 2. Oktober 2009 beschriebenen Baumaßnahmen auf dem Grundstück der Klägerin stellen zur Überzeugung der entscheidenden Kammer keine baulichen Änderungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 dar.

Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter, der bauliche Änderungen aufgrund von Umständen vorgenommen hat, die er nicht zu vertreten hat, die dadurch erhöhten laufenden Aufwendungen in eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung einstellen (und die Mieten entsprechend erhöhen). Diesem gesetzlichen Tatbestand unterfallen in der Regel alle Baumaßnahmen, die auf öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen beruhen oder die der Bauherr nicht abwenden kann (vgl. Heix, in: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band VI, § 6 NMV Anm. 2, unter Verweisung auf Pergande/Heix, a.a.O., § 11 II. BV Anm. 9). Hierzu werden Vornahmepflichten infolge baupolizeilicher Anordnungen oder gesetzlicher Neuregelungen gerechnet, häufig verbunden mit Ausführungsfristen, Überwachungsbefugnissen hoheitlicher Stellen und Sanktionsmöglichkeiten für den Fall der Nichtbefolgung. Beispielhaft sind in diesem Zusammenhang zu nennen die Pflicht zum nachträglichen Einbau von Sicherheitseinrichtungen bei Heizungs- und Aufzugsanlagen, das Anbringen von Außenbeleuchtungen an Hausnummern oder die Umstellung von Stadt- auf Erdgas sowie gemeindlicher Anschlusszwang. In solchen Fällen soll der Vermieter befugt sein, die erhöhten laufenden Aufwendungen, deren Entstehen für ihn unvermeidlich war, in eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung einzustellen und die Kostenmiete entsprechend zu erhöhen, ohne dass es noch einer Zustimmung der Bewilligungsstelle bedarf.

Zu den Umständen, die der Bauherr nicht zu vertreten hat, müssen auch die sogenannten Nachrüstungspflichten nach den Energieeinsparverordnungen gerechnet werden, die unabhängig vom Willen des Grundeigentümers zu befolgen sind. Zu diesen Nachrüstungspflichten gehören die zwingend vorgeschriebenen Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 und 2 EnEV 2007 (vom 24. Juli 2007, BGBl. I S. 1519), nämlich die unter Fristsetzung angeordnete Pflicht zur Ersetzung sogenannter Uraltheizkessel, die vor 1978 eingebaut wurden, und zur Dämmung bestimmter Geschossdecken sowie von Heizungs- und Warmwasserleitungen (vgl. auch die entsprechenden Regelungen in § 10 Abs. 1 bis 4 EnEV 2009 vom 29. April 2009, BGBl. I S. 954). Auch diesen ihm durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen auferlegten Verpflichtungen kann sich der Vermieter nicht entziehen. Dies rechtfertigt es, ihm zu gestatten, die daraus entstehenden erhöhten Kosten ebenfalls ohne Zustimmung der Bewilligungsstelle auf die Miete umzulegen. Zu den so verstandenen Nachrüstungspflichten gehören die hier in Rede stehenden Maßnahmen indessen nicht.

Mit den Kosten verbindlich angeordneter Nachrüstungen nicht ohne weiteres vergleichbar sind die Kosten für sogenannte Ohnehin-Maßnahmen, die der Bauherr ohnehin, aus welchen Gründen auch immer, durchführen will, wie z.B. Instandsetzungen und Renovierungen, und bei deren Umsetzung er sich nunmehr bestimmten rechtlichen Anforderungen gegenüber sieht, ohne aber gesetzlich zur Durchführung dieser Arbeiten gezwungen zu sein. Zu diesen „bedingten Anforderungen“ bei der Veränderung von Bauteilen nach den Energieeinsparverordnungen rechnen etwa die hier in Rede stehende Erneuerung von Außenputz sowie Maßnahmen an außen liegenden Fenstern und Türen, an Decken, Dächern und Dachschrägen (vgl. § 9 Abs. 1 i.V.m. Anlage 3 Nr. 1 bis 6 EnEV 2007 und EnEV 2009). Da die Energieeinsparverordnungen - gleich welchen Jahrgangs - den Eigentümer unstreitig nicht, schon gar nicht unter Fristsetzung und Sanktionsdrohung, dazu zwingen, an den Fassaden von Bestandsgebäuden eine Wärmedämmung vorzunehmen oder einen hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage einschließlich des erneuten Einbaus von Thermostatventilen durchzuführen, Zeitpunkt und Umfang solcher Maßnahmen danach vielmehr dem freien Willen des Eigentümers überlassen sind, hält es die Kammer für sachgerecht, entsprechende Baumaßnahmen nicht dem Bereich derjenigen Arbeiten zuzurechnen, die der Eigentümer, weil sie für ihn unausweichlich sind, nicht zu vertreten hat im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 und die deshalb ohne weiteres eine Mieterhöhung rechtfertigen. Vielmehr erscheint es ausreichend, solche „Ohnehin-Maßnahmen“, sofern es sich dabei um Modernisierungen i.S.d. § 11 Abs. 6 II. BV handelt, und das damit verbundene Mieterhöhungsverlangen unter den Zustimmungsvorbehalt des § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV 1970 zu stellen. Dies entspricht der Zielsetzung des Sozialen Wohnungsbaurechts sicherzustellen, dass der fragliche Wohnungsbestand als preisgünstiger Wohnraum für die breiten Schichten des Volkes erhalten bleibt.

An dieser rechtlichen Einschätzung ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass der Schadensgrad der Fassaden im Einzelfall die Bagatellgrenze der maßgeblichen Energieeinsparverordnung überschreitet. Zwar trifft es zu, dass der Eigentümer, der sich zu einer baulichen Maßnahme an den Fassaden seines Gebäudes entschließt, zur Vornahme von Wärmedämmungsmaßnahmen gezwungen ist, sofern sein Vorhaben die jeweilige Bagatellgrenze (nach § 9 Abs. 4 EnEV 2007: 20 %, nach § 9 Abs. 3 EnEV 2009: 10 % der betreffenden Fläche) übersteigt. Nach den Energieeinsparverordnungen behält aber der Bauherr auch bei einem Schadensgrad jenseits der Bagatellgrenzen die freie Entscheidung, ob er überhaupt Baumaßnahmen, zumal in dieser Größenordnung, durchführen will. Auch der Zeitpunkt der Baumaßnahmen steht danach in seinem Belieben. Bleibt er mit seinen Maßnahmen unter der Bagatellgrenze, so stellen die Energieeinsparverordnungen keine besonderen Anforderungen an die Putzerneuerung. Ohnehin wird der Eigentümer es regelmäßig in der Hand haben, durch kontinuierliche Instandhaltungsmaßnahmen zu verhindern, dass die Bagatellgrenze überhaupt erreicht oder gar überschritten wird. Unterlässt er solche Maßnahmen oder entschließt er sich unabhängig vom Umfang der Putzschäden aus freiem Willen, etwa aus wirtschaftlichen Erwägungen oder zur Wertsteigerung des Objekts, zu Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen an den Fassaden seines Gebäudes, so gebietet dies keine Gleichsetzung der Maßnahmen mit solchen, zu deren Durchführung er rechtlich verpflichtet ist und die er deshalb nicht zu vertreten hat im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970. Wollte man dies anders sehen, so könnte der Eigentümer die Erforderlichkeit der Maßnahmen und mithin die Miethöhe selber steuern, indem er notwendige Renovierungen hinauszögert und die Instandhaltungsmaßnahmen so terminiert, dass die Bagatellgrenze überschritten ist, wie der Beklagte zutreffend dargelegt hat.

Dass der hydraulische Abgleich der Heizungsanlage und der Einbau neuer Thermostatventile zu den „Nachrüstungspflichten“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 gehören könnten, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

Auf die von den Beteiligten diskutierten Fragen der maßgeblichen Fassung der Energieeinsparverordnung, des Umfangs der Schädigung der einzelnen Fassadenteile des Gebäudes sowie der baurechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens kommt es nach alledem nicht an.

2. Der auf eine erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Begehren auf Zustimmung zur (Mieterhöhung wegen) Modernisierung gerichtete Hilfsantrag ist als Bescheidungsklage im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zulässig. Nach Auffassung der Kammer stellt die von der IBB im Ermessensweg ausgesprochene Beschränkung der Zustimmung, dass nämlich die Kosten nur bis zu der im Bescheid genannten Kappungsgrenze auf die Miete umgelegt werden dürfen und für den übersteigenden Betrag eine Mieterhöhungsverzichtserklärung zu unterzeichnen ist, keine „echte“, vom Regelungsgehalt der Entscheidung trennbare Bedingung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG dar. Vielmehr hat die IBB in Gestalt einer „Bedingung“ dem Antrag nur teilweise entsprochen, so dass es sich um eine Teilgenehmigung bzw. eine Inhaltsbestimmung handelt, durch die die Zustimmung näher konkretisiert wird. Teilgenehmigung und Inhaltsbestimmung sind aber als sogenannte „unechte Nebenbestimmungen“ nach herrschender Meinung, der die Kammer folgt, nicht isoliert anfechtbar (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1990 - 8 C 67/87 -, NVwZ 1990, 866). Für die damit statthafte Bescheidungsklage besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Mietpreisbindung fortbesteht und für die Umlage der Modernisierungskosten auf die Kostenmiete die Zustimmung der IBB als Bewilligungsstelle erforderlich ist. Als Vermieterin ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist aber unbegründet, denn die Klägerin kann die begehrte Neubescheidung nicht beanspruchen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Voraussetzungen einer Mieterhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen sind - im Anschluss an Satz 1 der Vorschrift - in § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV 1970 geregelt. Danach kann der Vermieter die erhöhten Aufwendungen auch dann in eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung einstellen, wenn er mit Zustimmung der Bewilligungsstelle solche bauliche Änderungen vorgenommen hat, die eine Modernisierung im Sinne des § 11 Abs. 6 II. BV bewirken.

Die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV 1970 (vgl. auch § 11 Abs. 7 II. BV) steht nach einhelliger Auffassung im nach § 114 VwGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Die entscheidende Kammer vermag indessen nicht zu erkennen, dass die der Klägerin erteilte Zustimmung ermessensfehlerhaft ist, weil die IBB die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beschränkung der Zustimmung unverhältnismäßig ist oder gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG verstößt, wie aber die Klägerin meint.

Bei ihrer Abwägung hat die Bewilligungsstelle zutreffend auch berücksichtigt, ob die erhöhten Mieten noch für breite Schichten des Volkes tragbar sind. Sie durfte ihre Zustimmung deshalb ermessensfehlerfrei davon abhängig machen, dass die geltenden Mietobergrenzen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau nicht überschritten werden (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1990, a.a.O., sowie Pergande/Heix, a.a.O., § 11 II. BV Anm. 10.6, S. 90). Dies anerkennt im Grundsatz auch die Klägerin. Sie wendet sich aber dagegen, dass ihr die Amortisierung der Kosten für die fraglichen Baumaßnahmen auf Dauer versagt bleibt, weil die Kostenmiete in dem Objekt die weiterhin gültige Kappungsgrenze von 5,75 €/m² bereits übersteige und mithin eine Mieterhöhung wegen dieser Maßnahmen auf Dauer ausgeschlossen sei.

Nach Auffassung der Kammer stellt aber die auf eine Begrenzung der Mieterhöhung zielende Einschränkung der Zustimmung zu den als Modernisierung anerkannten Maßnahmen der Fassadendämmung und des hydraulischen Abgleichs der Heizungsanlage die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Privatnützigkeit des Eigentums nicht in Frage. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die fragliche Beschränkung als Pendant zur öffentlichen Förderung darstellt. Der Fördernehmer hat sich in Kenntnis der Mietobergrenzen freiwillig in das Fördersystem hinein begeben, die Förderung entgegengenommen und sich den Förderungsbedingungen unterworfen. Er muss deshalb gewisse Beschränkungen der Rentabilität des Objekts hinnehmen. Auch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26. Januar 1990, a.a.O.) hat entschieden, dass es bei dem in gesteigertem Maße sozialgebundenen Eigentum an öffentlich geförderten Mietwohnungen, auf deren Nutzung einkommensschwache Wohnungssuchende angewiesen sind, für die Gewährleistung der Privatnützigkeit des Eigentums genügt, wenn der Eigentümer den Wohnraum zu Bedingungen vermieten kann, die zwar nicht optimal, ihm aber wirtschaftlich zuzumuten sind. Davon ist vorliegend auszugehen.

Zwar räumt auch der Beklagte ein, dass die Klägerin die erhöhten Kosten für die mittlerweile durchgeführten Baumaßnahmen auf Dauer nicht auf die Miete wird umlegen dürfen, wenn die Kostenmiete in ihrem Objekt die Mietobergrenze von 5,75 Euro/m² Wohnfläche monatlich schon zuvor erreicht bzw. überschritten hatte, mit der Folge, dass eine weitere Anhebung der Miete aus diesem Grunde ausscheidet. Der Beklagte hat jedoch im Erörterungstermin noch einmal - wie schon in dem der Klägerseite bekannten Parallelverfahren VG 16 K 248.09 - auf seine Verwaltungspraxis verwiesen und klargestellt, dass die Bindung an die derzeitige Kappungsgrenze nur für die hier in Rede stehenden Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber für zukünftige Maßnahmen gilt, welche an den dann gültigen Mietobergrenzen zu messen sein werden. Sofern die Kostenmiete in dem Objekt schon zurzeit der Modernisierung über der Kappungsgrenze gelegen hat, kann die Klägerin weiterhin diese preisrechtlich zulässige Miete fordern. Ohnehin sind die Sozialmieten durch eine Änderung der Zweiten Berechnungsverordnung zum 1. Januar 2011 angestiegen und können durch die planmäßigen Degressionen der Förderung weiter ansteigen. Ferner bleibt dem Vermieter die Eigenkapitalverzinsung (in Höhe von ca. 4 %) erhalten.

Der Beklagte hat ferner den bereits in dem angegriffenen Bescheid enthaltenen Hinweis noch einmal erläutert, dass dem Vermieter die Möglichkeit eingeräumt wird, die infolge der Wärmedämmungsmaßnahmen eingetretene Betriebskostenersparnis nach entsprechendem Nachweis und Prüfung durch die IBB wieder auf die Miete umzulegen. Das heißt, dass der Vermieter die zu errechnende Einsparung insbesondere an Heizkosten, die den Mietern wirtschaftlich zu Gute kommt und zu einer Verminderung ihrer monatlichen Belastung führen würde, in eben diesem Umfang auf die Kaltmiete aufschlagen darf, so dass sich im Ergebnis an der monatlichen Belastung der Mieter nichts ändert, die Maßnahme also mietenneutral bleibt, während der Vermieter von der entsprechenden Mieterhöhung profitiert. Die Vertreter der IBB haben im Erörterungstermin sogar gemutmaßt, dass die von der Klägerin errechnete Mieterhöhung von rund 0,57 Euro/m² in etwa der Heizkostenersparnis entsprechen könnte.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Beschränkung der Zustimmung, deren Eignung und grundsätzliche Erforderlichkeit zur Sicherstellung eines ausreichenden Bestandes an preiswerten Sozialwohnungen außer Zweifel steht, auch nicht unverhältnismäßig, schon weil die Möglichkeit, die Heizkostenersparnis nachzuweisen und entsprechend auf die Miete umzulegen, die von der Klägerin angestrebte, vom Beklagten aber versagte Umlegung der Modernisierungskosten weitgehend kompensieren dürfte. Gründe, die es unzumutbar erscheinen lassen könnten, die Heizkostenersparnis nachzuweisen, hat die Klägerin, deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung lediglich beiläufig auf damit verbundene Kosten hingewiesen hat, nicht substantiiert dargetan. Ebensowenig hat sie angeben können, warum sie entgegen ihrer noch im Erörterungstermin geäußerten Absicht die entsprechende Berechnung nicht durchgeführt hat bzw. warum sie die - so ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung - möglicherweise doch schon durchgeführte Berechnung nicht zur Prüfung vorgelegt hat.

Hat es die Klägerin damit versäumt, den Eindruck der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu entkräften, so lässt sich nicht feststellen, dass die Beschränkungen der Zustimmung nicht verfassungskonform und deshalb ermessensfehlerhaft sind. Die aus der Begrenzung der Mieterhöhung auf den Umfang der Betriebskostenersparnis resultierende Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) muss die Klägerin als Folge der Inanspruchnahme öffentlicher Wohnungsbauförderungsmittel ebenfalls hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1990, a.a.O.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, ob auch Baumaßnahmen, die den sogenannten bedingten Anforderungen nach den Energieeinsparverordnungen unterfallen, Maßnahmen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NMV 1970 darstellen, die der Bauherr nicht zu vertreten hat, ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus von Bedeutung für die Entscheidungspraxis des Beklagten und, soweit ersichtlich, obergerichtlich noch nicht geklärt.