LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.03.2011 - 12 Sa 2452/10
Fundstelle
openJur 2012, 14808
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. September 2010 – 34 Ca 10820/10 – abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Gestattung von Nebentätigkeit.

Die Beklagte ist eine Bausparkasse. Sie betreut überwiegend Bau-/Kaufkunden bei der Finanzierung von Neubauten oder Immobilienkäufen und in geringerem Umfang Bestandskunden bei der Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen oder bei Umschuldungen. Der Kläger ist bei ihr seit dem 1. Juli 2000 als Finanzierungs- und Bausparberater in Vollzeit bei einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt ca. 3.000,-- € zuzüglich Provision und Leistungsprämie beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört die Beratung und Betreuung von Bauspar- und Baufinanzierungsinteressenten, die Aufnahme von Darlehensanträgen und die Unterstützung der Kreditabteilung. Punkt VIII (4) des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages lautet auszugsweise: „Während der Dauer des Vertragsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit für oder eine Beteiligung an Konkurrenzunternehmen der H. nicht gestattet.“

Mit Schreiben vom 29. Juni 2009 und vom 31. März 2010 ersuchte der Kläger die Beklagten um die Genehmigung einer Nebentätigkeit als freiberuflicher Vermittler von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern mit einem Umfang von 8 Wochenstunden. Dies lehnte die Beklagte ab. Mit seiner am 13. Juli 2010 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt der Kläger dieses Anliegen weiter. Er hat gemeint, die Beklagte sei verpflichtet, der von ihm beabsichtigten Nebentätigkeit zuzustimmen, weil diese die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht beeinträchtige. Konkurrenztätigkeit liege nicht vor, weil die Beklagte selbst keine Immobilienvermittlung betreibe. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die beabsichtigte Nebentätigkeit stelle eine unzulässige Konkurrenztätigkeit dar, weil der Erwerb einer Immobilie regelmäßig erst durch eine entsprechende Finanzierung ermöglicht werde und daher die Vermittlung von Immobilien ebenso wie die Finanzierung dem gemeinsamen Marktbereich „Immobilienwirtschaft“ zuzuordnen sei. Sie hat weiterhin eingewandt, die beabsichtigte Maklertätigkeit des Klägers und die Finanzierungsleistungen der Beklagten durch den Kläger könnten von Kaufinteressenten als Einheit wahrgenommen werden, so dass Vertragsstörungen aus dem Bereich der Vermittlung auf das Verhältnis zu ihren Baufinanzierungskunden durchschlagen könnten. Außerdem unterstütze der Kläger ihre Kreditabteilung und sei bei der Bewertung der zu finanzierenden Objekte beteiligt, was bei vermittelten Objekten zu Interessenkonflikten führen könne. Sie hat weiter gemeint, die beabsichtigte Nebentätigkeit beeinträchtige die vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht des Klägers, weil ein solcher zeitlicher Umfang zu befürchten sei, dass es zu zeitlichen Überschneidungen mit seinem Vollzeitarbeitsverhältnis kommen und die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit überschritten werden könnte. Schließlich könnten die Verdienstmöglichkeiten als Makler das Interesse des Klägers an der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit für die Beklagte in den Hintergrund treten lassen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. September 2010 - 34 Ca 10820/10 – der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, einer Nebentätigkeit des Klägers als Makler für Wohnungseigentum zuzustimmen. Den Streitwert hat es auf 3.000,-- € festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger könne sein Anliegen nicht versagt werden, die Bedenken der Beklagten griffen nicht durch. Die Beklagte könne dem Kläger entsprechende Weisung erteilen, um zu gewährleisten, dass dieser zwischen der Tätigkeit für die Beklagte und seiner Nebentätigkeit trenne. Der Kläger habe einer solchen Weisung bereits im Voraus seine Zustimmung erteilt. Sollte er sich dieser Weisung widersetzen, habe die Beklagte die Möglichkeit, eine Abmahnung auszusprechen. Zeitliche Überschneidungen seien nicht zu erwarten. Da der Kläger keine festen Arbeitszeiten habe, könne er beide Tätigkeiten konfliktfrei miteinander verbinden. Sollte er seine arbeitsvertraglichen Pflichten vernachlässigen, könne die Beklagte dem ebenfalls Rechnung tragen. Die bloße Befürchtung, dass der Kläger seine vertraglichen Pflichten verletzen könnte, reiche nicht aus, um dem klägerischen Anspruch aus Art. 12 GG entgegenzutreten.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Blatt 40 bis 42 der Akte, verwiesen.

Gegen dieses, ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. November 2010 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. Januar 2011 am 18. Januar 2011 begründete Berufung der Beklagten. Sie hält die Klage zunächst bereits für unzulässig weil zu unbestimmt, weil der Kläger die begehrte Nebentätigkeit nicht nach Art, Umfang und Zeit konkretisiert habe. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, dass Bausparkassen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 8 BausparkG befugt seien, die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über den Erwerb, die Veräußerung oder die Nutzung von Grundstücken und Räumen nachzuweisen; sich also als Immobilienmakler zu betätigen. Damit trete der Kläger als Immobilienmakler im selben Marktbereich auf, wie er für die Beklagte gesetzlich vorgesehen sei. Sie trägt vor, es sei üblich, dass Immobilienmakler mit konkreten Finanzierungsinstituten, auch mit Bausparkassen, zusammen arbeiteten und selbst Finanzierungen über kooperierende Finanzierungsinstitute anböten. Damit bestehe die Gefahr, dass der Kläger, der eine Eingrenzung seiner beabsichtigten Tätigkeit nicht vorgenommen habe, als Makler auch mit ihren unmittelbaren Konkurrenten zusammen arbeite. Sie behauptet, sie beabsichtige ihren Geschäftsbereich auf Immobilienvermittlung zu erweitern und führe derzeit hierzu Verhandlungen mit einem Kooperationspartner. Sie meint, sie befinde sich daher in einer Vorbereitungsphase, die es dem Kläger bereits verbiete, sich in diesem Geschäftsfeld zu betätigen. Außerdem könne in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, sie böte – wie beabsichtigt – nicht nur mit dem avisierten Kooperationspartner, sondern mit beliebigen Partnern Immobilienvermittlung an, womit eine negative Außenwirkung verbunden sei. Darüber hinaus könne die negative Außenwahrnehmung entstehen, dass sich der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Beklagten als Bausparberater persönliche Wettbewerbsvorteile für seine Nebentätigkeit verschaffe. Außerdem könne er durch eine Maklertätigkeit in einen Interessenkonflikt geraten, weil er maßgeblichen Einfluss auf die Kreditentscheidung ausübe. Hierzu trägt sie vor, die Entscheidung über die Finanzierung werde zwar durch die zuständige Abteilung getroffen, jedoch liefere der Kläger hierzu eine Kalkulation und einen Vorschlag auf der Basis seiner Kenntnis über die regionalen Marktwerte, über die die Kreditabteilung nicht verfüge. Da er als Makler ein besonderes Interesse am Zustandekommen der Finanzierung haben werde, sei die Unvoreingenommenheit bei der Wertermittlung nicht mehr gewährleistet. Schließlich könne sie aufgrund der flexiblen Arbeitszeiten des Klägers, die dieser überwiegend im Außendienst wahrnehme, auch nicht nachvollziehen, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger als Makler tätig werde. Ein unzulässiges zeitliches Ausmaß sei aber im Hinblick auf die Verdienstmöglichkeiten als Makler zu befürchten.

Sie meint, allein die Möglichkeit der Beeinträchtigung ihrer Interessen durch die beabsichtigte Nebentätigkeit des Klägers reiche aus, um ihm diese zu versagen. Sie könne nicht darauf verwiesen werden, die negativen Auswirkungen erst eintreten zu lassen, um dann mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu reagieren.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. September 2010 - 34 Ca 10820/10 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, eine Nebentätigkeit als Makler für Wohnungseigentum mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von acht Stunden auszuüben.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält die Klage für zulässig und den Vortrag der Beklagten zur beabsichtigen Geschäftserweiterung auf die Immobilienvermittlung für unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Er meint, allein die Möglichkeit einer Vermittlungstätigkeit nach § 4 BauSparkG sei nicht ausreichend, solange die Beklagte hiervon keinen Gebrauch macht, sie könne ihn auffordern, seine Nebentätigkeit einzustellen oder ihm entsprechende Auflagen erteilen, sollte sie tatsächlich als Immobilienvermittlerin tätig werden. Er trägt vor, es gebe keinen Anlass für die Befürchtung, er werde die Nebentätigkeit ausnutzen, um sich gegenüber der Beklagten vertragswidrig zu verhalten. Die Beklagte könne aufgrund Terminvergabe und Meldungen nachprüfen, welche Arbeiten er während seiner Arbeitszeit erledige. Er meint, seine Tätigkeit bei der Beklagten werde überbewertet, denn er habe keine eigene Entscheidungsbefugnis. Für die zu treffende Entscheidung der Kreditabteilung erledige er lediglich die Vorarbeiten und stelle die Unterlagen zusammen. Es komme auch nicht zu Beeinträchtigungen, wenn er gleichzeitig als Bausparberater für die Beklagte und als Makler außerhalb seines Arbeitsverhältnisses tätig sei. Selbst wenn dem so sein sollte, so könne die Beklagte dies durch Disziplinarmaßnahmen verhindern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger ist nicht berechtigt, während seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten eine Nebentätigkeit als Makler auszuüben. Denn eine solche Nebentätigkeit stünde in Konkurrenz zur geschäftlichen Betätigung der Beklagten und beeinträchtigte deren Interessen in erheblichem Maße.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage zulässig.

1.1. Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die Umstellung der Leistungsklage auf eine Feststellungsklage.

Der Kläger wurde durch die Kammer darauf hingewiesen, dass sein bisheriger Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Genehmigung der Nebentätigkeit von vornherein nicht erfolgreich sein kann, weil der Arbeitsvertrag eine solche Genehmigung nicht vorschreibt und eine diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten somit gar nicht bestehen kann. Selbst wenn die Regelung in Punkt VIII 4. des Arbeitsvertrages als Genehmigungsgebot auszulegen sein sollte, so wäre diese Genehmigungspflicht ausweislich des Wortlauts beschränkt auf Konkurrenztätigkeit. Der Kläger geht in seiner gesamten Klagebegründung davon aus, dass die beabsichtigte Nebentätigkeit mit keiner Konkurrenztätigkeit verbunden sein wird.

Das vom Kläger verfolgte Klageziel besteht darin, den Streit der Parteien über seine Berechtigung zur Nebentätigkeit als Makler zu klären. Sein Leistungsantrag könnte daher auch rechtlich zulässig in einen Feststellungsantrag umgedeutet werden. Denn erweist sich die erhobene Leistungsklage als unbegründet, entspricht aber der Erlass eines Feststellungsurteils dem Interesse der klagenden Partei, so kann das Gericht dem in dem Leistungsbegehren enthaltenen Antrag auf Feststellung des Rechtsverhältnisses auch dann stattgeben, wenn dieser Antrag nicht ausdrücklich hilfsweise gestellt ist (BGH vom 31. Januar 1984 - VI ZR 150/82 - NJW 1984, 2295; Foerste in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 264 Rdnr. 5 m.w.Nw.). Kann eine Umdeutung des Klageantrags erfolgen, so kann der Klageantrag auch in der Berufungsinstanz ausdrücklich geändert gestellt werden, ohne dass hierin eine nach §§ 524 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG zu prüfende Klageänderung liegt (vgl. auch BAG vom 24. März 2010 - 10 AZR 66/09 - NZA 2010, 693 zum in der Revisionsinstanz umgestellten Antrag von Leistung auf Feststellung und BAG vom 28. Februar 2002 - 6 AZR 357/01 – ZTR 2002, 490 zur Auslegung eines Leistungsantrags als Feststellungsantrag). Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken, dass Gericht weite mit der Anregung seine richterlichen Hinweispflichten unzulässig aus, sind daher unbegründet. Schließlich ist das Gericht gemäß §§ 139 Abs. 1, 525 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG verpflichtet dahin zu wirken, dass die Parteien die sachdienlichen Anträge stellen.

Gleiches gilt für die vom Kläger vorgenommene Konkretisierung auf 8 Wochenstunden. Wie sich aus dem von der Beklagten selbst vorgetragenen vorgerichtlichen Schriftverkehr ergibt und der gesamten Klagebegründung zu entnehmen ist, hat der Kläger ein weitergehendes Klageziel nie verfolgt und sein Klagebegehren damit lediglich klargestellt.

1.2. Das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist gegeben, denn die Beklagte verneint die Befugnis des Klägers zur Nebenbetätigung als Makler.

1.3. Die Klage ist auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO. Soweit der Kläger in seinem Antrag keine Konkretisierung der begehrten Nebentätigkeit vorgenommen hat, ist der Antrag dahingehend zu verstehen, dass er eine Nebenbeschäftigung als Makler für Wohnungseigentum in jeder möglichen rechtlichen Gestaltung ausüben möchte. Der Begriff des Maklers für Wohnungseigentum ist ausreichend präzise. Die Frage, ob der Kläger Anspruch auf solch umfassende Betätigung als Makler hat und ob die Beklagte, wie sie eingewandt hat, bei antragsgemäßer Klagestattgabe die Nebentätigkeit selbst dann hinnehmen müsste, wenn diese bei einem Konkurrenten erfolgte oder die höchst zulässige Arbeitszeit überschritte, ist keine solche der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit.

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger ist nicht berechtigt, während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten als Finanzierungs- und Bausparberater nebenberuflich als Immobilienmakler tätig zu werden. Bei einer solchen Nebenbeschäftigung ist eine Betätigung im Konkurrenzbereich der Beklagten nicht auszuschließen. Es besteht darüber hinaus eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass weitere berechtigte Interessen der Beklagten und ihr Ansehen beeinträchtigt werden.

2.1. Die Parteien haben eine vertragliche Regelung über die Berechtigung zur Ausübung von Nebentätigkeiten nur für den Fall der Konkurrenztätigkeit getroffen: dem Kläger ist während der Dauer des Vertragsverhältnisses eine Nebentätigkeit für Konkurrenzunternehmen der Beklagten nicht gestattet. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Kläger jegliche Nebentätigkeit ausüben dürfte, auch wenn sie keine Konkurrenztätigkeit darstellt. Auch ohne besondere Vereinbarung sind dem Arbeitsvertrag zahlreiche vertragliche Nebenpflichten immanent. Die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende vertragliche Rücksichtnahmepflicht verlangt von den Parteien eines Arbeitsverhältnisses, gegenseitig auf die Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen. Danach hat der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Dabei ergibt sich der konkrete Inhalt aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen besonderen Anforderungen (vgl. BAG vom 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - AP Nr. 220 zu § 626 BGB). Bei der Konkretisierung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB sind die grundrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Grundrecht des Klägers auf Berufsfreiheit, hinreichend zu beachten.

2.2. Nach der Rechtsprechung des BAG von der abzuweichen die erkennende Kammer keine Veranlassung sieht, ist der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses wegen seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG auf freie Berufswahl grundsätzlich berechtigt, Nebentätigkeiten auszuüben, solange dadurch bei verständiger Würdigung der im Zeitpunkt der Entscheidung erkennbaren Umstände und unter Berücksichtigung einer erfahrungsgemäß eintretenden Entwicklung eine Beeinträchtigung berechtigter betrieblicher Interessen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist (vgl. BAG vom 13. März 2003 - 6 AZR 585/01 - NZA 2003, 976; vom 28. Februar 2002 - 6 AZR 33/01 - ZTR 2002, 429, jew. m.w.Nw.). Hierzu ist eine Prognose aufzustellen, wobei einerseits die bloße nicht auszuschließende Möglichkeit einer fernliegenden Gefahr der Beeinträchtigung als nicht ausreichend anzusehen ist, andererseits aber auch eine im hohen Maße bestehende Wahrscheinlichkeit einer solchen Beeinträchtigung in absehbarer Zeit nicht erforderlich ist (BAG vom 13. März 2003 - 6 AZR 585/01; vom 28. Februar 2002 - 6 AZR 33/01, jew. a.a.O. m.w.Nw.).

Konkurrenztätigkeit während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich nicht gestattet. Auch über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens ein Wettbewerbsverbot ein, denn dies entspricht der Treuepflicht des Arbeitnehmers, wie sie nunmehr allgemein in § 241 Absatz 2 BGB normiert ist (BAG vom 20. September 2006 - 10 AZR 439/05 - NZA 2007, 977 m.w.Nw.). Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für die Ausübung von Nebentätigkeiten, etwa im Rahmen eines weiteren Arbeitsverhältnisses, wobei es für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen sich eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber als Konkurrenz auswirkt, unerheblich ist, auf welche Art und Weise und in welcher Funktion der Arbeitnehmer den auch im Tätigkeitsbereich seines Hauptarbeitgebers aktiven Konkurrenten unterstützt, sofern der Nebentätigkeit nicht ausnahmsweise von vornherein jegliche unterstützende Wirkung abgesprochen werden kann (vgl. BAG vom 24. Juni 1999 - 6 AZR 605/97 - ZTR 2000, 220, zu I 1 b bb der Gründe). Allerdings ist im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls abschließend festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt (BAG vom 24. März 2010 - 10 AZR 66/09 – a.a.O.).

2.3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger nicht berechtigt, als Immobilienmakler nebenberuflich tätig zu werden.

2.3.1. Zunächst erfasst der vom Kläger gestellte Antrag auch eine Tätigkeit im Konkurrenzbereich der Beklagten. Dabei kann zugunsten des Klägers angenommen werden, dass die von der Beklagten vorgetragenen Pläne zur Erweiterung ihres Geschäftsfeldes auf Vermittlungstätigkeit zu vage vorgetragen sind, um hierin bereits einen Grund für die Versagung der Nebentätigkeit zu erkennen. Der Antrag des Klägers ist jedoch weit gefasst. Er erfasst alle Bereiche und Beschäftigungsformen im Bereich der Immobilienvermittlung. Da gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 8 BausparkG auch Bausparkassen befugt sind, die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über den Erwerb, die Veräußerung oder die Nutzung von Grundstücken und Räumen nachzuweisen, sich also als Immobilienmakler zu betätigen, dürfte der Kläger bei entsprechender gerichtlich festgestellter Berechtigung auch eine Beschäftigung als Makler bei einer Bausparkasse ausüben. Damit würde der Kläger jedoch bei einem unmittelbaren Mitbewerber arbeiten.

Selbst wenn der Kläger nicht in ein Beschäftigungsverhältnis zu einer anderen Bausparkasse treten würde, wäre eine Konkurrenztätigkeit ausreichend wahrscheinlich. Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, ist es durchaus üblich, dass Makler mit einem festen Kreis von Bau-/Kauffinanzierern zusammenarbeiten. Selbst wenn dies für den Kläger nicht zutreffen sollte, so ist zu berücksichtigen, dass der Kauf einer Immobilie regelmäßig von Finanzierungsberatungen begleitet wird. Damit wird es für den Kläger, dessen Tätigkeit auf den Abschluss von Kauf-/Bauverträgen gerichtet ist, gar nicht möglich sein, sich bei seiner Maklertätigkeit der Zusammenarbeit mit Konkurrenten der Beklagten zu entziehen. Da die Maklerprovision vom Zustandekommen des Kauf-/Bauvertrages abhängig ist, hat der Kläger selbst ein Interesse am Zustandekommen der Finanzierung und damit am erfolgreichen Abschluss eines Finanzierungsvertrages zugunsten von Konkurrenten der Beklagten. Andererseits kann der Bau-/Kauffinanzierer seinen Finanzierungsvertrag nur dann zu seinen Gunsten abschließen, wenn der Interessent die Immobilie erwirbt, was wiederum auf der Vermittlungstätigkeit des Maklers beruht. Damit dient die vom Kläger beabsichtigte Tätigkeit immer auch den Konkurrenten der Beklagten, es sei denn, der Käufer benötigt keine Finanzierung, was nur bei einem Bruchteil der Verträge der Fall sein wird. Es handelt sich dabei nicht nur um eine fern liegende Gefahr der Beeinträchtigung, sondern um eine ganz offensichtlich in nicht unerheblichem Maße eintretende Zusammenarbeit mit Konkurrenten der Beklagten. Das für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot verbietet nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse, es gestattet ebenso wenig, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (vgl. BAG vom 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - NZA-RR 2010, 461 m.w.Nw.).

Aus diesen Gründen führt die beabsichtigte Nebentätigkeit des Klägers als Makler im Rahmen der abschließenden Gesamtwürdigung auch zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten. Diese muss nicht hinnehmen, dass ihr Mitarbeiter eine Nebentätigkeit ausübt, die in der überwiegenden Zahl der Fälle zu einem Geschäftserfolg für einen Konkurrenten auf dem Gebiet der Bau-/Kauffinanzierung führen wird.

Aus der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24.März 2010 - 10 AZR 66/09 – a.a.O.) ergibt sich nichts anderes. Denn bei der vom Kläger beabsichtigten Nebentätigkeit ist aus den dargelegten Gründen nicht nur eine untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung von Konkurrenzunternehmen zu erwarten.

2.3.2. Darüber hinaus besteht unabhängig von zu befürchtender wirtschaftlicher Unterstützung konkurrierender Baufinanzierungsunternehmen eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Hauptleistungspflichten des Klägers im Vertragsverhältnis zur Beklagten durch eine Nebentätigkeit als Makler beeinträchtigt werden.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Kläger maßgeblichen Einfluss auf die Kreditentscheidung ausübe, indem er der Kreditabteilung die Kalkulation und einen Vorschlag auf der Basis seiner Kenntnis über die regionalen Marktwerte liefere, über die diese nicht verfüge. Der Kläger ist dem nur insoweit entgegengetreten, als er darauf hingewiesen hat, keine eigene Entscheidungsbefugnis über die Kreditbewilligung zu haben. Er hat jedoch selbst eingeräumt, „Vorarbeiten“ für die Kreditentscheidung zu leisten und die dafür erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen. Welche Vorarbeiten dies sind und welchen Einfluss sie bei der Kreditbewilligung durch die zuständige Abteilung der Beklagten haben, hat er nicht erläutert. Selbst wenn mit diesen „Vorarbeiten“ kein maßgeblicher Einfluss auf die abschließende Finanzierungsentscheidung verbunden sein sollte, so hat der Kläger selbst nicht behauptet, dass seine diesbezügliche Tätigkeit von nur ganz untergeordneter Bedeutung ist. Damit ist dem Kläger bei den von ihm vermittelten und von der Beklagten zu finanzierenden Immobilien jedenfalls der Versuch einer Einflussnahme zugunsten seiner Maklertätigkeit eröffnet. Dies muss die Beklagte nicht hinnehmen, insbesondere ist ihr nicht zuzumuten das Risiko einzugehen, keine objektiven, von Privatinteressen unbeeinflussten Zuarbeiten zu erhalten.

Wird die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt, so muss dies der Arbeitgeber nicht hinnehmen. Eine solche Nebentätigkeit verletzt die Arbeitspflicht (vgl. BAG vom 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - NZA 1997, 41; Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage 2011, § 611 Rn 725 m.w.Nw.). Dabei ist dem Kläger nicht zu unterstellen, dass er seine Arbeitspflichten verletzen wird. Darauf kommt es jedoch nicht an. Die dem Kläger eröffnete Möglichkeit, zu seinen Gunsten auf die Kreditentscheidungen Einfluss zu nehmen, ist keine „fern liegende Gefahr“. Vielmehr tritt durch das damit für die Beklagte verbundene Risiko bereits eine Beeinträchtigung berechtigter betrieblicher Interessen ein.

2.3.3. Letztlich muss die Beklagte auch nicht hinnehmen, dass sich der Kläger durch seine berufliche Stellung bei ihr einen Wettbewerbsvorteil für seine Nebentätigkeit als Makler verschaffen kann. Wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, steht der Kläger als Bausparberater auch zu solchen Kunden in Kontakt, die zwar den Erwerb einer Immobilie planen, sich jedoch noch nicht für ein konkretes Objekt entschieden haben. Dem Kläger würde über seine Tätigkeit bei der Beklagten somit der Zugriff auf ein Kundenpotential eröffnet, das anderen Maklern nicht gegeben ist. Bei diesen Kunden tritt daher auch insoweit eine unmittelbare Verquickung von Nebentätigkeit und arbeitsvertraglichen Aufgaben ein.

Die vom Kläger hiergegen erhobenen Einwände überzeugen nicht. Er hat sich insoweit auf den bloßen Vortrag beschränkt, es werde bei gleichzeitiger Tätigkeit als Bausparberater für die Beklagte und als Makler außerhalb seines Arbeitsverhältnisses nicht zu Beeinträchtigungen kommen und selbst wenn dem so sein sollte, so könne die Beklagte dies durch Disziplinarmaßnahmen verhindern. Es kann aber nicht Aufgabe der Beklagten sein, den Kläger ständig dahingehend zu überwachen, ob er seine Nebentätigkeit in einer Weise ausübt, die ihre Interessen nicht beeinträchtigt. Die Beklagte wäre gehalten, bei jedem ihrer vom Kläger betreuten Bau-/Kauf-Kunden zu überprüfen, ob er die Vermittlung einer Immobilie angeboten hat. Dies ist durch die Beklagte offensichtlich nicht leistbar, jedenfalls nicht zumutbar.

2.3.4. Besteht aus mehreren Gründen eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei Ausübung von Maklertätigkeit durch den Kläger berechtigte Interessen der Beklagten in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt werden, so kommt es auf die Frage, ob durch die Nebentätigkeit Arbeitszeithöchstgrenzen überschritten werden, nicht mehr an. Der Kläger hat insoweit ohnehin seinen Klageantrag in der Berufungsinstanz klarstellend eingeschränkt.

2.4. Durch die Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung wird das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Klägers an der freien Berufsausübung nicht unangemessen beeinträchtigt. Der Beklagten ist ein erhebliches Interesse daran zuzubilligen, ihre Bausparkassen-Konkurrenten durch die Maklertätigkeit des Klägers nicht zu fördern, auch dann, wenn sie selbst keine Maklertätigkeit ausüben sollte. Sie hat darüber hinaus ein berechtigtes Interesse daran, jegliche Verquickungen von Nebentätigkeit und Arbeitsleistung zu verhindern. Der Kläger wird dadurch nicht unangemessen eingeschränkt. Er ist bei der Beklagten in Vollzeit tätig und kann eine Nebenbeschäftigung ausüben, bei der es nicht zu Überschneidungen mit seinen arbeitsvertraglichen Leistungspflichten kommt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 91 ZPO. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

Die Zulassung der Revision kam gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht in Betracht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche rechtliche Bedeutung. Die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Der zu beurteilende Sachverhalt wirft keine neuen Gesichtspunkte auf. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.

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