LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.05.2010 - 13 Sa 238/10
Fundstelle
openJur 2012, 13009
  • Rkr:

Nach dem Wortlaut insbesondere des § 3 Satz 1 BiUrlG entsteht der Anspruch auf Bildungsurlaub im Land Berlin erstmalig nach 6monatigem Bestehen des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses.

Da der Bildungsurlaub gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren beträgt, beginnt dementsprechend der Zwei-Jahres-Zeitraum des § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG sechs Monate nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses für dieses und das darauf folgende Kalenderjahr. Für ein Arbeitsverhältnis, das vor dem Inkrafttreten des Bildungsurlaubsgesetzes vom 1. Januar 1991 begonnen wurde, fängt der Zwei-Jahres-Zeitraum am 01. Januar 1991 an.

Tenor

I.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.11.2009 - 60 Ca 9442/09 - wird auf seine Kosten bei einem Streitwert von 1.269,00 Euro in der II. Instanz zurückgewiesen.

II.Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem klagenden Arbeitnehmer, obwohl dieser bereits im Jahr 2009 Bildungsurlaub genommen hat, auch im Folgejahr 2010 ein Anspruch auf vollen Bildungsurlaub zusteht.

Der am … 1950 geborene Kläger ist bei dem beklagten Land seit dem 12. Dezember 1983 vollzeitig als Krankenpfleger im Arbeitsverhältnis beschäftigt. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers beträgt 2.750,00 EUR.

Das Berliner Bildungsurlaubsgesetz (BiUrlG) vom 24. Oktober 1990 (GVBl. Seite 2209), nach dessen § 13 Abs. 1 am 01. Januar 1991 in Kraft getreten, sieht in § 2 Abs. 1 Satz 1 folgende Regelung vor: Der Bildungsurlaub beträgt zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren.

Der Kläger hatte Bildungsurlaub auf der Basis des BiUrlG wie folgt:

2003        5 Tage2004        4 Tage2005        ./.2006        ./.2007        10 Tage2008        ./.2009        05.04. - 17.04.2009 = 8 TageAnträge des Klägers aus dem Jahr 2008 auf Gewährung von Bildungsurlaub noch im Jahr 2008 wurden vom beklagten Land mit Schreiben vom 25. August 2008 mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe schon im Jahr 2007 Bildungsurlaub in vollem Umfang erhalten und somit keinen Anspruch auf Bildungsurlaub im Jahr 2008 (Anlage K 10, vgl. die Abl. Bl. 15 d. A.).

Im Jahr 2009 erhielt der Kläger für die Zeit vom 05. April bis zum 17. April 2009 Bildungsurlaub. Dies ergibt nach unstreitiger Berechnung der Parteien aufgrund von darin liegenden Feiertagen acht Bildungsurlaubstage. Das beklagte Land hat unstreitig gestellt, dass der Kläger für das Jahr 2009 noch Anspruch auf zwei Bildungsurlaubstage hat.

Der Kläger ist im Rahmen seiner am 19. Mai 2009 beim Arbeitsgericht Berlin erhobenen Klage der Auffassung gewesen, ihm stehe für das Jahr 2010 der volle Bildungsurlaub zu, obwohl er bereits im Jahr 2009 unstreitig Bildungs-urlaub erhalten hat. Es komme nicht auf einen Zwei-Jahres-Zeitraum mit einem starren Beginn an, etwa beginnend mit dem Jahr des Inkrafttretens des Gesetzes. Da er in den Jahren 2005 und 2006 unstreitig keinen Bildungsurlaub genommen hätte, beziehe sich der ihm im Jahr 2007 unstreitig erteilte Bildungsurlaub auf den Zwei-Jahres-Zeitraum 2006/2007. Der ihm 2009 erteilte Bildungsurlaub beziehe sich folgerichtig auf einen Zwei-Jahres-Zeitraum 2008/2009. Daraus folge, dass er im Jahr 2010 wieder Anspruch auf den vollen Bildungsurlaub von zehn Tagen habe, den er wahlweise im Zwei-Jahres-Zeitraum 2010/2011 nehmen könne.

Nachdem der Kläger mit der Klageschrift ursprünglich die Verurteilung des beklagten Landes zur Gewährung von Bildungsurlaub von jeweils zehn Tagen für den sogenannten Zwei-Jahres-Zeitraum 2008/2009 und 2010/2011 begehrt hatte, hat er – nachdem im Jahr 2009 bereits Bildungsurlaub gewährt worden war und der Streit zwischen den Parteien sich darauf beschränkte, ob der Kläger auch im Jahr 2010 bereits wieder Anspruch auf die Gewährung von zehn Tagen Bildungsurlaub hat, seine Klage abgeändert und zum Teil – in Höhe von insgesamt 10 Bildungsurlaubstagen – zurückgenommen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auf Antrag im Jahr 2010 für zehn Tage unter Fortzahlung seines Arbeitsentgelts zum Zwecke des Bildungsurlaubs bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes freizustellen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat sich auf die Broschüre der Senatsverwaltung für I., A. und S. berufen (vgl. dazu die Abl. Bl. 35 bis 58 d. A., insbesondere die dortige Seite 7, Bl. 41 d. A.). Es ist der Auffassung gewesen, da der Kläger – im tatsächlichen unstreitig – bereits im Jahr 2009 Bildungsurlaub erhalten habe, könne er im unmittelbar darauf folgenden Kalenderjahr keinen Anspruch auf vollen Bildungsurlaub geltend machen. § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG sei dahingehend auszulegen, dass nicht in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Jahren mehr als zehn Tage Bildungsurlaub genommen werden könnten. Es seien also alle Bildungsurlaubstage des aktuellen Jahres, für das Bildungsurlaub begehrt werde, und des Vorjahres zusammenzuzählen. Die Gesamtzahl dürfe zehn Bildungsurlaubstage nicht überschreiten. Darüber hinausgehender Urlaub stehe dem Kläger nicht zu.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 27. November 2009 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG dahingehend auszulegen sei, dass ein Anspruch auf Bildungsurlaub für das aktuelle Kalenderjahr, für das Bildungsurlaub begehrt werde, nur in dem Umfang bestehe, in dem bei Zusammenrechnung mit dem gewährten und genommenen Bildungsurlaub für das unmittelbar vorausgegangene Kalenderjahr zehn Bildungsurlaubstage insgesamt nicht überschritten würden. Es komme weder darauf an, wann das Gesetz erstmals Bildungsurlaub auf seiner Grundlage ermöglichte (1991), noch darauf, wann der Arbeitnehmer tatsächlich zuletzt Bildungsurlaub genommen hätte.

Wegen der genauen konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf das Urteil vom 27. November 2009 (Bl. 77 bis 84 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 04. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. Februar 2010 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und am 01. April 2010 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01. April 2010 per Fax begründete Berufung des Klägers. Er greift das erstinstanzliche Urteil unter Auseinandersetzung mit den entscheidenden Gründen konkret an und meint, dass nach Sinn und Zweck des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes dem Arbeitnehmer innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes flexibel Bildungsurlaub zustehen solle. Zweck des Bildungsurlaubsgesetzes sei, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, zehn Tage innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes zur Förderung seiner Weiterbildung Bildungsurlaub zu erhalten und dadurch in jedem Lebensalter organisiert seine Fähigkeiten und Kenntnisse zu erweitern. Da einem in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer zur Weiterbildung neben der Arbeitszeit in der Regel keine Zeit bleibe, wolle ihm das Gesetz die Freistellung zum Zwecke des Bildungsurlaubs ermöglichen. Das Arbeitsgericht jedoch habe diesen Zweck bei seiner Auslegung nicht hinreichend berücksichtigt und allein auf die Interessen des Arbeitgebers abgestellt. Vor dem Hintergrund des genannten Zwecks bestehe jedenfalls kein Grund, dem Kläger Bildungsurlaub im Jahre 2010 zu verwehren. Auch dem Gesamtzusammenhang der Regelung im Bildungsurlaubsgesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme von zehn Bildungsurlaubstagen innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes, sofern in dem entsprechenden Vorjahr kein Bildungsurlaub gewährt worden sei und in dem folgenden Jahr, also mit Beginn eines neuen Zwei-Jahres-Zeitraumes, erneut Bildungsurlaub in Höhe von zehn Tagen gewährt werde, vor dem Hintergrund einer Überbeanspruchung des Arbeitgebers zu verwehren wäre.

Der Arbeitgeber jedenfalls sei hier entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht in besonderer Weise schutzbedürftig, da er vor einer übermäßigen Beanspruchung hinreichend dadurch geschützt sei, dass er die Freistellung zum Zwecke des Bildungsurlaubs aus den in § 4 Abs. 2 und 3 BiUrlG genannten Gründen verweigern könne. Im Übrigen sei eine Freistellung in Höhe von zehn Arbeitstagen innerhalb zweier aufeinanderfolgender Jahre bei Betrachtung der geschuldeten Gesamtarbeitszeit im Jahr bzw. innerhalb von zwei Jahren als verhältnismäßig gering anzusehen. Außerdem laufe der Arbeitgeber auch nicht Gefahr, den Bildungsurlaub gegebenenfalls abgelten zu müssen, da eine Abgeltung nach § 10 Abs. 2 BiUrlG ausgeschlossen sei. Sinn und Zweck des Bildungsurlaubsgesetzes geböten lediglich, dass der Kläger nicht innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes die 10-Tages-Grenze überschreite. Der Bildungsurlaubszeitraum könne sich daher durchaus sowohl auf den Zeitraum des vorangegangenen Jahres sowie des aktuellen Jahres als auf den Zeitraum des aktuellen Jahres sowie des darauffolgenden Jahres erstrecken.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. November 2009 – 60 Ca 9442/09 – festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auf Antrag im Jahr 2010 für zehn Tage unter Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes zum Zweck des Bildungsurlaubs bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes freizustellen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Denn unabhängig vom Beginn des Zwei-Jahres-Rhythmus nach § 2 des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes vom 24. Oktober 1990 stehe dem Kläger jedenfalls für einen Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren nicht mehr als zehn Arbeitstage für Bildungsurlaub zur Verfügung. Da im Jahr 2009 unstreitig acht Bildungsurlaubstage genommen worden seien, könnten demzufolge im Jahre 2010, das das darauf folgende Jahr darstelle, bestenfalls noch zwei Bildungsurlaubstage beansprucht werden, wie von Beklagtenseite zugestanden. Dabei könne es nicht darauf ankommen, wann der Kläger offenbar willkürlich mit dem Beginn des Zwei-Jahres-Rhythmus im Sinne der vorgenannten Vorschrift beginnen möchte.

Der Kläger habe unstreitig im Jahr 2008 - ob willentlich oder nicht, dürfte nach dem Gesetz unbeachtlich sein - keinen Bildungsurlaub genommen. Demzufolge hätte er im Jahre 2009, da im Jahr zuvor kein Anspruch geltend gemacht worden sei, sogar zehn Bildungsurlaubstage beanspruchen können. Da er nur acht Tage genommen habe, stünden ihm denklogisch nur noch zwei Bildungsurlaubstage im folgenden Jahr 2010 zu. Die Übertragung nicht in Anspruch genommener Bildungsurlaubszeiten etwa aus dem Jahre 2008 sei im Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehen.

Die Behauptung, die Jahre 2008 und 2009 hätten als Zwei-Jahres-Zeitraum im Sinne des § 2 BiUrlG angesehen werden müssen, sei nicht nachvollziehbar. Zum einen hätte der Kläger bereits im Jahr 2007 bewilligten Bildungsurlaub in Höhe von zehn Tagen durchgängig genommen. In den beiden Jahren davor, im Jahre 2005 und 2006, habe er keinen Bildungsurlaub genommen. Dies bedeute, dass der Beginn des Zwei-Jahres-Zeitraumes auch bei weiterer Rückrechnung im Sinne der Argumentation der Klägerseite bestenfalls auf das Jahr 2007 gelegt werden könne. Denn die Festlegung des Beginns eines Zwei-Jahres-Zeitraumes solle jeweils das Jahr der tatsächlichen Inanspruchnahme von Bildungsurlaub sein.

Selbst wenn man dem Kläger zugute halte, dass man wenigstens ab dem Jahr 2007 mit der Berechnung beginnen würde, so sei festzustellen, dass der Bildungsurlaubsanspruch für das Jahr 2008 durch die volle Inanspruchnahme im Jahre 2007 verbraucht sei, wie von der Beklagten bereits in erster Instanz ausgeführt. Demzufolge hätte dann im Jahre 2009 der neue Zwei-Jahres-Zeitraum begonnen mit der Maßgabe, dass in 2009 und 2010 insgesamt zehn Bildungsurlaubstage zu nehmen wären.

Aber auch unabhängig von der eben erfolgten längeren Rückrechnung ergäbe sich bei kürzerer Betrachtungsweise nichts anderes. Danach sei im Jahre 2008 unstreitig kein Bildungsurlaub bewilligt oder gewährt worden, im Jahre 2009 dann acht Tage. Demzufolge könne aus Sicht für das Jahr 2010 nur das Jahr 2009 betrachtet werden mit der Feststellung, dass nunmehr nur noch zwei Bildungsurlaubstage zu bewilligen seien, wie von der Beklagten zugestanden.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 01. April 2010 (Bl. 107 ff. d. A.) und des beklagten Landes vom 11. Mai 2010 (Bl. 139 ff. d. A.) verwiesen.

Gründe

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen, da die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Kläger im Jahr 2010 für zehn Tage unter Fortzahlung seines Arbeitsentgeltes zum Zwecke des Bildungsurlaubs bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes freizustellen.

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin den Klageantrag des Klägers dahingehend ausgelegt, dass es ihm lediglich um den vermeintlich im Jahr 2010 neu entstehenden Anspruch auf Bildungsurlaub geht, also um den für den aus Sicht des Klägers maßgeblichen Zwei-Jahres-Zeitraum 2010/2011. Dies hat der Kläger mit seiner Berufungsbegründung (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 01.04.2010, Bl. 109 d. A.) und nochmals mündlich in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2010 bestätigt. Dementsprechend war nicht festzustellen, dass der Kläger für das Jahr 2010 für die ihm unstreitig noch zustehenden zwei Arbeitstage auf Antrag unter Entgeltfortzahlung freizustellen ist.

2. Der Kläger hat bis auf die ihm noch zustehenden zwei Arbeitstage für das Jahr 2010 keinen ab 2010 begründeten Anspruch auf erneut zehn Tage vom Arbeitgeber bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen. Denn der „Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren“ gemäß § 2 Abs. 1 BiUrlG beginnt erst wieder 2011.

a)

33Nach dem Wortlaut insbesondere des § 3 Satz 1 BiUrlG entsteht der Anspruch auf Bildungsurlaub im Land Berlin erstmalig nach 6monatigem Bestehen des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses. Da der Bildungsurlaub gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren beträgt, beginnt dementsprechend der Zwei-Jahres-Zeitraum des § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG sechs Monate nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses für dieses und das darauf folgende Kalenderjahr. Für ein Arbeitsverhältnis, das vor dem Inkrafttreten des Bildungsurlaubsgesetzes vom 01. Januar 1991 begonnen wurde, fängt der Zwei-Jahres-Zeitraum am 01. Januar 1991 an.

b)

Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut, sondern aus der Systematik des Bildungsurlaubsgesetzes und der Systematik des Bundesurlaubsgesetzes, an dessen Wortlaut sich das Bildungsurlaubsgesetz anlehnt. Denn die Wartezeit des § 3 BiUrlG, wonach der Antrag auf Bildungsurlaub erstmals nach 6monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses entsteht, ist § 4 BUrlG entnommen („Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach 6monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben“). Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres besteht für den Arbeitnehmer ein Anspruch auf Bildungsurlaub für zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BiUrlG. In diesem Fall des Jahreszeitraumes besteht der Anspruch wie im Bereich des Bundesurlaubsgesetzes der Anspruch auf Vollurlaub. § 2 Abs. 1 Satz 1 BiUrlG erweitert den Jahreszeitraum lediglich auf einen Zwei-Jahres-Zeitraum und lässt den Umfang von zehn Tagen bestehen.

c)

Eine derartige Auslegung des Gesetzes belastet den Arbeitgeber weder unter dem Gesichtspunkt einer zu komplizierten Nachforschung nach dem Beginn des Zwei-Jahres-Zeitraums noch wird der Arbeitgeber durch eine mögliche Kumulierung am Ende des alten und am Beginn des neuen Zwei-Jahres-Zeitraums über Gebühr belastet.

aa)

Gerade die vorliegende Auslegung des Gesetzes ist insbesondere für die Arbeitnehmer einfach, die – wie der Kläger – vor dem 01. Januar 1991 eingestellt worden sind. Für sie gilt der Zwei-Jahres-Zeitraum ab 1991, also 1991/1992, 1993/1994 usw..

bb)

Eine Kumulierung von Ansprüchen am Ende des Zwei-Jahres-Zeitraums und am Beginn eines neuen Zwei-Jahres-Zeitraumes ist danach möglich, auch dies ist genauso grundsätzlich möglich wie im Bundesurlaubsgesetz. Der Arbeitgeber hat wie im Bundesurlaubsgesetz nach § 7 Abs. 1 hier gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 BiUrlG die Möglichkeit der Ablehnung wegen des Entgegenstehens zwingender betrieblicher Belange. Zudem kann in Betrieben mit in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmern der Arbeitgeber die Freistellung von Arbeitnehmern über 25 Jahren auch ablehnen, sobald die Gesamtzahl der Arbeitstage, die im laufenden Kalenderjahr von seinen Arbeitnehmern für Zwecke der Freistellung nach diesem Gesetz in Anspruch genommen worden sind, das 2,5fache der Zahl seiner Arbeitnehmer erreicht hat.

d)

Dieser Interpretation des Gesetzes folgt übrigens auch die Broschüre der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Dort heißt es auf Seite 7 unter 5.: „Der Bildungsurlaub sollte jeweils für festgelegte Zwei-Jahres-Zeiträume berechnet werden. Der Beginn eines solchen Zeitraums ist das Eintrittsjahr, in dem der Arbeitnehmer im ersten Halbjahr seine Arbeit aufnimmt, ansonsten das Jahr, das dem der Arbeitsaufnahme folgt.“

e)

Nach diesen Grundsätzen beginnt der Zwei-Jahres-Zeitraum für den Kläger, der vor Inkrafttreten des Gesetzes am 01. Januar 1991 eingestellt worden ist, am 01. Januar 1991. Der letzte maßgebliche Zwei-Jahres-Zeitraum ist somit der für die Jahre 2009/2010, für die der Kläger bereits acht Arbeitstage Freistellung zu Zwecken des Bildungsurlaubs erhalten hat.

f)

Selbst wenn man nicht dieser Auffassung sein sollte, sondern den Zwei-Jahres-Zeitraum zum Zeitpunkt des Antrages auf Bildungsurlaub schlicht danach berechnet, ob der Arbeitnehmer im letzten Jahr vor der Antragstellung bereits seinen Bildungsurlaub für zehn Tage erhalten hat, hätte der Kläger keinen Anspruch auf neuen Bildungsurlaub für 2010, da er 2009 bereits acht Tage erhalten hat, so dass ihm für 2010 nur die zwei unstreitigen Tage zustehen. Für diese Ansicht spricht die der ersten Auffassung von der Dogmatik her widersprechende Ansicht der Senatsverwaltung an der zitierten Stelle auf Seite 7 zu 5., in der es heißt: „Im Übrigen ist für die Festlegung des Beginns eines Zwei-Jahres-Zeitraumes jeweils das Jahr der tatsächlichen Inanspruchnahme von Bildungsurlaub maßgebend.“

g)

Jedenfalls aber spricht keine Auslegungsmöglichkeit für die Auffassung des Klägers, der den Beginn des Zwei-Jahres-Zeitraums willkürlich ab einem geraden Jahr, z.B. ab 2006 beginnen lassen möchte.

III.

Der Kläger trägt daher die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da die Ansprüche des Klägers unabhängig von der Auslegungsmöglichkeit des Gesetzes nicht bestehen.

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