KG, Beschluss vom 29.03.2010 - 4 Ws 14/10, 4 Ws 14/10 - 1 AR 355/09
Fundstelle
openJur 2012, 12724
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Beschwerde des Angeklagten gegen die Anordnung des Landgerichts Berlin vom 22. Dezember 2009 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 22. März 2010 wird diese unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wie folgt neu gefasst:

a) Der Angeklagte ist von dem Mitangeklagten E... I... , geboren am ..., zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Moabit zu Gef.B.Nr.: ..., zu trennen.

b) Der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation durch den Angeklagten bedürfen der gerichtlichen Erlaubnis.

c) Besuche sind im Sprechzentrum für Untersuchungsgefangene zu empfangen und optisch zu überwachen.

d) Besuche und Telekommunikation sind akustisch zu überwachen; soweit die Gespräche nicht in deutscher Sprache geführt werden, ist ein vereidigter Dolmetscher für die verwendete Sprache hinzuzuziehen.

e) Der Schriftverkehr des Angeklagten wird inhaltlich durch das Gericht überwacht.

f) Der Paketverkehr des Angeklagten ist zu überwachen.

g) Die Ausführung der Anordnungen zu a), c), d) und f) wird auf die Staatsanwaltschaft übertragen.

Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die um drei Viertel ermäßigte Gebühr für die Rechtsmittelinstanz und ein Viertel der insoweit entstandenen Auslagen der Staatskasse. Von den ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin drei Viertel.

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten am 5. Februar 2010 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Fortdauer der seit dem 15. März 2009 vollzogenen Untersuchungshaft mit der Maßgabe angeordnet, dass der Angeklagte der vorgenannten Straftaten überführt ist und (weiterhin) Fluchtgefahr besteht.

Der die Taten bestreitende Angeklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Dezember 2009 hat die Strafkammervorsitzende im Hinblick auf die Neufassung des § 119 StPO durch das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274) auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Wirkung zum 1. Januar 2010 eine umfangreiche Sicherungsanordnung wegen bestehender Fluchtgefahr getroffen. Diese enthält - neben Maßnahmen betreffend den Empfang von Besuchen und die Telekommunikation, die Überwachung von Besuchen, Telekommunikation sowie des Schrift- und Paketverkehrs, die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen (1. bis 4. der Anordnung) – unter „5. Trennung/Unterbringung/Sicherungsverfügung“ eine Vielzahl von Regelungen einer in dieser Sache am 17. März 2009 von der Justizvollzugsanstalt Moabit erlassenen, am 27. März 2009 richterlich genehmigten Sicherungsverfügung. Im Einzelnen lautet dieser Anordnungspunkt:

„5. Trennung/Unterbringung/Sicherungsverfügung

a) Der Angeklagte K... ist von anderen Gefangenen zu trennen, insbesondere von E... I..., geb. ..., JVA Moabit, Buch-Nr. .b) Die gemeinsame Unterbringung ist nicht zulässig.c) Die Arbeit in Gemeinschaft ist nicht gestattet. Keine Zuteilung von Arbeit außerhalb des Haftraumes.d) Die Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen wird nicht genehmigt.e) Keine Teilnahme am Gottesdienst.f) Einzelunterbringung in einem zum Innennhof gelegenen Haftraum.g) Übergabe von „Hand zu Hand“.h) Einzelfreistunde ohne Kleingruppenbildung.i) Einzelduschen ohne Kleingruppenbildung.j) In unregelmäßigen Abständen Durchsuchung des Gef., seiner Sachen und des Haftraumes.k) Vorführung zum Gericht in Hand- und Fußfesseln, Hände sind vor dem Körper zu fesseln.l) Ausführungen, Vorführungen und Verlegungen (z.B. in das Justizvollzugskrankenhaus Berlin) bedürfen der ausdrücklichen richterlichen Genehmigungen. Sofern in einer Dienstanweisung keine andere Regelung getroffen wird, gilt bei Ausführungen : ständige Hand- und Fußfesselung; Handfesselung vor dem Körper und nur in Begleitung von drei Justizvollzugsbediensteten .m) Durchsuchung (abtasten, absonden) des Gef. bei Verlassen des Haftraumes und vor Rückkehr in den Haftraum.n) Jede Verlegung ( auch innerhalb der JVA Moabit ) bzw. Ausführung des Gef. bedarf der Einbindung der Abt. Sicherheit und Zentrale Aufgaben.o) Jede Entlassung des Gef. ist der Abt. Sicherheit und Zentrale Aufgaben durch die VGSt. bzw. AZ mittels Kopie der Entlassungsanordnung umgehend mitzuteilen.“Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 16. Januar 2010, der die Vorsitzende mit begründetem Beschluss vom 20. Januar 2010 nicht abgeholfen hat, begehrt der Angeklagte die Aufhebung der Haftbeschränkungen mit Ausnahme der „Tatgenossentrennung“.

Auf Anregung der für den Beschwerdeführer zuständigen Sozialarbeiterin genehmigte die Strafkammervorsitzende am 4. März 2010 dessen gemeinsame Unterbringung mit einem türkischen Gefangenen in einem großen Haftraum und Kleingruppenbildung beim Duschen und bei der Freistunde für zunächst zwei Wochen und stellte die erneute Prüfung einer Lockerung der Haftbedingungen nach Ablauf dieser Frist in Aussicht. Mit Beschluss vom 22. März 2010 änderte sie die Anordnung vom 22. Dezember 2009 ab. Sie lautet nunmehr:

„1. Besuch:a) Der Empfang von Besuchen bedarf der Erlaubnis.b) Besuche sind zu überwachen.c) Sprechstunden sind im Sprechzentrum für U-Gef. Durchzuführen und besonders gründlich zu überwachen. Gespräche sind nur unter Hinzuziehung eines vereidigten Dolmetschers für die türkische oder kurdische Sprache oder in deutscher Sprache zulässig.2. Telekommunikation:a) Die Telekommunikation bedarf der Erlaubnis.b) Die Telekommunikation ist zu überwachen.3. Schriftverkehr:a) Der Schrift- und Paketverkehr ist zu überwachen.b) Kein Paketempfang ohne ausdrückliche richterliche Genehmigung.4. Trennung/Unterbringung/Sicherungsverfügunga) Der Angeklagte K... in von dem Gefangenen E... I..., geb. ..., JVA Moabit, Buch-Nr..., zu trennen.b) Die Arbeit in Gemeinschaft ist nicht gestattet.Keine Zuteilung von Arbeit außerhalb des Haftraumes.c) Die Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen wird nicht genehmigt.d) Ausführungen, Vorführungen und Verlegungen (z.B. in das Justizvollzugskrankenhaus Berlin) bedürfen der ausdrücklichen richterlichen Genehmigungen. Sofern in einer Dienstanweisung keine andere Regelung getroffen wird, gilt bei Ausführungen : ständige Hand- und Fußfesselung; Handfesselung vor dem Körper und nur in Begleitung von drei Justizvollzugsbediensteten.e) Jede Verlegung ( auch innerhalb der JVA Moabit ) bzw. Ausführung des Gef. bedarf der Einbindung der Abt. Sicherheit und Zentrale Aufgaben.f) Jede Entlassung des Gef. ist der Abt. Sicherheit und Zentrale Aufgaben durch die VGSt. bzw. AZ mittels Kopie der Entlassungsanordnung umgehend mitzuteilen.“II.

Die Beschwerde ist nach § 119 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 304 Abs. 1 StPO zulässig und hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

1. Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO dürfen dem Untersuchungsgefangenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Abwehr einer Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich sind. Wie alle, die Grundrechte eines Menschen einschränkenden Bestimmungen ist auch diese Vorschrift an den durch sie eingeschränkten Grundrechten zu messen. Ihre Auslegung hat der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht bzw. – wie hier - noch nicht rechtskräftig verurteilt ist und deshalb nur unvermeidbaren Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl. BVerfG NStZ 1994, 52; BVerfG, Beschluss vom 6. April 1976 – 2 BvR 61/76 – [bei juris]).

2. a) Zu Recht hat das Landgericht die – von der Beschwerde nicht angegriffene – Trennung des Beschwerdeführers von dem ebenfalls in der Justizvollzugsanstalt Moabit inhaftierten E... I... angeordnet. Diese ist ungeachtet des (nicht rechtskräftigen) Abschlusses des erstinstanzlichen Verfahrens weiterhin zur Sicherung der ungehinderten Durchführung des Strafverfahrens durch Verhinderung der unkontrollierten Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers zu diesem Mitangeklagten, die die Gefahr einer Erschwerung oder sogar Vereitelung der Wahrheitsfindung mit sich bringen könnte, konkret erforderlich.

b) Auch die angeordneten Beschränkungen im Verkehr mit der Außenwelt, namentlich die Anordnungen zu 1., 2. und 3.a) des angefochtenen Beschlusses, die auch nach dem Beschluss vom 22. März 2010 unverändert fortbestehen, sind nicht zu beanstanden. Sowohl bei dem Erlaubnisvorbehalt für Besuche und Telekommunikation als auch bei der Anordnung der (auch akustischen) Überwachung der in diesem Rahmen geführten Gespräche und des Schrift- und Paketverkehrs handelt es sich um von § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO ausdrücklich vorgesehene Maßnahmen. Sie sind vorliegend auch im Sinne der genannten Norm zur Sicherung des Haftzweckes erforderlich und mangels weniger einschneidender Alternativen unvermeidlich.

Die Anordnung der (auch) akustischen Besuchs- und Telekommunikationsüberwachung stellt allerdings – wie die inhaltliche Überwachung des Schriftwechsels des Untersuchungsgefangenen - einen ganz erheblichen Eingriff in den persönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten, Lebensbereich sowohl des Untersuchungsgefangenen als auch des Besuchers/Telefonpartners dar. Daher ist stets zu prüfen, ob im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Haftzwecks durch den unkontrollierten Kontakt des Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt vorliegen (vgl. BVerfG StV 1993, 592; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Januar 2008 – 3 Ws 23/08 – [bei juris]). Maßgebend für die Frage, ob der Haftzweck die Beschränkungen im Verkehr mit der Außenwelt erfordert, ist, welche Haftgründe im jeweiligen Einzelfall vorliegen, wobei nicht nur derjenige Haftgrund, auf den der Haftbefehl gestützt ist, zu berücksichtigen ist, sondern auch weitere, im Haftbefehl nicht aufgenommene Haftgründe herangezogen werden können (vgl. KG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 3 Ws 17/10 -). Bei einem - wie vorliegend - auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl kann eine mögliche Verdunklungsgefahr Berücksichtung finden, wenn konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinen Gesprächspartnern Absprachen über Verdunkelungshandlungen getroffen werden könnten (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar hat das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers im Vollzug der Untersuchungshaft keine Anhaltspunkte für Verdunkelungsversuche seinerseits gegeben. Er hat aber die ihm mit der Anklage zur Last gelegten Taten, namentlich das gemeinschaftlich mit I... begangene unerlaubte Handeltreiben mit knapp 48 Kilogramm Heroin guter Qualität, welches auf seine Bestellung in der Türkei von dem Mitangeklagten P... am 14. März 2009 in einem Versteck unter dem von ihm geführten Pkw aus Bulgarien über Rumänien und Österreich nach Deutschland verbracht worden sein soll und das an einer Autobahnraststätte vor Berlin an ihn und I... übergeben werden sollte, in der Hauptverhandlung mit umfangreichem Vortrag bestritten. Mit seiner Revision begehrt er, freigesprochen zu werden. Angesichts der im Rahmen der Tatbegehung offenkundig gewordenen internationalen und inländischen Kontakte des Beschwerdeführers zu Lieferanten und Abnehmern großer Mengen des gefährlichsten der auf dem illegalen Markt befindlichen Betäubungsmittel mit extrem hohem Sucht- und Gesundheitsgefährdungspotential besteht danach die Gefahr, dass der Beschwerdeführer anlässlich von nicht richterlich genehmigten, unüberwachten fernmündlichen Kontakten oder Besuchen bzw. im unüberwachten Schrift- und Paketverkehr mit Dritten nicht nur Fluchtvorbereitungen treffen, sondern auch Verdunklungshandlungen absprechen wird.

Der Erlaubnisvorbehalt für Besuche und Telekommunikation schließt die Kontaktaufnahme zu Personen außerhalb der Anstalt dabei nicht generell aus. Er ermöglicht lediglich die dem Gericht obliegende Einzelfallprüfung, die angesichts der potentiell in die Grundrechte des Beschwerdeführers und des kontaktierten Dritten eingreifenden Entscheidung und unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung und des Umstandes, dass gerade während der Untersuchungshaft die Kommunikation mit der Außenwelt auch für die psychische Gesundheit des Gefangenen sehr wichtig ist, nur in besonders zu begründenden Ausnahmefällen zu einer Ablehnung des Besuchs oder des Telefonates führen wird.

Auch der unkontrollierte Schrift- und Paketverkehr des Gefangenen birgt die Gefahr von Absprachen zur Aufklärungsvereitelung und Vorbereitungen zur Flucht. Ihr ist durch die inhaltliche Postkontrolle, die wegen des damit verbundenen Eingriffs in das grundrechtlich geschützte Brief- und Postgeheimnis dem Richter vorbehalten bleiben muss, wirkungsvoll zu begegnen. Mildere Maßnahmen sind auch diesbezüglich nicht ersichtlich.

c) Der Senat hat die Anordnung zum besseren Verständnis neu gefasst. Zugleich hat er aus Praktikabilitätsgründen als Beschwerdegericht von der in § 119 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgesehenen Möglichkeit der Übertragung ihrer Ausführung auf die Staatsanwaltschaft – die sich ihrerseits bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann – hinsichtlich der Trennungsanordnung, Besuchs- und Telekommunikationsüberwachung und der Überwachung des Paketverkehrs Gebrauch gemacht. Die Ausführung der weiteren Anordnungen – Besuchs- und Telekommunikationserlaubnis im Einzelfall und inhaltliche Überwachung des Schriftverkehrs des Untersuchungsgefangenen - obliegt nach § 119 Abs. 2 Satz 1 StPO dem Landgericht als anordnender Stelle.

3. Hinsichtlich der übrigen Anordnungen war der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die weitergehenden Beschränkungen sind entweder zur Sicherung des Haftzwecks nicht erforderlich oder das Gericht hat seine, ihm durch § 119 Abs. 1 StPO eingeräumte Anordnungskompetenz insoweit überschritten.

a) Das generelle Verbot der Arbeit in Gemeinschaft und außerhalb des Haftraumes sowie der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen ist zur Abwehr von Flucht- oder Verdunkelungsgefahr und insbesondere zur Durchsetzung des Trennungsgebotes nicht erforderlich. Nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft in Berlin – Berliner Untersuchungshaftvollzugsgesetz (UVollzG Bln) – vom 3. Dezember 2009 (GVBl. S. 686) findet Arbeit und Bildung grundsätzlich in Gemeinschaft statt; nach Abs. 2 kann den Untersuchungsgefangenen gestattet werden, sich während der Freizeit in Gemeinschaft mit anderen Gefangenen aufzuhalten. Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeit und Freizeit, die im Einzelfall der getroffenen Trennungsanordnung zuwider laufen könnte, kann jedoch nach § 12 Abs. 3 UVollzG Bln (von der Vollzugsanstalt) eingeschränkt werden, soweit es zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung erforderlich ist. Die Vollzugsbehörde hat danach die Möglichkeit, im Einzelfall beschränkende Anordnungen hinsichtlich der gemeinsamen Unterbringung zu treffen, wenn dies zur Durchsetzung der Trennung des Beschwerdeführers von E... I... erforderlich ist. Eines generellen, das der Vollzugsanstalt insoweit eingeräumte Ermessen reduzierenden Verbots der gemeinsamen Unterbringung des Beschwerdeführers bei der Arbeit und in der Freizeit bedarf es zur Sicherung des Haftzwecks nicht.

Gleiches gilt für den Genehmigungsvorbehalt für jeglichen Paketempfang durch den Untersuchungsgefangenen. Möglichen Fluchtvorbereitungen oder Verdunklungshandlungen des Beschwerdeführers kann mit der angeordneten Kontrolle (auch) der empfangenen Pakete wirksam begegnet werden. Der zusätzlichen Beschränkung des Paketempfangsrechts bedarf es dazu nicht. Zudem ist der Empfang von Paketen durch Untersuchungsgefangene nach § 41 UVollzG Bln ohnehin stark reglementiert. So ist dem Untersuchungsgefangenen ein Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln nicht gestattet; der Empfang von Paketen anderen Inhalts bedarf der Erlaubnis der Anstalt.

b) Soweit die angefochtene Anordnung Ausführungen, Vorführungen und Verlegungen unter ausdrücklichen richterlichen Genehmigungsvorbehalt stellt, ist sie nicht durch § 119 Abs. 1 StPO gedeckt und steht nicht in Einklang mit der gesetzlichen Regelung der Zuständigkeit für die Entscheidung über die genannten Maßnahmen. Unabhängig davon, dass der Genehmigungsvorbehalt für den Richter nicht erforderlich ist, um den Haftzweck zu sichern, entscheidet nach § 9 Abs. 2 UVollzG Bln die Vollzugsanstalt nach Ausübung des ihr insoweit eingeräumten Ermessens und nachdem sie dem Gericht und der Staatsanwaltschaft, unter Umständen auch dem Verteidiger, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, über Ausführungen des Untersuchungsgefangenen. Gleiches gilt nach § 23 UVollzG für die Verlegung, Überstellung und Ausführung des Gefangenen zur medizinischen Behandlung. Vorführungen eines Untersuchungsgefangenen erfordern ohnehin ein ausdrückliches Ersuchen eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft; über Vorführungsersuchen in anderen als dem der Inhaftierung zugrunde liegenden Verfahren sind das Gericht und die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten (§ 9 Abs. 1 UVollzG Bln). Besondere Sicherungsmaßnahmen, zu denen nach § 49 Abs. 2 Nr. 6 UVollzG Bln auch die Fesselung gehört, ordnet (auch) in diesem Zusammenhang die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Sie sind dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung unverzüglich mitzuteilen (§ 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 UVollzG Bln). Das vom Gesetzgeber danach vorgesehene Anhörungs- und Unterrichtungsrecht des Gerichts kann dieses selbst durch eine Anordnung im Rahmen des § 119 Abs. 1 StPO nicht in ein Entscheidungsrecht unter Ausschluss des gesetzlich zur Entscheidung Berufenen umwandeln.

c) Anordnungen, die anstaltsinterne Zuständigkeiten und Informationspflichten betreffen, stellen keine Beschränkungen im Sinne des § 119 Abs. 1 StPO dar und fallen nicht in die Regelungskompetenz des Gerichts. Die Anordnung, dass jede Verlegung (auch innerhalb der JVA Moabit) bzw. Ausführung des Gefangenen der Einbindung der Abteilung Sicherheit und Zentrale Aufgaben (der Justizvollzugsanstalt Moabit) bedarf und dass und wie jede Entlassung des Gefangenen der genannten Abteilung umgehend mitzuteilen ist, hatte danach zu entfallen.

4. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass nach der Neuregelung des § 119 Abs. 1 StPO in jedem Einzelfall jede Beschränkung der Freiheit des Untersuchungsgefangenen gerichtlich auf ihre konkrete Erforderlichkeit geprüft und begründet werden muss. Die – ungeprüfte - Übernahme anstaltsinterner Verfügungen stellt keine eigenständige gerichtliche Entscheidung dar.

Dem gesetzlichen Begründungserfordernis wird die angefochtene Anordnung auch in der Fassung des Beschlusses vom 22. März 2010 nicht gerecht. Die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen sind nach § 34 StPO mit Gründen zu versehen. Dieser Begründungszwang dient dem Zweck, den Anfechtungsberechtigten in die Lage zu versetzen, eine sachgemäße Entscheidung über die Einlegung des Rechtsmittels zu treffen. Anhand der Begründung soll er feststellen können, welche Gründe oder etwa zu seinem Nachteil angenommene Tatsachen das erkennende Gericht verwertet hat und welcher Vortrag in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht in der Rechtsmittelinstanz noch angebracht werden kann. Ferner dient die Begründung dem Rechtsmittelgericht als Grundlage für seine Entscheidung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. August 2002 – 2 Ws 166/02 – [bei juris] m.w.N.). Gerade mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die mit Maßnahmen, die im Rahmen des § 119 StPO getroffen werden, verbundenen Eingriffe in die Grundrechte des Untersuchungsgefangenen bedarf jede Beschränkung seiner Freiheit einer besonderen, im Einzelfall zu begründenden, Rechtfertigung (BTDrucks. 16/11644, S. 24). Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss, dessen Begründung allein hinreichend konkret zu entnehmen ist, dass die angeordneten Beschränkungen der Abwehr bestehender Fluchtgefahr dienen sollen, nicht gerecht. Zur Erforderlichkeit der – in der ursprünglichen Fassung vom 22. Dezember 2009 außerordentlich weit reichenden, zu vollständiger Isolation des Beschwerdeführers innerhalb der Anstalt führenden - Beschränkungen verhält sich der nur formelhaft begründete Beschluss inhaltlich nicht. Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der angeordneten Beschränkungen, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen, sind den Beschlussgründen, die sich insoweit auf die Feststellung beschränken, dass die Anordnungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, nicht zu entnehmen. Auch die Begründung des Beschlusses vom 22. März 2010 lässt diesbezügliche Ausführungen weitgehend vermissen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der Teilerfolg, den der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel erzielt hat, rechtfertigt eine Kosten- und Auslagenverteilung zwischen den Beteiligten unter Billigkeitsgesichtspunkten. Der Senat hat den Beschluss des Landgerichts auf die Beschwerde des Angeklagten zwar nicht im vollen Umfang der Anfechtung aufgehoben. Die Teilaufhebung stellt jedoch eine erhebliche Besserstellung des Untersuchungsgefangenen insbesondere hinsichtlich seiner persönlichen Freiheit innerhalb der Vollzugsanstalt und damit einen kostenrechtlich relevanten Erfolg seines Rechtsmittels dar. Dies gilt umso mehr als die zulässige Beschwerde gegen die ursprüngliche, sehr weit reichende Anordnung gerichtet war und auch im Umfang der durch die Änderung derselben durch Beschluss vom 22. März 2010 weggefallenen Beschränkungen jedenfalls im Hinblick auf Verhältnismäßigkeitsaspekte Erfolg gehabt hätte.