LG Cottbus, Beschluss vom 14.05.2009 - 24 Qs 70/09
Fundstelle
openJur 2012, 10788
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AmtsgerichtsBad Liebenwerda vom 15. April 2009 (Az.: 40 OWi 126/07) wirdzurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens und seineeigenen Auslagen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer war zusammen mit seinem Verteidiger zur Verhandlung über seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 09.03.2007, der gegen ihn wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergangen war, auf den 25.09.2008, 10.30 Uhr, geladen worden. Hierbei handelte es sich um eine Umladung, die aufgrund eines Terminsverlegungsantrages des Verteidigers zustande gekommen war. Die Leseabschrift der Umladung mit dem entsprechenden Belehrungsvordruck „Übersicht der Rechtsfolgen bei Ausbleiben im Termin“ auf der Rückseite des Umladungsschreibens befindet sich aufgrund gerichtlicher Verfügung als Bl. 142, 143 in der Akte.

Dem auf den 25.09.2008 anberaumten Hauptverhandlungstermin waren Hauptverhandlungs-termine am 26.06. und 20.11.2007 und der Beschluss vom 04.05.2008 auf Einholung eines human-biologischen Gutachtens zur Frage der Fahrereigenschaft des Betroffenen vorausgegangen. Zum Termin am 25.09.2008 war auch der Sachverständige geladen worden und erschienen.

Der Aufruf der vorliegenden Sache erfolgte um 11.00 Uhr, weil die Verhandlung in einer vorangegangenen Sache eine Verzögerung erfahren hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren der Betroffene und sein Verteidiger, die zunächst vor dem Sitzungssaal gewartet hatten, nicht mehr zugegen. Der Verteidiger war mit dem Betroffenen um 10.50 Uhr auf der Geschäftsstellenabteilung erschienen und hatte dort – gemäß Aktenvermerk vom 25.09.2008, Bl. 89 – mitgeteilt, dass man bis jetzt gewartet habe, ohne ihm mitzuteilen, warum er so lange warten müsse. Wenn man als Mandant 15 Minuten später komme, ergehe gleich ein Verwerfungsurteil. Er habe noch einen Termin in Leipzig. Für einen neuen Termin stehe er zur Verfügung. Der vorgenannte Gesprächsvermerk lag der Amtsrichterin in der um 11.00 Uhr aufgerufenen Verhandlung vor. Um 11.05 Uhr verkündete sie das Verwerfungsurteil, weil der Betroffene ohne hinreichende Entschuldigung ferngeblieben sei.

Hiergegen beantragte der Betroffene durch seinen Verteidiger am 24.10.2008 die Zulassung der Rechtsbeschwerde, legte zugleich Rechtsbeschwerde ein und beantragte für seinen Mandanten wegen der Versäumung der Hauptverhandlung weiterhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Diesen Antrag verwarf das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.04.2009, weil der Betroffene sich ohne hinreichende Entschuldigungsgründe entfernt habe, was einem Ausbleiben gleich stehe. Mit einer – hier eingetretenen – Verzögerung des Beginns der Verhandlung habe der Betroffene rechnen müssen. Dieser hätte sich ebenso wie sein Verteidiger im Verhandlungssaal melden und auf evtl. andere Termine hinweisen können oder durch die Geschäftsstelle nähere Erkundigungen über die Terminsdauer der vorausgegangenen Sache einholen können. Dies sei jedoch nicht geschehen. Der Betroffene sei auch, was näher ausgeführt wird, ordnungsgemäß über die Pflicht zum Erscheinen belehrt worden.

Gegen den am 20.04.2009 dem Verteidiger zugestellten Beschluss legte dieser am 27.04.2009 sofortige Beschwerde ein. Er beanstandet, dass er nicht über die Gründe der Verspätung der Verhandlung in Kenntnis gesetzt worden sei. Deshalb habe sich der Betroffene genau so berechtigt entfernt wie im umgekehrten Fall nach Ablauf der grundsätzlich einzuhaltenden Wartefrist ein Verwerfungsurteil gerechtfertigt wäre. Schließlich sei nicht erkennbar, ob die Belehrung des Betroffenen gemäß § 73 Abs. 1 OWiG tatsächlich die Ladung zum 25.09.2008 betroffen habe.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Insoweit wird auf die zutreffende Begründung im amtsgerichtlichen Beschluss, mit dem das Amtsgericht eine Wiedereinsetzung zu Recht abgelehnt hat, verwiesen.

Ergänzend führt die Kammer aus:

Der Betroffene hat den Hauptverhandlungstermin aus eigenem Verschulden nicht wahrgenommen, weshalb ihm ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 44 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG nicht zur Seite steht. Er hätte zu Beginn der Verhandlung, die mit dem Aufruf um 11.00 Uhr einsetzte (§ 243 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) präsent sein müssen. Die Verzögerung des Beginns der Hauptverhandlung um eine halbe Stunde rechtfertigte ein Verlassen des Gerichts und damit ein Fernbleiben von der Hauptverhandlung nicht. Dem Betroffenen war es, weil er grundsätzlich wie jeder sonstige Verfahrensbeteiligte an Terminstagen mit Verzögerungen rechnen muss, zumutbar, auf den Aufruf um 11.00 Uhr zu warten. Nichts anderes kann einer Person beispielsweise auch bei einem Arztbesuch widerfahren. Einen Rechtssatz dahin, dass ein Betroffener bzw. ein (anwaltlicher) Verteidiger, wie dieser rechtsirrig meint, bereits nach einer viertel Stunde seine Präsens beenden könne, gibt es nicht. Gewichtige Gründe, die es ihm unzumutbar gemacht hätten, auch über die viertelstündige Wartezeit hinaus auf den Aufruf zu warten, hat er nicht vorgetragen. Soweit der Verteidiger auf einen anderen Termin in Leipzig hingewiesen hatte, ist dieser Vortrag weder substantiiert noch glaubhaft gemacht worden und bleibt schon deshalb unbeachtlich. Von einer Prozesspartei ist im Übrigen aber die für einen jeden Verfahrensbeteiligten naheliegende Überlegung zu erwarten, den Sitzungssaal zu betreten, um den Richter ggf. unter Hinweis auf besondere Umstände über die Fortdauer der Verzögerung zu befragen und auf Umstände hinzuweisen, die ihm - dem Betroffenen bzw. dem Verteidiger - aus seiner Sicht ein weiteres Abwarten unzumutbar machen würde. Immerhin hätte die Amtsrichterin vorliegend in Würdigung dieser Umstände die andere Sache möglicherweise unterbrechen können oder jedenfalls Aufschluss über die weitere, vielleicht nur noch kurze Wartezeit (hier bis 11.00 Uhr) geben können. Wer jedoch eine solch naheliegende Verhaltensweise unterlässt, obschon sie ohne Weiteres möglich war, verhält sich schuldhaft, wenn er vorzeitig geht, obschon ihm ein weiteres Zuwarten – wie hier bis 11.00 Uhr – möglich gewesen wäre.

Soweit es um die Frage der Belehrung des Betroffenen gemäß § 73 Abs. 3 OWiG geht, hat die Kammer keinen Anlass anzunehmen, dem Betroffenen sei die entsprechende Belehrung nicht erteilt worden. Die Amtsrichterin hat im Rahmen der Vorlage der Akte an die Beschwerdekammer die elektronisch abgespeicherte Umladung vom 23.07.2008 mitsamt der Belehrung der Akte beifügen lassen. Daraus wird ersichtlich, dass dem Betroffenen die Rechtsfolgen bei Fernbleiben ohne genügende Entschuldigung mitgeteilt worden ist. AufdieseUmladung und Belehrung hat sich ersichtlich der Beschluss vom 15.04.2009 bezogen. Der Betroffene selbst behauptet auch nicht etwa, dass er eine solche Umladung mit Belehrung nicht erhalten habe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

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