Die Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Vollstreckung einer Maßregel gemäß § 67 e StGB dienen der Wahrung des Übermaßverbotes bei der Beschränkung des Freiheitsgrundrechtes. Ihre Missachtung kann Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzen, (ausdrücklich: BVerfG NStZ-RR 2005, S. 92 und BVerfG NStZ-RR 2005, 187; ähnlich zuletzt: BVerfG, 2. Senat, 3. Kammer, Entscheidung vom 5. Mai 2008 - 2 BvR 1615/07 die Überprüfung der Sicherungsverwahrung betreffend). Keine Sachentscheidung des Beschwerdegerichts sondern Zurückverweisung, wenn mündliche Anhörung erforderlich.
Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam bei dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel vom 8. September 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die dem Untergebrachten hierbei entstandenen notwendigen Auslagen hat die Landeskasse zu tragen.
I.
Das Landgericht Cottbus ordnete mit Urteil vom 27. März 2003 (21 Kls 5/03) im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an. Die Kammer stellte fest, dass der vielfach vorbestrafte Beschwerdeführer im Zeitraum von November 1999 bis Januar 2002 neun Straftaten begangen hatte, unter anderem Körperverletzung, Sachbeschädigung, versuchte Nötigung, Bedrohung und Diebstahl. Der Betroffene bzw. jetzige Beschwerdeführer hatte jedoch wegen dieser Straftaten nicht bestraft werden können, da er auf Grund einer krankhaften seelischen Störung zum jeweiligen Tatzeitpunkt schuldunfähig im Sinne von § 20 StGB gewesen war. Die sachverständig beratene Kammer stellte des Weiteren fest, dass es sich bei dem Betroffenen um eine seit langem schwer gestörte Persönlichkeit handele. Er leide an einer bipolaren affektiven Störung im Sinne von ICD 10 F 31. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht seien die von dem Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen im Rahmen einer mittelgradigen bis schweren manischen Phase entstanden. Diese bipolare affektive Störung (manische Phase) gehöre dem psychischen Merkmal der krankhaften seelischen Störung an, es handele sich um eine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinne, d. h. speziell um eine endogene Psychose, die früher als manisch-depressive Erkrankung beschrieben worden war. Der Beschwerdeführer war bereits seit 1980 zwölf Mal, insbesondere wegen Körperverletzung, Beleidigung, Verkehrsstraftaten, Nötigung, Diebstahls, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Bedrohung und unerlaubten Führens einer halbautomatischen Selbstladewaffe, durch Strafgerichte verurteilt worden und hat bisher mehrfach Haftstrafen verbüßt.
In der vorliegenden Sache wurde der Beschwerdeführer am 7. Januar 2002 vorläufig festgenommen und befand sich zunächst ab dem 8. Januar 2002 auf Anordnung des Ordnungsamtes der Stadt Lübben gemäß § 13 Abs. 3 PsychKG in der Landesklinik Lübben und wurde dort aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Lübben vom 1. Februar 2002 (45 Gs 18/02) gemäß § 126 a StPO einstweilig untergebracht. Nach Rechtskraft des vorbezeichneten Urteils am 27. März 2003 wurde er am 21. Mai 2003 gem. § 63 StGB in die Landesklinik Brandenburg an der Havel überstellt.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam hatte zuletzt am 24. Januar 2007 (20 StVK 230/06) die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus beschlossen. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde nahm der Beschwerdeführer mit Anwaltschriftsatz vom 13. Juli 2007 zurück.
Mit Verfügung vom 6. Dezember 2007 hat die Staatsanwaltschaft Cottbus unter Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme des Asklepios-Fachklinikums Brandenburg vom 26. November 2007 die Akten der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam zur Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung gemäß § 67e Abs. 2 StGB übersandt, wo sie am 10. Dezember 2007 eingegangen sind (VH, Bd. I Bl. 239). Vier Monate später, mit Beschuss vom 9. April 2008, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam gemäß § 463 Abs. 4 StPO ein forensisch-psychiatrisches Gutachten zur der Frage eingeholt, ob von dem Untergebrachten außerhalb des Maßregelvollzugs keine weiteren erheblichen rechtswidrigen Taten mehr zu erwarten seien und mit der Erstellung des Gutachtens Dr. Rink beauftragt (VH Bd. I, Bl. 246). Das Gutachten ist in Schriftform am 13. Mai 2008 bei Gericht eingegangen (VH Bd. I, Bl. 249). Am 6. August 2008 fand die mündliche Anhörung des Untergebrachten statt. Die im Anhörungsprotokoll festgehaltenen Ausführungen der Beteiligten umfassen eine halbe Seite (VH Bd. II, Bl. 339). Unter dem Datum des 8. September 2008 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam bei dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel die Fortdauer der Unterbringung beschlossen (VH Bd. II, Bl. 340 ff.). Vier Monate später, mit Verfügung vom 16. Januar 2009 hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer die förmliche Zustellung des Beschlusses angeordnet (VH Bd. II, Bl. 348). Die Entscheidung ist am 28. Januar 2009 bei dem Verteidiger des Untergebrachten eingegangen.
Mit Anwaltschriftsatz vom 29. Januar 2009, eingegangen bei Gericht am 30. Januar 2009, hat der Untergebrachte gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 8. September 2008 sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit einer Verletzung seines Freiheitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch zögerliche Bearbeitung seitens der Strafvollstreckungskammer begründet.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthaft und gemäß § 311 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.
2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, sie ist begründet. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam.
Die landgerichtliche Entscheidung mag zwar im Zeitpunkt ihres Erlasses aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden gewesen sein. Denn die weitere Vollstreckung und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sind nur dann zur Bewährung auszusetzen, wenn erwartet werden kann, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Eine derartige positive Delinquenzprognose konnte die Strafvollstreckungskammer im Zeitpunkt des Beschlusserlasses aufgrund der seinerzeit vorliegenden Erkenntnisse nicht treffen.
Aufgrund der erheblichen Missachtung der Überprüfungsfrist des § 67 e Abs. 2 StGB und der seit der Beschlussfassung vom 8. September 2008 bis zur förmlichen Zustellung des Beschlusses am 28. Januar 2009 verstrichenen Zeit ist es dem Senat jedoch nicht möglich, die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer auf ihre aktuelle Gültigkeit hin zu überprüfen. Denn der Senat hat seine Beschwerdeentscheidung nach dem aktuellen Sachstand des Verfahrens zu treffen (allgemeine Ansicht, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, § 309 Rdnr. 3, 4 m.w.N.). Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die Sachlage seit der Kammerentscheidung grundlegend geändert hat.
10Die Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Vollstreckung einer Maßregel gemäß § 67 e StGB dienen der Wahrung des Übermaßverbotes bei der Beschränkung des Freiheitsgrundrechtes. Ihre Missachtung kann Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzen,„wenn es sich um eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht handelt, die auf eine grundsätzliche unrichtige Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts schließen lässt“(ausdrücklich: BVerfG NStZ-RR 2005, S. 92 und BVerfG NStZ-RR 2005, 187; ähnlich zuletzt: BVerfG, 2. Senat, 3. Kammer, Entscheidung vom 5. Mai 2008 - 2 BvR 1615/07 die Überprüfung der Sicherungsverwahrung betreffend). Die Strafvollstreckungskammer ist vor Ablauf der in § 67e Abs. 2 festgesetzten Jahresfrist zur Prüfung der Fortdauer der Unterbringung verpflichtet. Die Missachtung der Fristvorschrift durch eine nicht vertretbare Untätigkeit des zuständigen Gerichts verletzt das Grundrecht des Untergebrachten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (BVerfG NStZ-RR 2002, 92, 93 ff.). Denn lehnt das Gericht eine Entlassung des Untergebrachten aus dem Maßregelvollzug ab, so beginnen die Prüfungsfristen mit der Entscheidung von Neuem (§ 67 e Abs. 4 Satz 2 StGB). Nach herrschender Meinung kommt es auf deren Rechtskraft nicht an (vgl. OLG Karlsruhe Strafo 2007, 125 f.; OLG Hamm, NJW 1971 S. 949; OLG Hamm MDR 1976, 159; LK-Rissing-van Saan/Peglau, StGB, 12. Aufl. 2008, § 67 e Rdnr. 22; MK-Groß, StGB, § 67 e Rdnr. 6; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 27. Aufl. 2006, § 67 e Rdnr. 5; SK-Horn, StGB lose Blatt, § 67 e Rdnr. 7; Fischer, StGB, 56. Aufl. 2009, § 67 e Rdnr. 3).
Vorliegend hat die Strafvollstreckungskammer in erheblichem Maße die Überprüfungsfrist des § 67e Abs. 2 StGB missachtet und das Überprüfungsverfahren in nicht mehr vertretbarem Maße verzögert, ohne dass Gründe dafür ersichtlich sind. Dem Beschwerdegericht ist es nicht möglich, die Anordnung der weiteren Unterbringung auf einer tragfähigen Grundlage zu prüfen. Der angefochtenen Entscheidung ist ein kaum mit unabwendbaren Zufällen erklärbares Vorgehen vorausgegangen, das als eine Fehlhaltung gegenüber dem das Freiheitsrecht des Untergebrachten sichernden Verfahrensrecht verstanden werden kann (vgl. hierzu BVerfG NStZ-RR 2005, 92). Da die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam zuletzt die Fortdauer der Unterbringung mit Entscheidung vom 24. Januar 2007 beschlossen hatte, hätte gemäß § 67 e Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 StGB die Strafvollstreckungskammer spätestens im Januar 2008 erneut über die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus entscheiden müssen. Bereits am 10. Dezember haben der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam die Akten mit einer gutachterlichen Stellungnahme der Landesklinik vom 26. November 2007 und einem Antrag der Vollstreckungsbehörde, der Staatsanwaltschaft Cottbus, vom 6. Dezember 2007 vorgelegen. Nicht nachvollziehbar ist, dass erst am 9. April 2008, mithin vier Monate später, ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens gemäß § 463 Abs. 4 StPO beauftragt worden war. Auch nachdem bereits am 13. Mai 2008 das in Schriftform abgefasste Gutachten der Strafvollstreckungskammer vorgelegen hat, dauerte es fast drei Monate, bis am 6. August 2008 die Anhörung des Untergebrachten vor der Strafvollstreckungskammer erfolgen konnte. Obwohl die Jahresfrist des § 67 e Abs. 2 StGB bereits um mehr als ein halbes Jahr überschritten war, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam einen weiteren Monat verstreichen lassen und erst am 8. September 2008 die Fortdauer der Unterbringung beschlossen. Und obwohl das Vollstreckungsheft mit dem Fortdauerbeschluss in Schriftform dem Vorsitzenden am 10. September 2008 vorgelegen hatte, erfolgte erst über 4 Monate später, am 16. Januar 2009, die Vorsitzendenverfügung zur förmlichen Zustellung der am 8. September 2008 getroffenen Entscheidung.
12Die fortgesetzte Verzögerung des Überprüfungsverfahrens bzw. die Untätigkeit der Strafvollstreckungskammer in dieser Sache führt letztlich dazu, dass die Erkenntnisse der Klinik, in der der Untergebrachte behandelt wird, nun mehr als 1 Jahr zurückliegen. Die Erkenntnisse des Sachverständigen Dr. med. Rink, in denen von einer akuten manischen Phase die Rede ist, liegen mehr als 8 Monate zurück. Wenn auch die Strafvollstreckungskammer bei der Anhörung vom 6. August 2008 durch die Angaben des Oberarztes M. und des Therapeuten C. ergänzende Erkenntnisse gewinnen konnte, liegen auch diese mehr als ein halbes Jahr zurück. Angesichts dieser Umstände ist der Senat nicht in der Lage zu prüfen, ob die mit dem angefochtenen Beschluss vom 8. September 2008 dargelegte Prognoseentscheidung dem aktuellen Behandlungsstand des Untergebrachten entspricht. Der Senat ist aus Rechtsgründen daran gehindert, insbesondere eine aktuelle Stellungnahme des Asklepios-Fachklinikums Brandenburg einzuholen. Seine Verpflichtung zur Sachaufklärung im Beschwerdeverfahren legt zwar Gegenteiliges nahe, der Senat kann jedoch das erforderliche, möglicherweise mit einer weiteren mündlichen Anhörung verbundene Verfahren deshalb nicht nachholen, weil mündliche Anhörungen im Beschwerdeverfahren regelmäßig nicht stattfinden. Dies entspricht hinsichtlich der Fälle der unterbliebenen Anhörung des Untergebrachten (§§ 463 Abs. 1 Satz 3, 454 Abs. 1 Satz 3 StPO) der allgemeinen Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BGH NStZ 1995, 610, OLG Düsseldorf StV 1996, 221; Brandenburgisches Oberlandesgericht NStZ 1996, 405; Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, § 309 Rdnr. 8, § 453 Rdnr. 15, § 454 Rdnr. 47, jeweils m.w.N.).
13Die Sache war danach zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam zurückzuverweisen, die angesichts der unvertretbaren Verzögerung des Überprüfungsverfahrens im Allgemeinen und der Verzögerung von vier Monaten zwischen Beschlussfassung und Zustellung der Entscheidung, die das Grundrecht des Untergebrachten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt haben dürfte, umgehend eine aktuelle Stellungnahme des Asklepios-Fachklinikums Brandenburg zur von dem Untergebrachten ausgehenden Gefährlichkeit einzuholen und umgehende in der Sache neu zu entscheiden haben wird.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 465 StPO.