AG Bernau bei Berlin, Urteil vom 11.11.2008 - 34 C 2/07
Fundstelle
openJur 2012, 9627
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Anfechtungsfrist vom 10.10.2008 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Gegenstandswert wird insgesamt auf 10.000.- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Wohnungseigentümer der Wohnanlage ... in B.

Verwalterin war zunächst die Fa. V. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co KG Grundvermögens KG. Diese firmierte um in Fa. G. GmbH & Co KG.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 4 Eigentümern, nämlich den Klägern und der einzelnen Beklagten.

Die Miteigentumsanteile sind wie auf Blatt 1 dargelegt verteilt. Nach § 10 Ziffer 3 S.1 der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung Anlage zur Urkunde Nr. 778/95 des Notar P. Blatt 30 ff.) gewährt jeder Miteigentumsanteil eine Stimme. Nach Ziffer 5 der Gemeinschaftsordnung reicht zur Beschlussfassung die einfache Mehrheit der in der Versammlung erschienen oder vertretenen Stimmen aus.

Mit Schreiben vom 12.6.2007 lud die Verwalterin die Eigentümer zu einer Wohnungseigentümerversammlung am 27.6.2007 ein.

Am 27.6.2007 hielten die Parteien eine Wohnungseigentümerversammlung ab. Auf das Beschlussprotokoll vom 27.6.2007 auf Blatt 53 ff. wird verwiesen.

Als TOP 3 a war ein Beschlussantrag wie folgt formuliert: „Die Eigentümergemeinschaft genehmigt die Jahresabrechnung 2006 in der vorliegenden Form. Guthaben werden nicht verrechnet, sondern innerhalb von 4 Wochen gesondert ausgezahlt. Nachzahlungen sind im gleichen Zeitraum fällig.“ Auf Blatt 24 (Seite 2 des Sitzungsprotokolls) wird verwiesen. In der Wohnungseigentümerversammlung stimmte die Wohnungseigentümerversammlung den Beschlussantrag zu Top 2 ab.

„Mit den Ja-Stimmen der I.-Einheiten (564,21 Miteigentumsanteile) und Rest Nein-Stimmen (435,79 Miteigentumsanteile) wurde mehrheitlich die Jahresabrechnung 2006, hier Gesamt- und Einzelabrechnungen sowie Entlastung der Verwaltung beschlossen.“

Zu TOP 3 wurde folgender Beschluß gefasst:

„Mit den Ja-Stimmen der I.-Einheiten (564,21 Miteigentumsanteile) und Rest Nein-Stimmen (435,79 Miteigentumsanteile) wurde der neue Wirtschaftsplan gemäß Zusendung, hier Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne, mit Gültigkeit ab 1.8.2007 beschlossen, so lange, bis ein neuer beschlossen wird.“

Zu Top 4 wurde folgender Beschluß gefasst:

„Mit den Ja-Stimmen der I.-Einheiten (564,21 Miteigentumsanteile) und Rest Nein-Stimmen (435,79 Miteigentumsanteile) wurde mehrheitlich beschlossen, dass die G. ab dem 1.7.2007 für weitere 5 Jahre zu den bisherigen Bedingungen die Verwaltung der Liegenschaft durchführt“.

Mit Telefax-Schriftsatz vom 26.7.2007, bei Gericht am 27.7.2007 eingegangen, beantragten die Kläger die Feststellung der Ungültigkeit der Beschlüsse zu den Topi 2, 3 und 4. Auf Blatt 1 ff. wird verwiesen. In der Klage haben die Kläger als Zustellbevollmächtigte die Beigeladene benannt. Zudem haben sie im Passivrubrum wie folgt formuliert:“ gegen die übrigen Wohnungseigentümer der ..., namentlich die I. Wohnpark ... GbR, vertreten durch die Verwalterin und Zustellungsbevollmächtigte, die G.“. Auf Blatt 1 wird verwiesen.

Die Klage wurde mit Telefax vom 27.8.2007, am selben Tage bei Gericht eingegangen, begründet. Auf Blatt 5 ff wird verwiesen. Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 15.8.2007 den Kostenvorschuß angefordert. Die Zahlungsanforderung der Landesjustizkasse vom 16.8.2007 soll bei RA H. am 27.8.2007 eingegangen sein. Auf Blatt 125 wird verwiesen. Die Einzahlung der Kosten erfolgte nach der Zahlungsbenachrichtigung der Landesjustizkasse am 17.9.2007 bei der Justizkasse eingehend. Die Kläger legten einen Kontoauszug vor. Auf Blatt 126 wird verwiesen. Auf fernmündliche Nachfrage des Gerichts hat Rechtsanwalt H. am 22.9.2008 mitgeteilt, dass die Kostenabforderung der Landesjustizkasse am 22.8.2007 bei ihm eingegangen sei. Die Zahlung sei mit Wertstellung vom 12.9.2007 (Kontoauszug) erfolgt. Auf den Aktenvermerk vom 22.9.2008 auf Blatt 114 wird verwiesen. Mit Schriftsatz vom 17.10.2008 (Bl. 128) teilte RA H. mit, dass die Mitteilung des Zugangsdatums der Zahlungsaufforderung auf einer überlastungsbedingten Unkonzentriertheit bei der Gesprächsführung zurückzuführen sei. Die von den Klägern in Kopie eingereichte Zahlungsaufforderung der Landesjustizkasse trägt den Stempel „Eingang 27.Aug.2007“. Auf Blatt 125 wird verwiesen.

In der Klageschrift vom 26.7.2007 ist als Zustellungsbevollmächtigte die Beigeladene benannt worden. Auf Blatt 3 wird verwiesen. Mit Verfügung vom 27.9.2007 (Bl. 54) hat das Gericht die Kläger aufgefordert, die Beklagten im einzelnen zu bezeichnen. Ferner wurde angefragt, ob ein Ersatzzustellungsvertreter berufen wurde. Die Verfügung vom 27.9.2007 (Einleitung des schriftlichen Vorverfahrens) konnte nicht ausgeführt werden, weil die Anlagen zur Klageschrift nicht beigefügt waren. Auf Blatt 61 Rs wird verwiesen. Die Kläger haben die abgeforderten Anlagen wegen § 133 Abs.1 ZPO zunächst nicht beigefügt. Dies wurde am 16.1.2008 nachgeholt. Auf Blatt 64 wird verwiesen. Nachdem das Gericht auf den 3.6.2008 terminiert hatte, wurde der Termin mit Verfügung vom 28.5.2008 (Bl.97) abgesetzt, weil die Klage nicht an die Beklagte direkt zugestellt wurde. Das Gericht hat sodann die Klage an die Fa. I. per Auslandszustellungsurkunde am 23.6.2008 zugestellt. Auf Blatt 101 wird verwiesen. Die Beklagte wurde sodann von Rechtsanwälte D. vertreten, wie dies in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde.

Die Kläger sind der Meinung, dass die angefochtenen Beschlüsse ungültig seien. Der Beschluß über Jahresabrechnung 2006 entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Überdies bestehe ein Stimmrechtsausschluß für die Beigeladene. Der Beschluß zu TOP 4 verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und widerspreche ferner § 10 Ziffer 3 Satz 1 der Gemeinschaftsordnung.

Die Kläger beantragen, die in der Versammlung vom 27.6.2007 unter TOP 2 (Jahresabrechnung 2006 und Entlastung der Verwaltung), TOP 3 (Wirtschaftsplan ab 1.8.2007) und TOP 4 (Neubestellung der G. als Verwalterin ab dem 1.7.2008) gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Hilfsweise beantragen sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass die Klage schon wegen der Überschreitung der Anfechtungsfrist unzulässig sei. Ferner sei die materielle Begründung der Klage unsubstantiiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 21.9.2008 verwiesen. Die Parteien haben am 10.10.2008 und 29.9.2008 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Gründe

1. Klage

Die Klage ist gemäß § 43 Nr. 4 WEG zulässig.

Die Beiladung des Verwalters erfolgte gemäß § 48 WEG durch Zustellung der Klage.

Auch wenn das Gericht verabsäumt hatte, einen Termin nach § 128 Abs.2 S.2 ZPO zu bestimmen, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Folge ist nur, dass bis zum Verkündungstermin schriftliches Vorbringen zulässig bleibt (vgl. Zöller-Greger § 128 Randnr. 14). Das Gericht hat alle eingegangenen Schriftsätze bei seiner Entscheidung berücksichtigt.

Die Kläger klagen zu Recht als Einzelpersonen und nicht als Verband.

Die Klagebegründungsfrist des § 46 Abs.1 S.2 WEG ist eingehalten. Denn die Klagebegründung ist per Fax am 27.8.2007 bei Gericht eingegangen und nicht erst am 28.8.2007. Die Wohnungseigentümerversammlung fand am 27.6.2007 statt, so dass die Klagebegründung exakt nach 2 Monaten gemäß § 46 WEG eingegangen. Unerheblich ist dabei, dass die Kläger die Begründungsfrist voll ausgeschöpft haben. Fristen dürfen „bis zur letzten Sekunde“ ausgeschöpft werden.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Anfechtungsfrist -nicht die Begründungsfrist, § 46 Abs.1 S.2 2. Alt. WEG- nach § 46 Abs.1 S.2 1.Alt. WEG ist nicht eingehalten.

Denn die mit dem Telefaxschriftsatz vom 26.7.2007 am 27.7.2007 eingegangene Klage ist gemäß 46 Abs.1 S.2 1. Alt. WEG nicht innerhalb der Anfechtungsfrist von einem Monat rechtshängig gemacht worden. Maßgebend ist grundsätzlich die Rechtshängigkeit, §§ 253, 261 ZPO. Bei der Anfechtungsfrist nach § 46 WEG handelt es sich um eine materielle Ausschlußfrist, so dass diese in der Begründetheit zu prüfen war (vgl. Bärmann/Pick, § 46 Randnr. 3, 18. Auflage). Eine mangels „demnächst“ erfolgter Zustellung nicht rechtzeitig i.S. des § 46 Abs.1 2 Halbs. 1 WEG erhobene Anfechtungsklage führt wegen Fristversäumnis zur Unbegründetheit der Klage.

Die Beschlußanfechtungsklage ist erst durch Zustellung an die Beklagte direkt am 23.6.2008 zugestellt worden. Auf Blatt 101 wird insoweit verwiesen. Die Verwalterin, die Fa. G., war nicht nach § 27 Abs.3 S.1 WEG Zustellungsvertreterin. Zwar stellt § 45 Abs.1 WEG klar, dass der Verwalter grundsätzlich auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen der Wohnungseigentümer untereinander, also u.a. bei Anfechtungsklagen Zustellungsvertreter ist (vgl. Niedenführ NJW 2007, 844). § 45 Abs.1 WEG ist sprachlich ungenau hinsichtlich der Zustellungsvertretereigenschaft des Verwalters für „die Wohnungseigentümer“. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt damit auch eine Auslegung in dem Sinne in Frage, dass vom Regelungsgehalt ausschließlich die Gesamtheit der Wohnungseigentümer – wenn diese als Verband – wie hier - in Anspruch genommen werden- erfasst ist. Für diese Auslegung könnte auch die unklare Regelung des § 27 Abs.2 Nr.1 WEG sprechen der ebenfalls nur eine Ermächtigung des Verwalters als Zustellungsempfänger für Zustellungen an „alle“ Wohnungseigentümer vorsieht. Auch § 46 Abs.1 S.1 Halbsatz 2 WEG weist in diese Richtung. Eine derartige Regelung widerspricht aber dem erklärten Willen des Gesetzgebers, der den Regelungsgehalt des § 45 Abs.1 WEG ausdrücklich auf die Grundform der Beschlussanfechtungsverfahren, die sich gemäß § 46 Abs.1 1 Halbsatz 1 WEG gegen die „übrigen“ Wohnungseigentümer richtet, beziehen will (BT-Dr 16/887 S. 36 f., vgl. NZM 2006, 401, 422; Briesemeister in NZM 2007, 346; vgl. auch Bergerhoff NZM 2007, 425). Allerdings dürfte hier der auch von Abramenko in Riecke, Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht 2008 § 45 Randnr.2 ins Auge gefasste Sonderfall gegeben sein, dass die Beklagtenseite nur aus einer Beklagten besteht. Dann wäre es bloße Förmelei, würde man der Verwalterin zustellen. Die Aspekte, die eine (erleichterte) Zustellung an den Verwalter begründen wie Verfahrensbeschleunigung sind in diesem Sonderfall (einzelner Beklagter) nicht gegeben.

Anders ist indes zu bewerten, wenn die Beklagtenseite aus mehr als einem Beklagten besteht (vgl. AG Bernau 34 C 1/08 in WuM 2008, 621 ff. ).

Unabhängig davon durfte an die Verwalterin als Zustellungsbevollmächtigter wegen deren Interessenkollision nicht zugestellt werden. Sie war als Zustellungsvertreter ausgeschlossen, § 45 Abs.1 WEG. Die Fa. G. ist von dem Beschlusspunkt „Wirtschaftsabrechnung 2006, Entlastung des Verwalters für 2007, Neubestellung der Verwalterin“ betroffen. Bei der Wirtschaftsabrechnung 2006 und Entlastung der Verwaltung ergibt sich dies daraus, dass die Fa. G. Rechtsnachfolger der vormaligen Verwalterin, der Fa. V. mbH & Co Grundvermögens KG ist, wie sich aus dem Schreiben aus Dezember 2005 auf Blatt 57 ergibt. Über deren Abrechnung und Entlastung wurde der Beschluß zu TOP 2 und auch über deren Neubestellung zu TOP 4 entschieden.

Die Anfechtungsfrist lief bereits am 27.7.2007 ab, weil die Wohnungseigentümerversammlung am 27.6.2007 stattfand. Den Klägern kommt die Wirkung des § 167 ZPO auch bei der Frage der Einhaltung der Anfechtungsfrist zugute. Danach gilt die Anfechtungsfrist als gewahrt, wenn die Beschlussanfechtungsklage vor Ablauf der Anfechtungsfrist bei dem Gericht eingegangen ist und damit im Rechtssinne „anhängig“ ist. Dies gilt aber nur dann, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Bei der „demnächsten“ Zustellung bleiben Verzögerungen im Gerichtsablauf unberücksichtigt.

Zudem sind den Klägern bei der Vorverlagerung der Rechtshängigkeit nach § 167 ZPO alle Verzögerungen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können (BGH NJW 1999, 3125). Dies ist hier der Fall. Die Kläger haben selbst als „Zustellungsvertreter“ die Verwalterin, obwohl offenkundig war, dass sie als Zustellungsvertreter wegen Interessenkollision nicht in Frage kam. Dies bezieht sich auf alle angefochtenen Beschlusspunkte. Zudem haben die Kläger die zustellfähige Anschrift der Beklagten zunächst nicht angegeben und damit ebenfalls die Zustellung verzögert. Dies erfolgte erst nach gerichtlicher Aufforderung vom 27.9.2007 (ausgeführt am 8.10.2007 Bl. 55) erst am 7.11.2007 (Bl. 60). Allerdings war auch die angegebene Anschrift falsch. Dies ist den Klägern insofern zuzurechnen, weil sie bereits seit 2005 die korrekte Anschrift in Ljubljana kannten. Auf das Schreiben der Beklagten vom 16.11.2005 auf Blatt 100 wird verwiesen. Ferner haben die Kläger die Nachfrage des Gerichts wegen der Formulierung „die übrigen Wohnungseigentümer, namentlich.“ erzeugt, dass es mehrere Beklagte, also nicht bloß eine Beklagte, gibt. Denn die Formulierung „die übrigen Wohnungseigentümer“ suggeriert dies. Die fehlenden Anlagen mögen gemäß § 133 ZPO bei der Einreichung der Klage entbehrlich gewesen sein. Dies gilt aber nicht für die Anlage A 8 (Bl.47), A 10 (Bl.49). Zwar mögen der Beigeladenen diese Anlagen bekannt sein, nicht aber der Beklagten.

Ferner haben die Kläger entgegen ihrer Pflicht aus § 45 Abs.2 S.1 WEG keinen Ersatzzustellungsvertreter bestimmt. Dies hätten sie in ihrer Sitzung vom 27.6.2007 jedenfalls im Vorgriff auf das ab dem 1.7.2007 geltende neue WEG tun können.

Zudem ist neben den o.g. Versäumnissen folgendes zu berücksichtigen: Unter Geltung des Gerichtskostengesetzes ist seit dem 1.7.2007 eine erhebliche Änderung eingetreten (Bergerhoff NZM 2007, 425 ff.). Wegen der Überführung des wohnungseigentumsrechtlichen Verfahrens zu den „bürgerlichen Verfahren“ ist die Zustellung der Beschlussanfechtungsklageschrift nunmehr von der Gebühreneinzahlung abhängig zu machen. Die ursprüngliche Privilegierung nach § 8 Abs.2 S.2 KostO, die nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung bezogen auf das WEG a.F. die Zustellung von Beschlussanfechtungen nicht von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht hatte, ist nunmehr weggefallen (vgl. Bergerhoff in NZM 2007, 425). Zur Begründung des Ausnahmefalls wurde in den Entscheidungen angeführt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Interesse an der schnellen Klärung der Bestandskraft der Beschlüsse habe und dass es andernfalls bei einem Ruhen des Verfahrens auf Grund Nichtzahlung des Kostenvorschusses in der Hand des Anfechtenden läge, durch Nichtzahlung die Bestandskraft eines Eigentümerbeschlusses beliebig lang in der Schwebe zu halten. Dieses Interesse gehe dem Interesse der Staatskasse vor.

Seit 1.7.2007 – dem Tage des Inkrafttreten des WEG n.F. - gilt hingegen folgendes: Nach § 12 Abs.1 S. 1 GKG soll das Gericht die Klage erst nach Einzahlung der Gebühr für das Verfahren zustellen. Zwar folgt aus der „Soll“-Wendung, dass das Gericht nur im Regelfall die Zustellung von der Einzahlung des Gebührenvorschusses abhängig zu machen hat. Im Beschlussanfechtungsverfahren wird aber regelmäßig kein Ausnahmefall vorliegen. Infolge der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 167 ZPO besteht nunmehr keinerlei Bedürfnis, regelmäßig vom Kostenvorschuss abzusehen. Denn zahlt der anfechtende Eigentümer den angeforderten Gebührenvorschuss nicht unverzüglich ein und wird die Klage deshalb nicht mehr „demnächst“ zugestellt, scheidet eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift aus.

Grundsätzlich sind von der Partei zu vertretende geringfügige Verzögerungen bis zu 14 Tagen regelmäßig unschädlich (BGH NJW 2008, 1672; für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nach Zahlungsaufforderung vgl. Zöller-Greger § 167 Randnr. 15). Es ist bereits fraglich, ob den Klägern die Zahlungsaufforderung erst am 27.8.2007 eingegangen ist. Zwar stimmt dieses Datum mit dem Eingangsstempel auf der Kopie der Zahlungsaufforderung (Bl. 125) überein. RA H. hatte jedoch auf fernmündliche Nachfrage am 22.9.2008 noch mitgeteilt, dass die Zahlungsaufforderung bereits am 2 2 .8.2007 eingegangen war. Auf Blatt 114 wird verwiesen. Zwar gibt er nunmehr an, dass dieses Datum falsch sei und die Angabe auf einer überlastungsbedingten Unkonzentriertheit beruhe. Es ist aber schwer zu glauben, dass RA H. den ungleich schwerer zu ermittelten Wertstellungszeitpunkt auf dem Kontoauszug „12.9.2007“ angeben konnte und sich gerade beim verhältnismäßig einfach zu ersehenen Eingangsstempel der Zahlungsaufforderung geirrt haben soll. Der Eingangsstempel ist klar und deutlich auf der Zahlungsaufforderung zu erkennen, wohingegen der Wertstellungstag auf dem Kontoauszug schon wegen der hier eher unüblichen amerikanischen Schreibweise des Datums „20070912“ und der vielen Wertstellungstage für andere Buchungen erst ermittelt werden muß.

Ob die Kläger den Eingangsstempel im Hinblick auf den Beschluß des Gerichts vom 23.9.208 manipuliert haben, mag offen bleiben. Die überlange Postlaufzeit vom 16.8.2007 bis zum 27.8.2007 (Eingangsstempel) ist merkwürdig.

Selbst wenn man auf den Eingang „27.8.2007“ abstellt, ist die Anfechtungsfrist auch neben den anderen die Zustellung verlängernden Versäumnisse der Kläger nicht gewahrt.

Vorliegend haben die Kläger nach Eingang der Zahlungsaufforderung am (Montag) 27.8.2007 bis zum 10.9.2007 mit Zahlungseingang am (Montag) 17.9.2007 (siehe Blatt II) gewartet. Ausgehend vom Eingang des angeforderten Gerichtskostenvorschusses am 17.9.2007 sind dies genau 3 Wochen. Auf den Eingang des Geldes bei der Landesjustizkasse ist dabei abzustellen, weil es in der Sphäre der Kläger liegt, wann der Überweisungsauftrag ausgeführt wird. Auf die von den Klägern angeführte Schwierigkeit bei drei Einzelpersonen, den Klägern, den Kostenvorschuss einzusammeln, kann es nicht ankommen. Zum einen handelt es sich bei der WEG-Gemeinschaft um eine denkbar kleine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zum anderen ergibt sich aus der Rechtsprechung nicht ein Anhaltspunkt als würde die Zahl der Klägergemeinschaft bei der Einzahlung des Kostenvorschusses und den vermeidbaren Verzögerungen auch nur ansatzweise eine Berücksichtigung finden.

Mit der Einzahlung erst am 17.9.2007 des Kostenvorschusses ist die „Unschädlichkeitsgrenze“ überschritten (vgl. Zöller aaO.; AG Bernau 34 C 1/08 in WuM 2008,621 ff., 623 – für 3 Wochen -).

Nichtigkeitsgründe der Beschlüsse, für die die Einhaltung der Anfechtungsfrist unbeachtlich ist (vgl. BGH NZM 2000, 1184 ff., § 23 Abs.4 WEG), sind nicht ersichtlich. Die Wohnungseigentümer waren nach der Teilungserklärung und dem WEG befugt, über die Beschlussgegenstände zu beschließen.

2. Wiedereinsetzungsantrag vom 10.10.2008

Grundsätzlich ist bei Versäumung der Anfechtungsfrist nach § 46 WEG die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ff. ZPO möglich (vgl. Bärmann/Pick § 46 Randnr. 4). Allerdings fehlt es bereits an einem (substantiierten) Vortrag, warum es den Klägern nicht möglich gewesen sei, den Kostenvorschuss bereits vorher einzuzahlen. Auf mangelnde finanzielle Liquidität der Kläger kann es dabei nicht ankommen. Selbst die Abwesenheit des Klägers zu 3 zur Kostenbeteiligung ist kein Widereinsetzungsgrund. Der Kläger zu 3 betrieb das Verfahren mit den übrigen Klägern. Ihm war jedenfalls seit der Klage vom 26.7.2007 bekannt, dass er einen Kostenvorschuss zahlen wird müssen. Daher hätte er –wenn er schon zum Zeitpunkt des Eingangs der Kostenanforderung ortsabwesend ist-, Vorkehrungen treffen müssen, dass sein (geringer) Kostenanteil zur Verfügung steht. Auch sonstige Wiedereinsetzungsgründe sind nicht ersichtlich, geschweige denn vorgetragen. Zudem fehlt es an einer wirksamen Glaubhaftmachung, § 236 ZPO. Insbesondere vermisst das Gericht zum Datum des Zahlungseingangs, wenn es denn darauf ankäme, was es nicht tut (siehe oben), eine Glaubhaftmachung zum Eingang der Zahlungsaufforderung. Dies nährt den Zweifel an der Korrektheit des Eingangsdatums „27.8.2007“. Das kann aber dahinstehen, weil auch bei dem Eingang „27.8.2007“ die Anfechtungsfrist verstrichen war.

Aber auch eine Wiedereinsetzung „von Amts wegen“ kommt nicht in Frage, weil nicht ersichtlich ist, dass die Kläger „ohne ihr Verschulden verhindert“ waren, die Anfechtungsfrist einzuhalten, § 233 ZPO. Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 49 WEG, 91 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

Der Geschäftswert war in Anlehnung an OLG FFM in WuM 2003, 647, 648 gemäß § 48 Abs.3 WEG nach dem Interesse aller Beteiligten festzusetzen. Dieser war aber auf 50 Prozent des Interesses der Parteien festzusetzen, § 49 a GKG.

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