LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 08.05.2008 - L 8 RA 94/04
Fundstelle
openJur 2012, 8550
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SozialgerichtsBerlin vom 28. September 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Entscheidungen über die Rentenanpassungenzum 1. Juli 2005, 1. Juli 2006 und 1. Juli 2007 und den Bescheidvom 2. August 2006 werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor demLandessozialgericht nicht zu erstatten.

Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin werdenVerschuldenskosten in Höhe von 225,- Euro auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe von Altersrente.

Die Klägerin ist im Januar 1939 geboren worden und hat ihr Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Unter anderem war sie ab August 1973 bei der Deutschen Post der DDR, Zeitungsvertriebsamt B, beschäftigt. Vom 1. Juni 1980 bis zum 30. Juni 1990 war sie Mitglied der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates der DDR (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und entrichtete Beiträge zu diesem Versorgungssystem.

Die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme stellte durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 31. März 1998 den Zeitraum 1. Juni 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu der genannten Zusatzversorgung und die in diesem Zeitraum von der Klägerin tatsächlich erzielten Entgelte fest.

Auf ihren Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 3. Dezember 2002 Altersrente für Frauen ab dem 1. Januar 2003. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente (die „Rentenhöhe“) wurde von der Beklagten aus Rangwerten (Summen der Entgeltpunkte) von 16,7376 Entgeltpunkten – entsprechend einem Höchstwert zu Rentenbeginn von 432,83 € – und 30,8651 Entgeltpunkten (Ost) – entsprechend einem Höchstwert von 700,64 € – errechnet. In die Feststellung des Rentenhöchstwertes flossen die während der Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung der Mitarbeiter des Staatsapparates tatsächlich erzielten Entgelte entsprechend den Feststellungen des Trägers der Zusatzversorgung in vollem Umfang ein. Einen Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2002 nahm die Klägerin im Juli 2003 zurück.

Mit Schreiben vom 2. September 2003 teilten die Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass sie sich gegen die „Systementscheidung“ wende, durch die ihr eine „lebensstandardwahrende Altersversorgung vorenthalten“ werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht mit der Verfassungsmäßigkeit der „Systementscheidung“ auseinandergesetzt.

Die Beklagte sah das Schreiben als „Überprüfungsantrag“ an, den sie durch Bescheid vom 6. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004 ablehnte. Die Rente sei in dem Bescheid vom „12.“ (richtig: 3.) Dezember 2002 zutreffend berechnet worden. Das BVerfG habe bereits mehrfach entschieden, dass die „Systementscheidung“, alle Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der früheren DDR in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, nicht gegen das Grundgesetz verstoße. Ein Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG bestehe nicht, weil die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr von der Beklagten ein höheres Alterseinkommen zu gewähren sei. Die angewendeten Vorschriften seien verfassungswidrig oder beachteten nicht die Vorgaben des BVerfG. Wegen der Begründung im Einzelnen und wegen des erstinstanzlich in der Sache gestellten Antrags wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 12. September 2004 Bezug genommen.

Durch Urteil vom 28. September 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin die Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 und den Bescheid vom 8. März 2004 angreife (der ergangen war, um die Änderungen bei der Beitragstragung zur gesetzlichen Pflegeversicherung umzusetzen). Im übrigen sei die Klage unbegründet. Auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 27. April 2004 werde verwiesen. Einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG habe die Klägerin nicht, weil dies einen Rentenbeginn bis spätestens 30. Juni 1995 voraussetze. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Vergleichsberechnungen nach § 307b SGB VI, weil dies einen am 31. Dezember 1991 bestehenden Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente bedinge. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Angesichts der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gebe es keine Veranlassung, Beweise zu erheben, das Verfahren auszusetzen oder eine Revision gegen das Urteil zuzulassen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie wiederholt und vertieft ihre Begründung aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22. Februar 2005 Bezug genommen. Die Klägerin wendet sich ausdrücklich auch gegen einen Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006, durch den der monatliche Zahlbetrag der Rente ab 1. Oktober 2006 wegen eines geänderten Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung neu festgesetzt worden ist.

Sie beantragt ausweislich der Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 12. September 2004, 22. August 2006 und 6. Mai 2008 in der Sache,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ein höheres Alterseinkommen zu gewähren. Dazu sind der Bescheid vom 6. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004 und der damit bestätigte Rentenbescheid vom 3. Dezember 2002 sowie die weiter erteilten Bescheide und die Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen abzuändern. Die Ansprüche der Klägerin auf Renten aus der SV und aus den zusätzlichen Versorgungssystemen, denen sie angehörte, sind in ihrer realen Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der diese Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren.

Dazu sind insbesondere

- das Eigentum der Klägerin, das sie in Form von Ansprüchen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat, umfassend zu achten, die Ansprüche auf Rente aus der SV und auf zusätzliche Versorgung in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31. Dezember 1991 erhöht um 6,84 % und ab 1. Juli 1990 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1 ff.) bestätigt wurden,

- die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der Ansprüche im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 260 SGB VI und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also auch nicht nach dem ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen und die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR per Gesetz, Anordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben erworbenen Rentenniveaus zugesichert worden sind; die Versichertenrente ist damit zu einer bestandswahrenden Vollversorgung aufzustocken,

- bei der Rentenberechnung die Erhöhung der Entgelte gemäß der Altersversorgung der Deutschen Post der DDR, bei der die Klägerin in der Zeit vom 1. April 1969 bis zum 31. Mai 1980 beschäftigt war, zu berücksichtigen,

- eine Vergleichsberechnung ausgehend vom Einkommen der letzten 20 Tätigkeitsjahre in der DDR nach den Vorgaben des BVerfG (BVerfGE 100, 1 ff. und 104 ff.) wie für Bestandsrentner von dem Gesamteinkommen gemäß § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG durchzuführen,

- der Bescheid über die Beitragsänderungen zum 1. April 2004 aufzuheben und die Anpassung der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West zum 1. Juli 2000 (zunächst fiktiv), zum 1. Juli 2001, zum 1. Juli 2002, zum 1. Juli 2003 sowie zum 1. Juli 2004 nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf die „Anpassung Ost“ nach dem Leiturteil des BVerfG unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1 <44, 54>),

- die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens ergebenden Resultate zu vergleichen und der höchste Betrag als Rente zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Entscheidungen über die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2005, 1. Juli 2006 und 1. Juli 2007 und den Bescheid vom 2. August 2006 abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und die Klagen für unzulässig.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2004 ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Klagen gegen die Bescheide oder „Verwaltungsentscheidungen“, die während des Verfahrens vor dem Landessozialgericht ergangen sind und über die der Senat deshalb erstinstanzlich zu befinden hat, sind unzulässig.

1) Berufung

Die Berufung ist unbegründet, weil die vor dem Sozialgericht erhobene Klage teils unzulässig, teils unbegründet war.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausführt ist die Klage unzulässig, soweit sie sich gegen die Rentenanpassungsentscheidung zum 1. Juli eines Jahres richtet. Diese Verwaltungsakte sind bereits nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich das schon daraus ergibt, dass vorliegend die „Überprüfung“ eines Verwaltungsaktes im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Streit ist und in dem angefochtenen Bescheid nur darüber entschieden worden ist, ob die Klägerin die Rücknahme des Verwaltungsaktes vom 3. Dezember 2002 beanspruchen kann. Denn selbst wenn die ursprüngliche Rentenwertfestsetzung nicht bestandskräftig geworden wäre, würde sie durch die Rentenanpassungsentscheidungen weder geändert noch ersetzt; die Rentenwertfestsetzung stellt vielmehr lediglich die Grundlage für die Rentenanpassungsentscheidung her (ständige Rechtsprechung des BSG, s. stellvertretend BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1). Aus dem selben Grund ist auch die Klage gegen den Bescheid vom 8. März 2004 unzulässig, der lediglich gesetzliche Änderungen umsetzt, welche die Verteilung der Beitragslast zur gesetzlichen Pflegeversicherung betreffen. Ob diese gesetzlichen Änderungen verfassungsgemäß waren, kann somit dahingestellt bleiben.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 3. Dezember 2002 nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, weil dieser Bescheid dem geltenden Recht entspricht.

Für die Festsetzung einer höheren oder vom SGB VI abweichenden Rente oder „Versorgung“ gab und gibt es keine Rechtsgrundlage. Der monatliche Höchstwert des Rechts auf Altersrente auf Grund von rentenrechtlichen Zeiten, die im Beitrittsgebiet zurückgelegt worden sind, berechnet sich gemäß §§ 254b, 64 SGB VI, indem (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§ 254d SGB VI), (2.) der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (sogenannte Rentenformel). Die Entgeltpunkte (Ost) werden ermittelt, indem der tatsächlich erzielte – gegebenenfalls der nach dem AAÜG höchstens berücksichtigungsfähige (§ 259b SGB VI) – und mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI vervielfältigte Verdienst (§ 256a Abs. 2 und 3 SGB VI) durch das Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 zum SGB VI geteilt wird (§ 256a Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Berücksichtigungsfähig sind Verdienste bis zur Höhe der im Bundesgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen (§ 260 Satz 2 SGB VI). Es ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch für das Gericht ersichtlich, dass die Beklagte diese einfachgesetzlichen Vorgaben außer Acht gelassen hätte.

Keine rechtliche Grundlage gibt es dafür, weitere Arbeitsentgelte zu berücksichtigen. Besondere Regelungen für Zeiten einer Beschäftigung bei der Deutschen Post der DDR sind im SGB VI nur in § 256a Abs. 2 Sätze 2 und 3 enthalten. Diese Regelungen sind nicht anwendbar, weil die Klägerin in der Zeit ihrer Beschäftigung bei der Deutschen Post der DDR weder der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung der DDR angehörte noch Entgelte über den im Beitrittsgebiet im fraglichen Zeitraum geltenden „Beitragsbemessungsgrenzen“ erzielt hatte.

Auch abgesehen hiervon ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin Einkünfte über der Beitragsbemessungsgrenze des SGB VI erzielt hätte. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnten die Entgelte schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil dies erfordern würde, dass eine andere als die bestehende oder gar keine Beitragsbemessungsgrenze angewendet wird. Die Klägerin verkennt in ihrer Argumentation zur vermeintlichen benachteiligenden „besonderen Beitragsbemessungsgrenze Ost“ von vornherein, dass auf Grund des § 260 Satz 2 SGB VI die im Bundesgebiet (West) geltenden Bemessungsgrenzen bereits für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet anwendbar sind. Diese allgemeine Beitragsbemessungsgrenze ist mit dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) vereinbar. Die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze (West) auf die überführten Leistungen ist durch die verfassungsrechtlich zulässige Eingliederung der Renten- und Versorgungsanwartschaften der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung des vereinigten Deutschlands vorgeprägt (so genannte „Systementscheidung“), sie kann nicht entfallen, ohne dass das System der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt gesprengt würde (zur „Systementscheidung“ hat sich das BVerfG – ebenfalls anders als die Klägerin meint – bereits mehrfach geäußert, s. Beschluss vom 6. August 2002 – 1 BvR 586/98 -, Abs. 11 und 13; BVerfGE 100, 1 [40 f.]). Dass Arbeitsentgelte, die in der DDR erzielt wurden, überhaupt über dieser Beitragsbemessungsgrenze liegen können, ergibt sich im Regelfall allein daraus, dass sie gemäß § 256a SGB VI nicht in ihrer tatsächlich zu DDR-Zeiten erzielten Höhe berücksichtigt werden. Bereits dadurch aber, dass sie im Gegensatz zu allen anderen Forderungen und Verbindlichkeiten der DDR nicht in einem Verhältnis von 1 zu 2 oder niedriger (Art. 10 Abs. 5 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990, BGBl. II S. 537 sowie dessen Anlage 1 Artikel 6), sondern im Nominalwert von 1 zu 1 von M auf DM umgestellt worden sind, ergibt sich eine Wertsteigerung, die sich zugunsten der Klägerin auswirkt. Eine zweite Wertsteigerung folgt daraus, dass die umgestellten Arbeitsverdienste durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI durchschnittlich um mehr als das Zweifache angehoben wurden, um das gegenüber dem bundesdeutschen geringere Lohnniveau der DDR auszugleichen. Die Klägerin steht betreffend ihre Versicherungszeiten im Beitrittsgebiet also so, als ob sie die auf- und hochgewerteten Verdienste während eines Erwerbslebens in den alten Bundesländern erzielt und durch Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) versichert hätte (s. zum Ganzen BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1). Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum kann darin – wenn es überhaupt anwendbar ist (siehe dazu noch unten) – schon deshalb nicht liegen, weil den in die Rentenberechnung einfließenden Entgelten kein entsprechendes Beitragsvolumen gegenübersteht, ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) deshalb nicht, weil die Versicherten aus dem Beitrittsgebiet durch die Aufwertung über § 256a SGB VI gerade den Versicherten aus den alten Bundesländern gleichgestellt werden.

Mangels Rechtsgrundlage besteht auch kein Anspruch auf Feststellung von „besitzgeschützten Zahlbeträgen“ oder die Berechnung von Vergleichsrenten oder ähnlichem und folglich auch nicht auf „Dynamisierung“ derartiger Rechengrößen.

Der Bestandsschutz, den der Einigungsvertrag (EV) für die Angehörigen von Zusatzversorgungssystemen garantiert (Art 30 Abs. 5 EV, Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst b Satz 5) und der durch § 4 Abs. 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes in einfaches Gesetzesrecht umgesetzt worden ist, kommt der Klägerin nicht zugute. Denn nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst b Satz 5 EV darf nur bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis zum 30. Juni 1995 leistungsberechtigt wurden, der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung (s. dazu Art. 30 Abs. 5 Satz 2 EV) und dem Versorgungssystem zu erbringen wäre. Auch § 4 Abs. 4 AAÜG gilt dem entsprechend nur für Personen, die im Zeitpunkt des Beitritts der neuen Länder nach dem Stand des DDR-Rechts per 1. Juli 1990 eine Anwartschaft auf Versorgung und damit zum 31. Dezember 1991 eine in eine Anwartschaft aus der Rentenversicherung des Beitrittsgebietes überführte und am 1. Januar 1992 durch eine übergeleitete Anwartschaft auf eine SGB VI-Rente ersetzte Berechtigung hatten, die bis zum 30. Juni 1995 zum Vollrecht erstarkte. Vertrauensschutz wird mithin lediglich für Anwartschaften gewährt, die am 1. Juli 1990 bestanden. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt eine Anwartschaft auf eine Versorgung im Alter ab dem 60. Lebensjahr und bei Invalidität im Sinne der Sozialversicherung der DDR erworben (s. §§ 6 und 8 der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates, Beschluss des Ministerrates der DDR vom 29. Januar 1971, abgedruckt in Aichberger II Nr. 208). Bis zu dem im EV und in § 4 Abs. 4 AAÜG vorgesehenen Stichtag hatte die Klägerin keinen Tatbestand erfüllt, der eine Versorgung auslöst.

§ 4 Abs. 4 AAÜG in dieser Auslegung verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum (Art 14 Abs. 1 GG). Die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften genießen den Schutz dieses Grundrechts überhaupt nur in der Form, die sie auf Grund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (BVerfGE 100, 1 [37]). Denn die Schutzwirkung der Grundrechte erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der DDR. Das Grundgesetz ist dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten (BVerfGE 100, 1 [33]). Die Zahlbetragsgarantie war somit – neben den sogenannten Bestandsrentnern – nur für bestimmte, im Zeitpunkt der Vereinigung „rentennahe“ Jahrgänge des Beitrittsgebiets als Eigentumsposition ausgestaltet.

Die Stichtagsregelung im Einigungsvertrag und § 4 Abs. 4 AAÜG verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. Dem Gesetzgeber ist es zur Regelung bestimmter Sachverhalte nicht verwehrt, Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 87, 1 [43]). Die Ungleichbehandlung der Klägerin, die sich daraus ergibt, dass sie wegen des Stichtags nicht in den Genuss der Regelung über die Vergleichberechnung kommt, ist sachlich gerechtfertigt. Denn der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (s. etwa BVerfGE 55, 72 [88]; 82, 60 [86]; 94, 241 [260]). Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung war dem Gesetzgeber bei der Neuordnung sozialrechtlicher Rechtsverhältnisse ein besonders großer Gestaltungsspielraum eingeräumt (s. BVerfGE 100, 59 [94 f.]; BVerfG SozR 3-2600 § 256a Nr. 9). Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums konnte auch die Stichtagsregelung vorgesehen werden. Denn welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung als maßgeblich anzusehen seien, entscheidet grundsätzlich der Gesetzgeber. Es bleibt innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis, wenn er es ablehnt, zu Lasten der Versichertengemeinschaft oder Allgemeinheit den alters- oder schicksalsbedingten Umstand voll auszugleichen, dass Personen im erwerbsfähigen Alter bessere Chancen haben, ihre Altersversorgung an geänderte Bedingungen anzupassen als Rentner und Angehörige rentennaher Jahrgänge (so ausdrücklich BVerfGE 100, 1 [46]; daran anschließend BSG SozR 3-8120 Kap VIII H Nr. III Nr. 9 Nr. 14, BSG SozR 3-8575 Art 2 § 44 Nr. 1 und BSG SozR 4-2600 § 260 Nr. 1).

Eine Verfassungswidrigkeit der Stichtagsregelung ergibt sich auch nicht aus Art 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber hat die Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogen sind, gewahrt. Weder der EV noch in dessen Fortschreibung § 4 Abs. 4 AAÜG haben einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich Zugangsrentner ab 1. Juli 1995 berufen könnten. Vielmehr hatte der EV als das Regelungswerk, das den Umfang der Ansprüche und Anwartschaften beschrieben hat, die unter den Schutz des Grundgesetzes fallen sollten, selbst diesen Stichtag gesetzt, so dass keine Erwartungen auf Ansprüche nach dem Stichtag entstehen konnten (in diesem Sinne BVerfG SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr. 6 Nr. 3).

Für eine Vergleichsberechnung in Anlehnung an § 307b Abs. 3 SGB VI bleibt ebenfalls kein Raum. Unmittelbar ist die Vorschrift schon deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin nicht das Recht hatte, von einem Versorgungsträger Zahlung einer Versorgung für Dezember 1991 (oder früher) zu verlangen. Dies hätte durch einen bindend gewordenen Verwaltungsakt oder durch eine Verwaltungsentscheidung einer Versorgungsstelle der DDR oder der Funktionsnachfolgerin einer solchen Stelle festgestellt werden müssen (s. BSG SozR 3-2600 § 307 b Nr. 10). Solch eine Entscheidung ist vorliegend nicht getroffen worden und die Klägerin behauptet selbst nicht, einen Versorgungsanspruch (wegen Alters oder Invalidität) gehabt zu haben, der schon in der Zeit bis Dezember 1991 zahlbar gewesen wäre. Raum für eine analoge Anwendung des § 307 b SGB VI auf „Zugangsrentnerinnen“ wie die Klägerin bleibt schon deshalb nicht, weil für diesen Personenkreis spezielle und abschließende Regelungen, im Besonderen in Gestalt von § 4 Abs. 4 AAÜG bestehen. Außerdem ist die Vergleichsberechnung lediglich eingeführt worden, um eine vom BVerfG erkannte Ungleichbehandlung von „Bestandsrentnern“ mit Ansprüchen aus Zusatz- und Sonderversorgungen gegenüber „Bestandsrentnern“ mit Ansprüchen lediglich aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR zu beseitigen (s. BVerfGE 100, 104 [132 ff.]). Eine planwidrige Regelungslücke, die eine Voraussetzung für einen Analogieschluss wäre, liegt angesichts dessen nicht vor.

Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sind unter keinem Gesichtspunkt erkennbar, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bislang auch keine Menschenrechtsbeschwerde aus dem Problemkreis der Rentenüberleitung auf Grund von Einwendungen der Beschwerdeführer zur materiellen Rechtslage zur Entscheidung angenommen (s. zuletzt Beschluss vom 25. September 2007 zur Beschwerde-Nr. 12923/03, davor bereits Nichtannahmebeschlüsse vom 2. März 2000 zur Beschwerde Nr. 52442/99 und vom 10. April 2001 zur Beschwerde Nr. 52449/99).

2) Klagen vor dem Landessozialgericht

Die Klagen gegen die Bescheide, die während des Verfahrens vor dem Landessozialgericht ergangen sind, sind unzulässig. Das Landessozialgericht kann als Rechtsmittelgericht zulässig nur über Streitgegenstände entscheiden, die bereits vor dem Sozialgericht zulässig anhängig gemacht worden waren (BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Verwaltungsakte können dem entsprechend nur angefochten werden, wenn sie gemäß § 96 Abs. 1 i. V. mit § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Soweit sich die Klägerin auch gegen die während des Verfahrens vor dem Landessozialgericht ergangenen (oder unterbliebenen) Rentenanpassungen wendet, handelt es sich nicht um solche Verwaltungsentscheidungen, weil sie – wie bereits ausgeführt, die Rentenhöchstwertfestsetzung nicht ändern. Nicht anders verhält es sich im Ergebnis mit dem Bescheid vom 2. August 2006, der lediglich eine Änderung des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung umsetzt.

3) Nebenentscheidungen

Auf die in den Schriftsätzen vom 20. März 2007 und 6. Mai 2008 gestellten „Beweisanträge“ hin war kein Beweis zu erheben. Sie haben lediglich rechtspolitischen Inhalt und sind schon deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits unbeachtlich.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Den Bevollmächtigten der Klägerin waren gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit Satz 2 SGG Verursachungskosten aufzuerlegen. Sie haben den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihnen die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung dargelegt und sie auf die Möglichkeit der Verhängung von Kosten auch gegen sich hingewiesen worden sind. Sie vertreten seit Jahren zahlreiche Klägerinnen und Kläger in Angelegenheiten der „Rentenüberleitung“ sowohl vor den Instanzgerichten als auch vor dem Bundessozialgericht, dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschrente. Obwohl sie schon angesichts dessen als ausreichend vertraut mit der Auslegung der streiterheblichen Rechtsvorschriften anzusehen sind, werden prozessbeendende Erklärungen nicht abgegeben, ohne dass auch nur im Ansatz erkennbar wäre, dass die weitere Rechtsverfolgung erfolgversprechend sein könnte. Die Höhe der Verursachungskosten entspricht dem Mindestbetrag, der sich aus § 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 184 Abs. 2 SGG für das Verfahren vor dem Landessozialgericht ergibt.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.