LG Potsdam, Beschluss vom 01.10.2007 - 24 Qs 28/07
Fundstelle
openJur 2012, 7201
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Potsdam vom 12. März 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 4. März 2007 - Az.: 22a Cs 481 Js 1820/07 (46/07) - wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeschuldigten hat die Landeskasse zu tragen.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeschuldigten vor, die von ihr am 2. Oktober 2006 in der Videothek "V…" in B. gemieteten DVD-Videofilme "Haus der 1000 Leichen" und "Flesh for the Beast" nebst den dazugehörigen Covereinlegern und Transportverpackungen trotz mehrerer Mahnungen nicht zurückgegeben, sondern weiter wie eine Eigentümerin genutzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Verhalten der Angeschuldigten die Verwirklichung des Tatbestandes der Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB gesehen und am 6. Februar 2007 beantragt, durch Strafbefehl eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15,00 EURO gegen die Angeschuldigte festzusetzen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 4. März 2007 den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Auf den Inhalt des amtsgerichtlichen Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts, der am 7. März 2007 zugestellt wurde, hat die Staatsanwaltschaft am 13. März 2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meint, nach dem Ergebnis der Ermittlungen bestehe zumindest ein hinreichender Verdacht dahingehend, dass die Angeschuldigte die Mietsachen nicht nur abredewidrig weiter benutzt habe. Sie habe weder auf die Erinnerung der Videothek vom 20. Oktober 2006 noch auf die ihr per Einschreiben zugestellte Mahnung vom 2. November 2006 reagiert. Auch von der ihr eingeräumten Möglichkeit, die Mietsachen zu der für den 5. Dezember 2006 anberaumten polizeilichen Vernehmung mitzubringen, habe sie keinen Gebrauch gemacht. Für einen außenstehenden Beobachter musste dadurch der Eindruck entstehen, dass sie die Absicht habe, die Mietsachen nicht zurückzugeben, sondern künftig für sich zu behalten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht den Erlass eines Strafbefehls abgelehnt, denn die Angeschuldigte ist nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen, wie es sich aus den Akten ergibt, einer Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB nicht hinreichend verdächtig. Der Tatbestand des § 246 StGB erfordert eine Zueignung, d. h. eines Zueignungswillen als subjektives Element und als objektives Merkmal ein nach außen erkennbares Verhalten des Täters, in dem sich der Zueignungswille manifestiert (Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 246 Rdnr. 6 m.w.N.). Das Behalten einer entliehenen oder gemieteten Sache über die vereinbarte Zeit hinaus, genügt in der Regel nicht zur Annahme einer Unterschlagung, selbst wenn der Täter sie unberechtigt in Gebrauch genommen oder behalten hat; denn bloßes Unterlassen der geschuldeten Rückgabe kann nicht als Manifestation des Zueignungswillens angesehen werden (BGHSt 34, 309, 312; RGSt 4, 404; OLG Koblenz StV 1984, 287, 288; OLG Hamm wistra 1999, 112 m. Anm. Fahl JA 1999, 539; OLG Hamburg StV 2001, 577). Da gerade ein Unterlassen außer auf einem Zueignungswillen auch auf den verschiedensten anderen Gründen beruhen kann, muss bei Unterlassungen mit besonderer Sorgfalt geprüft werden, ob aus dem Verhalten der Schluss auf einen Zueignungswillen gezogen werden kann (vgl. OLG Koblenz StV 1984, 287, 288 m.w.N.). Zu der unterlassenen Herausgabe müssen Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass die Nichtherausgabe gerade Ausdruck der Zueignung ist (Schmid MDR 1981, 806, 807). Derartige Umstände können z. B. darin gesehen werden, dass die Sache durch den Gebrauch erheblich an Wert verliert (vgl. BGHSt 34, 309; OLG Celle NJW 1974, 2326) oder der Gewaltinhaber den Standort der Sache gegenüber dem Eigentümer verheimlicht oder den Besitz ableugnet (LK-Ruß, StGB, 11. Aufl., § 246 Rdnr. 20 m.w.N.). Von einem erheblichen Wertverlust, der nach der unberechtigten Weiterbenutzung eingetreten sein müsste (OLG Hamm wistra 1999, 112) ist nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis nicht auszugehen. Auch das Schweigen der Angeschuldigten hinsichtlich der Rückforderungen und Mahnungen durch die Eigentümerin begründet nicht einen derartigen Umstand, denn die bloße Nichterklärung reicht in aller Regel nicht aus (Schmid, a.a.O.). Eine derartige Verhaltensweise kann etwa auf einer das fremde Eigentum nicht in Frage stellenden Nachlässigkeit oder Säumnis beruhen; den Schluss, dass der Besitzer die Sache seinem Vermögen einverleiben und sie dem Eigentümer auf Dauer entziehen will, lässt sie nicht zu (RGSt 4, 405 f.; Schmid, a.a.O.).

Die Entscheidung über Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO.