Brandenburgisches OLG, Urteil vom 13.09.2007 - 12 U 49/07
Fundstelle
openJur 2012, 6850
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. Januar 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - Einzelrichter -, Az.: 2 O 165/04, teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagten zu einer Zahlung von mehr als 3.988,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für das Jahr seit dem 2. März 2004 verurteilt worden sind.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 46 %, die Beklagten 54 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch lediglich in Höhe eines Betrages von 3.988,32 € zu. Dabei kann dahinstehen, ob ein Anspruch des Klägers schon deshalb scheitert, weil es sich vorliegend um einen gestellten Unfall gehandelt haben könnte, mit der Folge, dass es dann bereits an einem Unfallgeschehen im eigentlichen Sinne fehlen würde. Richtig ist zwar, dass das Landgericht im Rahmen der Erörterungen der Indizien die an sich gebotene Gesamtbetrachtung nicht vorgenommen hat und auch den Gesichtspunkt nicht berücksichtigt hat, dass der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ohne ausreichende Entschuldigung ferngeblieben ist; gleichwohl bedarf es einer vertiefenden Befassung mit dieser Frage nicht, da sich die mit der Berufung noch weiter verfolgte eingeschränkte Klageabweisung jedenfalls aus dem Umstand ergibt, dass der Kläger den Beweis für die Erforderlichkeit des Ersatzes des Rumpfmotors nicht geführt hat.

Zu Unrecht hat das Landgericht die Frage der Beschädigung des Motors der haftungsausfüllenden Kausalität zugeordnet und in diesem Zusammenhang das Beweismaß des § 287 ZPO zugrunde gelegt. Allein der Umstand, dass es zu einem Schaden am Fahrzeug und damit zu einer Eigentumsverletzung gekommen ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die an dem Fahrzeug geltend gemachten Schäden allesamt nicht mehr der haftungsbegründenden Kausalität zuzuordnen sind. Der Geschädigte hat den von ihm geltend gemachten Schaden darzulegen und zu beweisen. Dazu gehören auch die einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen, hinsichtlich derer nicht deshalb der Vollbeweis nicht mehr zu erbringen ist, weil es jedenfalls zu einer Beschädigung des Fahrzeugs gekommen ist. Eine Vergleichbarkeit mit der Rechtsprechung zur HWS-Distorsion lässt sich nicht herstellen. Das Vorliegen einer HWS-Distor-sion als Unfallfolge muss zunächst ebenfalls voll bewiesen werden, und zwar unabhängig davon, ob es aufgrund des Unfalls möglicherweise zu weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen gekommen ist. Jede einzelne behauptete Körperverletzung muss dargelegt und voll bewiesen werden. Lediglich die sich aus einer HWS-Distorsion ergebenden Beschwerden, also das genaue Ausmaß der feststehenden Verletzung, ist der haftungsausfüllenden Kausalität zuzuordnen, hinsichtlich derer die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO gelten. Nicht anders verhält es sich im Falle der Geltendmachung von materiellen Schäden, weshalb der Kläger ungeachtet einiger am Fahrzeug vorliegender Schäden nach dem Maßstab des Vollbeweises nach § 286 ZPO beweisen muss, dass ein Schaden am Motor vorgelegen hat, der ein Auswechseln des Motors mit dem damit einhergehenden Einbau eines Austauschmotors erforderlich gemacht hat. Aus dem vom Kläger vorgelegten Schadengutachten lässt sich ein solcher Motorschaden nicht herleiten. Vielmehr wird die Feststellung getroffen, dass die rechte Motorhalterung gebrochen ist. In der Ersatzteilliste ist ein Rumpfmotor zu einem Preis von 2.160,00 € aufgeführt, ohne dass aus dem Gutachten zu entnehmen ist, dass ein solches Auswechseln aufgrund der gebrochenen rechten Motorhalterung erforderlich war oder dass es über diesen Schaden hinaus auch zu einer Beschädigung des Motors gekommen ist. Auch der gerichtlich beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Ing. R. konnte nicht sicher feststellen, dass es zu einer Beschädigung des Motors gekommen ist, die den Einbau eines neuen Motors hätte rechtfertigen können. Er hält eine Beschädigung des Motors lediglich für gut nachvollziehbar, was vor dem Hintergrund des zugrunde zu legenden Beweismaßes nicht ausreicht. Weitere Feststellungen sind dem Sachverständigen hierzu auch nicht mehr möglich, da er sein Gutachten anhand der Aktenlage und der vorliegenden Fotos erstatten musste und das Fahrzeug nicht selbst besichtigen konnte, weil es der Kläger alsbald nach dem Unfall weiterveräußert hat und auch nicht in der Lage war, eine Kontaktaufnahme zum Käufer des Fahrzeugs zu ermöglichen. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass es über die Einspritzpumpe zu einem erheblichen Anstoß gegen den Motorblock gekommen sein kann und dass solche weniger gut zugänglichen Schäden häufig in Gutachten nicht richtig oder gar nicht dokumentiert werden, räumt er selbst ein, dass er sich mit Vermutungen begnügen muss, die jedoch nicht geeignet sind, dem Gericht eine hinreichende Überzeugungsbildung in Bezug auf den vom Kläger behaupteten Schaden zu ermöglichen. Der Umstand, dass die rechte Motorhalterung gebrochen ist, rechtfertigt jedenfalls auch nach den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. R. nicht den Austausch des Motors.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.990,03 €