LG Berlin, Urteil vom 04.07.2007 - 29 O 95/07
Fundstelle
openJur 2012, 6540
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte zu 1) wird als Gesamtschuldner neben der bereits verurteilten Beklagten zu 2) verurteilt, die Geschäftsräume im Vorderhaus, Erdgeschoss links, Oxxx Straße xx in xxx Bxxx, ca. 40 qm, in der anliegenden Skizze schraffiert, zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

2. Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte zu 2) ¼, der Beklagte zu 1) ¾. Die Beklagten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 13/25, der Beklagte zu 1) zu weiteren 12/25.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten zu 1) wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen den Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von Euro 10.000, 00 abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Gebührenstreitwert wird auf Euro 11.995, 20 festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Räumung eines Gewerbemietobjekts nach fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzugs und unpünktlicher Mietzahlung.

Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Mit Vertrag vom 14. Mai 2006 vermietete der Kläger an die Beklagten die aus dem Tenor zu 1) ersichtlichen Gewerberäume. Hinsichtlich der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die Kopie der Vertragsurkunde (Anlage K 1) verwiesen. Unter anderem mit Schreiben vom 06. Oktober 2006 (Anlage K 3), 18. Januar 2007 (Anlage K 4) sprach der Kläger Abmahnungen wegen unpünktlicher Mietzahlungen aus. Mit Schreiben vom 07. Februar 2007 (Anlage K 5) und 10. Februar 2007 (Anlage K 6) erklärte der Kläger die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen unpünktlicher Zahlung der Miete. Bei Zugang der fristlosen Kündigung vom 07. Februar 2007 waren die Miete Januar 2007 in Höhe von Euro 29, 40 und die Miete Februar 2007 in voller Höhe von Euro 1.166, 20 offen. In der Klageschrift kündigt der Kläger erneut fristlos wegen unpünktlicher Mietzahlung. Mit Schriftsatz vom 03. Mai 2007 (Bl. 35 d. A.) erklärt der Kläger die fristlose Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung.

Mit Anerkenntnisteilurteil vom 22. Juni 2007 ist die Beklagte zu 2) antragsgemäß zur Räumung verurteilt worden.

Der Kläger beantragt,

wie geschehen zu entscheiden.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Abmahnung vom 06. Oktober 2006 hätten die Beklagten nicht erhalten. Die Kündigungen vom 07. und 10. Februar 2007, die nur an den Beklagten zu 1) gerichtet gewesen seien, seien unwirksam, da der Kläger in der Abmahnung vom 18. Januar 2007 erklärt habe, dass die Beklagten nur im Falle erneuter mehrfacher unpünktlicher Mietzahlung mit einer fristlosen Kündigung rechnen müssten. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei für den Kläger nicht unzumutbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) den aus dem Tenor zu 1) ersichtlichen Räumungsanspruch aus § 546 I BGB.

Jedenfalls die fristlose Kündigung des Klägers vom 07. Februar 2007 hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet.

a) Es bestand ein Kündigungsgrund gemäß § 543 II Nr. 3 a BGB, weil die Beklagten unstreitig mit der Mietzahlung für Januar 2007 in Höhe von Euro 29, 40 und mit der Mietzahlung für Februar 2007 in voller Höhe in Verzug waren. Gemäß § 569 III Nr. 1 BGB ist selbst bei einem Wohnraummietverhältnis ein Rückstand, der die Miete für einen Monat übersteigt, ausreichend für eine fristlose Kündigung. Der gesetzliche Schutz des Gewerbemieter reicht jedenfalls nicht weiter. Gemäß § 543 II 2 BGB ist zwar die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Hierzu ist jedoch eine Zahlung des gesamten Rückstandes erforderlich (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Auflage 2006, § 543 BGB, Rn. 27). Es ist irrelevant, ob die Beklagten bestreiten, dass die Miete für Februar 2007 erst am 11. Februar 2007 bei dem Kläger eingegangen ist, denn die Beklagten sind darlegungs- und beweispflichtig für eine Erfüllung i. S. d. § 10 Nr. 3 des Mietvertrages. Dass auch der Rückstand für Januar 2007 ausgeglichen worden sei, behaupten sie ohnehin nicht. An die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung, die der Differenz zugrunde liegt, hatte die klägerische Hausverwaltung die Beklagten noch mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 erinnert. Einer Mieterhöhungserklärung bedurfte es insoweit gemäß § 5 des Mietvertrages ohnehin nicht. Ein unverschuldeter Zahlungsrückstand ist daher nicht ersichtlich. Auf die Frage einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses kommt es bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht an, weil nach der gesetzlichen Wertung die Fortsetzung bereits bei Vorliegen eines kündigungsrelevanten Rückstandes unzumutbar ist.

b) Die Kündigung vom 07. Februar 2007 war auch wegen der ständig unpünktlichen Zahlungen der Beklagten gemäß § 543 I 1 BGB begründet. Die Beklagten stellen selbst nicht in Abrede, die Mieten 2006 ständig unpünktlich gezahlt zu haben. Mit an beide Beklagten gerichtetem Schreiben vom 18. Januar 2007 hat der Kläger die gemäß § 543 III 1 BGB erforderliche Abmahnung ausgesprochen. Dennoch haben die Beklagten im Februar 2007 die Miete wiederum unpünktlich gezahlt. Zweck der Abmahnung ist es, dem Mieter vor der Vertragsbeendigung noch eine Chance zu vertragsgemäßem Verhalten einzuräumen (vgl. AnwK-BGB/Riecke, § 543 BGB, Rn. 35).  Für eine fristlose Kündigung kann daher auch eine der Abmahnung folgende einzelne wiederum verspätete Zahlung ausreichen (vgl. BGH GE 2006, 508). Die Fortsetzung des Mietverhältnisses ist für den Kläger auch unzumutbar. Es überzeugt nicht, wenn der Beklagte zu 1) geltend macht, er verstoße auch noch gegen einen anderen Vertrag und da der Kläger dort nicht fristlos kündige, sei für ihn die Fortsetzung des hiesigen Mietverhältnisses nicht unzumutbar. Es handelt sich um getrennte Mietverhältnisse, die der getrennten rechtlichen Prüfung unterliegen. Die Beklagten haben die Abmahnung vom 18. Januar 2007 nicht etwa zum Anlass genommen, ihre Zahlungsweise zu ändern, sondern haben bereits bei der dieser folgenden nächsten Mietzahlung wiederum vorsätzlich unpünktlich gezahlt. Die Auffassung der Beklagten, aus der Abmahnung ergebe sich, dass der Kläger erst bei mehreren unpünktlichen Zahlungen die fristlose Kündigung androhe, teilt die Kammer nicht. Die Abmahnung ist ersichtlich so zu verstehen, dass in Zukunft alle Mietzahlungen pünktlich zu sein haben und die Beklagten nicht etwa dadurch einer fristlosen Kündigung entgehen könnten, dass sie ein oder zwei Mal die Miete pünktlich zahlen und dann wiederum zu ihrem vertragswidrigen Verhalten zurückkehren. Der Empfänger darf der Erklärung nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Auflage 2006, § 133 BGB, Rn. 9). Von einem zugunsten der Beklagten durch die Formulierung der Abmahnung geschaffenen "Vertrauenstatbestand" kann nicht die Rede sein. Wieso die "Deutlichkeit der Abmahnung" reduziert sein soll, weil die Beklagten im Januar 2007 einmal – und nicht einmal vollständig – die Miete pünktlich gezahlt haben und darauf in der Abmahnung nicht eingegangen wird, ist nicht nachvollziehbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten, die nach eigenem Vortrag von ihrem Untermieter das Doppelte der dem Kläger geschuldeten Miete bekommen, die Mieten nicht pünktlich hätten zahlen können. Die Kündigungserklärung vom 07. Februar 2007 ist auch an beide Beklagten gerichtet. Wenn der Beklagte zu 1) selbst mit Schreiben vom 31. Januar 2007 (Anlage K 9, Bl. 57) – mit Wirkung für beide Mieter, vgl. § 26 der Mietverträge - eine Umfirmierung der Beklagten zu 2) mitgeteilt hat, kann er sich nicht auf die später dann unzutreffende Adressierung der Kündigungserklärung berufen. Ohnehin würde insoweit wohl auch schon der Grundsatz der "falsa demonstratio non nocet" greifen. Soweit der Beklagte zu 1) geltend macht, das Schreiben habe sich nicht auf das streitgegenständliche Mietverhältnis bezogen, ist nicht nachvollziehbar, was sich daraus ergeben soll. Eine Umfirmierung ändert die Bezeichnung einer Gesellschaft und beschränkt sich damit ersichtlich nicht auf einzelne Vertragsverhältnisse. Die Kündigungserklärung ist – jedenfalls auf der Grundlage von § 26 Nr. 3 des Mietvertrages – auch beiden Mietern zugegangen.

c) Ob die Beklagten jetzt die Mieten pünktlich und vollständig zahlen, ist für die mit Zugang wirksame fristlose Kündigung irrelevant.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 1, 7, 711 S. 1, 2 ZPO.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes ergibt sich aus § 41 II GKG unter Berücksichtung der Mehrwertsteuer.