LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.07.2007 - 9 Sa 522/07, 9 Sa 658/07, 9 Sa 657/07, 9 Sa 522/07, 9 Sa 658/07, 9 Sa 657/07
Fundstelle
openJur 2012, 6468
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil desArbeitsgerichts Potsdam vom 16.01.2007 - Az.: 3 Ca 1861/06 -teilweise abgeändert:

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zutragen.

IV. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen, soweit überdie Rechtsfolgen bei unterbliebener Zielvereinbarung entschiedenwurde.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung, deren Änderungsangebot die Klägerin nicht - auch nicht unter Vorbehalt - angenommen hat, sowie über Zahlungsansprüche aus nicht zustande gekommenen Zielvereinbarungen.

Die Klägerin war seit 02.05.2000 für die Beklagte, einem Großhandelsunternehmen für Computer, Laptops, Monitore, Drucker und Zubehör, an deren Sitz in Bl. als Vertriebsmitarbeiterin tätig, wobei sie aufgrund rückläufiger Umsatzzahlen zuletzt nur noch als einzige Vertriebsmitarbeiterin für den Vertrieb in Deutschland und im übrigen Europa mit Ausnahme von Frankreich und Großbritannien zuständig war. Ihre Vertriebsaufgaben umfassten zumindest auch die Bearbeitung von Kundenanfragen. Ihr Verdienst war auf ein fixes Gehalt von jährlich 72.000 DM (= 36.813,02 €) und ein variables, monatlich abzurechnendes Gehalt von jährlich bis zu 50.400 DM, später bis zu 50.000 DM (= 25.564,59 €) festgelegt worden. Die Höhe des variablen Gehaltsanteils war abhängig von jährlich zu treffenden Zielvereinbarungen.

Für den Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 vereinbarten die Parteien als Zielvorgabe einen Mindestjahresumsatz von 12 Mio. DM bzw. Mindestmonatsumsatz von 1 Mio. DM (= 511.291,88 €) als provisionsauslösend. Von November 2000 bis Oktober 2001 wurde der provisionsauslösende Mindestjahresumsatz auf 9,6 Mio. DM und der Mindestmonatsumsatz auf 800.000 DM (= 409.033,50 €) abgesenkt. Für das Jahr 2002 vereinbarten die Parteien ein monatliches Mindestumsatzsoll von 400.000 € und für das Jahr darauf ein solches von 410.000 €. Die Klägerin bezog als Gesamtverdienst im Jahr 2002 43.000 € und im Jahr 2003 45.522 €. In den Jahren darauf wurden keine Zielvereinbarungen mehr getroffen, und die Klägerin erhielt seitdem auch keine Provisionszahlungen mehr. Die Gründe für das Nichtzustandekommen weiterer Zielvereinbarungen sind im Einzelnen streitig.

Unstreitig erzielte die Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 einen monatlichen Umsatz, der im Durchschnitt und mit sinkender Tendenz deutlich unterhalb von 400.000 € lag. Über die genauen Zahlen und die Gründe für den Rückgang besteht ebenfalls Streit.

Nach einer Anfang August 2006 getroffenen Entscheidung des Geschäftsführers der Beklagten, den Vertrieb künftig nur noch einheitlich vom Sitz des Vertriebsleiters in London aus durchzuführen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 18.08.2006 ordentlich zum 31.10.2006 und bot ihr gleichzeitig an, ab 01.11.2006 das Arbeitsverhältnis zu ansonsten gleichen Bedingungen am Arbeitsort London fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot nicht an und forderte die Beklagte zur Zahlung der Höchstprovision für die vergangenen drei Jahre auf, was die Beklagte unter Hinweis auf die nicht erreichten Ziele der letzten Zielvereinbarung ablehnte.

Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt und mit einer Klageerweiterung einen Anspruch auf Provisionszahlungen für den Zeitraum Januar 2004 bis September 2006 geltend gemacht.

Zur Kündigung hat sie behauptet, dass die ihr angesonnene Arbeitsortsverlagerung wegen der hohen Lebenshaltungskosten in London unzumutbar sei und dass die ihr obliegende Auftragserfassung und -bestätigung sowie die Bearbeitung von Kundenanfragen auch nach dem 31.10.2006 noch vom Sitz der Beklagten in Blankenfelde aus ausgeübt worden seien, zumal in London keiner der Mitarbeiter deutsch spreche. Die Beklagte habe daher die getroffene Entscheidung nicht umgesetzt.

Zum Provisionsanspruch hat die Klägerin vorgetragen, sie habe 2004 mehrfach vom früheren Geschäftsführer der Beklagten den Abschluss einer neuen Zielvereinbarung gefordert, desgleichen beim jetzigen Geschäftsführer im Jahr 2005, sei aber stets hingehalten worden unter Hinweis auf den rückläufigen Umsatz, der jedoch auf veränderten Marktbedingungen beruhe. Im Jahr 2006 sei sie dann an den in London sitzenden Vertriebsleiter verwiesen worden, der Vorschläge für Provisionsabreden gemacht habe, ohne dass jedoch Zahlungen erfolgt seien. Sie werde gegenüber den drei Kollegen in London benachteiligt, denn diese würden trotz geringerer Umsätze Provisionen erhalten. Der monatliche Umsatz 2004 habe sich noch auf durchschnittlich 328.226 € belaufen, derjenige aus 2005 auf 289.710 € und derjenige in den ersten 7 Monaten 2006 auf 221.021,95 €. Die Umsatzrendite habe zumindest 2004 noch 25 % betragen. Außerdem seien die Zielvereinbarungen bis 2003 noch auf der Basis von 4 Vertriebsmitarbeitern getroffen worden, die auch der Klägerin zu-rechenbare Umsätze miterzielt hätten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18.08.2006 nicht aufgelöst ist,

 

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 70.305,37 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und bezüglich eines fehlenden Anspruchs auf Provisionsansprüche neben der fehlenden Zielvereinbarung, die die Klägerin gerichtlich hätte durchsetzen können und müssen, auf die rückläufigen Umsätze verwiesen, die sie für 2004 mit durchschnittlich 328.182 € im Monat, für 2005 mit 289.648 € monatlich und für die Monate Januar bis Oktober 2006 mit durchschnittlich 197.732,55 € angegeben hat. Sie hat weiter vorgetragen, die Klägerin habe nie eigene Vorschläge zur Zielvereinbarung gemacht und die unternehmerischen Angebote auf Fortführung der Zielvereinbarung 2003 oder Senkung des Sockelbetrags bei gleichzeitiger Herabsetzung des Fixums stets abgelehnt. Die von anderen Mitarbeitern erzielten Umsätze seien der Klägerin nie zugeordnet worden, und zumindest seit 2003 sei die Klägerin auch einzige Vertriebsmitarbeiterin in Blankenfelde gewesen, dies jedenfalls bei Abschluss der Zielvereinbarung.

Hinsichtlich der Kündigung hat sich die Beklagte auf die aus Gründen der besseren Kontrolle, Anleitung und Motivation der Klägerin getroffene Unternehmerentscheidung berufen, den Vertrieb nur noch von London aus zu organisieren. Der dortige Vertriebsleiter sei nach getroffener Entscheidung beauftragt worden, von London aus auch den Vertrieb für Deutschland zu organisieren. Dazu habe er für den Fall, dass die Klägerin das Änderungsangebot annimmt, die Einrichtung eines zusätzlichen Arbeitsplatzes in London veranlassen, im gegenteiligen Fall die Übergabe des hiesigen Arbeitsplatzes vorbereiten und durchführen sollen. Entsprechend habe die Klägerin nach ihrer ablehnenden Entscheidung die zur Betreuung der Kunden notwendigen Unterlagen dem Vertriebsleiter übergeben, und die Kundenakquisition werde seitdem ausschließlich von London aus durchgeführt. Wenn noch Kundenanfragen in Blankenfelde eingingen, was weiterhin deutschen Kunden ermöglicht werde, würden diese an den deutschsprachigen Mitarbeiter in London weitergeleitet.

Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Durch Urteil vom 16.01.2007 hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Klage auf Zahlung der Umsatzbeteiligung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere an der fehlenden Umsetzung der von der Beklagten vorgetragenen Unternehmerentscheidung. Denn die Beklagte habe eine präzise Darstellung der Vertriebsaufgabenstruktur missen lassen und die angeblich vollständige Verlagerung der der Klägerin obliegenden Vertriebsaufgaben nach London nicht unter Beweis gestellt. Der Vortrag der Klägerin zum Umfang ihrer Aufgaben sei nicht ausreichend bestritten, und die Behauptung der Beklagten zur Bearbeitung von Kundenanfragen von London aus überdies auch unplausibel, weil dort kein deutsch sprechender Mitarbeiter arbeite.

Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs hat das Arbeitsgericht eine Anspruchsgrundlage weder in dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB, noch in einer positiven Vertragsverletzung, noch in dem Gesichtspunkt einer ergänzenden Vertragsauslegung, noch in einer Festlegung nach billigem Ermessen gesehen. Denn ein Vortrag der Klägerin dazu, welchen Inhalt eine angemessene Zielvereinbarung gehabt haben könnte und ob sie deren Kriterien auch erfüllt hätte, fehle. Von einer treuwidrigen Vereitelung der Zielvereinbarung durch die Beklagte könne nicht ausgegangen werden, denn der Klägerin sei die Fortgeltung der am 31.12.2003 auslaufenden Zielvereinbarung unstreitig angeboten worden. Selbst wenn man von einer anfänglichen Initiativlast des Arbeitgebers ausgehe, gehe das Risiko der nicht zustande gekommenen Zielvereinbarung auf den Arbeitnehmer über, wenn dieser nachverhandeln wolle. Dem Vortrag der Klägerin sei aber kein konkretes Gegenangebot zu entnehmen. Ferner bestünden Zweifel an einer von der Beklagten zu vertretenden Pflichtverletzung, und selbst bei deren Unterstellung fehle es für die Schadenermittlung und Schadensschätzung an jeglichen Anhaltspunkten. Da die Vertragsgestaltung lückenhaft sei, sei sie zwar einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich, jedoch komme als Lückenfüllung nach dem hypothetischen Parteiwillen jedenfalls nicht die Fortgeltung der Vorjahresregelung in Betracht, und dem Sachvortrag der Klägerin könnten auch keine Anhaltspunkte dazu entnommen werden, welche Umstände für eine Zielvereinbarung zu berücksichtigen wären. Insbesondere könne die Zusicherung eines etwa 20%igen Verdienstanteils nicht aus der Verdiensthöhe in den Jahren 2002 und 2003 hergeleitet werden. Und selbst wenn das Gericht befugt sein sollte, die Höhe der Vergütung nach billigem Ermessen durch Urteil festzusetzen, fehle es an einem Vortrag der Klägerin zu den von der Beklagten zu setzenden Zielen und dem Grad ihrer Erfüllung.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses den Parteien am 26.02.2007 zugestellte Urteil richten sich die jeweils binnen Monatsfrist beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungen beider Parteien, die sie jeweils mit am 26.04.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen begründet haben.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen den die Zahlungsklage abweisenden Teil des Urteils. Sie hält es für einen Denkfehler des Gerichts, wenn dieses von ihr gefordert habe, zu den anzunehmenden Kriterien einer Zielvereinbarung und deren Erfüllung vorzutragen. Das Arbeitsgericht habe auch nicht unterstellen dürfen, dass die Zielvereinbarung aus dem Jahr 2003 wieder vereinbart worden wäre. Hiergegen hätten die Konjunkturzahlen und die veränderten Rahmenbedingungen gestanden. Das Gericht hätte vielmehr berücksichtigen müssen, dass die Beklagte über Jahre hinweg treuwidrig das Zustandekommen einer neuen Zielvereinbarung verhindert habe, indem sie alle Bemühungen der Klägerin selbst zum Zustandekommen eines Gesprächs abgeblockt habe. Außer einem Gespräch im Frühjahr 2004 habe es kein einziges mit einem der Geschäftsführer gegeben. Lediglich 2005 sei ihr die Fortführung der Zielvereinbarung aus 2003 schroff angeboten worden. Auch hinsichtlich des Schadenersatzanspruchs habe das Arbeitsgericht die Frage des Inhalts einer Zielvereinbarung mit der des Vertretenmüssens für das Nichtzustandekommens unzulässig vermischt. Sie könne selbst zum Inhalt einer Zielvereinbarung nichts vortragen; für eine Schadensschätzung seien aber immerhin die von ihr gemachten Umsätze in den Jahren 2004 bis 2006 - auch im Verhältnis zum Gesamtumsatz und zum Ertrag - bekannt gewesen. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung hätte zu einem Anspruch führen müssen. Denn sie habe nicht nur zu den Umsatzzahlen, sondern auch zu den Rahmenbedingungen und zur Ertragslage der Beklagten vorgetragen. Hieraus hätte ohne weiteres ein hypothetischer Parteiwille ermittelt werden können. Erwähnt werden müsse auch, dass sie allein mehr umgesetzt habe als die zwei bzw. drei in London beschäftigten Mitarbeiter zusammen, die aber genauso oder besser als sie bezahlt würden. Schließlich seien auch noch die Gesichtspunkte des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der Zweifelsregel des § 305 c BGB zu berücksichtigen gewesen.

Die Klägerin beantragt,

teilweise abändernd die Beklagte zu verurteilen, über die erstinstanzlich erfolgte Feststellung hinaus an sie 70.305,37 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie führt zur Berufung der Klägerin aus, diese habe im Jahr 2004 den früheren Geschäftsführer der Beklagten auf eine angeblich verdiente Provision im Januar angesprochen, wobei sie offensichtlich davon ausgegangen sei, die alte Provisionsvereinbarung gelte weiter. Der angesprochene Geschäftsführer habe auf den Ablauf der Provisionsvereinbarung hingewiesen und die Klägerin an den anderen Geschäftsführer zwecks Herbeiführung einer neuen Vereinbarung verwiesen. Dieser habe der Klägerin bei jedem der dazu geführten Gespräche die Fortführung der alten Zielvereinbarung oder die Absenkung von Sockelbetrag und Festgehalt angeboten. Die Klägerin habe dies abgelehnt, ohne einen Gegenvorschlag zu machen oder auch nur ihre Vorstellungen mitzuteilen. Die Klägerin habe auch die vom Vertriebsleiter im Jahr 2006 gemachten Vorschläge abgelehnt. Die von der Klägerin angeführten Gründe für den Umsatzrückgang träfen nicht zu. Vielmehr könne dieser zumindest auch mit mangelndem Engagement und Fehlern bei der Pflege von Geschäftsbeziehungen erklärt werden. Durch den Einsatz des Vertriebsleiters habe der Umsatz einzelner (deutscher) Kunden seit dem Ausscheiden der Klägerin deutlich gesteigert werden können. Schließlich seien auch die Rechtsausführungen der Klägerin nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte begründet ihre Berufung, die sich gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage wendet, mit folgenden Einwendungen: Das Arbeitsgericht habe den „Grundsatz auf rechtliches Gehör der Beklagten“ verletzt, indem es bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Wirksamkeit der Kündigung angenommen habe und keinen Hinweis auf eine möglicherweise abweichende Entscheidung gegeben habe. Ferner habe das Arbeitsgericht verkannt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung deren Zugang sei. Nachdem die Unternehmerentscheidung getroffen worden sei, habe die Beklagte deren Durchführung in der Form organisiert, dass der Vertriebsleiter in London beauftragt wurde, von London aus auch den Vertrieb in Deutschland zu organisieren und dazu einen dem bisherigen Arbeitsplatz der Klägerin entsprechen Arbeitsplatz in London einzurichten. Falls die Klägerin das Änderungsangebot ablehnen sollte, sollte der Vertriebsleiter die Übergabe des Arbeitsplatzes in Blankenfelde vorbereiten und durchführen. So sei es auch geschehen. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich ohne weiteres die Wirksamkeit der Kündigung. Umstände nach Ablauf der Kündigungsfrist seien grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Jedenfalls aber ließen angeblich veränderte Umstände nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht den Schluss zu, dass die Beklagte von ihrem ursprünglichen Konzept abgewichen ist. Denn eine wirksame Kündigung verlange keine vollständige Umsetzung des Konzepts. Mehr als eigentliche Vertriebsaufgaben habe die Klägerin allerdings nicht gehabt; mit Auftragsabschluss sei ihre Tätigkeit beendet gewesen. Eine Plausibilitätsprüfung habe dem Arbeitsgericht nicht zugestanden; insbesondere habe es nicht notwendig eines deutsch sprechenden Mitarbeiters in London bedurft, wenn dies auch wünschenswert war. Schließlich funktioniere der Vertrieb faktisch auch so, und zwar besser als vorher.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 16.1.2007 - Az. 3 Ca 1861/06 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Kündigung weder für verfahrensfehlerhaft noch für materiellrechtlich falsch. Das Arbeitsgericht habe nicht zu erkennen gegeben, dass es der Kündigungsschutzklage stattgeben wolle, und habe auch die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung zutreffend erfasst. Die rechtlichen Erwägungen der Beklagten könnten keine andere Entscheidung rechtfertigen. Denn die behauptete Unternehmerentscheidung sei nur vorgeschoben worden, um sich der Klägerin zu entledigen. Sie sei nie umgesetzt worden, denn Vertriebstätigkeit werde für die deutschsprachigen Kunden nach wie vor von Bl. aus durchgeführt und nicht von London aus. Das ergebe sich aus der Homepage und weiterhin erfolgender telefonischer Beratung. Auch das Marketing, das wie die Kundenberatung zu ihren Aufgaben gehört habe, werde von Bl. aus weiter betrieben. Die von der Beklagten für den Umsatzrückgang angeführten Gründe seien schlicht falsch.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

A.

Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 ArbGG statthaften selbständigen Berufungen der Parteien sind frist- und formgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden und erweisen sich damit als zulässig.

B.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, während die Berufung der Klägerin unbegründet ist.

I.

Auf die Berufung der Beklagten war die Klage (auch) hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags abzuweisen. Denn durch die Änderungskündigung vom 18.08.2006 ist das Arbeitsverhältnis der Parteien mangels Annahme des Änderungsangebots zum 31.10.2006 beendet worden. Die Voraussetzungen der §§ 2, 1 Abs.2 KSchG lagen nach Auffassung des Berufungsgerichts - abweichend von der Auffassung des Arbeitsgerichts - vor.

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat.

Der Wegfall des Bedürfnisses für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen, von der auch das Anforderungsprofil der im Betrieb nach Umstrukturierung verbleibenden Arbeitsplätze erfasst werden kann. Eine solche Organisationsentscheidung unterliegt im Kündigungsschutzprozess nur einer Missbrauchskontrolle. Sie ist lediglich dahingehend zu überprüfen, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf ist. Da für eine beschlossene und tatsächliche durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung spricht, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt, Rechtsmissbrauch also die Ausnahme ist, hat im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Wenn allerdings die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich sind, so kann auch im Fall der Änderungskündigung die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht in jedem Fall von vornherein greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf entsteht (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 - AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969; BAG vom 18.05.2006 - 2 AZR 230/05 - AP Nr. 83 zu § 2 KSchG 1969 m.w.N.).

2. Diesen Erfordernissen genügt die streitbefangene Änderungskündigung.

a) Das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Bedingungen ist durch die unstreitig getroffene Unternehmerentscheidung mit dem Inhalt, den Arbeitsplatz der einzigen Vertriebsmitarbeiterin von Blankenfelde nach London zu verlagern, entfallen.

aa) Die Beklagte hat die durch die Organisationsentscheidung veranlassten Maßnahmen tatsächlich durchgeführt. Sie hat den Vertriebsleiter beauftragt, von London aus auch den Vertrieb für Deutschland zu organisieren, im Londoner Büro einen Arbeitsplatz einzurichten und für den Fall der Ablehnung des Änderungsangebots durch die Klägerin die Übergabe des Arbeitsplatzes vorzubereiten und durchzuführen. Und sie hat gegenüber der Klägerin die Änderungskündigung ausgesprochen.

Soweit zum Zeitpunkt der Kündigung die in der Unternehmerentscheidung zum Ausdruck gekommene Änderung noch nicht vollständig realisiert war, steht dies der Umsetzung der Entscheidung nicht entgegen. Denn auch die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse kann einen Anlass zur Kündigung geben, wenn die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (st. Rspr., vgl. BAG Urteil vom 28.04.1988 - 2 AZR 623/87 - AP Nr. 74 zu § 613 a BGB; vom 19.06.1991 - 2 AZR 127/91 - AP Nr. 53 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, jeweils m.w.N.; zuletzt BAG vom 10.10.1996 - 2 AZR 477/95 - AP Nr. 81 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Bei Ausspruch der Kündigung war die Einrichtung eines Arbeitsplatzes in London bereits in Auftrag gegeben. Die Beklagte hatte auch für die zwei Möglichkeiten vorgesorgt: Nahm die Klägerin das Änderungsangebot an, konnte der Arbeitsplatz in London von ihr eingenommen werden; lehnte sie es ab, dann war der Arbeitsplatz von einer anderen Person zu besetzen und die erforderlichen Unterlagen mussten von der Klägerin an den Vertriebsleiter übergeben werden. Beide Möglichkeiten waren von der Beklagten in die Planung einbezogen worden und die zweite wurde nachfolgend auch unstreitig realisiert.

Selbst wenn das Konzept der Beklagten durch die Nichtannahme des Änderungsangebots nicht vollständig realisiert wurde/werden konnte, so steht dies der Annahme der tatsächlichen Realisierung der Unternehmerentscheidung nicht entgegen. Die Übergabe von Kundenunterlagen hat - zumindest überwiegend - stattgefunden. Die Beklagte beschäftigt auch unstreitig in Bl. seit dem 01.11.2006 keinen Mitarbeiter mehr, der ausschließlich für den Vertrieb verantwortlich ist. Der Vertrieb - auch für Deutschland - wird zumindest im Wesentlichen von London aus durchgeführt. Wenn die Klägerin angibt, nur die Unterlagen internationaler Kunden, nicht aber die der deutschen Kunden übergeben zu haben, steht zumindest fest, dass ein Teil ihrer Vertriebsaufgaben unmittelbar verlagert wurde. Soweit sie dann anführt, dass die Betreuung deutscher Kunden nach wie vor von dem Blankenfelder Betrieb aus durchgeführt wird, liegt dies schlicht an der Ablehnung des Änderungsangebots und der dadurch bedingten Verzögerung der Besetzung des verlagerten Arbeitsplatzes.

Die von der Beklagten behauptete Umorganisation war daher nicht nur vorgeschoben, um sich der Klägerin zu entledigen. Sie war von der Beklagten ernsthaft gewollt und hat in der Kündigung, dem Änderungsangebot und der nachfolgenden Arbeitsplatzübergabe im Wesentlichen ihre Durchführung erfahren.

Sonstige Umstände für eine offensichtlich unvernünftige oder willkürliche Entscheidung hat die Klägerin nicht dargelegt.

bb) Die Organisationsentscheidung der Beklagten und ihr Kündigungsentschluss sind insbesondere auch nicht praktisch deckungsgleich mit der Folge, dass es insoweit einer weiteren Darlegung seitens der Beklagten hinsichtlich der tatsächlichen Durchführbarkeit der Umorganisation bedurft hätte. Die Entscheidung der Beklagten beinhaltete nämlich keineswegs lediglich den Abbau von Arbeitsplätzen sondern vielmehr - wie bereits ausgeführt - eine Verlagerung von Tätigkeiten.

Der Klägerin ist zuzugestehen, dass die unternehmerische Entscheidung eine gewisse Nähe zur Kündigungsentscheidung selbst aufweist, zumal sie die einzige Betroffene war. Anders als bei der Entscheidung, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, war die Maßnahme jedoch eingebettet in die unternehmerische Entscheidung, den Vertrieb von einem einheitlichen Standort aus wahrzunehmen, wodurch unbestreitbar das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung in Bl. entfiel. Die Kündigung war daher eine bloße Folge der vorhergehenden Unternehmerentscheidung.

cc) Auch aus den Hinweisen der Klägerin, dass weder eine Fehlerquellenbeseitigung noch eine Motivationserhöhung notwendig gewesen seien, folgt nicht, dass die Unternehmerentscheidung deshalb missbräuchlich ist. Die Abwägung von Vor- und Nachteilen einer unternehmerischen Organisationsentscheidung obliegt nicht dem Gericht, und der Gesichtspunkt der Beklagten, die Vertriebstätigkeiten aus welchem Motiv auch immer von einem einheitlichen Standort aus durchzuführen, ist nicht völlig unsinnig oder willkürlich. Es entspricht der grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, den Betrieb so zu organisieren, wie es der Unternehmer für sinnvoll erachtet. Eine Effizienzkontrolle dahingehend, dass die Umorganisation der betrieblichen Abläufe nur zulässig ist, wenn sie zu einer Effizienzsteigerung führe, ist vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten unternehmerischen Freiheit nicht zulässig. Dem Arbeitgeber muss es überlassen bleiben, wie er sein Unternehmensziel am Markt verfolgt. Deshalb würde selbst ein gewisser Effizienzabfall auf Grund der geänderten Vertriebsorganisation noch nicht dazu führen, die unternehmerische Organisationsentscheidung als offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich und im Ergebnis als rechtlich unzulässig zu qualifizieren.

b) Der Klägerin ist auch kein Änderungsangebot unterbreitet worden, das sich weiter von den bisherigen Bedingung entfernte, als erforderlich war. Es war zur Umsetzung der neuen Vertriebsstruktur erforderlich. Der Vertrieb sollte zentral von London aus und nicht mehr von anderen Standorten aus erfolgen.

Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist auch nicht gegeben. Hinsichtlich des der Klägerin angebotenen neuen Arbeitsortes ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass für die Beklagte die Möglichkeit bestand, der Klägerin ein insoweit weniger einschneidendes bzw. besseres Änderungsangebot zu unterbreiten. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie auf einem anderen, freien Arbeitsplatz zu besseren Bedingungen hätte weiter beschäftigt werden können. Auch die mit der Änderung des Arbeitsortes verbundene Verteuerung der Lebenshaltungskosten verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

c) im Wege der Interessenabwägung kann die streitgegenständliche Änderungskündigung auch nicht als sozial ungerechtfertigt angesehen werden. Selbst bei einer ordentlichen Beendigungskündigung, die an sich betriebsbedingt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG ist, kann sich die Abwägung der beiderseitigen Interessen nur in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken. Vorliegend handelt es sich indessen nicht um eine Beendigungs-, sondern vielmehr (lediglich) um eine Änderungskündigung. Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Klägerin auf Grund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzwürdig wäre.

II.

Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen, weil auch das Berufungsgericht keine Anspruchsgrundlage für eine Bonuszahlung an die Klägerin gesehen hat.

1. Die erkennende Kammer folgt dem Arbeitsgericht uneingeschränkt in seinen Ausführungen zur Begründung der abweisenden Entscheidung und sieht von einer Wiederholung ab. Die Einwendungen der Klägerin sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen.

a) Eine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB , die von einigen Gerichten und Autoren (vgl. zusätzlich zu den im arbeitsgerichtlichen Urteil genannten LAG Düsseldorf v. 28.07.2006 - 17 Sa 465/06 - DB 2006, 2635; LAG Baden-Württemberg vom 18.10.2006 - 13 Sa 55/05 - zit. nach juris; Klein, NZA 2006, 1129) bei der Vereitelung einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber favorisiert wird, kann - dogmatisch gesehen - jedenfalls nicht die Fiktion einer 100%igen Zielerreichung nicht herbeiführen. Denn § 162 Abs. 1 BGB enthält zwar den allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand aus einem treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf. Einen ihm ansonsten nicht entstehenden Nachteil soll der treuwidrig Handelnde jedoch ebenfalls nicht erleiden. § 162 BGB keine Strafvorschrift dar, mittels derer Arbeitgeber diszipliniert und angehalten werden sollen, etwaigen Pflichten nachzukommen, auch wenn dies rechtspolitisch erwünscht sein mag. Letztlich dient § 162 Abs. 1 BGB deshalb lediglich der Durchsetzung des im bedingten Rechtsgeschäft ausgedrückten Regelungswillens der Parteien (vgl. Gehlhaar, Rechtsfolgen unterbliebener Zielvereinbarungen und Zielvorgaben - eine Übersicht, NZA 2007, 114 m.w.N.).

Selbst wenn daher vorliegend von einer treuwidrigen Vereitelung der Zielvereinbarung durch die Beklagte auszugehen wäre, wofür einiges spricht, könnte über § 162 Abs. 1 BGB lediglich die unterbliebene Vereinbarung bestimmter Ziele, nicht jedoch auch deren Erreichung fingiert werden. Daher müsste im Rahmen des § 162 Abs. 1 BGB zumindest festgestellt werden können, welche fiktiven Ziele die Parteien gegebenenfalls festgelegt hätten und inwieweit diese Ziele tatsächlich auch erfüllt worden wären (Gehlhaar, a.a.0.). Daran fehlt es vorliegend. Die von zahlreichen Gerichten (z.B. BSG vom 23.03.2006 - B 11a AL 29/05 R - NZA-RR 2007, 101; LAG Berlin vom 13.12.2006 - 15 Sa 1135/06 - juris, LAG Hamm vom 26.11.2004 - 10 Sa 2236/03 - juris) vertretene Lösung, sich schlicht an der vorhergehenden Vereinbarung zu orientieren, führt jedenfalls vorliegend nicht einmal teilweise zum Erfolg der Klage. Andere Anhaltspunkte für fiktive Ziele sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

b) Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht einen Schadensersatzanspruch aus vertraglicher Nebenpflichtverletzung verneint. Abgesehen von der vom Arbeitsgericht problematisierten Vorwerfbarkeit einer Pflichtverletzung, die es hat dahinstehen lassen, fehlt es vor allem und auch weiterhin an Anhaltspunkten für die Schadenermittlung. Die Klägerin schließt ausdrücklich aus, dass es zu einer Fortschreibung der Zielvereinbarung aus dem Vorjahr gekommen wäre. Welche Zielvereinbarung dann aber getroffen worden wäre und inwieweit sie diese erfüllt hätte, trägt sie nicht vor. Inwieweit aus den Umsätzen in den Jahren 2004 bis 2006 - auch im Verhältnis zum Gesamtumsatz und zum Ertrag - Schlussfolgerungen zum Schadenumfang gezogen werden könnten, lässt die Klägerin im Dunkeln. Auch das erkennende Gericht konnte hieraus keine Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung entnehmen.

c) Gleiche Erwägungen gelten auch für die Anspruchsgrundlage „Ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB“. Denn eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nur in Betracht, wenn in dem jeweiligen Vertrag überhaupt hinreichende und konkrete Anhaltspunkte für den hypothetischen Willen der Parteien vorhanden sind, die vorhandene Lücke zu schließen. Auch daran fehlt es vorliegend. Vorstellungen der Parteien über die Kriterien einer Zielvereinbarung haben weder im Vertrag ihren Niederschlag gefunden, noch lassen sie sich den früher getroffenen Zielvereinbarungen entnehmen. Von der Klägerin sind auch keine sonstigen Umstände vorgetragen worden, die Aufschluss über in den Vertrag einbezogene Gesichtspunkte geben könnten. Soweit die Klägerin Faktoren aufgeführt hat, sind dies Anhaltspunkte allgemeiner Art, die sich aus den konkreten Vertragsbeziehungen nicht herleiten lassen.

d) Inwieweit mit dem Rechtsinstitut des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ ein „vernünftiges Ergebnis zu erzielen“ gewesen wäre, hat sich der Kammer nicht erschlossen.

e) Auch der Hinweis der Klägerin auf § 305 c BGB iVm § 310 Abs. 4 S. 2 BGB hilft ihr nicht weiter. Denn wenn § 3 im Vertragsnachtrag vom 30.10.2000, mit dem das variable Gehalt ab November 2000 festgelegt wurde, eine Lücke hinsichtlich des Verfahrens beim Nichtzustandekommen einer Zielvereinbarung enthält, ist sie damit nicht unklar. Es gibt keine objektive Mehrdeutigkeit, die eine Auslegung zulasten der Beklagten zuließe. Allenfalls kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, die aber zu keiner zureichenden Anspruchsgrundlage führt (s.o.)

C.

Da nach allem die Klage in vollem Umfang abzuweisen war, waren die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.

D.

Die Revision war für die Klägerin insoweit zuzulassen, wie die Zahlungsansprüche betroffen sind. Die Rechtsfrage, welche Rechtsfolgen eine vertraglich vorgesehene und dennoch unterbliebene Zielvereinbarung hat, ist nach Auffassung der Kammer von grundsätzlicher Bedeutung und bedarf einer höchstrichterlichen Klärung.

Hinsichtlich der Entscheidung über die Kündigungsschutzklage lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor.