VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 28.02.2007 - 3 K 1137/03.A
Fundstelle
openJur 2012, 5178
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskostenwerden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger ist ausweislich eines im Jahre 2002 vorgelegten libanesischen Passes ein im Juli 1974 geborener libanesischer Staatsangehöriger und begehrt seine Asylanerkennung in einem Folgeverfahren.

Er hatte sich erstmalig am 10. Februar 2000 in ... als Asylsuchender gemeldet und bei der Außenstelle ... des Bundesamtes ... (jetzt Bundesamt ...; i.F. Bundesamt) einen Asylantrag gestellt. Hierbei hatte er u.a. angegeben, mit einem Lkw in das Bundesgebiet gelangt zu sein und auf Grund der bei seiner Tätigkeit als Soldat an der damaligen südlibanesischen Grenze erhobenen Verdächtigung durch Mitglieder der Hisbollah, er sei Agent Israels, nach deren Anwerbeversuch Zuflucht in Deutschland zu suchen. Am 17. Februar 2000 war der Kläger durch das Bundesamt angehört worden, wobei er u.a. ausführte, dass er sich nicht ausweisen könne. Er sei durch Hisbollahis bei deren Versuch, die südlibanesische Grenze illegal zu passieren, als wachhabender Soldat der libanesischen Armee bedroht worden. Sie hätten ihn der Agententätigkeit für die Lahad-Armee bezichtigt und zur Zusammenarbeit mit ihnen aufgefordert. Dieser habe er sich entzogen, indem er sich zunächst etwa zwei Jahre in einer Wohnung seiner Familie in Ostbeirut aufgehalten und dann im Dezember 1999 ausgereist sei. Das Bundesamt hatte daraufhin das Asylgesuch des Klägers mit Bescheid vom 9. April 2000 ebenso wie eine Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und solche nach § 53 AuslG abgelehnt und den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung in den Libanon zur Ausreise aufgefordert. Die hiergegen erhobene Klage wurde wegen Nichtbetreibens des Verfahrens am 12. November 2002 eingestellt (VG Frankfurt [Oder] 2 K 1017/00.A). Während des Klageverfahrens hatte die Deutsche Botschaft Beirut im Mai 2002 mitgeteilt, dass der Kläger dort im Rahmen eines Legalisationsverfahrens zur Eheschließung mit seinem im September 1999 ausgestellten und durch die libanesische Botschaft ... im April 2002 verlängerten Pass vorgesprochen habe.

Am 30. April 2003 beantragte der Kläger erneut seine Asylanerkennung und ließ hierzu unter Beifügung der Kopie eines in arabischer Schrift gefertigten Schriftstückes, bei welchem es sich um einen Brief seiner Mutter handele, vortragen, seine Eltern hätten ihn vor einer Rückkehr in den Libanon gewarnt, weil "seine alten Feinde immer wieder in regelmäßigen Abständen nach ihm frag(t)en, da er die Hisbollah verraten habe und man ihn dafür sein Leben lang zur Rechenschaft ziehen werde".

Das Bundesamt lehnte das Folgeantragsbegehren mit am 6. Juni 2003 als Einschreibebrief zur Post gegebenem Bescheid vom 3. Juni 2003 ab; ferner lehnte es eine Änderung des Bescheides vom 9. April 2000 bzgl. der Feststellungen zu § 53 AuslG ab.

Hiergegen hat der Kläger am 22. Juni 2003 Klage erhoben und hinsichtlich seiner Ausreiseverpflichtung um Eilrechtsschutz nachgesucht, den das Gericht durch Beschluss vom 7. Juli 2003 - 2 L 393/03.A - abgelehnt hat. Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 2. Juni 2004 gem. § 76 Abs. 1 AsylVfG auf den Berichterstatter übertragen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes ... vom 3. Juni 2003 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Libanon vorliegen,

hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des genannten Bescheides zu verpflichten festzustellen, dass in seiner Person die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Libanon vorliegen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Beteiligten nach telefonischer Rücksprache des Einzelrichters mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15. Januar 2007 unter Berücksichtigung der Urlaubsplanung des Prozessbevollmächtigten mit am 22. Januar 2007 zur Post gegebener Ladung, die der Beklagten am 23. Januar 2007 zuging und von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers als am 19. Februar 2007 empfangen bestätigt wurde, geladen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsunterlagen der Beklagten (drei Hefte), der den Kläger betreffenden Ausländerakte und der Eilrechtsschutzakte 2 L 393/03.A Bezug genommen.

Gründe

1. Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obgleich die Beteiligten nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Der Beteiligte hat auf eine Ladung generell verzichtet und der Kläger sowie die Beklagte sind mit dem insoweit genügenden Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden.

Der Kläger kann sich mit Blick auf das unter dem 19. Februar 2007 ausgestellte Empfangsbekenntnis zur Ladung auf den 28. Februar 2007 nicht darauf berufen, ihm gegenüber sei die zweiwöchige Ladungsfrist des § 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eingehalten worden, nachdem der Verhandlungstermin mit seinem Prozessbevollmächtigten bereits am 15. Januar 2007 ausdrücklich unter Berücksichtigung von dessen in der Zwischenzeit geplantem Urlaub verabredet worden war.

Einerseits musste der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem Fall, dass sein gegenüber dem Einzelrichter erwähnter Urlaub länger als eine Woche dauerte, für seine Vertretung sorgen (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO), so dass die Zustellung der Ladung auch während der Abwesenheit des Klägerbevollmächtigten hätte bewirkt werden können (vgl. § 53 Abs. 7 BRAO). Da auch alle anderen am 22. Januar 2007 in mehreren Asylklageverfahren zur Post gegebenen Ladungen innerhalb weniger Tage bei den jeweiligen Adressaten zugegangen waren, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Ladungsunterlagen auch im vorliegenden Fall weit vor Ablauf der gesetzlichen Ladungsfrist in den Kanzleiräumen des Klägerbevollmächtigten eingegangen sind. Es mag indes auf sich beruhen, ob das hier in Rede stehende Anwaltsverschulden vorliegt.

Andererseits hätte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers nämlich in Anbetracht der von ihm erst unter dem 19. Februar 2007 zur Kenntnis genommenen Ladung noch vor dem angesetzten Verhandlungstermin mit dem Gericht in Verbindung setzen müssen, falls er der mündlichen Verhandlung mit der Erwartung meinte fernbleiben zu können, dass das Gericht nicht von einer fristgemäßen Ladung ausgehen und auch nicht ohne ihn verhandeln werde. Zwar ist die zweiwöchige Ladungsfrist nicht gewahrt; jedoch hatten der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter bei Beachtung der prozessualen Mitwirkungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 - 2. Hs. - VwGO) gleichwohl die nach Maßgabe des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) gebotene Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Denn der Klägerbevollmächtigte, der sich in dem Telefonat vom 15. Januar 2007 gegenüber dem Einzelrichter persönlich mit dem angesetzten Termin einverstanden erklärt hatte und daher mit einer entsprechenden Ladung auch während der von ihm in Aussicht genommenen Urlaubszeit hat rechnen müssen, hat die Ladung - hier immerhin neun Tage vor der angesetzten Verhandlung - tatsächlich erhalten und die mündliche Verhandlung hat auch zu dem in der Ladung bezeichneten Zeitpunkt stattgefunden. Der Kläger hat vor dem Verhandlungstermin keinen Vertagungsantrag angebracht; sein Bevollmächtigter war auch zur angesetzten Terminsstunde fernmündlich nicht für Rückfragen erreichbar. Der Kläger muss sich deshalb zurechnen lassen, ausreichende Gelegenheit gehabt zu haben, sich für den angesetzten Termin bereitzuhalten und so von der ihm eingeräumten Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, Gebrauch zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1987 - 4 C 2.86 -, zitiert nach juris, m.w.N.).

2. Die - ohne weiteres zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene - Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Durchführung eines Asylfolgeverfahrens nach § 71 AsylVfG mit der letztlich begehrten Folge einer Asylanerkennung bzw. der Feststellungen des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 bzw. Abs. 2 bis 7 AufenthG; der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. Juni 2003 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger auch nach Maßgabe der aktuellen Sach- und Rechtslage (vgl. § 77 Abs. 1 [1. Alt.] AsylVfG) nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

a) Das Gericht stellt fest, dass es der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheides sowie den Gründen des in dieser Sache ergangenen Eilrechtsschutzbeschlusses vom 7. Juli 2003 folgt, und sieht daher zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen von einer eingehenderen Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

b) Die Klage ist darüber hinaus als offensichtlich unbegründet abzuweisen. Nach dem Umständen des vorliegenden Falles ist es offensichtlich, dass sich der Kläger nur deshalb im Bundesgebiet aufhält, um den von ihm offenbar als allgemein unzuträglich erachteten Verhältnissen im Libanon zu entgehen (vgl. § 30 Abs. 2 AsylVfG).

Zum einen besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass die dem zur Begründung des Folgeantrages vorgelegten angeblichen Schreiben seiner Mutter zu Grunde liegenden vermeintlichen Fluchtgründe bereits durch den bestandskräftig gewordenen Bundesamtsbescheid vom 9. April 2000 abschließend bewertet worden sind und es sich bei dem noch nicht einmal im Original vorgelegten Schreiben um eine irrelevante Gefälligkeitserklärung handelt. Es liegt schon keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass es sich um ein tatsächlich von der Mutter des Klägers im Libanon verfasstes Schreiben handelt; es fehlt z.B. ein entsprechender Briefumschlag, der ansatzweise Rückschlüsse auf die Herkunft des Schreibens zuließe.

Zum anderen ist der Inhalt des Schreibens insoweit lebensfremd als der Kläger dort mit vollem Namen angesprochen wird; die vermeintlichen Nachfragen angeblicher Feinde des Klägers werden zudem in einer derart oberflächlichen Weise erwähnt, dass angesichts der bereits im Asylerstverfahren dargestellten Glaubwürdigkeitszweifel kein Ernst zu nehmender Gedanke daran aufkommen kann, die bereits früher wenig überzeugende Fluchtlegende werde nunmehr nachvollziehbarer und es bestehe tatsächlich eine Verfolgungswahrscheinlichkeit. Angesichts der allgemein bekannten Veränderung der innerlibanesischen Verhältnisse nach dem Rückzug Israels aus der ehedem besetzten Zone im Südlibanon mit der damit einhergehenden verstärkten Einflussnahme der Hisbollah insbesondere im südlichen Libanon muten die vorgeblichen Ängste des Klägers als frei erfunden an, er müsse eine Verfolgung der Hisbollah wegen seiner damaligen Weigerung befürchten, mit ihr im Südlibanon zusammenzuarbeiten. Immerhin hatte er sich nach eigenem Bekunden im Asylerstverfahren zwei Jahre lang unbehelligt von Nachstellungen der Hisbollah in Ostbeirut aufgehalten, bevor er am 9. Februar 2000 nach Deutschland gelangt sein will. Es ist vor dem Hintergrund der vom Kläger im Asylerstverfahren geschilderten Umstände unvorstellbar, dass irgendwelche Mitglieder der Hisbollah heute noch ein abschiebungsverbotsrelevantes Interesse an dem Kläger haben sollen.

Dafür, dass sich der Kläger aus asylrechtsfremden Gründen mit einem Folgeantrag an das Bundesamt gewandt hat, spricht auch der Umstand, dass er sich seit Beginn des Jahres 2002 zunächst erfolglos darum bemüht hat, durch eine Eheschließung ein Bleiberecht in Deutschland zu erlangen, weshalb er sogar im Jahre 2003 bei der Deutschen Botschaft Beirut vorgesprochen hat. Wäre der Kläger im Libanon ernstlich gefährdet gewesen, wäre er mit Sicherheit nicht freiwillig dorthin gereist. In dem bei der Deutschen Botschaft Beirut am 2. Oktober 2003 angebrachten Visumantrag hatte er angegeben, sich von 2000 bis 2003 in Deutschland aufgehalten und am 9. August 2003 in Beirut die Ehe geschlossen zu haben; das Einreisevisum zum Zwecke der Familienzusammenführung ist ihm am 31. März 2004 erteilt worden und nach seinen Angaben gegenüber der Ausländerbehörde in Berlin vom 13. April 2004 ist er sodann am 6. April 2004 - erneut - in das Bundesgebiet eingereist. Mithin hat sich der Kläger 2003/04 zumindest acht Monate lang im Libanon aufgehalten.

Schließlich gibt der Kläger darüber hinaus weiter Anlass, seine Glaubwürdigkeit zu bezweifeln. So hat seine Ehefrau im Zusammenhang mit dem Visumantrag vom 2. Oktober 2003 gegenüber der Berliner Ausländerbehörde angegeben, sie habe den Kläger Ende 2000 auf dessen Durchreise in Polen kennen gelernt und es habe sich eine Liebesbeziehung entwickelt, während der Kläger gegenüber dem Bundesamt bekundet hatte, er sei auf einem verschlossenen Lkw durch Polen nach Deutschland gelangt.

Es mag dahin gestellt bleiben, ob es sich bei der in Beirut im Jahre 2003 geschlossenen Ehe um eine Scheinehe handelt - wofür indes vieles spricht -. Jedenfalls hat der Kläger auch sonst offenkundig verschiedentlich über Tatsachen zu täuschen gesucht. So hatte er im Asylerstverfahren u.a. angegeben, er habe seinen Pass in der Ukraine Schleppern gegeben, und dann der Deutschen Botschaft Beirut den im September 1999 - also kurze Zeit vor der (erstmaligen) Einreise ins Bundesgebiet - ausgestellten Pass vorgelegt. Es kann daher nicht nachvollzogen werden, dass die Angaben des Klägers zu seinem Reiseweg stimmen.

Die Kostenfolge beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

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