VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 22.01.2007 - 4 K 1247/00
Fundstelle
openJur 2012, 4931
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme deraußergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbstträgt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DemKläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durchSicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betragesabzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicherHöhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenstand des Verfahrens ist das mit einem Zweifamilienhaus bebaute Grundstück ...straße 1 in ... mit der Katasterbezeichnung Flur 5, Flurstück 96. Seit 25. Februar 1938 war Frau Agnes ... im Grundbuch von ... Band 13, Blatt 393 als Eigentümerin eingetragen. Ausweislich des am 31. Januar 1963 in Abteilung II des Grundbuches eingetragenen Vermerks unterstand das Grundstück zunächst der vorläufigen staatlichen Verwaltung gemäß § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952. Das Grundstück war mit Aufbaugrundschulden in Höhe von 25.000 und 2.450,00 Mark sowie mit einer Aufbauhypothek über 20.000,00 Mark belastet worden, bevor es auf Antrag des Rates der Gemeinde ... nach der 2. Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz vom 29. September 1972 mit Wirkung vom 01. Januar 1986 auf der Grundlage einer Aufbaugebietserklärung des Rates des Bezirkes ... in Anspruch genommen und in Volkseigentum überführt worden war. Als Rechtsträger setzte der Rat des Kreises den VEB Gebäudewirtschaft ... ein; die Umschreibung des Grundbuches erfolgte am 05. November 1986.

Frau Agnes ..., verstarb am 19. Dezember 19.. und wurde laut Erbschein des Amtsgerichts ... vom 01. April 1964 von Charlotte ..., Wilma ... und Mimi ... zu je 1/3 beerbt. Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 09. Januar 1964 erteilten die Erbinnen unter Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

"Herrn Oberkreisdirektor Willy ..., in ..., ... Str. Nr. 20, unwiderruflich, vorbehaltlos und uneingeschränkt, auch über unseren Tod hinaus Vollmacht, den im Grundbuch von ... eingetragenen Grundbesitz, belegen in der ...straße Nr. 1 zur Größe von 15 a 61 qm, mit aufstehenden Baulichkeiten, wie es z.Zt. steht und liegt mit Wirkung vom 01. Januar 1964 an sich aufzulassen und die zur Umschreibung erforderlichen Anträge mit sich selbst zu schließen und beim Amtsgericht ... einzureichen. .... Der vorgenannte Grundbesitz ist als Vermächtnis gemäß dem privatschriftlichen Testaments der Erblasserin und bisherigen Eigentümerin vom 13. Juli 1963 - eröffnet in den Testamentsakten - ... - des Amtsgerichts ... - an den Vollmachtnehmer auszukehren."

Mit Schreiben vom 06. Oktober 1990 erklärte Willy Ernst ... gegenüber dem Rechtsvorgänger des Beklagten:

"Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der eingangs aufgeführten Anmeldeverordnung vom 11. Juli 1990 stelle ich hiermit den Antrag ,

unter Aufhebung der staatlichen Verwaltung die Rückübereignung des im Grundbuch von ... beim Amtsgericht ... Band 13 Blatt Nr. 393 eingetragenen, der inzwischen verstorbenen Frau Agnes ... geb. ... (zuletzt wohnhaft in ..., ... 8) gehörenden Grundstücks, ..., ...straße Nr. 1."

In der Auflassungsverhandlung vom 23. Oktober 1997 erklärte Willy Ernst ... vor einem Notar:

"Ich, der Erschienene, bin mit mir darüber einig, daß das Eigentum an dem im Grundbuch von ... Band 13 Blatt 393 (alt) - Amtsgericht ... -, jetzt ... Blatt 5715 - Amtsgericht ... -, eingetragenen Grundstück Gemarkung ... Flur 5 Flurstück 96, Hof- und Gebäudefläche, ...straße 1, groß 1 561 qm, Bestandsverzeichnis laufende Nummer 20, Eigentümerin Gemeinde ..., auf mich übergehen soll und bewillige und beantrage die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch."

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1997 stellte der Vater des Klägers gegenüber dem Beklagten ausdrücklich klar, dass das Grundstück an ihn zurückzuübertragen sei.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1997 lehnte der Beklagte den Rückübertragungsantrag mit der Begründung ab, dass der Antragsteller nicht Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes sei. Als Vermächtnisnehmer habe er lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber den Erben, der dem Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes nicht unterfalle.

Mit dem am 29. Dezember 1997 erhobenen Widerspruch trägt der Vater des Klägers im Wesentlichen vor: Die Vollmacht vom 09. Januar 1964 gelte über den Tod der Erben hinaus, so dass er deren Restitutionsansprüche wirksam 1997 an sich habe abtreten können. Die Ausschlussfrist des Vermögensgesetzes hindere den Rechtserwerb nicht, weil es sich insoweit lediglich um eine weitere nachschiebbare Anspruchsgrundlage handele. Im Übrigen könne sich der Beklagte nicht auf Fristversäumnis berufen, weil er seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen sei. Jedenfalls habe er mit der Anmeldung 1990 die Restitutionsansprüche der Erben konkludent an sich abgetreten, so dass ihm diese auch deshalb aus eigenem Recht zustünden. Hilfsweise sei sein 1990 gestellter Restitutionsantrag dahin auszulegen, dass er diesen auch im Namen und zugunsten der Erben gestellt habe.

Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 2000 zurück. Durch die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum sei Willy Ernst ... als Vermächtnisnehmer nicht in seinem Eigentum betroffen gewesen. Er sei nicht Rechtsnachfolger der ursprünglich im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin geworden. Auch ein Anwartschaftsrecht könne ihm nicht zurückübertragen werden; zum einen mangels entsprechendem Antrag, zum anderen deshalb, weil ein Anwartschaftsrecht zum Zeitpunkt der Schädigung nicht bestanden habe. Schließlich könne das Grundstück nicht an die testamentarischen Erben nach Frau Agnes ... zurückübertragen werden, weil es an einem Antrag fehle. Der Anmeldung des Vaters des Klägers vom 06. Oktober 1990 sei nicht ansatzweise zu entnehmen, dass er im Namen und zugunsten der Erben handeln wollte.

Die von seinem Vater am 20. Mai 2000 erhobene Klage führt der Kläger als dessen Erbe fort. Unter Hinweis auf die Kommentierung von Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Kommentar zum Vermögensgesetz, Anmerkung 12 f zu § 2 VermG macht er ergänzend geltend, auch ihm als Vermächtnisnehmer stehe wegen der Unauffindbarkeit der Erben ein eigenes Antragsrecht zu.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Dezember 1997 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 17. April 2000 zu verpflichten, ihm das Eigentum an dem Grundstück in ..., ...straße 1, eingetragen im Grundbuch von ..., Band 13, Blatt 3461 (Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 96) zurückzuübertragen,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Dezember 1997 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 17. April 2000 zu verpflichten, das Eigentum an dem Grundstück ...straße 1 in ..., eingetragen im Grundbuch von ..., Band 13, Blatt 3461 (Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 96) an die Erben nach Frau Agnes ... zurückzuübertragen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angegriffenen Bescheide und nimmt Bezug auf deren Begründung.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen; die Akten haben vorgelegen und sind - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Streitsache war gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden, nachdem ihm diese durch Beschluss der Kammer vom 19. Januar 2006 übertragen worden war.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der die Rückübertragung versagende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 1997 und der Widerspruchsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 17. April 2000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks ...straße 1 in ... (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Anspruchsgrundlage für die begehrte Entscheidung ist § 3 Abs. 1 Vermögensgesetz (VermG), wonach Vermögenswerte, die den Maßnahmen nach § 1 VermG unterlagen und in Volkseigentum überführt oder an Dritte veräußert wurden, auf Antrag an die Berechtigten zurückzuübertragen sind, soweit dies nicht nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen ist. Berechtigte i. S. d. Vermögensgesetzes sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG u. a. natürliche Personen, deren Vermögenswerte von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen sind und deren Rechtsnachfolger.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, weil er als Rechtsnachfolger nach seinem Vater, Willy Ernst ..., nicht geltend machen kann, in Bezug auf den hier streitbefangenen Vermögenswert im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG Berechtigter zu sein. Als Streitgegenstand des Verfahrens bestimmte der Vater des Klägers mit seinem an den Rechtsvorgänger des Beklagten gerichteten Antrag vom 06. Oktober 1990 das Eigentum am Grundstück, ...straße 1 in .... Da Willy Ernst ... ausschließlich " die Rückübereignung " des Grundstückes beantragte, ist das Begehren insoweit eindeutig gekennzeichnet und einer erweiternden Auslegung nicht mehr zugänglich.

Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme nach der 2. Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz der DDR im Jahre 1986, als dem hier allein in Betracht kommenden schädigenden Ereignis, war der Vater des Klägers unstreitig nicht Eigentümer des Grundstücks. Er war weder im Grundbuch eingetragen noch Erbe nach der eingetragenen Frau Agnes .... Rechte am Grundstück hatte er lediglich aufgrund des im Testament der Frau ... vom 13. Juli 1963 enthaltenen Vermächtnisses erlangt. Dem in einem Testament mittels Vermächtnis Bedachten steht gem. §§ 2174, 2147 und 2148 BGB das Recht zu, von den Erben die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, Willy Ernst ... stand gegenüber den Erbinnen lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Verschaffung des Eigentums am Grundstück zu (vgl. hierzu u.a. Palandt, BGB, 57. Auflage, RdNr. 1 und 2 zu § 2174). Dieser Eigentumsverschaffungsanspruch steht dem hier vom Kläger begehrten Eigentum am Grundstück nicht gleich. Auch die dem Kläger von den Erbinnen in Ansehung des Vermächtnisses am 09. Januar 1964 erteilte Vollmacht kann an der eigentumsrechtlichen Zuordnung des Grundstückes nichts ändern, weil für den Übergang des Eigentums jedenfalls die Eintragung des Vaters des Klägers im Grundbuch erforderlich gewesen wäre. Daran fehlt es hier.

Sofern der Kläger in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Kommentierung von Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Kommentar zum Vermögensgesetz, Anmerkung 12 f zu § 2 VermG geltend macht, auch als Vermächtnisnehmer wegen der Unauffindbarkeit der Erben über ein eigenes Antragsrecht zu verfügen, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Rechtsprechung der vom Kläger zitierten Empfehlung des Kommentators nicht gefolgt ist und den Anspruch aus Vermächtnis den vom Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes erfassten dinglichen Rechtspositionen nicht gleichgestellt hat (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - 8 C 11/02 - zitiert nach juris, BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1997 - 7 C 22.96 - Buchholz 428 § 2 a VermG Nr. 3; BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 1993 - 7 B 76.93 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 1; BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 8 B 35.02 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 12). Da sich das Gericht dieser Rechtsauffassung anschließt, kommt es vorliegend auch nicht darauf an, dass für den Vater des Klägers angesichts der ihm unter Befreiung vom § 181 BGB erteilten Vollmacht kein Bedürfnis bestand, die Erben ausfindig zu machen, weil er die erforderlichen Erklärungen im fremden und im eigenen Namen hätte abgeben können.

Der Kläger kann seine Berechtigtenstellung auch nicht aus abgetretenem Recht herleiten. Der von ihm insoweit vertretenen Rechtsauffassung, er habe die durch die Inanspruchnahme des streitbefangenen Grundstücks auf Seiten der Erben nach Frau Agnes ... entstandenen Ansprüche nach dem Vermögensgesetz in Ausübung der ihm erteilten Vollmacht mit Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs am 06. Oktober 1990 konkludent an sich selbst abgetreten, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Dabei kann offen bleiben, ob die Vollmacht, die ausschließlich für die Auflassung und die zur Grundbuchumschreibung erforderlichen Anträge Vertretungsmacht erteilt, auch zur Abtretung vermögensrechtlicher Ansprüche berechtigte. Denn dem Antrag vom 06. Oktober 1990 ist ein entsprechender Erklärungswert weder wörtlich noch sinngemäß zu entnehmen. Das Schreiben enthält keinen Hinweis darauf, dass der Vater des Klägers die beantragte "Rückübereignung" des Grundstücks aus von den Erbinnen abgetretenem Recht für sich geltend macht. Es bleibt letztlich sogar offen, wer unmittelbar Begünstigter der Rückübereignung sein soll. Weder in dem durch Einrücken hervorgehobenen Antrag noch in den zur Begründung beigefügten Ausführungen wird hinreichend deutlich, ob nach der begehrten Entscheidung des Beklagten die Erbengemeinschaft nach Frau Agnes ... oder der Vater des Klägers als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden sollte. Einerseits tritt Willy Ernst ... zwar als Antragsteller auf - "... stelle ich hiermit den Antrag , ..." -, ohne sich insoweit auf eine Vollmacht zu berufen. Andererseits begehrt er aber " die Rückübereignung " des auf die inzwischen verstorbene Frau Agnes ... im Grundbuch eingetragenen Grundstücks unter Hinweis auf die Erbinnen und das Vermächtnis zu seinen Gunsten. Dass auch der Kläger selbst dem Antragsschreiben sowohl den einen als auch den anderen Erklärungswert beimisst, bringt nicht zuletzt sein Hilfsantrag zum Ausdruck.

Weder die notarielle Auflassungserklärung vom 23. Oktober 1997 noch die Abtretungserklärung vom 15. Dezember 1997 können am rechtlichen Ergebnis etwas ändern. Denn beide Erklärungen gingen ins Leere. Die Auflassung des Grundstücks an sich selbst, d.h. die Erklärung, dass das Eigentum am Grundstück von den Erbinnen nach Frau Agnes ... auf den Vater des Klägers übergehen sollte, scheiterte an der Verfügungsmacht der aufgrund Vollmacht vom 09. Januar 1964 Vertretenen. Denn das Eigentum am Grundstück war bereits auf die Gemeinde ... übergegangen und konnte somit nicht mehr Gegenstand einer Verfügung im Namen der Erbinnen sein. Die Abtretung des Restitutionsanspruchs der Erben nach Frau Agnes ... an sich selbst war nach Ablauf der Frist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG am 31. Dezember 1992 nicht mehr möglich. Bei dieser Frist handelt es sich nämlich um eine Ausschlussfrist, mit der Folge, dass nach Ablauf derselben ein vermögensrechtlicher Anspruch nicht mehr angemeldet werden kann. Der Betroffene ist mit seinem Anspruch endgültig ausgeschlossen, so dass auch die Abtretung einer zukünftigen Rechtsposition unmöglich geworden war (vgl. Redeker/Hirtschulz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Kommentar zum Vermögensgesetz, Anmerkung 1 bis 4 zu § 30 a VermG). Sofern der Kläger in diesem Zusammenhang meint, die Frist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG stehe der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen, weil damit in Bezug auf den Antrag seines Vaters vom 06. Oktober 1990 lediglich eine weitere Anspruchsgrundlage zulässigerweise nachgeschoben worden sei, verkennt er die mit Sinn und Zweck der Ausschlussfrist verbundenen Anforderungen an einen wirksamen Antrag. Nach den durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes entwickelten Grundsätzen zu § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG (vgl. BVerwGE 109, 169-174) soll bis zum Ablauf der Ausschlussfrist Klarheit sowohl in bezug auf den betroffenen Vermögenswert als auch die Person des Berechtigten bestehen. Dies hat seine Ursache im Zweck der Ausschlussfrist, der darin besteht, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den östlichen Bundesländern und damit auch im gesamtstaatlichen Interesse so bald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang Vermögenswerte aufgrund von Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind (BVerwG, BVerwGE 101, 39 <42 f.> und BVerfG, ZOV 1999, 23). Aus diesem Grund ist es zur Fristwahrung geboten, den geltend gemachten Anspruch nicht nur durch Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit des Vermögenswerts sondern auch mittels eindeutiger Bezeichnung der Person des Berechtigten zu individualisieren (BVerwG, Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 3). Der Wirksamkeit einer Anmeldung steht zwar nicht entgegen, dass nach Ablauf der Anmeldefrist noch weitere behördliche Ermittlungen erforderlich sind, um den betroffenen Vermögenswert konkret zu bestimmen, nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 55) kommt es aber darauf an "weitere Anmeldungen" zu unterbind. Für den vorliegenden Fall heißt dies, es könnte sich nur dann um eine auch nach Ablauf der Frist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG mögliche Konkretisierung handeln, wenn sich die "nachgeschobenen Tatsachen" auf die bereits hinreichend bzw. unverwechselbar bezeichnete Person des Berechtigten beziehen würden. Diese Voraussetzung kann der in Rede stehende Antrag schon deshalb nicht erfüllen, weil es ihm - wie oben bereits dargelegt - an einer entsprechend eindeutigen Bezeichnung des Berechtigten, auf die Bezug genommen werden könnte, fehlt. Da dem Antrag nicht zu entnehmen ist, ob Willy Ernst ... die Restitution für sich oder als Vertreter der Erben der Alteigentümerin begehrt, muss eine Konkretisierung schon deshalb von vornherein ausscheiden. Unabhängig davon kann die "nachgeschobene" Abtretung hier aber auch deshalb nicht als Konkretisierung gewertet werden, weil der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch in der Person des Anmelders erst mit Annahme der Abtretung - hier am 15. Dezember 1997 -, mithin lange nach Ablauf der Ausschlussfrist, erstmalig entsteht und nicht lediglich präzisiert wird.

Die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ist vorliegend nicht unbeachtlich. Da es sich - wie bereits dargelegt - um eine materielle Ausschlussfrist handelt, nach deren Ablauf der Anspruch untergeht (BVerwG, VIZ 1996, 390 ff.), ist es unerheblich, ob die Fristversäumnis auf einem zurechenbaren Verschulden beruhte. Eine Befreiung von den Folgen einer verspäteten Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche kann deshalb nicht im Wege der Widereinsetzung nach § 32 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Brandenburg (VwVfG Bbg) erfolgen, sondern allenfalls nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Nachsichtgewährung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ausnahmsweise dann unbeachtlich, wenn sie erstens auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann und zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck des § 30 a VermG nicht verfehlt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.03.1996, VIZ 1996, 390 ff.; BVerwG, Beschluss vom 05.05.2000, Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 18). Dabei reicht es nicht aus, wenn der Grund der Fristversäumung für sich betrachtet Anlass geben könnte, die mit dem Fristablauf an sich verbundene Anspruchsvernichtung in Zweifel zu ziehen. Erforderlich ist für die Annahme einer Nachsichtgewährung stets, dass eine derartige Fristdurchbrechung mit dem Zweck der Frist, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten, vereinbar ist. Dies ist sie nicht, wenn der betreffende Vermögenswert - sei es wegen Fehlens eines rechtzeitigen Antrags oder der Rücknahme eines solchen Antrags - zum Zeitpunkt des Fristablaufs nicht anmeldebelastet war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.05.2000, a. a. O.).

Vorliegend fehlt es bereits an der Verletzung einer Vorschrift, ohne die der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann. Denn selbst wenn man mit dem Kläger unterstellen würde, dass der Beklage Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten - die ihm hier allenfalls aus § 31 Abs. 1 b) Satz 1 VermG oder § 25 VwVfG Bbg erwachsen sein könnten - ihm gegenüber verletzt hat, wäre gleichwohl nichts dafür ersichtlich, weshalb es ihm infolge dieses Rechtsverstoßes unmöglich gewesen sein soll, seine Rechte zu wahren. Der unterbliebene rechtliche Hinweis von Seiten des Beklagten hätte ihm nämlich ebenso von seinem in der Sache beauftragten Rechtsanwalt erteilt werden können oder müssen.

Außerdem fehlt es an der zweiten Voraussetzung, weil eine Nachsichtgewährung hier den mit der Ausschlussfrist verfolgten Zweck der Schaffung von Rechtsklarheit und -sicherheit im Grundstücksverkehr in Frage stellen würde. Denn das Grundstück wäre bei Ablauf der Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 VermG von keiner (sonstigen) Anmeldungen betroffen, mithin verkehrsfähig gewesen.

Der Kläger kann sich für seine Berechtigtenstellung ferner nicht mit Erfolg auf den Erwerb eines Anwartschaftsrechts berufen. Richtig ist zwar, dass das Anwartschaftsrecht eines Auflassungsempfängers als ein dingliches Recht im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG restitutionsfähig ist (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 15. November 2000 -8 C 26/99- zitiert nach juris m.w.N.). Allerdings hat der Kläger bzw. sein Vater nicht die Rückübertragung eines Anwartschaftsrecht beantragt. Gegenstand der Anmeldung vom 06. Oktober 1990 war ausschließlich die "Rückübereignung" des Grundstücks; von einem Anwartschaftsrecht ist im Antragsschreiben weder direkt noch indirekt die Rede. Angesichts der insoweit klaren Formulierung verbietet sich eine entsprechende Auslegung. Im übrigen wäre die Rückübertragung eines Anwartschaftsrechts auch deshalb ausgeschlossen, weil weder der Kläger noch sein Vater jemals Inhaber einer solchen Rechtsposition gewesen waren. Ein Anwartschaftsrecht gilt erst dann als entstanden, wenn von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr durch eine einseitige Erklärung zu zerstören vermag. Das ist beim Eigentumserwerb an einem Grundstück der Fall, wenn der Empfänger einer Auflassung im Sinne von § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB den Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat; denn der an die Einigung gebundene Veräußerer kann danach die Rechtsposition des Auflassungsempfängers grundsätzlich nicht mehr einseitig zerstören, weil dessen Eintragungsantrag nach § 45 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) späteren Anträgen vorgeht. Auf dem Gebiet des Vermögensrechtes muss für die Entstehung eines restitutionsfähigen Vermögenswertes im Sinne von § 2 Abs. 2 VermG noch hinzukommen, dass eine Beeinträchtigung oder Vernichtung des Rechts nach dem normalen Lauf der Dinge ausgeschlossen war. In der Rechtswirklichkeit der DDR setzte dies die Erfüllung sämtlicher Eintragungsvoraussetzungen voraus, insbesondere die zur Übereignung von Grundstücken oder Gebäuden erforderliche Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung (GVVO).

So liegt der Fall hier aber schon deshalb nicht, weil es bereits an der Auflassungserklärung, aufgrund der Willy Ernst ... das Eigentum am Grundstück von den Erbinnen nach Frau Agnes ... hätte erwerben können, fehlt. Der Vater des Klägers war zwar im Besitz einer Vollmacht, die es ihm ermöglichte, die Auflassung im Namen der Erbinnen unter Befreiung von § 181 BGB sich selbst gegenüber zu erklären, dies ist vor 1997 aber offensichtlich nicht geschehen. Die Erklärung vom 24. Oktober 1997 ging, wie oben bereits dargelegt, wegen Entfallens der Verfügungsbefugnis der Erbinnen ins Leere.

Auch der Hilfsantrag des Klägers bleibt ohne Erfolg. Denn ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums am Grundstück ...straße 1 in ... an die Erben nach Frau Agnes ... besteht ebenfalls nicht.

Zunächst ist in Anknüpfung an das oben bereits Gesagte darauf hinzuweisen, dass der Anmeldung vom 06. Oktober 1990 jedenfalls nicht mit der hinreichenden Sicherheit zu entnehmen ist, dass Ansprüche der Erben nach Frau Agnes ... geltend gemacht werden sollen. Dies hat der Kläger mit seiner Erklärung vom 24. Oktober 1997 gegenüber dem Beklagten im übrigen auch nachträglich ausgeschlossen.

Unabhängig davon fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Berechtigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, als Rechtsnachfolger seines Vaters Rückübertragungsansprüche der Erben nach Frau Agnes ... geltend zu machen. Hierzu ist er weder Kraft eigenen Rechts noch aufgrund einer Vollmacht befugt. Wie oben bereits ausgeführt, war Willy Ernst ... lediglich Bedachter eines Vermächtnisses, somit nicht Mitglied der Erbengemeinschaft und folglich nicht Rechtnachfolger im Sinne der genannten Vorschrift.

Schließlich wäre die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche der Erben nach Frau Agnes ... auch nicht von der ihm am 09. Januar 1964 erteilten Vollmacht gedeckt gewesen. Denn diese ermächtigte ausschließlich dazu, die Auflassungserklärung sich selbst gegenüber abzugeben und die zur Umschreibung im Grundbuch erforderlichen Anträge beim Amtsgericht zu stellen. Die Einleitung eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens auf Wiedererlangung des Eigentumsrechts war nicht Gegenstand der Vollmacht und konnte es - da dies seinerzeit nicht absehbar war - auch nicht sein. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche im Namen und Kraft Auftrags der Erben nach Frau Agnes ... kann auch nicht dem Sinn der Vollmacht nach, dem Vater des Klägers die Erlangung des Eigentums zu ermöglichen, mit umfasst gewesen sein. Denn es kann nicht angenommen werden, dass sich die Erbengemeinschaft den Risiken eines verwaltungsbehördlichen und gegebenenfalls gerichtlichen Verfahrens hätten aussetzen wollen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO; wobei es nicht der Billigkeit entspricht, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese sich mangels Stellung eines Antrages keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision gegen dieses Urteil, gegen welches das Rechtsmittel der Berufung nicht gegeben ist (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VermG), ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.

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